Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


"Die Farbe im Stadtbild."

H. / -ck.

Zu dem in Heft 1 in dieses Jahrgangs veröffentlichten Artikel erhalten wir von fachmännischer Seite folgende Zuschrift:

In unserm Kreise wird das Ortsbild so gut wie ausnahmslos beherrscht durch die natürliche Farbigkeit der roten Backsteinbauten. Nur dort, wo man zu Unrecht die Patina, das natürliche Dunklerwerden der Ziegel für häßlichen Verfall ansah (das scheint in Lauenburg a. d. Elbe die Regel zu sein), hat der Farbenanstrich sich ins Vordertreffen geschoben. Das heute davon Vorhandene befriedigt den unverbildet empfindenden Menschen meistens nicht. Es liegt das daran. daß die gern benutzten Mischfarben ohne Saft und Kraft, besonders das in jeglicher Tönung beliebte Grau unter unserm so oft grauen Himmel einfach trostlos aussehen. Man betrachte daraufhin nur einmal gewisse Stellen der Elbstraße in Lauenburg. Wenig erfreulich ist es ferner, daß, wo reine Farben gewählt sind, fast immer vergessen wurde. daß bei uns die Ziegelsteine rot aussehen, nicht grau oder gelb, wie man sie anzustreichen liebt. Liegt einmal ein Oelfarbenanstrich auf den Steinen, den man nicht entfernen kann oder will, so erneuere man ihn rot und ziehe die vorhandenen Fugen mit weißer Farbe nach, wenn sie auch etwas unregelmäßiger verlaufen, als man sie heute zieht. Willkürlich gemalte Fugen sehen ebenso dumm aus wie auf Stein gemaltes Gebälk oder auf Holz gemalte Steine. Für das Gebälk

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des Fachwerks ist ein tiefes warmes Braun am meisten zu empfehlen, weil ungestrichen[e]s Eichenholz unter dem Einfluß der Witterung diese Tönung annimmt. Dabei dürfen Schnitzereien und Schrift unbedenklich durch leuchtende Farben, in bescheidenem Umfange auch durch Gold hervorgehoben werden. Für Fenster und Oberlichter kann man sich dem in dem westfälischen Vorschlag gesagten nur anschließen, ebenso für Fensterläden, wobei auch noch Windfedern und Giebelzier zu nennen wären. Ob aber eine weiße Haustür zu befürworten ist, scheint fraglich; ein so heller Anstrich müßte doch wohl, um halbwegs zu wirken, zu oft erneuert werden, und wäre überdies bei den Hausfrauen sicher nicht beliebt wegen des sehr häufig notwendigen Reinigens. Sonst mag gerade bei der Tür der persönliche Geschmack frei walten, reine, aber nicht brennende Farben, werden wohl stets gut aussehen. Immerhin sei vor vollkommener Einfarbigkeit gewarnt, sie verdirbt besonders bei schlechtem Licht zu leicht den Gesamteindruck des Eingangs. Gewarnt sei auch vor Silberbronze für gußeiserne Schloßschilder und Fenstergitter, sie sieht unwahr aus und vor dem nur hier möglichen Gipfel der Geschmacklosigkeit, der künstlichen Maserung unter farblosem Lack. - Als Vorbild für den Anstrich einer einfachen Tür sei hier die dreifarbig behandelte Haustür der Dienstwohnung des Lauenburger Bürgermeisters genannt.

Was hier in erster Linie für die Stadt Lauenburg gesagt wurde, gilt sinngemäß auch für andere Orte des Kreises. Es darf dabei von diesen skizzenhaften Ausführungen allerdings nicht mehr als eine Andeutung der Hauptlinien erwartet werden.

H.

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Eine zweite Zuschrift erhalten wir von einem sehr geschätzten Malernmeister unserer Heimat. Sie lautet:

Im Januarheft der Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg ist auch eine Abhandlung über: "Die Farbe im Stadtbild" zu finden, zu der ich als Fachmann Stellung zu nehmen nicht versfehlen möchte. Zunächst begrüße ich es mit großer Freude, daß hier Anregungen und Winke gegeben werden, die, so hoffe ich, beim Fachmann sowohl, wie beim Auftraggeber nicht auf steinigen Boden fallen möchten. Es sei mir erlaubt, zunächst auf die TECHNISCHE Seite dieser Angelegenheit einzugehen. Ganz abgesehen von der "Farbe", ob gelb oder grün usw. (oberflächlich ausgedrückt), ist es von Wichtigkeit, sich nicht im Material zu vergreifen. Es ist nicht einerlei, ob man zur Oelfarbe greift, oder zum Kalk oder Kasein, Kalk mit Zusatz von Eisenvitriol oder gar Teer usw. Selbst ein Fachmann geht sehr oft unsicher, weil er nicht immer wissen kann, mit welchen "Untergründen" er zu tun hat, d. h. mit anderen Worten: die alten Anstriche spielen eine große Rolle bei der Haltbarkeit. Zunächst zur OELFARBE, die am meisten bekannt ist und die nicht immer so unschön ist, wie man sie oft hinstellt! Für Wetterseiten ist sie meines Erachtens doch wohl das Richtigere, denn dadurch, daß sie "abdichtet", verbindet sie das Nütztlche mit dem Angenehmen, zumal wenn die Außenwand stark durchlässig ist. Auch der Wert eines Oelfarbenanstrichs ist natürlich zeitlich begrenzt (andere Anstriche freilich noch mehr) und ist vollkommen in Frage gestellt, wenn nicht für eine rechtzeitige Erneuerung gesorgt wird. Haben die atmosphärischen Einflüsse die völlige Auslaugung des Oeles bewirkt, dann "blättert" der Anstrich, die Dichtigkeit ist durchbrochen, und die Wände sehen wirklich nicht mehr schön aus. Vom dem Zusatz von Wachs zur Oelfarbe möchte ich warnen, weil auf einer Wachsfarbenschicht wegen ihrer Glätte keine Oelfarbe, ja überhaupt keine Farbe haftet.

