Im Kreise Herzogtum Lauenburg liegt am rechten
Steilufer der Elbe, gegenüber dem zur Provinz Hannover gehörigen
Flecken Artlenburg, 27 m über dem Strom, eine alte
Befestigungsanlage. Der Platz wird auf einer alten Karte des Amts
Lauenburg
"Striepenburg" genannt (Hammerstein, Bardengau, S. 368).
Auch Handelmann redet von den "mächtigen Ringwällen der
Striepenburg" (Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogtums
Lauenburg II. Heft 3, S. 297).
woher der Name stammt, ist nicht festzustellen. Sehr verbreitet
scheint er nicht gewesen zu sein, denn weder Duve in seinen
gründlichen "Mitteilungen zur näheren Kunde ...... des Herzogtums
Lauenburg. Ratzeburg. 1857", S. 45 f.,
noch Dührsen (Archiv Lauenburg I. Heft 3,
S. 297) nennen ihn. Seit Duve wird an dieser Stelle die
Ertheneburg vermutet, die Herzog Heinrich der Löwe 1181
verbrannte.
Dieser Burgplatz ist eine ebene, jetzt beackerte Fläche, nach der
Elbe zu in fast gerader Linie als Kante des Steilhanges
abschließend, etwa 110 m lang, 67 m
breit, auf der Landseite durch einen hohen Wall mit davorliegendem
Graben in gebogener
Linie begrenzt. (Abb. 1) Die Enden des Walles stoßen
nicht bis zur Kante des Steilhanges vor; im Norden fehlt der Wall
auf eine Länge von 52 m von der Elbseite her ganz, auf
der Südseite läuft er, einmal eine kurze Strecke
Abb. 31 Zufahrtsweg zum Burgplatz.
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unterbrochen, fast bis zur Kante flach aus. An der Ostseite ist er in voller
stattlicher Höhe erhalten und dicht mit hohen Bäumen und Buschwerk bewachsen.
(Abb. 31, 32.) Hier ist auch der Graben erhalten; in
ihm führt jetzt ein weg von dem auf halber Höhe des Elbhanges liegenden
Ritterschen Anwesen zu einem walldurchbruch im Osten, durch den der Zufahrtsweg
zum Burgplatz geht. (Abb. 31). An der Nordseite läuft der Graben
aus in der ebenen Fläche, auf der der Rittersche Hof liegt, an der Südseite
mündet er in einer natürlichen Rinne, die zum Strome abfällt. Die Entfernung der
Steilkante von der Elbe beträgt in der Luftlinie im Mittel etwa 120
m.
Der Burgplatz nimmt eine beherrschende Stellung in der Landschaft ein. weit
schweift der Blick nach Westen und Süden über das Marschland Hannovers, das
teilweise unter Stromhöhe liegt. Daß diese unvermittelt und isoliert aus der
dahinterliegenden Hochebene dicht an den Strom vorstoßende Bergkuppe schon früh
zu Befestigung gereizt hat, wird verständlich, um so mehr, wenn man die
beherrschende Lage zu dem unter ihr liegenden Elbübergang in Betracht zieht.
Abb. 32 Blick auf die Innenseite des Burgwalles.
Dieser Elbübergang bei Artlenburg, heute noch Fährstelle, ist
vermutlich uralt. Man muß sich vorstellen, daß in frühen Zeiten die Ufer der
Ströme und Flüsse weit ins Land hinein versumpft waren und ein Herankommen an
das Ufer selten ermöglichten. Nur da, wo sich Sand- oder Steinrücken des Bodens
durch den Sumpf bis dicht an die Ufer heranschoben, war ein Uebergang über den
Fluß möglich, Hier bei Artlenburg treten nun von beiden Seiten
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die Geestrücken bis nahe an den Strom heran, im Süden ganz flach, im Norden sehr
steil. Dieser Steilrand wurde gegenüber Artlenburg von zwei tiefen Schluchten
zerrissen, die einen natürlichen Aufgang zur Höhe bildeten. So ist es
verständlich, daß wir schon seit den Zeiten Karls des Großen von dem Elbübergang
bei Artlenburg hören. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß der Strom in
vorgeschichtlichen Zeiten so flach war, daß eine Furt die älteste
Uebergangsmöglichkeit bot. Diese Ansicht hat Götze schon einmal ausgesprochen im
Lauenburgischen Haushaltungskalender 1922, S. 41.
Eine wissenschaftliche Begründung erfährt sie durch die Arbeit Prof. Wagners im
Jahresheft des naturwissenschaftlichen Vereins für das Fürstentum Lüneburg,
XXII, Lüneburg, 1926, S. 35 f. Wagner
führt aus,daß bei Artlenburg der Gezeitenstrom der Niederelbe und die Strömung
der Oberelbe aufeinandertreffen, und daß deshalb notwendig Sinkstoffe in
erheblichem Umfange abgelagert werden müssen. Das zeigt anch das Meßtischblatt
in dem Dünengelände, das sich im Urstromtal der Elbe bis Mariental vorschiebt
und so den hochwasserfreien Zugang zur Elbe bis auf knapp 2,5 km
Entfernung vom jenseitigen Uferrand verringert. "An keiner Stelle zeigt die Elbe
einen auch nur annähernd so günstigen Uebergang wie hier." (Wagner, S. 36).
Es ist also wohl möglich, daß hier der Strom während eines Teiles des Jahres mit
Wagen überschritten werden konnte.
