Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]
Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927
[Miszelle]
Bücher- und Zeitschriftenschau |
Neue Bücher von Otto Garber verdienen immer unsere Aufmerksamkeit. Denn Garber ist einer der wenigen Schriftsteller, die ganz tief im niederdeutschen Volkstum wurzeln und es verstehen, ihren Werken volkstümlich niederdeutschen Charakter aufzuprägen. Für uns Lauenburger aber bedeutet er noch mehr. Sein Denken und Dichten ist mit seiner Lauenburgischen Heimat so eng verflochten, daß sie einfach nicht davon zu trennen sind. Seine Erzählungen spielen auf Lauenburgischer Erde. Und seine Personen und er selbst sprechen ein echtes Lauenburger Platt. So wird uns Lauenburgern jedes seiner Bücher schon um seines heimatlichen Charakters willen lieb und wert. Aber Otto Garber ist mehr als ein Heimatschriftsteller üblichen Formats. Otto Garber ist ein Dichter. In seinem neuen Roman "Den ersten Steen" weiß er uns mit seiner Kunst Menschen von Fleisch und Blut zu zeichnen: den jungen Hans Haller, der sich damit abquält, daß man seiner Mutter Untreue nachsagt, der die scheinbar Gezeichnete aus seinem Hause weist und erst durch eigenes Straucheln zu liebevollem Verstehen geführt wird; und dann die Mutter selbft, die sich nie verloren, aber seit Jahren einen andern als ihren Trinker von Mann geliebt hat und darum lhrem Sohn nicht von ihrer Unschuld zu sprechen wagt. Und neben diesen beiden Hauptfiguren die schmucke und lebenswahre Tine, ferner lütt Jochen, der immer Herz und Mund auf dem rechten Fleck hat, Vadder Hümpel, den drolligen Menschenkenner und Philosophen, und schließlich die beiden Schandmäuler Katenmarik und Hinnerk Slieker. Alle diese Menschen stehen in Otto Garbers Darstellung lebendig vor uns. Wir fühlen und leben mit ihnen. Nur eine kleine Einschränkung! Es ist nicht zu leugnen: etwas in uns wehrt sich doch gegen die Hartköpfigkeit des Jungen und gegen das verhängnisvolle Schweigen der verdächtigten Frau. Und da scheint mir der einzige schwache Punkt in Otto Garbers schönem Roman zu sein. Der Unterbau für das Geschehen ist zu schwach. Alles nachträgliche Erklären nimmt uns nicht ganz den Alp von der Brust, der sich bei diesem Verhaltem (sic!) zweier Menschen, die sich im 1927/1 - 36 1927/1 - 37 Grunde lieb haben, auf uns legt. Aber das ist auch das Einzige, was uns an dem Buche nicht zusagt. Es bietet int übrigen soviel Feines in der Führung der Handlung, wie in der Einzelschilderung, und es hat Kapitel von so feinem Stimmungsgehalt, daß uns dieser neue Roman Otto Garbers trotz allem immer lieb und wert sein wird. - Und ebenso ist es mit dem Novellenband "Ut de Bilad", der von unserm rührigen Heimatverlag (B. Raute, Ratzeburg) in so mustergültiger Weise herausgebracht ist. Köstliche Bauern- und Schulmeistergeschichten wechseln darin miteinander ab, Stücke von lieber schlichter Art und intimstem Reiz. Und dazu kommen ein paar Kriegsgeschichten, von denen sich "Gewehr söß" mit der packenden Schilderung eines blutüberströmten Angriffs zu schlechthin monumentaler Wirkung erhebt. Man spürt, es steckt viel eigenes Erleben in diesem Buch. Und darum fesselt und ergreift es uns. Möge es - so wünschen wir - recht viele aufmerksame Leser finden! G. |
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