Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1926


[G.]

Wolfsjagden in Lauenburg.

Wolfsjagden in Lauenburg! Ja, die gab's nicht nur in Rotkäppchens Zeiten, sondern noch viel später. Ein dünnes Aktenbündel des Landesarchivs in Ratzeburg weiß davon zu erzählen.

Der vergilbte Pappdeckel enthält fünf Briefe verschiedener Hand. die sämtlich an den Amtschreiber und späteren Amtmann Mattfeldt

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in Lauenburg a. d. E. gerichtet sind und aus den Jahren 1697 bis 1713 stammen.

Der erste Brief ist von dem Geheimrat von Bothmer geschrieben, im Namen jenes Herzogs Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg, der sich bekanntlich im Jahre 1689 des verwaisten Herzogtums Lauenburg bemächtigte. Herzog Georg Wilhelm war ein jovialer liebenswürdiger Herr, der die Sorgen der Regierung gern seinen Geheimen Räten überließ und sich dafür mit großer Leidenschaft den Freuden der Jagd hingab. Mit besonderer Vorliebe residierte er in seinem Jagdschloß Göhrde, das ihm unmittelbar die wildreichsten Forsten seines Herzogtums erschloß. Auch der genannte Brief ist von diesem Jagdschloß, und zwar vom 9. November 1697, datiert.

Wir dürfen wohl annehmen, daß es in diesem ersten Fall lediglich fürstliche Jagdlust war, die zum Wolfsjagen trieb. Dieses wird mit solch' dienstwilliger Eile anbefohlen, daß wir geradezu spüren, wie der herzogliche Jagdeifer dem Schreiber die Feder führt. Der Brief lautet:
 

Woll EhrenVester und wollgelahrter, geEhrter Herr Ambtschreiber.

Demnach Ihre Durchlaucht Mein gnädigster Herr resolviret, am negstkünfftigen Dingstag, alß den 16ten dieses im Renße (?) Ambts Neuhauß eine Wolffsjagd anzustellen, Alß wird nomine Vorhöchstgedachter Ihrer Durchlaucht Euch hirmit befohlen, denen gesambten Unterthanen und nachgesetzten Ambts-Bedienten ernstlich anzudeuten, auf bestimbten tag zu Darchau, gegen abent, bey willkührlicher Straffe zu erscheinen und daselbst von dem Forstmeister Büngner ferner anordnung zu erwarten. Weilen auch bereits an dem Herrn Land Marschall von Bülow geschrieben, daß der Herren von Wedell ihre Leute ingesambt zu dieser gemeinnützigen Wolfsjagt an bestimbten Ohrt mit erscheinen mögen, So zweifelt man nicht, es werde oberwehnter Herr Land Marschall die Herren von Adell schon dazu disponiren, Indeßen habt ihr dennoch denen in dem Euch anvertrautem Ambte geseßenen von Adell, zu gewinnung der Zeit, zu schreiben, daß ihre Leute Mann bey Mann, gleich denen Herschafftlichen Leuten, an bestimbten ohrt erscheinen mögen. Ich verbleibe des Herrn Ambtschreibers
 

Dienstwilliger

 
 

A. v. Bothmer.


Wie wir dem Briefe entnehmen, wurden damals also alle niedern Beamten, Bauern und Dienstleute aufgeboten, um Serenissimo den Wolf zuzutreiben. Daß ein solcher Dienst nicht gerade als Vergnügen, sondern von Hoch und Niedrig als schwere Last empfunden wurde, ist wohl begreiflich. Wer der Verpflichtung nur irgendwie entgehen konnte, suchte sich davon freizumachen. So enthalten denn zwei der oben genannten fünf Briefe die Bitte adliger Gutsherren, ihre Leute vom Jagddienst zu befreien. Der eine stammt von dem Herrn von Wittorf in Lüdersburg, der den beschwerlichen Elbübergang als Entschuldigungsgrund anführt, der andre ist von einer Fürstin aus Lauenburgischem Stamm, der Herzogin Eleonore Charlotte von Holstein-Sonderburg, geschrieben, die nach dem Tode ihres entthronten Gemahls in Franzhagen residierte. Sie führte