Handelmann (Archiv Lauenburg. II. 3,
S. 102) spricht mit einigem Recht die Vermutung aus, daß hier der
Punkt zu suchen sei, bis zu dem Tiberius im Jahre 5 n. Chr. von
der Elbmündung her mit Heer und Flotte vordrang und dann umkehrte. Gegenüber
mögen die auf das rechte Elbufer geflohenen Langobarden sich in der Ertheneburg
verschanzt und den Elbübergang des Tiberins bedroht haben. Und Volger
(Lüneburger Blätter. Neudruck, I, S. 13) meint:
"wahrscheinlich war es hier, wo Karl der Große über den Strom setzte, wenn er
bei Bardowiek und Lüne lagerte." Ueber Artlenburg führte die Lüneburger-Lübecker
Landstraße, hier bestand im 12. Jahrhundert die herrschaftliche
Fähre, bestand um diese Zeit eine Zollstelle für den Lübecker Handel auf der
linken Elbseite. Und eine beabsichtigte Verlegung der Fähre um 1186
nach Lauenburg mußte auf kaiserlichen Befehl unterlassen werden.
Der wallumgürtete Burgplatz hoch über der Fährstelle ist nun zuerst von Duve
(Mitteilungen 1857) für die Stätte erklärt worden, auf der die
Ertheneburg Heinrichs des Löwen zu suchen sei. Und Duve hat das eingehend
begründet. Der Chronist Helmold nennt „Ertheneborch urbem Transalbiorum"
der Ausdrucksweise Adams von Bremen folgend, obgleich er, in Lübeck schreibend,
die Burg als diesseits der Elbe liegend hätte bezeichnen müssen. Er nennt aber
die auf der rechten Elbseite sitzenden Sachsen immer Nordalbingier oder
Transalbingier, also muß auch die Burg auf der rechten Seite gelegen haben. Duve
brachte auch als erster den Burgplatz in Verbindung mit dem von Karl dem Großen
oder seinen Nachfolgern angelegten limes Saxoniae, er bezeichnet
ihn als Hauptburg dieser Grenze und findet hier den Anfangspunkt des limes
nach der Beschreibung Adams von Bremen,
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in der Nähe des Baches
Mescenreiza, den er in dem kleinen, heute fast ausgetrockneten Bach östlich der
Ertheneburg bei Glüsing erkennt. Dührsen folgt ihm und Schuchhardt (Die
frühgeschichtlichen Befestigungen in Niedersachsen. Salzuflen. 1924,
S. 74.
unterstützt diese Aufassung. Handelmann widersprach dieser Anficht und suchte
die berühmte Elbfestung am linken Elbufer bei Artlenburg. Die Begründung Duves
ist indessen so überzeugend, und alle später aufgedeckten Beziehungen sprechen
so stark für seine Ansicht, daß heute die Lage der alten Ertheneburg auf dem
rechten Elbufer als gesichert angesehen werden kann. Natürlich wird der
Elbübergang auch auf der linken Stromseite durch eine Befestigung gedeckt worden
sein, die hier im Flachlande eine Wasserburg sein mußte. Daranf hat Hammerstein
(Bardengau. S. 369) hingewiesen. und wenn 1181 die
Ertheneburg von Heinrich dem Löwen vor seiner Flucht nach England verbrannt wird und Herzog Bernhard 1182 aus den übrig
gebliebenen Steinen der Ertheneburg die Lauenburg erbaut, so wird DIE Ertheneburg, in der
1182 Herzog Bernhard die Huldigung seiner Grafen entgegennimmt,
die Befestigung gewesen sein, die am linken Elbufer au der Stelle des Ortes
Artlenburg lag. 1186 und 1190 wird in Urkunden von
N Ertheneburg gesprochen, das hier
nur novam Ertheneburg heißen kann, eine Schreibweise, die
1211 in einer Urkunde des
Grafen Albert von Orlamünde, gegeben "prope novum Ertheneborch" wiederkehrt.
Wir
müssen also mit größter Sicherheit annehmen, daß nach der Zerstörung 1181 die alte
Ertheneburg nicht wieder anfgebaut und benutzt worden ist. Alle späteren
Urkunden beziehen sich auf die Burg an der linken Elbseite, von der keine Reste
erhalten sind. Vermutlich hat sie an der Stelle gelegeu, an der das alte
Amtshaus, das frühere Amtsvogteigebäude zu Artlenburg, steht (Hammerstein). Noch hente
legt die Fähre gegenüber diesem Hause am Fuße des hier sehr breiten Deiches an.
Die Ertheneburg wird 1106 zuerst erwähnt. Herzog Magnus, der letzte Billunger,
stirbt hier. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts war die Burg Sitz eines Grafen.
Zur Zeit Lothars von Supplingenburg wird ein Graf Sifridus vou Ertheneborg
genannt. 1130 wird zu Ertheneborg der Obotritenfürst Zwinicke erschlagen. In der
Zeit Heinrichs des Löwen gewinnt die Burg besondere Bedentung, sie wird öfter in
Urkunden genannt. 1164 tritt als Zeuge in einer Schenkungsurkunde an das Domstift Lübeck Reynoldus de Erteneborch, anf. Vermutlich fiel der Verwaltungsbezirk mit
der Ertheneburg nach dem Tode eines Lüder, Sohn des obengenannten Sifridus, an
Heinrich, den Löwen als uneröffnetes Lehen zurück. Er stellt 1169,
1170, 1174 vier
wichtige Urkunden zu Ertheneburg aus. Den gefangenen Bischof Udo von Halberstadt
läßt er längere Zeit in der Burg verwahren. 1181 läßt er sie verbrennen. Das ist das
Ende der alten Burg; denn als 1205 oder 1206 der dänische König
Waldemar II. die
Ertheneburg zerstört, muß er über die Elbe gehen, es kann also nur novum Ertheneburg am linken Elbufer gewesen sein.