KALKANSTRICH ist immer zu empfehlen bei Neubauten oder wenn die Wände so stark ausgewittert sind, daß keine nennenswerten alten Farbschichten vorhanden sind. Wird zu oft übereinander gestrichen, dann kommt es leicht zum "blättern". Ist z. B. ein Hausanstrich schon so alt, daß sich auf Gesimsen, Fensterbänken usw. schon ein grünlichen Niederschlag gebildet hat, dann ist Kalk nicht zu empfehlen. Die winzig kleinen Algen, die sich dort angesiedelt haben, fangen nach dem nächsten Regenguß lustig wieder an zu wachsen und der Anstrich wird einfach abgeworfen. Kalkfarbentöne haben ene gewisse Begrenzung nach der unteren dunklen Seite hin. Bei einem zu großen Zusatz an Farben

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zum Kalk hört die Bindekraft auf und der nächste Regen wäscht die Wand ab. - Ueber Kaseinfarben etwas mitzuteilen möchte ich mir versagen, da ich darüber keine Erfahrungen besitze. Von anderen Fachleuten hörte ich, daß die Erwartungen nicht der Wirklichkeit entsprechen. - Kalk mit Zusatz von Eisenvitriol ist in letzter Zeit ein beliebtes Material für den Häuseranstrich geworden, der Billigkeit wegen. Man kann jedoch nur ein helleres oder dunkleres Gelb mit rötlichem Einschlag erzielen. - Meine persönlichen Erfahrungen sind allerdings nicht derart, daß ich die Vitriolfarbe empfehlen könnte. Wetterseiten haben nicht gehalten, obwohl der Untergrund nicht zu beanstanden war. Auch die Keim'schen Mineralfarben wurden noch genannt. Sie kommen des hohen Preises wegen aber wohl nur für Fassadenmalereien in Frage.

Soweit die technische Seite, über die freilich noch manches zu sagen wäre! Wenn der Hauseigentümer in Verbindung mit dem Handwerker sich nun über die Wahl des Materials klar geworden sind, so bleibt noch die viel verzwicktere Frage des FARBTONS. Ziemlich zu Anfang des Artikels im Januarheft steht der beherzigenswerte nnd vielsagende Satz: "Bei der Behandlung jedes einzelnen Hauses ist auf die Nachbarhäuser und das gesamte Straßenbild Rücksicht zu nehmen." Das kostet manchmal schwere Ueberwindung und bleibt nur zu oft ein frommer Wunsch, und doch, er muß durchgesetzt werden. Wir haben schon den einen großen Vorzug, im Kreise keine Großstadt zu haben. Dort will einer den andern überbieten, und ein Haus oder Firmenschild "schreit" noch ärger als das andere. Zugeben muß man aber, daß auch dort schon manches besser geworden ist dank den Bestrebungen des Heimatschutzes mit oder ohne Unterstützung der Behörden. Ein Straßenbild kann farbig sein, darf aber nicht in Buntheit ausarten. Farbig und bunt sind ganz verschiedene Dinge, das bedenke jeder, der ein Haus besitzt und in die Lage kommt, es streichen zu lassen!

So bitte ich zum Schluß die Herren Hausbesitzer: Wenn Eure Nachbarhäuser schon ein neues geschmackvolles Kleid bekommen haben, so gebt nicht Eurem eigenen Hause einen grellfarbigen Anstrich, der zu den Nebenhäusern nicht paßt! Könnt ihr nicht allein mit der Auswahl eines Farbtons fertig werden, dann wendet Euch an Leute, die etwas davon verstehen! Der Heimatbund ist Euch dankbar, wenn Ihr kommt und um Rat fragt. Und übrigens kostet es garnichts. Und dann: nicht so ängstlich sein in den "Farben"! Eine kräftige Farbe und ein gut zusammenklingender Anstrich mehrerer Häuser in derselben Straße erfreuen das Auge eines Jeden. Ein geschmackvoll angestrichenes Haus kostet auch nicht mehr als ein banal, langweilig, grau und öde angestrichenes.

Den Malern aber möchte ich zurufen : "Wenn ihr Euch die Wahl des Farbtons nicht recht zutraut, dann schafft Euch gute Vorbilder an oder seht auf Arbeiten, die schon gemacht sind und gut aussehen! Vom Sehen lernt man."

-ck.

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Von dritter, gleichfalls fachmännischer Seite werden wir auf das Buch von Baurat Mühlfeld" "Farbiger Hausanstrich" hingewiesen (Verlag von Dietsch und Brückner A.G. in Weimar 1925). Ueber dieses Buch schreibt Oberbauamtmann Dr. Rudolf Pfister, München, in der "Deutschen Bauzeitung": "Das bescheidene Heft hat die Aufgabe gelöst, das Musterbeispiel auf eine elementare Formel zu bringen, das Grundsätzliche herauszustellen und das Besondere, das Unwesentliche, das Ueberflüssige auszuschalten mit dem Ergebnis, daß die große Gefahr des Mißverstehens durch den Ausführenden, die Möglichkeit der Verballhornung trotz guten Rezeptes auf ein Mindestmaß beschränkt wurde. ... Der bedeutende Wert des Mühlfeld'schen Heftes liegt auf dem Gebiet des Handwerklichen und vor allem des Pädagogischen ... Es sollte das ABC des deutschen Malermeisters werden."

Das Heft ist im Besitz des Heimatbundes. Es kann von Mitgliedern jederzeit eingesehen und entliehen werden.

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