Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1928


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit


 

Die Mühle in Grande. In unmittelbarer Nähe des Sachsenwaldes, etwa 6 km von Friedrichsruh und 4 km von Trittau, liegt im lieblichen Tale der Bille die uralte Grander Mühle, ein sehr beliebtes Ausflugsziel der Hamurger.

Jahrhunderte hindurch hat die Mühle den verschiedensten Schicksalsstürmen standgehalten. Würde ihr menschliche Sprache verliehen, so könnte sie uns viel Wunderbares erzählen. Eine Menge Kerbschnitte in den Balken, Namen, Zeichen und Zahlen, teils von Moos überwuchert, zwingen den Besucher zu ehrfurchtsvoller Betrachtung und lenken die Gedanken zurück auf die Zeit, als die Mühle noch dalag in verwaldeter Wildnis, horchend auf die gewaltig einherbrausenden Stürme, auf das rastlose Atmen des nahegelegenen Waldes und auf die laut dröhnenden Axtschläge hereinbrechender Kultur.

Die Geschichte der Mühle reicht bis in die graue Vorzeit zurück. Schon im Jahre 1351 wird sie in einer Urkunde erwähnt, als sie im Besitze der Ritter Lüdeke und Heino von Scarpenbeke auf Linau war und später vom Propsten Hinrich Witte und den Knappen Johann Stemwarde und Fikke Putferken dem Kloster zu Reinfeld geschenkt wurde. Aus vergilbten Akten des ersten Kirchenbuches in Kuddewörde erfahren wir, daß einst auch der Besitzer des früheren adeligen Gutes Kuddewörde, nämlich der Ritter Jürgen von der Lieth, Eigentümer der Grander Mühle war. Nach dem Tode dieses Ritters, der ohne Erben starb, ging das Gut Kuddewörde und mit ihm die alte Mühle in den Besitz der fürstlich-lauenburgischen Regierung über. Im Jahre 1685 besaß die Mühle schon zwei Mahlgänge und hatte u. a. die Dörfer Grabau, Kasseburg, Grove und Schwarzenbek als Zwangsmahlgäste. Aus der Zeit von 1351 bis 1685 sind weitere Nachrichten über Besitzer oder Pächter der Mühle nicht vorhanden. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erfahren wir

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aus dem ersten Kirchenbuche von Kuddewörde wieder von den Mühlenpächtern. Im Jahre 1675 war es der Meister Steding; sein Nachfolger war Gotthard Mauß, der jährlich an die lauenburgische Regierung 210 Reichstaler Pacht zu entrichten hatte. Von 1699 bis 1705 war der Müller Jürgen Borchers Pächter, dann ging sie auf den Müller Jakob Jahnke über. Die Pachtverträge sind mit der lauenburgischen Regierung abgeschlossen und befinden sich noch heute im Besitze des jetzigen Eigentümers, Herrn Richard Harders. In diesen Verträgen finden sich auch genaue Bestimmungen über den einstigen Mahlzwang, nach welchem auch "die Quer- und Handmühlen" auf den Dörfern nicht geduldet und gegebenenfalls weggenommen werden sollten. Im Jahre 1871 ging die Mühle über in den Besitz des Fürsten v. Bismarck, der sie 1890 zum Verkauf stellte. Sie wurde von der Familie Schröder erworben. Jetziger Besitzer ist, wie bemerkt, Herr Richard Harders.

Im Jahre 1627 sind Tilly und Wallenstein mit ihren Truppen an der Mühle vorübergezogen. Zwischen Büchen und Pötrau hatten sich beide Heere vereinigt und rückten von hier auf die holsteinische Grenze zu, die sie bei Grande überschritten. Den Vortrab führte Graf Schlick, der am 4. September 1627 mit 68 Kompanien zu Pferde bei Trittau eintraf. 80 Kompanien Fußvolk folgten nach, "die sollten die Herrn zu Trittau pfeyffen lernen". (Trampler: "Korresp. des Kardinals Dietrichstein mit dem Hof-Kriegspräsidenten Collato" S. 111.)

Auch der Winterkönig, Friedrich V. von der Pfalz, kam als heimatloser Flüchtling durch Grande. Es war am 19. Februar 1621. Ein furchtbarer Schneesturm hüllte die Gegend ein, nur langsam konnte die Reisegesellschaft fortkommen und durfte sich freuen, endlich gegen abend in Köthel in dem damaligen fürstlichen Gasthaus ein Unterkommen zu finden.

Im Jahre 1814 brachte der Rückzug der Franzosen auf Hamburg der Dorfschaft Grande und auch der ALTEN MÜHLE großen Schaden. Ganze Kompanien wurden Viehtreiber: Korn, Mehl, Schlachtvieh, - alles wurde nach Hamburg geschleppt; denn jeder General, jeder Offizier, jede Kompanie sollte sich auf mehrere Monate verproviantieren. Oft fehlte es an Transportmitteln, denn die requirierten Fuhrwerke kehrten nicht zurück. Kein Wunder, wenn man da Vieh und Lebensmittel zu verbergen suchte. Die wenigen Tiere der Grander Besitzer wurden zum Teil im Sachsenwalde versteckt. Der damalige Bauernvogt Harders in Grande - ein Urgroßvater des jetzigen Mühlenbesitzers - geriet in die größte Lebensgefahr, weil Pferde in seiner Scheune verborgen waren. Schon sollte er erschossen werden, als er auf fußfälliges Bitten seiner Frau und der Intervention eines französischen Offiziers gerettet wurde. Ein Säbel dieses Offiziers, der in Grande erkrankte und starb, befindet sich noch heute im Besitz der Familie Schwarke. In der Gaststube hängt er an der Wand über einem eingerahmten Gedicht, wird hier aber irrtümlich als "Russensäbel" bezeichnet.

Aber auch freundliche Bilder hat die Mühle gesehen. Im September 1816 kam der greise Feldmarschall Blücher auf seiner Reise nach Hamburg durch Grande. Hunderte von Hamburgern, zu Fuß, zu Pferde und zu Wagen, waren dem alten Kriegshelden bis Hamfelde entgegengeeilt. In diesem frohen Geleit setzte der Marschall seine Reise über Grande und Witzhave fort. Überall erschollen laute Hochrufe, für welche Vater Blücher freundlich dankte.


Konrad Haase-Rothenbek.

 


 

 

 

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