Die Schicksale der neuen Ertheneburg
seien der Vollständigkeit wegen erwähnt. Nach ihrer Zerstörung durch die Dänen
scheint sie
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wieder aufgebaut und bis 1226 unter dänischer Hoheit gestanden zu haben, dann wird
sie an die Herzöge von Sachsen-Lauenburg abgetreten. 1361 wurde Artlenburg vom Herzog
Wilhelm von Lüneburg erobert; er erbaute daneben die Veste Vigenburg, deren Lage
im Gelände nicht anfgefunden ist. Die Veste, die nicht sonderlich stark gewesen
sein kann, wurde schon 1363 geschleift. 1477 erscheint das Schloß Ertelenburg in einem
Lehnsbriefe des Kaisers Sigismund unter den Lehnsgegenständen. 1477 wird
Artlenburg und vermutlich der Rest der ehemaligen Burg, das Schloß, von Johann
von Brandenburg verbrannt. Damit ist auch die Geschichte der neuen Ertheneburg
zu Ende, der Flecken Artlenburg blieb übrig.
Der Name Ertheneburg ist von Schuchhardt als erdene Burg, Erdburg, erklärt
worden. (Die vorgeschichtlichen Befestigungen in Niedersachsen. Heft VIII.
S. 90. Obgleich
diese Deutung einfach erscheint, so ist sie doch nicht überzeugend. Bückmann
sagt im Lüneburger Heimatbuch, II, S. 185, daß die Deutung des
Namens Schwierigkeiten
mache. Er hält den Namen für einen Bachnamen: Erthena, S. 200. In der
Nähe der
Ertheneburg lag aber nur der heute fast ausgetrocknete Bach, den Adam von
Bremen Mescenreiza nennt. An der Südseite der Elbe gibt es iu der Nähe
Artlenburgs keiue Bäche.
Es wurde schon gesagt, daß die Ertheneburg von Anfang an mit dem limes
Saxoniae, der Grenzlinie gegen die Slawen, in Verbindung gebracht und als deren
westlichster Endpunkt da, wo er auf die Elbe trifft, angesehen worden ist. Adam
von Bremen, der seine Hamburger Kirchengeschichte um 1075 schrieb, führt diese
Grenzfestlegung auf Karl den Großen und die übrigen Kaiser zurück. Schuchhardt
hat nun diesen Limes eingehend untersucht und kommt zu dem begründeten Schluß,
daß die Ertheneburg Schlußpunkt des limes an der Elbe gewesen seiu muß. Und daß
jene Burg Delbende der Ann. Bertiniani, die die Sachsen auf Befehl Kaiser
Ludwigs des Frommen 822 von den Slawen räumten, wiederherstellten und mit Besatzung
belegten, Ertheneburg war. (Atlas Niedersachsen. S. 90, 141). Die Grenzlinie, die
Adam vou Bremen beschreibt, geht zum Bach Mescenreiza, der sich iu die Elbe
ergießt. Duve und Dührsen halten, wie schon gesagt, den kleinen ausgetrockneten
Bach bei Glüsing und Schnakenbek dafür. Schuchhardt glaubt, die Mescenreiza in
dem Mühlbach zwischen Stecknitz (Delvenau) und Boize wiederzufinden. Beides kann
richtig sein, da die Entfernung zur Ertheneburg nicht groß ist. Allerdings fällt
dann auf, daß Adam von Bremen nicht zuerst die Delvenau genannt hat, wenn jener
Mühlbach die Mescenreiza ist. Offenbar beschreibt aber Adam nicht ans eigener
Anschauung, sondern nach anderen Ouellen; die Ortsnamen hat er von dem Annalisten
Einhard.
Im Jahre 1922 wurde der Bestand des alten Burgplatzes gefährdet durch das an
seinem Fnße gelegene Kalksandsteinwerk, das den Sand dieses Steilufers ausbeuten
wollte, wie es schon südlich davon riesige Berge verarbeitet und tiefe
Einschnitte in das Ufer herstellt hat. Die Bedeutung der Ertheneburg wurde vom
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Lauenburgischen Kommunalverband erkannt, er griff ein und sicherte den Bestand
durch den Austausch von Grundstücken.*) Dieses außerordentlich verdienstliche
Ereignis wurde begünstigt durch Ergebnisse von Ausgrabungen, die auf Veranlassung
des Landesarchivars Dr. Gerhard durch den Museumsverein Lüneburg unter Leitung
des Verfassers in den Jahren 1923 und 1924 erfolgten. Sie hatten zwar
keine
eindeutigen Erfolge, aber sie konnten doch die bisher aufgestellten Vermutungen
erheblich stützen und unter Mithilfe Schuchhardts mit ziemlicher Sicherheit den
Burgplatz als Stätte der Ertheneburg und weiter als karolingische Befestigung
bestimmen.
Bei der Ausgrabung konnte, da sie der beschränkten Mittel wegen nur mit
freiwilligen Hilfskräften ausgeführt wurde, nicht systematisch vorgegangen
werden. Sie beschränkte sich auf das Ziehen von Gräben, auf den Anschnitt des
Walles und der Kante des Steilhanges an mehreren Stellen und auf die genauere
Untersuchung einer Brandstelle im Norden. (Abb. 1.) Da der Burgplatz
seit Jahrhunderten unter Kultur steht, und - wie die Gräben erwiesen haben - durch
Anlage von Kartoffelmieten stark durchwühlt ist, hat auch eine systematische
Grabung höchsten die Aussicht, zufällig gerade die Stelle zu treffen, die noch
nicht durchwühlt ist, wenn eine solche überhaupt vorhanden ist.
Die Gräben I, II, III, IV,
von denen I in der N.-S.-Achse, die übrigen annähernd
senkrecht dazu gezogen wurden, ergaben eine 30-40 cm
starke Humusschicht, unter
der gelber gewachsener Sand lag, vermischt mit kleinen Granit- und Feuersteinen.
