Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


Alt-lauenburgische Tracht.

N. N.

Es ist außerordentlich betrübend. daß von unsrer schönen alten Lauenburgischen Volkstracht so unendlich wenig auf unsre Zeit überkommen ist. Im Möllner Museum sind nur einzelne wenige Stücke aufbewahrt. Und auch in der kleinen Sammlung, die den Grundstock unsres im Entstehen begriffenen Heimatmuseums bilden soll, befinden sich nur zwei Frauenkappen die ihr erst vor kurzem von den Herren Gemeindevorsteher Berodt in Dassendorf und Bäckermeister Burmester senior in Mölln freundlicherweise überwiesen sind. Da heißt es also, mit Eifer die wenigen Reste der alten Volkstracht sammeln, die noch im Lauenburger Lande vorhanden sind. Mindestens müssen wir Sorge tragen. daß die Stücke nicht verloren gehen und daß sie beschrieben werden, damit wir und unsere Nachkommen sich ein Bild davon machen können, wie die Bauernschaft unseres Landes vor 80 und 100 Jahren gekleidet ging. Wir richten deshalb an alle, die noch Stücke der alten Lauenburgischen Volkstracht besitzen, die herzliche Bitte, an den Landesarchivar in Ratzeburg darüber eine kurze Mitteilung zu richten. damit er die alte Kleidung einmal ansehen und danach eine genaue Beschreibung anfertigen kann. Wenn jemand ein oder das andere Stück dem Heimatmuseum schenken oder verkaufen will, so wird er dafür natürlich großen Dank ernten.

Vielleicht können wir in diesen Blättern später einmal von solch glücklichen Funden berichten. Heute aber wollen wir den Anfang damit machen. daß wir den Brief eines eifrigen Heimatforschers in Gülzow veröffentlichen. der uns wenigsten einige wichtige Fingerzeige gibt. Der genannte Herr schreibt uns:

"Die Hose und Weste meines Großvaters, von denen ich Ihnen sprach. sind bei meinen Verwandten in Hollenbek leider nicht mehr auszufinden.

Ich stelle nun aber nachstehend alles zusammen woran meine im Jahre 1853 in Klempau als Tochter eines Hufners geborene Mutter sich hinsichtlich der früheren Bauerntrachten noch erinnert.

Mein Großvater, 1811 in Klempau geboren. ein richtiger Bauer, der gut und umsichtig zu wirtschaften verstand, klein von Gestalt, mit krausem Haar. trug als junger Mann an Sonn- und Festtagen eine rote Weste mit kleinem blätterartigen schwarzen Streifenmuster, versehen mit 2 Reihen großer, silberner Knöpfe, hochgehend bis an den Hals. Die Weste wurde geschlossen getragen und hatte oben ein Halsqueder vom selben roten Stoff. Dazu gehörte eine wildlederne ziemlich enge Kniehose, die gleich unterm Knie abschloß und unten nach außen einen Schlitz hatten, der mit Lederstrippen zugezogen wurde; die Enden der Strippen baumelten herunter. Oben vorn befand sich eine Klappe (im Volksmunde "dat grote Schünendor" genannt), die oben zugeknöpft wurde. Oben an der Klappe und unten oberhalb des Schlitzes seitlich des Knies war Kreuzstichstickerei in roter, blauer und grüner Seide angebracht. Zu der Hose wurden auf Schuhen bis ans Knie reichende Lackstulpen getragen. An den Rock und die Mütze meines Großvaters kann sich meine Mutter nicht mehr erinnern.

Meine Grossmutter trug eine den Kleiderrock fast bedeckende große, breite grünseidene geblümte Schürze ohne Latz mit langen breiten Bindebändern. Um den Hals wurde ein weißer matrosenkragenähnlicher, eckiger Spitzenkragen getragen. Die mehr auf dem hinteren Kopfe getragene Mütze von kapottartiger Form war ganz mit Flittern benäht. Vorn war ein breites geblümtes Seidenband in Falten auf der Mütze angebracht; die Bandenden fielen auf beiden Seiten lang herunter.

Die Dienstmädchen trugen einen weiten gestreiften Beiderwandrock, fußfrei, dazu eine anschließende schwarze Sammettaille mit kurzen Puffärmeln, die Taille ließ den Hals frei. Eine weiße oder bunte breite Schürze ohne Latz vervollständigte den Anzug. Aehnliche Kleider werden heute vielfach unter der Bezeichnung Dirndlkleider getragen.


1926/3 - 76


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