Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


[Miszelle]

Kleine Mitteilungen

 

Der Ratskeller in Ratzeburg hat kürzlich unter der fachmännischen Leitung des Herrn Architekten Arp einen neuen, künstlerisch vortrefflich gewählten Anstrich erhalten, durch den die Gliederung der Fassade viel plastischer in die Erscheinung tritt, als dies bei dem Grau der früheren Farbengebung möglich war. An der Stelle des jetztigen Baues stand, wie wir schon auf dem Bilde von 1588 sehen können, früher das Rathaus selbst. Das Erdgeschoß diente als

1926/3 - 78
 

1926/3 - 79

Schenke, im Obergeschoß aber, zu dem vom Markte aus eine steinerne Freitreppe hinaufführte, waren die Amtszimmer. Dieser alte Bau wurde im Jahre 1693 durch das dänische Bombardement vollständig zerstört. Erst 1698 konnte das Rathaus als Fachwerkbau wieder errichtet werden. Es diente seinem Zweck bis zum Jahre 1843, wo das neue Rathaus erbaut und der alte Bau ganz als Gasthaus eingerichtet wurde. Erst im Jahre 1851 erhielt der Ratskeller das Gesicht, das er heute zeigt. Damals wurde nämlich die Marktfassade durch den Architekten Martius aus Mölln in englischer Gotik erneuert. Wenn dieser Stil in der so ganz andersartigen Umgebung nun auch etwas fremdartig wirkt, so ist doch nicht zu leugnen, daß das Haus Charakter hat und, für sich genommen, künstlerisch nicht ohne Reiz ist. Und darum ist es sehr zu begrüßen, daß der Besitzer, Herr Münstermann, die gotische Putzarchitektur durch einen geeigneten Oelanstrich so wirkungsvoll gehoben hat. Es wäre nur zu wünschen, daß sich in Zukunft alle Hausbesitzer von einem Fachmanne beraten ließen, bevor sie den Anstrich ihrer Häuser in Angriff nehmen. Der "persönliche Geschmack", von dem sie sich in der Regel leiten lassen, hat gerade in letzter Zeit, trotz mancher Gegenvorstellungen des Heimatbundes, allerlei Schlimmes zu Wege gebracht. Vielleicht daß eine Erweiterung des Ortsbaustatuts da in Zukunft Wandel schaffen könnte.

*