Die Humusschicht umschloß Scherben grauer, hartgebrannter, mittelalterlicher
Gefäße (Abb. 19, 20), an einigen Stellen kleine Anhäufungen von
Holzkohle,
außerdem fanden sich Bruchstücke von Gefäßen, die rötlichgelbliche hellere
Oberfläche und schwarzen, körnigen Bruch zeigten; sie sind schwach gebrannt und
haben vormittelalterlichen Charakter. Schuchhardt hält sie für karolingisch
oder vorkarolingisch. Randstücke dieser Tonware wurden nicht gefunden. Senkrecht
zum Mittelgraben wurden an der Wallseite vier weitere Gräben gezogen. Im
Graben V waren die Bodenverhältnisse ähnlich wie die genannten. Gegen die
Mitte des Burgplatzes kam eine schräg sich in den Sand einsenkende Eingrabung
von etwa 1 m Tiefe, gefüllt mit schwarzem humushaltigen Sande, der sich scharf
gegen den anstehenden gelben Sand abhob. Auch hier lagen die beiden
verschiedenen Scherbenarten im Humus, die dickwandingen vormittelalterlichen an
einer Stelle dicht beisammen. Ferner fand sich ein Stück schwach gebrannter
Lehmbewurf, ein umgebogenes Stück Eisen, vermutlich ein Türhaken (Abb. 25) und
wenige Tierknochen. Die Mutmaßung Schuchharbts, daß es sich hier um die
Standortsspur eines Hauses handelt, erscheint wahrscheinlich. Weitere Spuren
wurden allerdings nicht gefunden.
____________________
*) Anmerkung der Schriftleitung: Bei dem Austausch der Grundstücke im
Pachtverhältnis zu dem Sandsteinwerk brachte der Kreisausschuß erhebliche Opfer,
für die ihm die Wissenschaft und alle Heimatfreunde Dank schulden. Der
preußischen Regierung gebührt gleichfalls Dank für das lebhafte Interesse an der Burganlage und für eine namhafte
zu diesem Zweck bewilligte Beihilfe.
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Ein senkrecht zu Graben V gezogener Stichgraben ergab in 2,5
m Entfernung vom
jetzigen Wallfuße eine Reihe von großen Findlingen in etwa 1 m Tiefe, anscheinend
regelrecht angeordnet, ohne Mörtel, und zweifellos die Fundamente eines Hauses
darstellend. (Abb. 30.) Eine Umbiegung der Steinreihe fand sich nicht.
Ueber
den Steinen lagen wenige graue, hartgebrannte und einige dickwandige, gelbrote,
schwachgebrannte Scherben.
Abb. 30 Steinfundamente eines Hauses.
Im Graben VI die gleichen Bodenverhältnisse wie
früher, ohne Eingrabung, im Humus wenige graue Scherben und einige
kleine Feldsteine. Am Nordostende des Grabens dicht am
Wallfuße eine etwa 1,5 m tiefe Eingrabung, gefüllt mit
dunkelgrauem Sande, in dem sich kleine runde Feldsteine, weißliche
kleine Nester - wahrscheinlich Gipsmörtel - und Reste von
Ziegelsteinen großen Formats und mittelalterlicher Struktur fanden.
Im Stichgraben, etwa 6 m vom Wallfuße, wurden regellose
Anhäufungen von großen und kleinen Steinen gesichtet, die
möglicherweise zu einem Hausfundament gchört haben, Graben VII und
VIII ergaben ähnliche Bodenschichten, wenige graue Scherben, einige
kleine Feldsteine.
An der südwestlichen Ecke des Burgplatzes ergab der Graben IX eine
ungleich starke Humusschicht von 40-70 cm Stärke mit verstreuten
grauen Scherben (Abb. 22, 23), schwach gebranntem Lehmbewurf, einem
kleinen eisernen Hufeisen (Abb. 24), dem Henkelstück einer
buntglasierten Schale, alles ohne kennzeichnende Fundlagerung.
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Kohle fehlte. Es kann sich bei dieser Lagerung nur um später aufgebrachten Boden
handeln, in den auch der späte, glasierte Scherben gelangt ist.
Etwa in der Mitte des Platzes ergab der Graben III eine Humusschicht von
30-50
cm Stärke mit wenigen Scherben der in anderen Gräben gefundenen Arten, darunter
ein gerades Randstück mit kleinem Tonwulst, schwarz, loser Band (Abb. 10) und
wenig Holzkohle. Graben II und IV halten ähnliche Bodenschichten und
Funde.
Erheblich reichere Ausbeute ergab die Grabung an Stelle XI im Norden des
Burgplatzes, etwa 6 m vom Wallfuße entfernt, an der der Besitzer schon früher
beim Einkuhlen von Kartoffeln Steine gefunden und angeblich fuderweise hat
abfahren lassen. Dicht unter der Oberfläche lag eine ausgedehnte Brandschicht
mit Einschlüssen von Holzkohle, Tierknochen, gebrannten Lehmstücken vom
Hausbewurf. Regellos lagen an einer Stelle gehäuft kleine Feldsteine, graue
Scherben und einige Eisenstücke. Die Feldsteine lagen in einer Schicht in 50 cm
Tiefe, etwa 1 m breit. Westlich dieser Steinlage umschloß die Brandschicht
massenhaft gebrannten Lehmbewurf, An vielen dieser Stücke konnte noch die
glattgestrichene Außenseite und die rauhe innere Seite mit den Eindrücken, die
das Wandgeflecht hinterlassen hatte, festgestellt werden. Viel gelber
ungebrannter Lehm lag zwischen den Steinen und in der Brandschicht. Die
Hauptmasse des Brandschuttes lag in westlicher Richtung. Von Eisenteilen wurden
gefunden: ein Ring (Abb. 18), ein ziemlich großes Messer mit Heftansatz (Abb.
