Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


Lübeck und Lauenburg.

N. N.

Unsere große Nachbarstadt Lübeck feierte in den Tagen vom 3.-6. Juni die siebenhundertjährige Wiederkehr der Tage, da ihr Kaiser Friedrich II. nach ihrer Befreiung von der Dänenherrschaft in einer mit goldener Siegelkapsel versehenen Urkunde zusagte, "daß sie immer frei sein solle, nämlich eine besondere Stadt und Ort des Reiches und zur kaiserlichen Stadt gehörig, zu keiner Zeit von ihr zu trennen." Unser Land nahm mit aufrichtiger Freude an dieser schönen und seltenen Feier teil. Denn die Beziehungen Lauenburgs zu Lübeck haben sich im Laufe der Jahrhunderte immer enger und herzlicher gestaltet.

Heinrich der Löwe, der Sachsenherzog, der grosse Kolonisator des Ostens, ist der eigentliche Begründer Lübecks und Lauenburgs gewesen. Er gab Heinrich von Botwide das Polabenland als Grafschaft Ratzeburg zum Lehen; er zog deutsche Kolonisten ins Land; er ließ auf der Insel im Ratzeburger See den mächtigen Dom errichten. Und ebenso wies Heinrich der Löwe nach dem Brande der Stadt Lübeck im Jahre 1157 den dortigen Bürgern den Hügel zwischen Trave und Wakenitz zur Siedlung und zum Marktverkehr an; er gab der Stadt eine Verfassung und hielt seine Hand über ihren Verkehr mit den nordischen Ländern.

Als Heinrich aber von Barbarosso
[sic!] besiegt und die Stadt nach Vertreibung der Dänen kaiserlich und frei geworden war, da wurde Herzog Albrecht I. von Sachsen, der Beherrscher Lauenburgs. Schirmherr der Stadt und schenkte ihr den Ort Travemünde.

In den nächsten Jahrhunderten freilich, da wurde das gute Verhältnis durch mancherlei Wirren getrübt. Die Lauenburgischen Raubritter, die gelegentlich von den Herzögen geschützt oder gar unterstützt wurden, bedrohten nur allzu häufig den Lübschen Inlandshandel, der seine Straße durch Lauenburger Gebiet nehmen mußte. So kam es zu einer Belagerung Ratzeburgs im Jahre 1290 und zu wiederholten Zügen der Lübecker gegen die Lauenburger Raubburgen. Bei den letzteren stellten sich die Herzöge allerdings zumeist auf die Seite Lübecks, dem sie sich durch Landfriedensbündnisse verpflichtet hatten.

Als dann im Jahre 1349 die wichtigsten Raubburgen Lauenburgs. darunter die starke Burg Linau, eingenommen und zerstört worden waren, da suchte die Politik Lübecks neue Wege, um die Handelsstraßen der Stadt dauernd vor Ueberfällen zu schützen. Lübeck legte - und hier finden wir wieder ein Handinhandgehen mit Lauenburg - eine Landwehr an, die auf der Strecke vom kleinen Ratzeburger See bis nach Mölln durch eine eigenartige, teilweise noch heute erhaltene Wallanlage gebildet wurde. Zugleich aber trieb es eine kluge Territorialpolitik, die letzten Endes darauf hinausging, einen Landstreifen längst des 1397 vollendeten Stecknitzkanals als Lübschen


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Abb. [Hans Bunge (Gestaltung: Grußadresse 2]

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Korridor in die Hand zu bekommen. Die Geldnöte der Lauenburgischen Herzöge und Ritter waren ihm bei der Durchführung dieses Planes die besten Helfer. Ein Stück Lauenburgischen Besitzes nach dem andern - selbst Stadt und Vogtei Mölln - gingen in den Besitz oder die Pfandschaft Lübecks über. Das aber gab begreiflicher Weise zu vielen blutigen Fehden und langwierigen Prozessen Anlaß, bis endlich das Reichskammergericht im Jahre 1747 all diesen Wirrnissen durch sein Urteil ein Ende bereitete.

Seitdem haben Lauenburg und Lübeck, von einzelnen kleineren Gebiets- und Hoheitsstreitigkeiten abgesehen, im besten Einvernehmen miteinander gelebt. Ein Schienenweg, sowie Land- und Wasserstraßen haben sie einander näher gerückt. Die wirtschaftlichen Beziehungen sind reich und eng geworden. Und Lübsche Gelehrte und Künstler haben unzählige Anregungen in unser Land hineingetragen.

So war es eine gern erfüllte Pflicht nachbarlicher Freundschaft und Dankbarkeit, wenn der Kreisausschuß am 4. Juni der großen Schwester Lubeca durch Herrn Landrat Schönberg als Geschenk einen hübschen alten Willkommen überreichen ließ, der aus der Hand des Lübschen Meisters Christian Hermann Hülsemann stammt und für das Lübecker St. Annenmuseum bestimmt ist. Begleitet wurde das Geschenk von einer Adresse, die, in altertümlichem Stil geschrieben, der guten und weniger guten Beziehungen in humoristischer Form gedenkt. Diese Adresse ist von Herrn Hans Bunge-Mölln durch feinste Kunstschrift und allerliebste kleine farbige Bilder zu einem Kunstwerk gestaltet worden, dessen Wiedergabe unsere Leser mit Freude begrüßen werden. Ist es doch ein Stück Heimatkunst und zugleich ein Zeichen nachbarlicher Freundschaft zwischen Lauenburg und der großen Nachbarstadt. Möge sich das Band dieser Freundschaft in Zukunft noch weiter festigen - das ist auch unser aufrichtiger und herzlicher Wunsch!


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