Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927


Die neuzeitliche Gestaltung des lauenburgischen Bauernhauses.

Von WILH. MATTHIES, Architekt B. D. A., Bardowiek.
 

In den Heften 1-3 hat Herr Studienrat Dr. Johann Folkers zu Rostock gezeigt, wie das Haus mit Flur und Wirtschaft zusammenhängt, gleichsam aus diesem heraus geboren ist. Die alte Bauweise einer Landschaft ist nichts Willkürliches, sondern das Ergebnis einer langen Entwickelung.

Da die Bedürfnisse im allgemeinen in früheren Zeiten nicht so weit auseinandergingen wie heute. entstanden Bauten, die auch äußerlich trotz aller Unterschiede doch durchaus einheitlich aussahen. Es war früher kaum möglich, eine Landschaft durch Neubauten zu verunstalten, weil eben jede Aufgabe in einfacher Weise, genau auf die Überlieferung aufbauend, gelöst wurde. Alles Material war ja auf einheimischem Boden gewachsen und gab den Bauwerken jenes Aussehen, das wir mit heimatlich bezeichnen. All die NEUEN BAUSTOFFE, welche ewig neu bleiben und niemals Patina bekommen, gab es ja früher nicht. Da diese Stoffe landfremd sind und sich kaum verändern, so haben sie auch nicht die Kraft, das Bauwerk mit der Landschaft in Zusammenhang zu bringen. Es entstehen eben keine Stimmungswerte, die ja doch wohl ausschließlich das Gefühl des Befriedigtseins auslösen.

Wir wollen unsere alten und neuen Häuser einmal mit dem Herzen betrachten und nicht erst verstandesmäßig fragen: "Wer hat es gebaut? Aus welchem Jahre stammt es? Welchen Stil hat es?" usw. Ich denke, wir kommen dann sicher auf einen guten, allgemein verständlichen Weg. Und da müssen wir uns zunächst klar machen, daß ein Stadt- oder ein DORFBILD nicht aus EINEM Haus, sondern aus vielen besteht und jedes gut gebaute Haus das Bild hebt, dagegen jedes schlecht gebaute das Bild schädigen, unter


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Umständen ganz zerstören kann. Es ist daher Pflicht eines jeden, an der Gestaltung seines Dorfbildes in gutem Sinne mitzuarbeiten. Es kommt nicht nur auf große Gebäude wie Kirche, Schule, Pastorenhaus, Molkerei, Wohnhäuser usw. an; sondern auch alle sonstigen Bauten. wie Scheunen, Ställe, Spritzenhaus, Schalttürme, Umzäunungen usw. gehören dazu. Wie schön ist die Dorfstraße in Salem (Abb. 1)!
 




Abb. 1 Dorfstraße in Salem. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

Alle Häuser sind mit gleichem Material gedeckt. Dazwischen schöne Baumgruppen. Ein Mißklang ist nur der Torweg aus Draht mit Bandeisen-Verzierungen, welcher sich zwischen dem einfachen weißen Lattenzaun und der schönen Hecke recht kümmerlich ausnimmt. Die Telefon- und Lichtmasten tragen natürlich auch nicht zur Verschönerung bei. Hoffentlich werden diese Leitungen einmal, wie ich es in Holland gesehen habe, unterirdisch gelegt.

Also EINHEITLICHES MATERIAL FÜR DIE BEDACHUNG, um eine ruhigere Wirkung zu erreichen! Hier auf unserem Bilde ist es das Strohdach. Da dieses ja leider immer weniger wird, müssen wir uns mit den neuen Materialien abfinden. Da ist die schöne rote Dachpfanne, welche ebenfalls gut in die Landschaft paßt. Das Dorf Fuhlenhagen, welches ja fast ganz neu aufgebaut ist, hat hier richtig gehandelt, und sowohl Dorfstraße wie Dorfbild machen einen guten Eindruck. Alle Häuser sind Ziegelbauten und mit roten Pfannen gedeckt.

Wie sehr ein einziges Haus das Dorfbild stören kann, sehen wir in Abbildung 2.
 