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an, daß ihre "Weyland Hochgeliebte Herren Vettern, die regierende Herzöge zu Sachßen dergleichen und andere jachten, so wohl im Ambte Neuhauß alß auch Lauenburg und Schwartzenbeck öffters angestellet und die Unterthanen darzu beruffen lassen, hingegen die Witzeiter und Schulendorffer alle und jede mahl exempt geblieben." Davon, ob dieser Einspruch Erfolg gehabt hat, wird leider nichts berichtet.

Der vierte Brief unsrer Akte erzählt von einer Wolfsjagd, die vierzehn Jahre später im Sachsenwalde abgehalten wurde. Auch in ihm wird der Amtmann wieder aufgefordert, den "Ambts Unterthanen und den Adlichen auf Müssen" anzubefehlen, nach dort zu kommen und "das schädliche Thier fangen zu helfen." Wir sehen, hier wird doch schon der gemeinnützige Zweck der Wolfsjagd hervorgehoben.

Noch deutlicher wird dies aber in dem fünften und letzten Briefe, der am 5. Dezember 1713 geschrieben ist und folgende Adresse trägt. A Messieurs Messieurs de Plesse, Mattfeldt et Kreyenberg, Conseiller, Drossard, Baillif et Ambtschreiber de S. A. Elect. de Brounsw et Lunebourg à Lauenbourg. Ihn geben wir, da er von besonderm Interesse ist, im vollen Wortlaut wieder. Er lautet:
 

Wohlgebohrene Auch Hoch und Wohl Edle,
Vest- und Hochgelahrte, insonders Hochgeehrte
Herren Rath und Drost
wie auch Ambtmann und Ambtschreiber.

Es haben sich eine Zeither in dem hiesigen Ambte ein Pahr herumbstreiffende Wölffe an verschiedenen Ohrten sehen lassen, Insonderheit haben der hiesige Wildt Schütze Hinrich Hagen und Bauervogt Stoffer Kiehn zu Horn heute anhero Bericht gebracht, daß nach der angetroffenen Spuhr selbige beede Wölffe von den Hamwarder Feldt her hinter Brunstorff und Horn den lauff nach den hiesigen Walde zu genommen hätten; Alß nun ein gemeinsames Beste- und Guthe Sache ist, daß selbige Raub Thiere je eher je besser aus dem Wege geräumet werden, So haben wir nicht anstehn wollen, mit Ew. Wohlgeb. und unseren Hocgeehrten Herren darüber in Zeiten zu communiciren, insonderheit da für itzo die Nachspuhr bey dem zu weilen fallenden neuen Schnee dazu sehr bequem ist, gestalten dieselbe wir hiemit dienstfreundtlich ersuchen, unß hinwieder nach Gefälligkeit wissen zu lassen, was wegen des Auffenthalts und der Gänge sothaner Wölffe an ihrem Ohrte gemeldet wird, damit, wen die desfals fürzunehmende Jagt über beyderseitige Felder demnegst anzustellen were, man mit gesambter Handt ohne Zeit Verlust dazu thun und dem daher zu besorgenden Schaden für kehren möge; Wir verbleiben
 

Ew. Wohlgeb. Wie auch
Unser Hochgeehrten Herren Dienstergebene
     
Schwarzenbeck
den 5. Dezember 1713
  Klippe (?);
L. G. Koch

Hier wird die Treibjagd, wie aus dem Briefe ganz deutlich wird, lediglich aus Nützlichkeitsgründen angesagt. Die Wölfe sind bereits selten geworden, aber sie bedrohen doch die Sicherheit der Landstraßen, und so muß man sie abschießen.

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Wann im Herzogtum Lauenburg der letzte Wolf geschossen ist, läßt sich im Angenblick nicht feststellen. Vielleicht gibt darüber einmal einer der Herren Forstbeamten nähere Auskunft.

G.

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