16), ein am Ende hakenförmig umgebogenes Stück, vermutlich der Teil eines
Türverschlusses (Abb. 14), ein an der Spitze umgebogenes Messcr
(Abb 17), Nägel und Nägelköpfe (Abb. 12, 13,
15). Unter der Steinlage fand sich in
etwa 70 cm Tiefe ein verkohltes Brett von 60 cm Länge und
5 cm Stärke schräg im
Boden, Neben dem Brett lag eine weitere Schicht flacher Steine, regellos,
zwischen ihnen rotgebrannter Lehm. Am Rande der Steine fand sich das Skelett
eines Schweinekopfes, ganz morsch, die Zähne waren am besten erhalten. Die
erreichte Gesamttiefe betrug etwa 1,20 m. Die überall in der Brandschicht
gefundenen Scherben sind in der Hauptsache graue hartgebrannte Ware (Abb 4-9,
11), nur wenige braune, dickwandige, schwächer gebrannte lagen dazwischen
(Abb. 2, 3). Nachträglich wurde in etwa 1 m
Tiefe ein horizontal geriffelter
hellgelber Spinnwirtel aus gebranntem Ton mit geglätteter Oberfläche gefunden.
(Abb 26.)
Der Befund ergibt klar, daß an dieser Stelle ein Haus von größerem Umfange
verbrannt und nach Westen umgestürzt ist. Leider konnte eine kennzeichnende
Fundlagerung nirgends beobachtet werden, weil der Boden schon zu oft durchwühlt
ist. Die unregelmäßige Oberfläche der Grabunggstelle zeigte das schon
äußerlich.
In der jetzigen Zugangsdurchbrechung des Walles wurde das alte Tor vermutet. Ein
Einschnitt etwa in der Mitte der Durchbrechung ergab 20 cm unter der jetzigen
Oberfläche eine dunkelgraue Schicht mit Einschlüssen von Holzkohle, die sich nach
dem Innern zu auf kurze Entfernung scharf gegen den Sand absetzte. (Abb 28.)
Im Sande ein brauner schwach gebrannter vorgeschichtlicher Scherben.
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Nicht
paginiertes doppelseitig bedrucktes Abbildungs-Blatt
Ertheneburg (Abb. 1)
Ertheneburg (Abb. 2-29)
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Gegenüber dieser Stelle zeigte ein zweiter Einschnitt wieder die graue Schicht,
aber in unregelmäßiger Abgrenzung. Die mittlere Entfernung zwischen den grauen
Schichten betrug etwa 3,5 m. Unter der grauen Schicht des nördlichen
Einschnitts XII lag eine dunkle dünne Schicht mit weißlichen Einlagerungen
(Gips) in scharfer horizontaler Abgrenzung und darunter ein großer weißer
Klumpen, der sich zerreiben ließ wie alter Gips, der dauernd feucht liegt. Die
Vermutung ist wohl nicht von der Hand zu weisen, daß es sich hier um letzte
Reste oder Spuren von hölzernen Torwänden handelt.
An der Außenseite des Walles, vor dem genannten Eingang, wurde ein Graben quer
über den Weg gezogen. (Abb. 27.) Unter dem Humus kam in der heute noch
vorhandenen Böschung, südlich, nach dem Graben zu, eine schräg liegende
Steinschicht, bestehend aus einem größeren, 5 cm starken flachen Stein mit
glatten Flächen, und neben ihm kleine runde Feldsteine. Es war nur diese eine
Lage vorhanden, schräg nach dem Wege zu ansteigend, unter ihr lag gelber
gewachsener Sand, der auch im Wege selbst unter der Humusschicht lag. Es kann
wohl als sicher angenommen werden, daß es sich hier um die stehengelassene
Erdbrücke durch den Graben handelt, deren seitliche Böschungsflächen
abgepflastert waren.
Im östlichen Teile des Walles wurde der Einschnitt XIV bis zur Wallmitte
geführt. Der starke Baumwuchs erschwerte die Arbeit und gestattete auch keine
Weiterführung. Unter der Humusschicht von etwa 40 cm Stärke kam eine
unregelmäßige, im Durchschnitt 30 cm starke weiße Tonschicht (Abb.
1, Schnitt
a-b), darunter künstlich aufgeschütteter gelber Sand, denn unter der Tonschicht
fand sich dicht am Wallfuße des Zahn eines Schweines. Der Einschnitt XV an der
Außenseite des Walles nördlich vom Tor ergab die gleichen Bodenschichten.
Der Steilhang an der Elbe, die jetzige Kante des Burgplatzes, wurde durch die
Schnitte XVII, XVIII, XIX untersucht.
XVII ergab nichts als Humusschichten ohne
Einschlüsse. Am nördlichen Ende dagegen wurde bei XVIII (Abb.
29) unter der etwa 50 cm starken Humusschicht ohne Einschlüsse eine harte weißgraue Tonschicht
gesichtet, die mit viel Holzkohle und gebranntem Lehmbewurf vermischt war. Diese
Tonschicht wurde bis 1,80 m unter Gelände und bis etwa 2 m über die
Kante des
Burgplatzes hinaus gefunden, ohne daß sie aufhörte. Immer war sie stark von
Holzkohle und Lehmbewurf durchsetzt, einmal, in 1,50 m Tiefc, kam ein verkohltes
Brett. Die Tonschicht fiel nach dem Innern des Platzes zu ab. In einer Breitenausdehnung von
5 m fand sich immer dasselbe Ergebnis. Ein weiterer Einschnitt
XIX in 5 m Entfernung nördlich zeigte wieder die Tonschicht mit
den
Einschlüssen. Ueber der Tonschicht fand sich nach bem Platze zu eine dünne
bearbeitete Knochenplatte. Ein gründliches Absuchen des nach der Elbe zu
liegenden Steilhanges hatte keine Ergebnisse; dagegen wurde am Nordhang, der zu
dem Ritterschen Hofe zu abfällt, ein unzweifelhafter Feuersteinabschlag
aufgesammelt.
