Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1925


 

 

Ein Wort zum Geleit.

„Lauenburgische Heimat" heißen die bescheidenen Blätter, die wir heute zum ersten Mal in die Welt hinaussenden. Sie werden nicht gar zu weit fliegen. Jenseit der Grenzpfähle unseres Lauenburger Landes werden sie nur in die Hände weniger Freunde gelangen. Aber hier bei Euch, Ihr Heimatgenossen, da möchten wir für sie ein Gastrecht gewinnen. Da sollte sich ihnen ein jedes Haus öffnen, und sie sollten darin von Hand zu Hand wandern. Denn was sie Euch zu sagen haben, liebe Freunde, ist Eure Sache nicht weniger als die unsrige.

Das liebe schlichte Wort „Heimat" zeigt Euch, was wir wollen. Wenn Eure Zeitung Euch tagtäglich in die große Welt hinausführt, in unser schönes weites deutsches Vaterland, in fremde Länder diesseit und jenseit des Weltmeers, in die große Politik, in Welt-Wirtschaftsfragen und in die tausendfältigen Probleme der Wissenschaft und Technik - hier wollen wir nur über unsre liebe Heimaterde schreiten. Hier wollen wir uns besinnlich in ihre Schönheit vertiefen; wollen uns erzählen, wie ihr Boden unter dem Eise tausendjähriger Gletscher geworden; wie ihre Seen entstanden; wie Bäume, Blumen und Tiere eigenster Auswahl hier ihre Heimat gefunden; und wie schon vor mehr als achttausend Jahren Menschenhorden unser Land durchstreiften und auf schwanken Schilfinseln ihre Rindenzelte bauten. Und weiter sollen uns Steinbeil und Bronzespange, Urne und Eisengerät durch das Dunkel der Vorgeschichte führen. Und bewegten Herzens wollen wir verfolgen, wie sich unter Heinrichs des Löwen machtvollem Zepter deutsche Siedler unser Land gewannen und wie hier unter dem harten Zwange wechselvollen Geschicks ein eigener kerniger deutscher Stamm heranwuchs von besonderer Mundart und eigener Sitte.

Wenn wir uns aber von dem allen erzählen und dann plötzlich ein Erschrecken über uns kommt, wie die neue grenzenüberspringende und denkmalvernichtende Zeit auch bei uns an dem liebgewordenen Alten rüttelt, wie sie Großstadtkultur in unsre Dörfer trägt, wie sie Sagen und Märchen, Sitten und Mundart in die Erde pflügt, wie sie unser altes schönes Bauernhaus entstellt und Bürgerhäuser errichtet, die sich nicht in das liebe alte Straßenbild einfügen - dann wollen wir Euch aufrufen, daß wir uns zusammen dem entgegenstemmen. Im neu begründeten Heimatbunde wollen wir uns vereinigen, und diese Blätter sollen die Stätte werden, auf der wir uns aussprechen, uns anregen und uns, wo es Not tut, ins Gewissen reden. So aber, glauben wir, dienen wir am besten der Heimat und uns und denen, die nach uns kommen. Nicht zuletzt auch unserm gesamten deutschen Volke. Denn ihm dient recht nur der, der mit ganzem Herzen an seiner engeren Heimat hängt.

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Der Heimatbund.

Diese erste Nummer unserer Zeitschrift soll eine Werbenummer sein. Sie soll jeden guten Lauenburger aufrufen, dem neubegründeten Heimatbunde beizutreten, Mitglieder für ihn zu gewinnen und ihn durch Rat und Tat zu unterstützen. Sie soll ihm vor Augen führen, daß der Bund alle die umschließen muß, die Lauenburg lieben und denen es Herzenssache ist, die ethischen, künstlerischen und geistigen Werte, die das Wort „Lauenburgische Heimat" umschließt, zu schützen.

