Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


Die Verkoppelung der Dassendorfer Feldmark. *)
Ein Kapitel aus der Ortschronik von H. EINFELDT.
 

1869 wurde das neue Schulhaus auf dem Platze des abgebrochenen "Swenkaten" gebaut. Darin hatten wohl über 100 Jahr die Hirten des Ortes gewohnt. Die gemeinsame Hude war nun vorbei. Wie oft hatte man früher des Morgens das Vieh zur gemeinsamen Weide getrieben. Auf dem Brink hatte der "Kohharer" geblasen, der "Scheper" geflötet, der "Swener" getutet, "de Goosdeern" "Wiele-Wiele" gerufen, der "Pärer" geknallt. Ihre Zeit war vorbei, als durch die Verkoppelung der Felder jeder Landmann seine eigenen Weiden und Ländereien zugewiesen erhielt, und als gleichzeitig die Weidegerechtsame im Sachsenwald abgelöst wurde.

Diese Verkoppelung hat sich ca. 40 Jahre hingezogen, etwa von 1784-1820. Denn es gab gar manche kleine Streitigkeit aus der Welt zu schaffen. Keiner wollte irgend eine kleine Gerechtsame preisgeben, weder die Herrschaft noch die Bauern.

1784 sind nach der Beschreibung (wörtlich.) vorhanden.
 

1.   an einseitigen Dorfs-Pertinenzen 2335 Morgen 59 R
2.   an Herrschaftlichem Forstgrund 3616 Morgen 76 R
3.   an Herrschaftlichen Wiesen mit Inbegriff des darin befindlichen Herrschaftlichen Holzes 55 Morgen 107 R
4.   an fremden Grundstücken 82 Morgen 66 R
      ____________________
    In Summa 6090 Morgen 68 R


Neben den einseitigen Dorfspertinentzen hatten die Bauern freie Wald-Weide, den Plaggenhieb und die Weichholzgerechtsame in dem Forstort Wenden.

Dafür hatten sie an die Herrschaft zu zahlen:

 
1.   an Landesabgaben

=

181 Rthlr.
2.   an Domanialabgaben = 244 Rthlr.
3.   an Rauhafer in natura 144 Scheffel = 48 Rthlr.
4.   an fremden Grundstücken = 36 Rthlr.
        2 1/2 Rthlr.
      ____________________
    In Summa   511 1/2 Rthlr.


Vor der Verkoppelung kam es der Herrschaft darauf an, die Weide- und Weichholzgerechtsame abzulösen und die Hand- und Spanndienste hoch anzurechnen.

Um die WEIDEGERECHTSAME abzulösen, wurde festgestellt: "Die Gemeinde hat einen Viehstapel von 394 Häuptern. Dieser Viehstapel ist aber nach dem Verhältnis des Kornbaues zum Viehstapel übertrieben hoch - 77 Häupter sind znviel. Diese 77 Häupter entstehen durch Industrie, wozu die Waldweide Gelegenheit gibt. Für 317 Häupter kann die Gemeinde nur Sommerweide verlangen unter Anrechnung der eigenen Dreschweiden." Nachdem alles bis ins kleinste
________________

*) Wir veröffentlichen diesen Aufsatz um so lieber, als er ein allgemein gültiges Beispiel für die Verkoppelung in allen Landgemeinden unseres Kreises ist.
DIE SCHRIFTL.

1926/4 - 87

 

 

1926/0/4 - 88

ausgerechnet ist, einigt man sich auf Abtretung von 740 Morgen an die Bauern.

Betreffend der WEICHHOLZNUTZUNG heißt es in einer Akte vom 20. Januar 1798: "Nach dem ersten Plane von 1784 soll die Dorfschaft in den Wenden auf 232 Morgen die Weichholzgerechtsame hergebracht haben, allein bey einer genauen Untersuchung hat sich ergeben, daß zwar besagte Dorfschaft diese Gerechtsame würklich gehabt hat, weil man ihr aber die jedesmalige Bezahlung der aus dem Distrikt entwendeten Eichen und Buchen zu gemuthet, so hat sie jene Gerechtsame freywillig abgetreten und sich nur die Weyde, jedoch nicht allein für ihr Horn- und Zugvieh, sondern auch für die Schaafe und Schweine vorbehalten." Diese Ländereien blieben aber doch bei der Gemeinde. Für die abgetretene Weichholznutzung wußten die Bauern sich schnell zu entschädigen. Denn fast alle hatten Wiesen an der Aue mitten im Wald, und ganz merkwürdigerweise gelang es ihnen, alljährlich von dort ihren GESAMTBEDARF Holz zu decken. Wer ursprünglich keine solche Wiese hatte, suchte sich ein Stück heranzutauschen, damit er nur das Recht bekam, durch den Wald zum Holzholen nach seiner Wiese zu kommen!

Die Anrechnung der SPANNDIENSTE geschah durch Umrechnung des Fuhrlohnes für die Anfuhr des Deputatholzes. Für Anfahren eines Fadens Deputatholzes wurden 3 Spanntage gerechnet. Für 190 Faden war der Preis 158 Rthlr.

"Die abgedienten HANDTAGE können, weil selbe nur durch 12 und 13jährige Knaben und Mädgen geleistet werden, höchstens 6 1/2 Rthlr. gerechnet werden."

