Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]
Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927
[Miszelle]
Aus alter und neuer Zeit |
Das Alter der "Lauenburgischen Gelehrtenschule".
Als die alte lateinische Schule in Husum, das
Hermann-Taft-Gymnasium, ihr 400jähriges Jubiläum
feierte, ging eine Zusammenstellung der Schleswig-Holsteinischen
Gymnasien durch die Blätter, in der bei jeder Schule das
Gründungsjahr beigefügt war. Bei der Lauenburgischen Gelehrtenschule
war das Gründungsjahr 1845 genannt. Diese Feststellung
ist nur sehr bedingt richtig. Die Lauenburgische Gelehrtenschule ist
nicht eine Gründung des 19. Jahrhunderts, sondern sie
ist nichts anderes als die uralte Domschule, die 1845
nur unter Lauenburgische Oberhoheit gestellt und 1849
vom Domhof nach Ratzeburg verpflanzt wurde. Die Lauenburger hatten
die Domschule auch vor jener Zeit immer schon als IHRE Schule
angesehen. War sie doch in einer Zeit gegründet worden, als das
Ratzeburger Bistum das Herzogtum Lauenburg mitumfaßte. Als aber das
Bistum säkularisiert wurde, hatte sich das Donikapitel 1652
ausdrücklich die ewige Erhaltung der Domschule zu Ratzeburg bei dem
Hause Mecklenburg ausbedungen; es hatte also die Zusage gefordert
und damals auch erhalten, daß die Schule immer ihrem ursprünglichen
Wirkungskreise erhalten bleiben sollte. Lauenburg hatte ja auch zweifellos ein Gewohnheitsrecht an der Schule im Dom, ebenso wie die Lauenburger Herzöge das Waffenrecht auf dem Palmberg, das Erbbegräbnis unter dem Chor und einen Stuhl in der Domkirche besaßen. Immer waren über die Hälfte sämtlicher Schüler der Domschule Lauenburgische Landeskinder gewesen. Selbst als die Schule im Jahre 1845 von der Lauenburgischen Regierung übernommen war, blieb sie zunächst noch für vier Jahre in den alten Räumen. Die Schüler der alten Anstalt bildeten weiter den Stamm der Lauenburgischen Schule. Und derselbe Direktor - Prof. Zander — blieb an ihrer Spitze. So ist die Tradition der alten Domschule nur insofern unterbrochen, als die durch den Westfälischen Frieden geschaffenen unhaltbaren Verhältnisse den Anforderungen der neuen Zeit entsprechend geregelt wurden und als zum Träger der Anstalt eben DER Staat gemacht wurde, dessen Zwecken sie schon immer gedient hatte - das Herzogtum Lauenburg. Wenn wir also das Alter der Lauenburgischen Gelehrtenschule trennen wollen, so dürfen wir nicht das Jahr 1845 oder gar das Jahr 1849 wählen, sondern müssen in die ältesten Zeiten des Bistums zurückgehen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß schon zu Beginn oder wenigstens um die Mitte des 13. Jahrhunderts eine Domschule bestanden hat, die ursprünglich natürlich der Ausbildung von Geistlichen diente. Die erste Erwähnung von Lehrern und Schülern geschieht zur Zeit des Bischofs Hermann von Blücher in einer Verordnung vom 21. Oktober 1301, in der Strafen für die Versäumung von Messen angeordnet werden. Im späteren Mittelalter wurde übrigens in der Domschule nur das sogenannte Trivium gelehrt: Grammatik, Logik, Rhetorik. Noch 1822 bestand die Schule aus nicht mehr als vier Klassen, an der vier wissenschaftlich gebildete Lehrer und ein Schreiblehrer unterrichteten. Ein Anfangsunterricht im Lateinischen wurde bis 1833 auch in der Rektorklasse der Bürgerschule erteilt. Unterhalten wurde die alte Domschule aus Stiftungen, die vornehmlich dem Dompropsten Ludolf Schack († 1598) und dem Senior Soltau († 1618) zu danken waren. Im Jahre 1655 wurden die Einkünfte des Gutes Gr. Molzahn "zur Erziehung der lieben Jugend" ausgesetzt. Um es noch einmal zu sagen, die Verpflanzung der Domschule ins Lauenburgische war höchstens eine Neugründung. In Wirklichkeit kann die Lauenburgische Gelehrtenschule auf eine Vergangenheit von 650 bis 700 Jahren zurückblicken. 1927/2 - 73 |
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