Von der Politik wird sich der Heimatbund - um das gleich voranzustellen - sorgfältig fernhalten. Es sei denn, daß einmal von außen her die wohlverbrieften Rechte Lauenburgs angetastet würden. Dann allerdings wird auch er nicht schweigen dürfen. Sonst aber wird er nur kulturellen Zwecken dienen und wird sich dabei zumeist in den Grenzen der engeren Heimat halten. Dessen freilich wird er sich immer bewußt bleiben, daß wir Lauenburger dem großen Niedersachsenstamme angehören und daß uns engste verwandtschaftliche Bande mit unseren Nachbaren im Osten und Westen, Norden und Süden verbinden.

Der Heimatbund Herzogtum Lauenburg hat schon eine Ueberlieferung. Er ist hervorgegangen aus der Ortsgruppe Heimatschutz für den Kreis Herzogtum Lauenburg und Umgebung, die der Regierungsassessor v. Sperber im Jahre 1911 gegründet und 4 Jahre lang mit außergewöhnlicher Hingabe und Tatkraft geleitet hat. Der Krieg und die Nöte der Nachkriegsjahre unterbrachen die Arbeit des Heimatschutzbundes für lange Zeit. Jetzt will der Heimatbund dort wieder anknüpfen, Wo der Faden im Jahre 1914 abriß, und er wird sich redlich bemühen, sich seines ersten Gründers würdig zu erweisen.

Und da ist seine Pflicht, als erste und wichtigste Aufgabe die wieder aufzugreifen, die der Verein einst unter der Leitung seines Gründers in den Vordergrund stellte: den Heimatschutz im engeren Sinne. Ueberall dort, wo eine Stadt oder ein Dörf unseres Kreises in Gefahr ist, durch stilwidrige und geschmacklose Neu- oder Umbauten entstellt zu werden: überall dort wird er versuchen, den Bauherrn zu einer Aenderung seines Planes zu bewegen und den Bau so zu gestalten, wie es die Umgebung und ein geläuterter künstlerischer Geschmack erfordert. Im besonderen aber wird sein Arbeitsausschuß für Bauberatung zur Hand sein, jeden ihm übersandten plan zu prüfen und gegebenenfalls kostenlos Vorschläge für die Aenderung des Entwurfs zu machen. Aber auch einschlägige Literatur und entsprechendes Bildermaterial wird der Bund ausleihen. Er wird aufklärende Vorträge halten und nicht zuletzt jedem, der an ihn herantritt, tüchtige Architekten nachweisen, die zugleich gute Kenner unserer heimischen Bauweise sind. Bei dieser mühevollen Arbeit rechnet er aber auf die rege Unterstützung seiner Mitglieder. Er bittet alle, die einen Blick für die Schönheit unserer alten Bürger- und Bauernhäuser haben, ihm Nachricht zu geben, wenn solchem

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Bauwerk eine grobe Verunstaltung oder gar der Untergang droht. Vielleicht, daß es möglich ist, den Bau noch in letzter Stunde zu retten.

Und die gleiche Bitte gilt dem Schutz unserer Naturdenkmäler: unserer herrlichen Knicklandschaft, unserer wundervollen Baumgruppen, unserer malerischen Moore, unserer seltenen Pflanzen, unserer Vogel- und Kleintierwelt. Auch hier kann jedes Mitglied unseres Bundes in seinem Kreise wirken, indem es belehrt und mahnt, droht und straft. Auch hier wird der Heimatbund jedem zu Hilfe kommen, der sich für den Schutz eines Naturdenkmals einsetzt.

Und dann ein Drittes! Nutzt bloß das Haus, nicht bloß Dorf und Stadt, Wald und Flur gilt es zu bewahren. Auch im Hause selbst treibt der Kobold des Ungeschmacks sein Wesen. Auch dort richten Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit in unzähligen Fällen Schaden an. Und auch da will der Heimatbund den Ratsuchenden beispringen. Er will hinweisen auf geschmackvolle Möbel, Teppiche, Vorhänge, Gebrauchsgegenstände und - was auch dazu gehört - auf die Anlage hübscher Ziergärten und Einfriedigungen. Er will ferner darauf hinwirken, daß die Einrichtung eines Hauses auch seinem Charakter entspricht und daß unsere tüchtigen Handwerker wieder Freude gewinnen an der selbständigen Herstellung künstlerisch wertvoller Arbeiten. Gerade auch in diesem Punkte wird dem Heimatbunde das Wirken seines ersten Vorsitzenden als leuchtendes Vorbild dienen.