Die Fundlage am Steilhang der Elbe läßt eine interessante Deutung zu. Die hier
gefundene starke Tonschicht mit den Einschlüssen
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ist unzweifelhaft künstlich aufgetragen. Da ein Wall hier an der hoch über
der Elbe liegenden Kante wenig Sinn gehabt hätte, kann diese Tonschicht nur eine
Kantenbefestigung des Steilhanges gegen Absturz gewesen sein. Dann aber ist
der Burgplatz auch früher nicht viel größer gewesen als heute, und wir hätten in
der heutigen Kante annähernd die alte Grenze der Burg nach der Elbe zu. Dem
braucht die Nachricht Duves (Mitteilungen Seite 46) von dem Funde größerer
Steine am Fuße des Burgberges, an der Elbe, nicht zu widersprechen. Es wurde
bisher angenommen, daß die Quader abgestürzt seien. Möglich aber ist auch, daß
sie vom Abtransport 1182 nach Lauenburg zum Bau der Burg Bernhards am Elbufer
liegen geblieben sind. Daß die Tonschicht irgendwie mit einem Hausfundament
zusammenhängt oder die Stelle eines verbrannten Hauses andeutet, ist wenig
wahrscheinlich, da keinerlei andere Funde eine solche Deutung zulassen. Es
bleibt die Frage offen, wann diese Kantenbefestigung ausgeführt ist. Da nach
dem Befund der Scherben eine vormittelalterliche oder karolingische Besiedlung
angenommen werden muß, ist es nicht ausgeschlossen, daß entweder die Sachsen,
als sie das den Slawen abgenommene Delbenbe verstärkten, die Tonschicht auf den
bereits aus Sand bestehenden Wall und am Steilhange aufbrachten, oder daß
diese Verstärkung zur Zeit Heinrichs des Löwen entstand. In beiden Fällen sind die Brandreste vorhergehendcr
Hausanlagen in die Tonschicht gekommen.
Durch diese Ausgrabung ist sichcrgestellt, daß der Wall im Kern aus einer
Sandschüttung bestand, die mit einer starken Tonschicht abgedeckt war. Der Sand
zur Aufschüttung wird aus dem Graben genommen sein. Es ist möglich, daß auch der
Ton hier gewonnen wurde, denn auf der Grabensohle befand sich früher eine
Quelle, die noch vor 30 Jahren als Viehtränke benutzt wurde, jetzt aber
vcrsiegt ist; es müssen also hier Tonschichten liegen. Auf dem hohen Geestrande
des rechten Elbufers scheinen ehemals Hochmoore gelegen zu haben; wenigstens
treten am Elbhang bei Lauenburg Torffchichten zu Tage, unter denen heller Ton
liegt. Diese geologischen Verhältnisse mögen bei Ertheneburg ähnlich liegen und
den Ton zum Wallaufbau geliefert haben.
Ehe ich auf die Funde von Scherben und Eisensachen eingehe, möchte ich noch die
Reste an Ziegelsteinen behandeln, Daß sie in 1,5 m Tiefe lagen und sehr großes
Format zeigen, läßt ihre mittelalterliche Herkunft als sicher erscheinen.
Heinrich der Löwe begann die Marienkirche in Lübeck und den Dom in Ratzeburg um
1170. Seine Baumeister kannten also den Ziegelstein. Es ist deshalb nicht
ausgeschlossen, daß sie auch schon auf der Ertheneburg Backsteinhäuser bauten,
vielleicht eine Kapelle, die wohl kaum auf einer Burg jener Zeit gefehlt haben
wird. An spätere Backsteinbauten wird der großen Tiefenlage wegen nicht gut
gedacht werden können, besonders dann nicht, wenn wir daran festhalten, daß nach
der Zerstörung die Burg nicht wieder aufgebaut worden ist. Auch der Gipsmörtel,
der vom Kalkberg in Lüneburg stammen dürfte, findet dann seine Erklärung. Daß
massive Häuser in der Burg standen, beweist das
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Felsenfundament am Walle, das in dieser Stärke kaum für ein Holzhaus angelegt
worden wäre. Nach alter Technik wurden unter die Schwellen von Holzhäusern nur
einzelne große Steine ober viele kleine regellos gelegt, wie an den alten
Bauernhäusern bis ins 19. Jahrhundert hinein. Daß neben den Massivbauten auch
noch Holzhäuscr standen, ist wohl sicher, wenn auch die verbrannte Hauptstelle
XI kein schlüssiger Beweis ist; sie kann älter sein.
Wichtig für die Zeitstellung der verschiedenen Bauten aus der Burg würden die
Scherben und Eisenfunde werden können, wenn wir erst in der Chronologie dieser
frühmittelalterlichen Scherben klar sehen könnten. Im Museum Lüneburg steht
ein Gefäß, dessen Herkunft aus der Zeit Heinrichs des Löwen sichergestellt ist:
das vom Bardowieker Münzfund (Bahrfeld-Reinecke: Bardewiker Münzfund. 1913.
S. 4). Der Ton und die technische Behandlung dieses Gefäßes zeigen eine
bestimmte Eigenart, die sich aber anscheinend durch Jahrhundert erhalten hat,
so daß auf dieser Grundlage keine engere zeitliche Begrenzung möglich erscheint.
