Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]
Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1928
Ein herzerquickendes Schreiben.
(v. Bülow)
Als Preußen gar nicht lange nach der
Besetzung Lauenburgs im Jahre 1806 von Napoleon
zum offenen Widerstande gegen die Franzosen gedrängt wurde,
schloß es mit Schweden, das es soeben noch bekämpft hatte, einen
Vertrag, wonach es die eigenen Truppen zurückziehen und
Lauenburg den Schweden überlassen wollte. Die Bevölkerung, die
schon durch die Einquartierung der Franzosen in den Jahren
1803-05 stark gelitten hatte und auch bei der
preußischen Besetzung schwere Opfer hatte bringen müssen, war
außer sich, als 1928/1 - 21
1928/1 - 22
Ich erwartete die heutige Post von Schwerin, um nach erhaltener
Bestätigung des Schwedischen Marsches Euer Hochwohlgebohren wegen der
Bequartierungs-Verhältnisse zu schreiben. Kaum daß wir durch den Abmarsch der
Preußischen Truppen von unserer bißherigen Einquartierungs Last etwas befreyet
zu bleiben hoffen durften, gefällt es Sr. M. dem König von Schweden, uns
abermahls heimzusuchen. Diese neue Besetzung kann uns nicht vortheilhaft seyn,
denn das Schicksahl unseres Landes wird dadurch nicht entschieden, daß einige
hundert Schwedischer Truppen uns vollends auffreßen. Keine unglücklichere Lage
kann in der Welt seyn als die unsere; ohne eigene Truppen, ohne POLITISCHE
EXISTENZ müßen wir einem jeden gehorchen, dem es einfält, uns Gesetze geben zu
wollen; Franzosen, Preußen, Rußen, Schweden, mit einer handvoll Truppen, mit
einem 60jährigen Leutenant oder einem 20jährigen
General an ihrer Spitze, befehlen uns, tractieren uns, als wenn wir Hottentotten
oder Neger wären; und wo ist ein Ende dieser elenden Lage abzusehen? Wahrlich,
es ist länger nicht auszuhalten. Hätten wir etwas weniger Klugheit und den Muth
unserer Vorväter, so schmißen wir alle die fremden Truppen aus dem Lande und
ließen selbige jenseits unserer Grentzen ausmachen, welcher unser Herr seyn
soll. Wir verlöhren wohl dabey einige Hütten, aber wir behielten den Geist eines
Volkes freyer Männer, und mit diesem laßen sich wohl niedergebrante Hütten
wieder aufbauen. Verzeihen Ew. Hochwohlgebohren, daß ich Sie mit EXCLAMATIONEN
statt Geschäften behellige, aber man muß dem Hertzen Luft machen, wenn der Kopf
frey denken soll. Die Schweden haben in unserm Lande nichts zu tun; nach der
letzten Declaration des Graf Münster sind selbige nicht vermögend, das Land zu
schützen; ihre Anwesenheit dienet nur, uns zu belästigen, ein neues
Kriegstheater hier zu veranlaßen und uns Kosten zu machen. |
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