Abb. 2 Gegenbeispiel: Die "Villa" im Dorfbild. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

Hier steht zwischen zwei schönen alten Häusern ein Wohnhaus, wie wir es nicht wünschen. Jeder muß fühlen, daß dieses weiße Putzhaus mit Eckquadern, Balustern, Fensterumrahmungen aus Zementputz nicht hier hingehört. Wie kümmerlich wirken die kleinen Walme! Es ist nicht zu verstehen, welchen Zweck diese erfüllen. Ein Giebel ohne Walm wäre schon besser und auch billiger gewesen. Dann das Falzziegeldach mit dem kribbeligen Firstschmuck, der besonders schlimm aussehen wird, wenn erst eine Blume nach der anderen abgefroren sein wird; denn in unserer Gegend können solche zarten Tongebilde nicht allzulange halten. Es fehlt also bei diesem Bauwerk jede Anpassung an die Nachbargebäude. Es kann nicht angehen, daß jeder ohne Rücksicht auf die Nachbarn baut. Wir haben uns alle gegenseitig nötig und bilden jeder ein Glied der Gemeinde, welches die heilige Pflicht hat, sich der Gesamtheit unterzuordnen.

Bei diesem Beispiel können wir uns auch gleich die UNGLÜCKLICHE WIRKUNG DES KNIESTOCKES klarmachen. Die Traufkante fällt bei diesem Hause nicht mit der Balkenlage zusammen, das Dach sitzt nicht richtig auf dem Baukörper. Man kann das Dach doch sehr gut mit einem Hut vergleichen. Wie würde es wohl aussehen, wenn ein Mensch seinen Hut nicht richtig auf den Kopf setzte, sondern ihn erst etwa 5 cm über seinem Kopf an einem künstlichen Gestell anbrächte? Gerade so sieht es mit dem Kniestock aus. Ebenso wirkt es komisch. wenn der Hut bis über die Ohren gezogen wird. Auch das kommt beim Hause vor, indem die Traufe. um eine große Dachfläche zu haben, tiefer als die Balkenlage gelegt wird. Die Traufe wirkt aber nur dann einwandfrei, wenn sie an der richtigen Stelle sitzt, also in Balkenlagenhöhe. - Als Hauptgrund für die Anbringung

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eines Kniestocks wird immer angegeben: "Ich kann, wenn ich 1,00 m Kniestock habe, die Seitenkammern besser ausnützen." Nein, das ist nicht wahr! Denn wenn ich das Dach etwas steiler mache, so kann ich die nötigen Zimmer auch herausbekonnnen. Durch Anbringung von einfachen Dachaufbauten ist ebensogut Platz und Licht zu bekommen; nein, besser sogar als wie durch die Fenster im Kniestock, die auf dem Fußboden anfangen und bei denen der Lichteinfall noch durch den Dachüberstand verdunkelt wird.

Die FENSTER des genannten Hauses sind, wie wir auf der Abbildung sehen, nach städtischem Muster angelegt mit großen Scheiben. Wenn auch im Oberlicht eine Sprosseneinteilung angebracht ist, so wirkt diese ganze Gliederung doch durchaus nicht schön; ein einfaches vierflügeliges Fenster mit ein oder zwei Quersprossen hätte dem Hause besser gestanden.

Wir sehen schon an diesem einen Beispiel, wohin wir geraten sind, weil wir nicht die alte Entwicklung des Bauernhauses weitergeführt haben. Verschuldet ist dies leider durch die Heranbildung der dörflichen Handwerker auf den Baugewerkschulen, auf denen früher alles andere, nur nichts von einfachen Bauten und ihrer Weiterentwicklung gelehrt wurde. Heute ist dies schon bedeutend anders geworden. Es werden alte Bauten aufgemessen und aufgetragen; und zwar sind diese Bauten, die uns heute noch als Vorbild dienen, von einfachen Dorfmeistern ausgeführt, welche den Hauptwert auf eine fachgemäße handwerkliche Arbeit legten und die altbewährte Grundform, ein Rechteck, und darüber ein einfaches Satteldach mit steilen Walmen oder auch später an beiden Seiten Steilgiebel nicht verließen. Wir müssen, allein schon durch die Nöte der jetzigen Zeit gezwungen, wieder mehr zur EINFACHHEIT zurückkehren. Damit ist nicht gesagt, daß wir das Alte genau nachmachen sollen; im Gegenteil, jeder soll das Gute, was unsere Zeit hervorgebracht, auch anwenden; nur nicht einfach alles, was in der Stadt angebracht ist, auch auf dem Lande anbringen wollen. Der Gemeindevorsteher Grandt in Lassahn hat nach diesem Grundsatz sein Haus gebaut, und es fügt sich gut in das Ortsbild ein. (Abb. 3.)
 