So erhielt die Gemeinde nach der Verkoppekung 3075 Morgen, uud die Summe der gesamten Gefälle war zu Geld gerechnet 641 1/2 Rthlr. Jetzt setzte die Arbeit der Verteilung INNERHALB DER GEMEINDE ein. Hier galt es nun, eine gerechte Aufteilung in die Wege zu leiten. Selbstverständlich wurden hier viele einzelne Wünsche laut. Der Bauernvogt forderte 12 Morgen Dienstland und 50 Morgen Wiesen mehr als die andern Vollhufner. Der Hufner Jürgen Wolff forderte mit Rücksicht auf sein bisheriges Vorrecht 10 Morgen Land voraus. Der Halbhufner Jürgen Grimm wünschte Dreiviertelhufner zu werden, legte seine Gründe vor, und es wurde beschaffen: "Es ist also billig und der Egalisierung angemessen, wenn er sofort zu jener Benennung qualifizieret werde." Es dauerte viele Jahre, ehe alle Wünsche erledigt waren. Näch der "Egalisierung" folgendermaßen. Es erhält:

     

der Bauern-
vogt

Hufner

3/4
Hufner

1/2
Hufner

Köthner

               
a.   Hof- und
Gartenland
4 Mg. 4 Mg.

3 Mg.

3 Mg. 2 Mg.
b.   Ackerland 153 Mg. 153 Mg. 119 Mg. 85 Mg. 34 Mg.
c.   Wiesenwachs 75 Mg. 27 Mg. 17 Mg. 16 Mg. 11 Mg.
d.   Busch und
Weyde
36 Mg. 36 Mg. 30 Mg. 22 Mg. 18 Mg.
e.   Heydekoppel 12 Mg. 12 Mg. 10 Mg. 6 Mg. 4 Mg.
f.   Dienstland 12 Mg. - - - -
      _____________________________________________
     

292 Mg.

232 Mg.

179 Mg.

132 Mg.

69 Mg.

      _____________________________________________
    An Abgaben
zahlt:

41 Rthlr.

54 Rthlr.

41 Rthlr.

30 Rthlr.

15 Rthlr.

               

Der Bauernvogt wußte seine Arbeit gut einzuschätzen!

1926/4 - 88


1926/4 - 89

Von den Restländern erhielten:

1.   der Schulmeister   22 Morgen,
2.   die Hirten   4 Morgen,
3.   zur Ausfütterung des Bollen und Ebers   17 Morgen,
4.   Dorfsgemeinheit   46 Morgen,
5.   Wege, Landstraßen   107 Morgen

Es ist also eine wesentliche Veränderung vorgenommen:

Die Ländereien der Vollhufner schwankten
vorher zwischen
  143-
214
Morgen
Die Halbhufner hatten   52-73 Morgen
Die Köthner besaßen   30-33 Morgen
Die gemeinschaftliche Dorfsweide war vorher   293 Morgen
Die Wege und Landstraßen   44 Morgen

Jetzt endlich konnte man an die Verteilung der einzelnen Ländereien denken. Zunächst wurden möglichst geradlinige Wege abgesteckt. Statt 44 Morgen Feldwege bekam man jetzt 107 Morgen Wege. Zwischen diesen Wegen wurden die Stücke möglichst viereckig abgeteilt, und zwar so, daß jeder gutes und schlechtes Land erhielt. Die Verteilung der Koppeln geschah immer in einer ganz bestimmten Reihenfolge. Diese Reihenfolge ist heute noch deutlich zu erkennen. Wessen Stücke auf dem "Kämpen" nebeneinander liegen, dessen Koppeln liegen auch bei "Heidkoppeln" oder "Stämmenkoppeln" oder "Langenstück" nebeneinander. Die Ländereien der Kötner uud Halbhufner zeichnen sich meistens durch größere Entfernung vom Hause aus. Die Ausgleichsecken erhielt hier der Schulmeister. In den Akten wurde ganz genau bestimmt, an welcher Seite der Koppel der Besitzer den Graben auszuheben und den Knick aufzuwerfen hatte. Nachdem nun noch die Instandhaltung der einzelnen Wegestrecken verteilt war - man findet noch jetzt an den Wegen die Streckensteine mit Namen -, konnte jeder frisch an die Arbeit gehen und versuchen, auf eigenem Boden als freier Herr seinen Wohlstand zu heben.

Die Dassendorfer Feldmark ist aber nicht mit Wiesenland gesegnet gewesen. Zum  Ausgleich erhielten die Bauern also Wiesen an der Aue und Kammerbek im Sachsenwald (von Fürst Bismarck aufgekauft), in Besenhorst im Stickwerder, auf den Kiehlen, in Kiehnshagen, in der großen Flage (noch heute in den Händen hiesiger Besitzer), in Kasseburg (bis auf eine verkauft) und in Escheburg (alle verkauft).

Die Karten und Vermessungsarbeiten zur Verkoppekung wurden angelegt von Duplat, Wackerhagen und Chappuzeau. Die genauen Akten darüber sind aufbewahrt im Landesarchiv zu Ratzeburg. Durch diese Verkoppelung hat Amtmann Compe - in Schwarzenbek steht neben der Kirche sein schlichtes Denkmal - den Grund gelegt zu einem wohlhabenden, leistungsfähigen und tüchtigen Bauerngeschlecht.


* * *