Wir können nur sagen, daß graue hartgebrannte Ware dieser Art in unserer Gegend
zuerst im frühen Mittelalter auftritt, daß sie aber nicht zum ursprünglichen
Inventar der eingesessenen Völker gehört. Mutmaßung, wenn auch mit einiger
Wahrscheinlichkeit, bleibt die Einführung durch die eindringenden Franken von
Westen, aber auch Beeinflussung durch die Slawen von Qsten. Inwieweit die Form
dieser Keramik mit den im Lande seit vorgeschichtlichen Zeiten heimischen
zusammenhängen, kann ich an dieser Stelle nicht entwickeln. Es gibt Funde im
Museum Lüneburg, deren Form von den römischen Eisenzeitfriedhöfen (Rieste) über
spärliche Fundstücke der folgenden Zeiten eine typologische Fortführung zu den frühmittelalterlichen
Formen ermöglichen.
Wie schon erwähnt, sind drei bestimmt unterschiedene Formen von Scherben bei den
Untersuchungen aufgetreten, die sich in technischer Hinsicht gliedern in
dickwandige rötliche Scherben, schwachgebrannt; in braunrote, besser
gebrannte (Abb. 2, 3) und in graue bis schwarze, hartgebrannte (Abb.
4-9, 19,
20, 22, 23). Mit der Aufzählung ist auch
die mutmaßliche Aufeinanderfolge
gegeben, Die Fundüberlagerung übereinander konnte nirgends beobachtet werden, da
das Gebäude seit langer Zeit durch Pflug und Einkuhlungen zerwühlt worden ist.
Alle drei Arten Scherben kamen in allen Tiefen vor, indessen überwiegen die
grauen, hartgebrannten bebeutend.
Die selteneren dickwandigen rötlichen Stücke, von denen kleine Teile der Bänder
gefunden wurden, zeigen im Bruche losere Fügung und Beimischungen von
Quarzkörnern, eine Technik, die für vorgeschichtliche Waren bezeichnend ist.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sie die ältesten sind und die
Ueberlieferung der einheimischen Töpferei fortführen. Sie müssen eine
Besiedlung vorkarolingischer Zeit, vielleicht bis in diese hinein, anzeigen.
Alle übrigen Scherben sind im Ton feingeschlämmt, verhältnismäßig dünnwandig und
hartgebrannt, die braunen sind leichter gebrannt, Die Bandstücke der grauen
Ware sind verschieden profiliert, alle aber deuten kugelige Gefäße mit scharf
ausgebogenem, fast immer verdicktem Rande
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an; der Uebergang vom Gefäßbauch in den Rand ist fast immer rundlich, weich, nur
einmal scharf abgesetzt (Abb. 8). Sie zeigen also in der Linienführung die
Formen, die durch den Bardowiker Münztopf für 1180 bezeugt sind.
Mittelalterlich sind sie jedenfalls, da alle Töpfe unserer Gegend aus dieser
Zeit nur noch grau und hartgebrannt sind, nicht mehr rötlich. Das führt zu dem
Gedanken, daß die an der Burgstelle gefundenen braunen Scherben zwischen den
sicher vorgeschichtlichen und den mittelalterlichen stehen. Eine Stütze findet
diese Auffassung in den Ergebnissen der Burgengrabungen Schuchhardts, der für
die karolingische Zeit eine "grobkörnige schwarzbraune Ware, die gar keine
Verzierungen hat, wohl aber oft recht fein profilierte Ränder", die Curtis-Keramik, festgestellt
hat. (Schuchhardt. Atlas vorgeschichtlicher
Befestigungen in Niedersachsen. S. 11.) Tüllen und Henkel fehlen auf der
Ertheneburg. In gewisser Beziehung haben unsere Scherben Aehnlichkeit mit
denen von Aselage, ohne die Ouarzbeimischungen, die Aselage noch zeigt. Und
ferner mit schwarzgrauen Scherben von der Königsburg bei Pyrmont, deren Profile
auch den unsrigen ähneln. Schuchchardt hält diese Scherben für jünger als die
Curtis-Keramik (a. a. O. S. 113). Das entspricht meiner Auffassung der
Ertheneburg-Scherben, mit denen die genannten Scherben auch im Profil
übereinstimmen. Vorsichtig eingeschätzt können also unsere Scherben 10. und
11.
Jahrhundert sein. Die grauen sind wohl zweifellos 12. Jahrhundert.
Halten wir
daran fest, daß die Ertheneburg 1181 unterging, dann müssen jedenfalls alle
gefundenen Scherben vor dieser Zeit liegen. Und auch die gefundenen Eisensachen
widersprechen nicht dieser Auffassung. Hufeisen, Türhaken, Nägel, Messcr sind
Funde, die Schuchhardt häufig auf Niedersachsens frühgeschichtlichen Burgen
fand, besonders auf der Aseburg. Sie lassen sich mangels sicher datierbarer
Stücke kaum genauer einordnen, als daß man sie eben dem frühen Mittelalter
zuschreiben muß. Im Falle Ertheneburg wird ihr häufiges Auftreten an der
Brandstelle im Verein mit Spinnwirtel und Knochenstück wohl für die Zeit
Heinrichs des Löwen sprechen.
Sicher als slawisch zu bezeichnende Fundc sind bei den Untersuchungen nicht
gemacht worden. Ein grauer hartgebrannter Scherben, der an der Brandstelle
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gefunden wurde, zeigt ein unklares ornamentähnliches Gebilde, vor dem Brande
schwach eingegrabene Linien (Abb. 11). Die zwei, übereinander oder
nebeneinander
liegenden, umgebogenen Linien können Wellenornament sein. Die Deutung ist aber
ganz unsicher. Aus slawische Herkunft zu schließen, geht angesichts dieses
einen Fundes nicht an, schon deshalb nicht, weil Wellenornament durchaus nicht
slawische Eigentümlichkeit ist. Beltz betont die Analogien zwischen
wendischer und fränkischer Töpferarbeit und möglicheweise eine Beeinflussung
der Wenden durch die Franken. Das Wellenornament ist römischer Herkunft.