Abb. 3 Haus des Gemeindevorstehers Grandt in Lassahn(Abb. nach Seite 122, unpag.)

Es ist geradezu traurig, was man in der Bauberatung für Entwürfe zu sehen bekommt. Noch schlimmer ergeht es einem bei der Beratung selbst. Fast immer heißt es: "Ich habe mir den Plan genau überlegt! Besser kann es garnicht werden!" Auf Hinweise, daß dieses oder jenes nicht zu dem Gesamtentwurf passe, wird garnicht gehört. "Wir mögen gerade dies so leiden, und wir sollen schließlich darin wohnen", so wird gesprochen. Daß es Fachleute gibt, die selbstlos andere beraten wollen, scheint man nicht glauben zu können. Jeder meint, er solle bevormundet werden, und die Unternehmer fühlen sich gar durch die Beratung gekränkt. Dies kann nur anders werden, wenn die Bauherren sich selbst etwas mehr um die Grundsätze einer vernünftigen Bauweise und um die Gestaltung ihres Ortes kümmern. Diesen Zweck verfolgt ja auch diese Arbeit; sie ist nicht in erster Linie für Bauleute geschrieben, sondern richtet sich an alle, die ihre Heimat lieb haben.

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Eine gute Ausgestaltung des Stadt- und Dorfbildes hat doch auch ihren praktischen Wert, schon im Hinblick auf den Fremdenverkehr. Warum werden Mölln, Ratzeburg und Lauenburg so gern besucht? Natürlich auch um ihrer wundervollen Umgebung willen. Sicher aber auch deshalb, weil diese Orte, trotz aller Mißgriffe, noch immer ein einheitliches Bild, das jedem zu Herzen spricht, behalten haben.

Da wir nun gerade beim Fremdenverkehr sind, möchte ich gleich den Gastwirten den guten Rat geben, gerade ihre Bauten vorbildlich zu gestalten und, falls es sich um gute ALTE Gasthäuser handelt, diese doch ja so lange wie möglich zu erhalten. (Vergleiche in Heft 3 Abb. 4: das Engelbrechtsche Haus!) Viele Gastwirte glauben, sie müßten "mit der Zeit gehen" und durch sogenannte moderne Umbauten, wie große Ladenfenster usw., dem Gast etwas bieten. Ich meine, das Gegenteil des Beabsichtigten wird damit erreicht. Auf dem Lande wirkt derartiges direkt lächerlich; der Gast "wendet sich mit Grausen". Je heimlicher und reinlicher ein ländliches Gasthaus aussieht, um so lieber wird es aufgesucht.



Abb. 4 Gasthaus in Krummesse. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

Abbildung 4 zeigt ein altes Gasthaus in Krummesse,
 



Abb. 5 Gasthof in Kollow. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

Abbildung 5 ein neues in Kollow.

 



Abb. 6 Gasthaus in Wentorf. (Abb. nach Seite 122, unpag.)
 

Auch in Wentorf ist eine neue Wirtschaft gebaut (Abb. 6), die gut gelungen ist. Sie sähe freilich noch bedeutend schöner aus, wenn die Fenster vierflügelig und mit Sprosseneinteilung, so daß gleichgroße Scheiben entstehen, ausgeführt wären. Die dort angebrachten dreiteiligen Fenster (unten 2 große Scheiben, im Oberflügel dann Sprossenteilung, so daß dort 3 kleine Scheiben entstehen, die wohl gar noch aus Ornamentglas bestehen oder bunt sind) sehen wirklich nicht gut aus. Angebracht wäre es übrigens, wenn vor dem Hause zwei Linden gepflanzt würden; Platz genug ist da.
 



Abb. 7 Gegenbeispiel: Unschönes Gasthaus aus neuerer Zeit. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

 



Abb. 8 Gegenbeispiel: Unschönes Gasthaus aus neuerer Zeit.. (Abb. nach Seite 122, unpag.)
 

Als Gegenbeispiel mögen die beiden Skizzen (Abbildung 7 und 8) dienen. Es sind zwei Gasthäuser aus neuester Zeit, wie solche in mehreren Orten anzutreffen sind. Sie sind fast alle gleich, nur daß bei dem einen mehr sogenannte Architektur angebracht ist, wie Quaderwerk, Fensterumrahmungen, Fensterbekrönungen und allerlei sonstige Zementornamente. Alle haben Pappdächer und fast immer seitliche Anbauten, die bei dem einen als Vergrößerung des Gastzimmers, beim andern als Garage oder Stall benutzt werden. Man kann hier direkt von einem Typ reden, der sich für Gasthäuser herausgebildet hat. Ob dieser Typ nun in unsere Gegend paßt und dem [sic!] Fremden zur Einkehr ermuntert?

