Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927


Die Truppen des Bischofs von Halle im Herzogtum Lauenburg 1626/1627.

Von U. V. RUNDSTEDT
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Christian Wilhelm, Markgraf von Brandenburg und Administrator des Erzstifts Magdeburg, wurde von den Zeitgenossen "Bischof von Halle" genannt, weil er seine Residenz auf der Moritzburg in Halle hatte. Als 1625 Wallenstein mit seinem für damalige Begriffe ungeheuren Heer von 50-60 000 Mann sich elbabwärts zog, warb der Bischof eine kleine Truppe, um mit ihr und dem Landesaufgebot sein Gebiet zu schützen. Wallenstein jedoch drängte ihn mit leichter Mühe in den nördlichsten Zipfel des Erzstifts bei Burg und Sandau an der Elbe zurück. Dort hielt sich der Bischof hinter Feldbefestigungen bis zum Frühjahr 1626. Da trat er unter Mansfelds Befehl, wurde in dessen Niederlage an der Dessauer Brücke verwickelt und ging, während Mansfeld nach Schlesien zog, in nördlicher Richtung zurück. So gelangte er Ende April in das lauenburgische Amt Neuhaus. Damals war es Witwensitz der Herzogin Marie, Gemahlin Franz II. Sie starb am 13. August dieses Jahres, gerade als, wie wir sehen werden, Kämpfe um das Gebiet tobten. Das Schloß Wehningen, denen v. Bülow gehörig, mußte eine Abteilung Musketiere aufnehmen. Auch in Bleckede auf dem linken Ufer wurde eine Besatzung gelassen. Mit dem Rest zog er weiter, um bei Hamburg die ihm von Holland versprochenen Gelder und Waffen zu erwarten.

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Inzwischen legte er sich in das Land Hadeln und wollte wohl dem darob wenig erfreuten Herzog August einen Gefallen tun, indem er das Schloß Ritzebüttel, einst zu Lauenburg gehörig und von den Hamburgern erobert, letzteren am 8. Mai wegnahm. Die Hansestadt rüstete zur Vergeltung, doch gelang es dem dänischen Gesandten, den Bischof zur gutwilligen Räumung zu bewegen. Nach der Niederlage bei Lutter am Barenberge kam auch die Hauptmasse der dänischen Truppen ins Land Hadeln. Der König ernannte Christian Wilhelm zum Direktor seines Kriegsrates.

Im August nahmen die durch die Altmark langsam vorfühlenden Wallensteiner unter Oberst Cerboni - Wallenstein war selbst nach Schlesien gegangen - die Besatzung der "Hallischen" in Bleckede gefangen. Ein gleicher Versuch mit Wehningen mißglückte freilich dank tapferer Gegenwehr, doch wurde die Besatzung bald darauf zurückgenommen und das ganze Amt geräumt.

Die Manneszucht im bischöflichen Korps war, selbst am damaligen Stande gemessen, schlecht. Der Führer hatte außer persönlicher Tapferkeit wenig mlitärische Fähigkeiten. Dazu kam, daß nur selten der Sold gezahlt werden konnte. König Christian war zwar wegen der hohen Abgaben, die er von allen den Sund durchfahrenden Schiffen erhob, einer der geldmächtigsten Fürsten seiner Zeit, aber für seine vielen hochfliegenden Pläne langte es denn doch nicht, umsoweniger als die Dänen diesen Krieg als ihres Königs Privatvergnügen ansahen und nichts dafür bewilligen wollten. Ebenso blieben seine Verbündeten ihre versprochenen Hilfsgelder schuldig. So wurde trotz der sehr strengen dänischen Kriegsartikel lustig geplündert und dabei wenig Unterschied zwischen eigenem, feindlichem oder neutralem Gebiet gemacht. Lauenburg, ob seiner Wehrlosigkeit ohne Ansehen bei Freund und Feind, war zudem noch das Durchzugsland für alles, was von Norden kommend zur Front strebte, da Hamburg sich beiden Parteien verschloß.

Kriegsbrücken bei Lauenburg und Boizenburg waren durch Schanzen auf dem linken Ufer gesichert.

Als die damals noch übliche Winterpause eintrat - erst Gustav Adolf führte auch in der rauhen Jahreszeit den Krieg fort - gingen die Bischöflichen in Quartiere um Pinneberg. Beide Parteien rüsteten zum Frühjahr nach Kräften. Christian Wilhelm ließ durch den Obersten Ludwig von Calenberg, einen Hessen, seine Reiterei in ein Regiment Arkebusierreiter zusammenfassen. Von den Kürassieren unterschied sich diese Gattung durch leichtere Panzerung, aber schwerere Bewaffnung. Sie hatten keine Beinschienen, statt des Visierhelms einen Eisenhut und statt Pistolen zwei Büchsen. "Arkebuse" war eine Verwelschung der deutschen "Hakenbüchse", wobei wohl die Verdeutschung "Armbrust" von "ARCOBALLISTA" Pate gestanden hatte. Gefeuert wurde vom Pferde aus, und zwar bei der Attacke aus nächster Entfernung. Dazu hatte der Reiter in einer Tülle am Genickriemen des Pferdes einen Holzstab, um den die brennende Lunte gewickelt war. Nach dem Schuß waren 99 Handgriffe zum Wiederladen nötig. Wenn also beide Büchsen abgefeuert waren, griff der Arkebusier ent-

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weder zum Schwert oder ritt eine Strecke zurück, um neu zu laden. Der Troß eines solchen Regiments war schon damals sehr beträchtlich, obwohl das Mitnehmen der mehr oder weniger oder weniger standesamtlichen Frauen und Kinder erst später aufkam. 83 Rüstwagen beförderten auf dem Marsch Arkebusen und Gepäck, dazu kamen noch die Wagen der Offiziere und eine wechselnde Zahl von Fahrzeugen mit Plündergut. Eingeteilt war das Regiment in 5 Cornets oder Kompagnien; ersterer Name kam vom Feldzeichen, wie denn die Infanteriekompagnie "Fähnlein" hieß.