(Wendische Altertümer. S. 193.) Das Dreiecksband vorgeschichtlicher
Gefäße ist
schon in der Steinzeit oft so verändert, daß es wie eine Wellenlinie
aussieht.
Fassen wir die Beobachtungen bei den Ausgrabungen auf der Ertheneburg zusammen,
so kommen wir zu dem Ergebnis, daß die Besiedlung der Stelle sehr alt sein muß.
Dem vereinzelten steinzeit-
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lichen Fund wollen wir keine größere Bedeutung beimessen, solange nicht mehr
gefunden wird, dagegen deuten die frühen vorgeschichtlichen Scherben vielleicht
schon die erste Befestigung an. Da vor dem Eindringen der Römer, später der
Sachsen, noch später der Slawen, keine Veranlassung zum Bau von Festungen
vorlag, wie Schuchhardt ganz richtig ausführt, wird man die frühen Scherben in
Beziehung setzen müssen zu der Zeit vor Karl dem Großen.
Der ursprüngliche starke Sandwall mit nur einem Tor und der Erdbrücke vor diesem
ist eine Eigentümlichkeit der sächsischen Volksburgen und der frühen fränkischen
Anlagen. (Schuchhardt a. a. O. S. 63.) Die Aehnlichkeit mit dem zweifellos
karolingischen Kastell Höbeck hat Schuchhardt betont (Frühgeschgeschichtl.
Befestigungen in Niedersachsen. S. 63). So ist also die Annahme nicht
von der
Hand zu weisen, daß hier Karl der Große ein drittes Elbkastell - neben Höbeck
und Burg bei Magdeburg - anlegte, wahrscheinlich unter Benutzung einer schon
vorhandenen Befestigung, denn sonst hätte der Kaiser die Wälle wohl auch aus
Holz gebaut, wie in Höbeck. Die Möglichkeit, daß der Kaiser die Verstärkung
durch die Tonschichten am Wall und an der Kante hergestellt hat, wurde schon
berührt.
Wenn Ertheneburg der Anfang des limes Saxoniae an der Elbe gewesen ist, dann
müßten allerdings zeitweise Slawen hier gewohnt haben, da Karl der Große den
Grenzschutz nicht den nordalbingischen Sachsen, denen er noch mißtraute, sondern
den anstoßenden slawischen Obotriten übertragen hatte. (Schuchhardt,
Befestigungen Niedersachsens, S. 75.) Und 822 müssen die Sachsen das
Fort
Delbende, das eben die Ertheneburg gewesen sein muß, den Slawen entreißen.
Slawische Funde sind aber nicht gemacht worden. Ihr Fehlen kann auf eine jeweilig
nur kurze Besetzung hinweisen, denn es ist nicht anzunehmen, daß der Kaiser eine
so wichtige Festung längere Zeit in den Händen der Slawen gelassen hat. Die
mutmaßliche Hausgrube nach der Mitte des Platzes zu spricht auch füür eine
karolingische Soldatenburg, da diese nach römischem Vorbilde hinter den Wällen
immer eine Straße freilassen. Erst später, als diese Kastelle zu
Dynastenburgen wurden, also zur Zeit Heinrichs des Löwen, lehnen sich die
Häuser, wie im Mittelalter immer, an den Wall oder die Burgmauer an. Daß das in
Ertheneburg auch der Fall gewesen ist, zeigt das Fundament hinter dem Wall. Dieses Fundament
nun, ferner die Backsteinfunde, die graue Tonware, die
Eisensachen lassen mit großer Wahrscheinlichkeit den Schluß zu, daß sie in das
12. Jahrhundert, also die Zeit Heinrichs des Löwen gehören, Dann aber hat auf
dem Burgplatze eine umfangreiche Anlage gestanden, mit massiven und
Holzgebäuden, und das kann nur die alte Ertheneburg Heinrichs des Löwen gewesen
sein, die 1181 vernichtet und dann nicht wieder aufgebaut wurde, Die einfachen
Erdwälle waren wohl schon damals für die Waffen jener Zeit zu schwach.
Jedenfalls wäre ein Neuaufbau nur unter Benutzung von Mauern erfolgreich gewesen,
und das ließ sich leichter im Flachlande gegenüber, bei Artlenburg,
bewerkstelligen, wo nicht riesige Erdwälle zu beseitigen waren, Da auf
Ertheneburg keine Spur eines Brunnens ge-
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funden wurde, wird auch die Wasserversorgung auf Schwierigkeiten gestoßen sein.
Alles das spricht stark für ein Verlassen der Burg nach 1181. Irgendwie wäre
auch in den zahlreichen schriftlichen Nachlässen des 13. und
14. Jahrhunderts
wohl einmal ein solcher immerhin nicht unbedeutender Platz erwähnt worden, wenn
er noch fortifikatorische Bedeutung gehabt hätte.
Der Burgplatz, wie er heute erhalten ist (Abb. 1, 31,
32), zeigt also
wahrscheinlich noch die gesamte Ausdehnung an, die er zur Zeit Heinrichs des
Löwen gehabt hat. auch der Wall wird nicht größer gewesen sein als heute,
vielleicht ist nur an der Südseite einmal ein schmales Stück beseitigt worden.
Denn überalt da, wo der Wall fehlt, sind steile Abstürze, die keine besondere
Befestigung erforderten.
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