Und nun etwas über den INNERN DURCHBAU unserer Bauernhäuser!
 



Abb. 9 Grundriß des Perthunschen Hauses in Dalldorf. (Abb. nach Seite 122, unpag.)




Abb. 10 Grundriß des Engelbrechtschen Hauses in Groß Grönau
(Durchfahrtsdiele). (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Unser alter niedersächsischer Grundriß (Abb. 9 und 10) ist so wundervoll dnrchgebildet, daß für die damalige Zeit keine Verbesserungen möglich waren. Aber auch für die heutige Zeit ist er noch völlig brauchbar; es braucht nur das Flett von der Diele durch eine Wand mit Glastür und Fenster abgeteilt zu werden. Ebenso leicht erhält man durch Abtrennung vom Flett eine Küche mit Speisekammer und auf der entgegengesetzten Seite einen Windfang und zwei Räume für die Altenteilerwohnung. Ist mehr Raum nötig, so gelangt man auf einer bequemen Treppe nach oben, wo sich noch schöne

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Zimmer auf dem Giebelende einrichten lassen. Die Schornsteine der Küche und der Altenteilswohnung werden auf der Mauer so gezogen, daß aus dem First nur ein Schornsteinkopf hervorragt.




Abb. 9a  Plan für einen Durchbau des Perthunschen Hauses. (Abb. nach Seite 122, unpag.)




Abb. l0a  Plan für den Durchbau des Engelbrechtschen Hauses. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Abbildung 9a und 10a zeigen, wie die beiden Grundrisse für heutige Bedürfnisse leicht umzugestalten sind. Da wir nicht mehr so viel Holz wie früher haben, so wird meistens zum MASSIVBAU gegriffen werden müssen. Dabei ist es wichtig, daß keine Verblendsteine, also keine Köpfe mit ganz glatten Flächen verwendet werden. Das Mauerwerk sieht viel zu gleichmäßig aus und wirkt langweilig. Viel besser sind gut gebrannte Mauersteine, die gern angeklinkert sein können. Am schönsten sind natürlich Handstrichsteine. Die Ausfugung geschieht am besten mit hellem Muschelkalk. wenn HOLZ vorhanden ist, so ist darauf zu achten, daß das Ständerwerk mit der Mauer bündig ist und die sichtbaren Flächen etwa 18-20 cm breit sind. Geringere Maße wirken im Fachwerk nicht.

Der Grundriß wurde früher fast immer mit einem steilen Satteldach, welches große Walme hatte, überdeckt (siehe auch die alten Beispiele in Heft 3!). Neuerdings hat sich das MANSARDENDACH eingebürgert. Ob die Vorteile nun wirklich im Vergleich zu den Mehrkosten so groß sind? Einfacher und ruhiger wirkt jedenfalls das altbewährte steile Pfannendach. Bei den heutigen Höhenförderern bietet die Aufbringung der Ernte ja keine Schwierigkeiten mehr.




Abb. 11 Haus des Hofbesitzers Kiehn in Sahms. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


In Sahms (Abb. 11) sehen wir ein Satteldach mit Mansardendach vereinigt, was ganz geschickt gemacht ist.
 



Abb. 12 Haus des Hofbesitzers Reimers in Talkau. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Auch in Abbildung 12 ist ein neuer Hof (Hofbesitzer Reimers in Talkau) mit Mansardendach wiedergegeben, der ganz gut wirkt.

 



Abb. l3 Gehöft des Hofbsitzers Dassau in Dassendorf. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

In Abbildung 13 ist ebenfalls eine gute neuzeitliche Anlage (Hofbesitzer Dassau in Dassendorf) dargestellt. Hoffentlich ist die Anpflanzung bald so weit, daß sie dieselbe Wirkung hat, wie bei Abbildung 11. Jedenfalls ist beim Mansardendach zu beachten, daß das Mansardengesims nicht durch Schleppdächer unterbrochen wird. Wenn Luken notwendig sind, so müssen diese kleine selbständige Dachhäuschen bilden. Ferner ist unbedingt nötig, daß die Mansardensparren etwa eine Neigung von 75 Grad haben und genau wie beim Satteldach eingezapft sind. Der Übergang wird durch Aufschieblinge vermittelt.
 