Als im April 1627 bei Krempe die Musterung der fertigen Truppe stattfand, war der Bischof schon zur Übernahme des Oberbefehls auf dem schlesischen Kriegsschauplatz abgereist, doch behielt das Regiment seinen Namen eine Zeitlang bei. Von Offizieren sind bekannt: der Oberstleutnant v. Bortfeld und der Rittmeister Moritz, die beide im Herbst in Jütland von den Bauern getötet wurden, sowie der Rittmeister Gebhard von Rundstedt, ein Altmärker, der schon 1600 seinen ersten Feldzug in den Niederlanden mitgemacht und später auch unter dem Lauenburger Prinzen Ernst Ludwig in Schweden gefochten hatte.

In breiter Front, um Quartier und Weide besser auszunutzen, marschierte das Regiment ins Lauenburgische zurück und trat unter Befehl des Grafen Thurn, jenes Böhmen, der 1618 durch den Prager Fenstersturz das Signal zum Kriege gegeben hatte.

Monatelang konnten die Reiter noch über die Elbbrücken ins Lüneburgische streifen und dort brennen und plündern. Tilly wartete ab, bis Wallenstein aus Schlesien zurück war. Dann, im Juli, ging er gegen die Elbe vor. Der Däne verlor vor der drohenden Umklammerung der übermächtigen Feinde die Nerven und rief Thurn gerade da zu sich nach Wandsbek, als er an der Elbe am nötigsten war. Er wartete auch garnicht seine Ankunft ab, sondern reiste eilig zur See nach Dithmarschen, um von da Rendsburg zu erreichen. Als nun Thurn von dem vergeblichen Ritt nach Wandsbek wieder in Lauenburg eintraf, war das Unglück schon geschehen. Seinem Vertreter, dem französischen Oberst Durant, hatten die andern Kommandeure nicht gehorcht und so war Tillys Vorhut ohne wesentlichen Widerstand südlichen Boizenburg über den Fluß gesetzt.

Zwar warf Thurn nun das Regiment Calenberg mit 800 Musketieren an die Übergangsstelle, um den Feind zurückzutreiben, doch bissen die Arkebusierer nicht an, zum Teil, weil auch schon der gemeine Mann von der Mutlosigkeit angesteckt war, zum Teil wegen der sumpfigen Uferlandschaft, in der Reiter kaum fechten konnten. Jedenfalls mußte am 9. August die Stadt Boizenburg geräumt und die dortige Kriegsbrücke abgefahren werden, nachdem Tilly am 7. seine Brücke fertig gestellt und Teile seiner Hauptmacht auf das rechte Ufer gebracht hatte. Selbst hinter dem Abschnitt der Delvenau ließ sich die Truppe nicht zum Stehen bringen. Kampflos mußte Lauenburg geräumt werden, und am 10. traf Tilly dort ein. Derweilen flutete der Rückzug der Dänischen durch die schon so schwer heimgesuchten Ämter Lauenburg und Schwarzenbek. Kein Wunder, daß Ortschaften wie Besenhorst, Kröppelshagen, Escheburg und Börnsen von den Ein-

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wohnern fast gänzlich verlassen wurden. Letztere flohen ins Hamburgische, denn das Gebiet dieser Stadt, die beide Parteien noch auf ihre Seite zu ziehen hofften, wurde von beiden deshalb geschont.

Im November vollendete sich hoch in Jütland, am Liimfjord, das Geschick des Regiments Calenberg. Von Wallensteins Reitern eingeholt, nahmen die Mannschaften ihre Offiziere gefangen und lieferten sie dem Feind aus. Der jagte zum Dank die Meuterer in Hemd und Unterhose in die herbstliche Natur hinaus. Einige Tage später teilten 5 Cornets vom Regiment des Herzogs Franz Karl von Lauenburg mit dem Rest der dänischen Reiter ihr Los.

In Lauenburg hatten sich indessen Tilly und Wallenstein getroffen. Letzterer drängte den kranken Tilly bei Seite und belegte mit seinen Truppen Jütland, Schleswig-Holstein, Lauenburg und Mecklenburg. Der Lübecker Friede vom Juli 1629 bewirkte nur die Räumung der dänischen Gebiete, in den anderen blieb der Friedländer bis zu seinem ersten Sturz im Jahre 1630.

Vielleicht hat dieser oder jener beim Lesen des Auszugs aus dem Mustiner Kirchenbuch im Heft 2 des Jahrgangs 1926 dieser Zeitschrift sich gefragt, was für ein "Bischof von Hall" das gewesen sein möchte, der mit "Kriegsvolk zu Roß und zu Fuß gegen die Römische Kayserliche Majestät gekämpft".

Soweit die spärlichen Nachrichten aus jener Zeit es ermöglichen, habe ich versucht, eine Antwort darauf zu geben.

 


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