Doch mit dieser Dreiheit sind die Aufgaben des Heimatbundes nicht erschöpft. Der Schutz, den das „Gesicht unserer Heimat" erfährt, wird sich nur wenig über die Bedeutung einer Polizeimaßnahme erheben, wenn wir nicht aus tiefem Verständnis und aufrichtiger Liebe für die Eigenart unserer lauenburgischen Heimat handeln. Und deshalb müssen wir zu erkennen versuchen, wie unser Land mit seinen Wäldern und Mooren und Seen geworden ist. Wir müssen seine Fauna und Flora studieren. Wir müssen uns in seine Vorzeit und seine Geschichte vertiefen und emsig die bodenständige Kultur unserer lauenburgischen Bevölkerung erforschen. Und da erhebt sich vor dem Heimatbund Aufgabe um Aufgabe. Er muß eine volkstümliche Geologie unseres Landes, er muß eine Beschreibung der Flora und Fauna Lauenburgs herausgeben. Er muß die Denkmäler der Vorgeschichte, die Ringwälle und Wohnstätten und Grabanlagen, wissenschaftlich untersuchen. Er muß die Eigenart unseres Bürger- und Bauernhauses, unsere ländliche Siedlung, unsere Flur- und Straßennamen und vor allem anderen auch die alten Bräuche unserer Bauernschaft, unsere Sagen und Märchen, unser gutes lauenburger Platt und die Reste alter lauenburgischer Volkstrachten erforschen. Nicht zuletzt muß er auch die Kunst und Dichtung fördern, die auf Lauenburger Boden und aus Lauenburger Art entspringt. Gewiß, auf all diesen Gebieten ist in den letzten Jahren von einheimischen und auswärtigen Forschern ein gut Stück Arbeit geleistet worden. Aber noch Unzähliges bleibt zu vollenden und neu anzugreifen, bis einst der Zeitpunkt kommt, daß ein lauenburgisches Heimatbuch alle Ergebnisse in Eins zusammenfaßt.

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Die Erforschung der lauenburgischen Geschichte - vor allem in ihren politischen Zusammenhängen - nimmt der Heimatbund einstweilen nur in bescheidenem Maße in seinen Arbeitsplan auf; denn er hofft, daß der so verdienstvolle lauenburgische Geschichtsverein sich dieser Aufgabe bald wieder mit voller Kraft widmen wird. Aber immer wird er bereitwillig dem älteren Bruderverein Hilfsdienste leisten. Er kann die Hof- und Familienforschung fördern, er kann bis zum Wiedererscheinen des „Archivs" in diesen Blättern geschichtlichen Aufsätzen ein Unterkommen gewähren. Er kann durch Vorträge dauernd das Interesse für die Heimatgeschichte wach erhalten.

Vor allem aber will er mit dem Geschichtsverein zusammen an der Errichtung eines lauenburgischen Heimatmuseums arbeiten. Der Kreis hat ja bereits ein Gebäude dafür erworben: die alte Apotheke in Mölln wird einst, wenn sie erst fachgemäß durchgebaut ist, ein würdiger Raum für die Sammlungen sein, die der Geschichtsverein und der Kreisausschuß als Grundstock beisteuern. Gerade hier aber müssen unsere Mitglieder mit das Beste tun. Sie alle haben die Aufgabe und die heimatliche Pflicht, das neue Museum durch Schenkungen oder Leihgaben so auszugestalten, daß es eine Sehenswürdigkeit und ein Schmuck unseres Landes wird.

So liegt ein Riesenbereich von Aufgaben vor uns. Der Heimatbund aber geht mit gutem Mut an sein Werk heran. Denn er weiß, daß jeder rechte Lauenburger seine Arbeit fördern und stützen wird. Möge sein Vertrauen in aller Zukunft nicht zu schanden werden!

G.


 

 

 

 

 



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