Abb. l4 Gegenbeispiel: Mansardenhaus mit steilüberhängenden Dachflächen. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Macht man die Dachflächen sehr steil und läßt sie überhangen wie bei Abbildung
14, so kann man ebensogut und besser zwei Stockwerke bauen. Das bißchen Fachwerk und die Pferdeköpfe gehören hier übrigens gar nicht her. Mit dem Anbringen dieser schönen niedersächsischen Motive entsteht noch lange kein Niedersachsenhaus. Eulenluken mit Pferdeköpfen gehören nur an ganz lange Firste. (Vergleiche in Heft 3: Abbildung 4 und 6!)
 



Abb. 15 Haus des Hofbesitzers Klein in Kollow. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Die Lösung derselben Aufgabe ist in Abbildung 15 (Adolf Klein in Kollow) besser gelungen. Hier ist das Wohnende gleich zweigeschossig mit einem Satteldach gebaut. Das Haus sieht entschieden ruhiger aus. Nur die große Öffnung vor dem Eingang stört etwas.
 



Abb. 16 Gegenbeispiel: Zu steile Mansarde. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Die Abbildungen 16, 17 und 18 mögen die falsche und richtige Mansardendachausbildung zeigen.
 



Abb. 17 Zweistöckiges Haus besser als falscher Mansardenbau. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Abbildung 16 zu steile Mansarde. Man baut besser zweistöckig, wie Abbildung 17 zeigt.
 



Abb.18 Mansardendach, wie es sein soll. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Das richtige Mansardendach muß ausgeführt werden, wie es Abbildung 18 zeigt.

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Abb. 19 Haus des Hofbesitzers Heitmann in Sahms. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Also richtige Traufkante und Sparrenneigung von 75 Grad mit Aufschieblingen (Siehe auch Abbildung 19 aus Sahms, Hofbesitzer Aug. Heitmann!)

Bei meiner Bereisung habe ich gefunden, daß Sattel- wie Mansardendächer mit wenig Ausnahmen mit roten Pfannen gedeckt waren. Die DACHKEHLEN waren freilich meistens aus Zink, was die Wirkung der Dachflächen immer etwas zerreißt. Besser wirkt unbedingt eine Dachkehle aus demselben Material. Die Dachdecker sollten sich mehr dieser Ausführungsart annehmen!

UMDECKUNGEN sind oft mit Asbestschiefer, meist in rötlicher Farbe, ausgeführt. Schön sehen diese künstlichen Schiefer gewiß nicht aus. Sie behalten ewig dieselbe unangenehme rötliche Farbe, die stark an Himbeersauce erinnert. Bei Neudeckungen kommen auch Zement- und Falzziegeldächer, z. T. sogar glasiert, vor. Daß diese Art von Deckung nicht in die Landschaft paßt, bedarf weiter keiner Untersuchung. Wenn sie gar noch gemustert sind, so ist die Sache noch schlimmer. Das am meisten verbreitete Übel ist aber zweifellos das Pappdach.



Abb.20 Gegenbeispiel: Haus mit Kniestock und Pappdach. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

In Abbildung 20 ist ein kleines Wohnhaus mit sehr hohem Kniestock und Pappdach gezeigt; man sollte glauben, es wäre ein Güterschuppen. Der Bodenraum hätte doch wohl auch im Satteldach ausgereicht. Wenn nun aber schon aus irgendwelchen Gründen der Bodenraum in dieser Form gewünscht wurde, so konnte man das Dach doch wenigstens abwalmen, so daß ringsherum eine grade Traufe entstand. Das wäre doch schon eher zu ertragen gewesen.

 



Abb. 21 Gegenbeispiel: Flachdach-Anbau, mit Pappe gedeckt. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Das FLACHE DACH hat beim ländlichen Wohnhausbau keine Berechtigung. Wie häßlich sieht z. B. der Anbau aus Abbildung 21 aus! Für Feldscheunen mag so etwas allenfalls hingehen; aber auch dort brächte eine Abwalmung keine Mehrausgabe. Beim Wohnhausbau sieht ein Pappdach jedenfalls immer wie ein Provisorium aus.
 



Abb.22 Gegenbeispiel: Hoher Kniestock mit Pappdach. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Abbildung 22 zeigt einen solchen Bau, der noch nach alter Überlieferung Tier, Mensch und Ernte unter einem Dach vereinigt, leider aber mit Pfeilervorlagen, hohem Kniestock und Pappdach versehen ist. Diese Art der Weiterentwickelung unseres Bauernhauses habe ich mehrfach gefunden, und - ich muß sagen, ich finde sie bedauerlich. Diese flachen Dacher mit dem weit überstehenden Dachüberstand passen in unsere nordische Landschaft durchaus nicht hinein.
 



Abb. 23 Arbeiterhäuser in Lanken.. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

Wieviel schöner und wohnlicher sehen die Wohnhäuser aus, wenn sie über dem Wohnungsgeschoß ein schönes Dach haben wie die Arbeiterhäuser in Lanken (Abb. 23),
 



Abb. 24 Witwenhaus in Gudow. (Abb. nach Seite 122, unpag.)

das Witwenhaus in Gudow (Abb. 24) oder die Arbeiterhäuser in Gr. Thurow (Abb. 25).

 



Abb.25 Arbeiterhäuser in Groß-Thurow. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Sehr schön hat in Breitenfelde Herr Rektor a. D. Schulz ein kleines Bauernhaus zu seinem Ruhesitz eingerichtet (Abb. 26).
 



Abb. 26 Haus des Rektors a. D. Schulz in Breitenfelde  (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Eine sehr schöne neuere Anlage ist ferner die Försterei in Koberg (Abb. 27). Wir sehen, überall ist das Dach der ausschlaggebende Faktor.
 



Abb.27 Försterei in Koberg. (Abb. nach Seite 122, unpag.)


Es ist unmöglich, im Rahmen dieses Aufsatzes VOLLSTÄNDIG auszuführen, wie es im Einzelnen gemacht werden und wie es nicht gemacht werden soll. Dies ist in ganz ausgezeichneter und allgemein verständlicher Weise in dem im Auftrage des Schleswigs-Holsteinischen

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Landesvereins für Heimatschutz vom Stadtbauinspektor C. Meyer in Kiel herausgegebenen Baukatechismus geschehen, und jeder, der sich für das Bauwesen interessiert, sollte ihn studieren und die Beispiele mit den Gegenbeispielen vergleichen; es würde dann manchem ein Licht aufgehen, und er würde die Bauten seiner Gemeinde mit anderen Augen betrachten.



Abb. 28 Haus des Anbauers G. Gödecke in Mustin. (Abb. nach Seite 122, unpag.)
 

Zum Schluß unserer Betrachtungen noch ein sehr schönes altes Haus aus Mustin (Anbauer G. Gödecke) mit weit überstehendem Dach (Abb. 28). Der Bau in Verbindung mit den Bäumen und der schönen Felsenmauer ohne Ausfugung bietet ein echt heimatliches Bild. Hoffen wir, daß es, wie die ähnlichen Häuser in Lassahn und Salem, noch recht lange erhalten bleibt!


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Um alle Kreise der Bevölkerung, die am ländlichen Bauwesen beteiligt sind, für eine gediegene bodenständige Bauweise zu interessieren, hat die Regierung in Osnabrück 10 Gebote aufgestellt und sie in Tageszeitungen und Kreisblättern veröffentlicht, sowie allen Handwerkern als Flugblätter zugestellt. Außerdem ist im Osnabrücker Bezirk in Aussicht genommen, alljährlich das beste neue Haus in jedem Kreise und jeder Stadt durch eine Prämie von 500 Mark auszuzeichnen. Dieses Haus muß natürlich dem Geiste der 10 Gebote entsprechen. Vielleicht ließe sich im Herzogtum Lauenburg auch so etwas möglich machen.

Da der Inhalt der 10 Gebote auch für unsere Gegend paßt, sollen sie den Schluß dieser Arbeit bilden in der Hoffnung, daß sie manchen, der sich mit Baugedanken trägt, vor Mißgriffen bewahren und dadurch beitragen zur Erhaltung und Weiterentwickelung unseres Dorfbildes, die doch uns allen am Herzen liegt.
 

Zehn Gebote für den Bau von Klein- und Mittelhäusern.
 

1) Bescheide Dich. Denke daran, daß Du mit jedem Quadratmeter Grundfläche, den Du zuviel bebaust, den Menschen bestiehlst, der noch kein Dach über seinem Kopfe hat. Verlange auch nur soviel Gartenland, wie Du gut bewirtschaften kannst.

2) Sorge zuerst für einen guten Entwurf und nimm dafür jemand, der sein Fach und seine Zeit versteht. Nicht jeder, der bauen kann, kann auch entwerfen. Die verhältnismäßig geringe Ausgabe für einen guten Bauentwurf und für eine gute Bauberatung wird später hundertfach eingebracht.

3) Spare Geld, indem Du den Grundriß bis in alle Einzelheiten sorgfältig durchdenkst. Wiederhole nicht gedankenlos den schlechten Grundriß Deines Nachbarn. Erst wenn der für Deine Gegend richtige Grundriß gefunden ist, der, aus den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen Deiner Gegend entwickelt, der Zeit Rechnung trägt, darf er als "Typ" wiederholt werden. Gibt es Musterhäuser in Deinem Kreise, nimm sie dir zum Beispiel.

4) Glaube nicht, daß alles, was die Großstadt hervorbringt, auf das Land paßt.

5) Nimm Rücksicht auf Deine Mitmenschen und baue Dir nicht ein Gebäude, das protzig die Nachbarn übertreffen will. Bescheide Dich mit einem einfachen Haus, das auf geschlossenem Grundriß ein einfaches Satteldach trägt


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und sich in ansprechender Farbe der ortsüblichen guten Bauweise anpaßt. Wähle die anerkannt guten und billigen Normenfenster. In liebevoller handwerksgerechter Durcharbeitung der Einzelheiten kannst Du Deinen persönlichen Geschmack zur Geltung bringen: eine einfache Bank - weiß, grün oder blau vor der Haustür, eine hübsche Laterne über dem Eingang, ein lustiges Firmenschild, ein Messingknopf an der weißen Haustür, breite, dem Eingang vorgelagerte Treppenstufen in hartgebrannten Ziegelsteinen oder Bruchsteinen, wie sie die Natur bietet, ein weißes oder buntbemaltes Gesimsbrett und ähnliche Dinge können Deinem Hause persönliches und wohnliches Gepräge geben.

6) Stelle vor Beginn der Ausführung alle Vorarbeiten fertig: die Sicherung der Baugelder, Aufstellung und Durcharbeitung des Entwurfs mit der Eintragung der Möbel, Einkauf oder Sicherung der Materialien usw. Wenn Du im Frühjahr mit Bauen anfängst, erledige im Winter die Vorarbeiten. Du sparst dann Zeit und Geld.

7) Spare nicht an falscher Stelle. Denke an die späteren Unterhaltungsarbeiten, baue gediegen. Baue so, daß Du später Brennstoffe sparst, z. B. durch günstige Anordnung der Räume und zweckmäßige Ausbildung von Herden und Öfen und auch durch Vereinigung mehrerer Wohnungen zu Zwei- und Mehrfamilienhäusern (nicht Miethäusern im alten Sinne) und Zusammenbau von Wohnhaus und Stall.

8) Baue hygienisch. Lege Deine Zimmer nach den richtigen Himmelsrichtungen. Sorge für einwandfreie Schlafgelegenheiten. Denke an gute Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung. Verzichte auf jeden entbehrlichen Raum, aber nicht auf die Badegelegenheit, eher auf die gute Stube.

9) Richte Dich sinngemäß und zweckmäßig ein. Überlege genau, wo Du den Spülstein in der Küche aufstellst, wo der Herd am besten steht, wohin die Türen ausschlagen usw. Durch richtige Einteilung des Raumes schonst Du Deine eigenen Kräfte.

Richte Dich heimisch ein. Handwerksgerechte, aus dem Zweck und dem Material abgeleitete Gegenstände werden Dich immer erfreuen. Laß alle überflüssigen Einrichtungsgegenstände fort, die Du nicht brauchst, sie schmücken nicht Dein Heim. Trenne Dich von Erinnerungsstücken, die Dir nichts mehr bedeuten und die eine unnütze Last für die Hausfrau sind.

10) Bring Licht und Farbe in Dein Haus. Tue aber nicht zuviel darin. Ein bunter Vorhang oder ein farbiges Bild auf weißem oder hellgrauem Grunde ist für Dein Auge wohltuender als ein unschönes und grelles Durcheinander von vielen Farben.

Nicht was im Augenblick verblüfft, sondern was auf die Dauer angenehm und schön auf Dich wirkt, wähle. Denn Du baust für die Dauer.
 


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