Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1929




Die Lauenburgische Gelehrtenschule von 1845-1929.

Zur Einweihung ihres Erweiterungsbaues am 28. 9. 1929.

Vom Direktor DR. FRIEDRICH LAMMERT.
 

Am 27. September 1845 wurde auf Veranlassung der Regierung von Mecklenburg-Strelitz die Domschule zu Ratzeburg 1), die seit Jahrzehnten von etwa 70 % Nichtmecklenburgern besucht wurde, geschlossen. Noch einmal fand der übliche Redeaktus und die Entlassung der Abiturienten statt, nachdem am Tage vorher öffentliche Prüfung der einzelnen Klassen gewesen war. In seiner Ansprache erinnerte der stellvertretende Direktor, Professor Zander, an die Bedeutung des Tages. Und schließlich verkündete der Ephorus der Domschule, Dompropst Konsistorialrat M. Karl Genzken, in feierlicher Rede 2) das Aufhören der jahrhundertealten Bildungsanstalt. Beide Redner konnten jedoch bereits darauf hinweisen, daß das Land Lauenburg im Einvernehmen mit der Regierung in Kopenhagen bereits als Ersatz die sofortige Errichtung eines Gymnasiums vorbereitet habe. Die Verhandlungen darüber hatten auf die Gerüchte von der geplanten Auflösung hin 1843 mit einer Eingabe von 134 Ratzeburger Bürgern an den König nach Kopenhagen begonnen 3) und sich bis in das Jahr 1845 hingezogen. Unter dem 14. März 1845 hatte die Errichtung einer Lauenburgischen Gelehrtenschule die Genehmigung des Königs von Dänemark, Herzogs von Lauenburg, gefunden. Die Neugründung übernahm von der eingegangenen Domschule 38 Schüler, 2 Lehrer, darunter ihren ersten Direktor Ch. L. E. Zander, einen Mecklenburger,

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1) Ihre Geschichte verdanken wir Kirchenrat Fr. Schmidt in Ziethen, Die Domschule zu Ratzeburg. Schönberg 1928.
2) Gedruckt bei Schmidt a. a. O. S. 44-46.
3) Die Verhandlungen sind ausführlich wiedergegeben in der Festschrift des damaligen Gymnasialdirektors Dr. J. Waßner, Geschichte der ersten 50 Jahre der Lauenburgischen Gelehrtenschule. Ratzeburg 1896, S. 3-15. - Vgl. Schmidt a. a. O. S. 39-44.


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und die Räumlichkeiten 4) 1845 und 1846 gehegte Pläne Lauenburgs, den Domhof von Mecklenburg, etwa durch Tausch, zu erwerben, waren nicht verwirklicht worden. 5) So wurde die Lauenburgische Gelehrtenschule Montag, den 20. Oktober 1845, 11 Uhr, in dem Saale der eiugegangenen Domschule eröffnet. Zu der Feier hatte der um die Neugründung besonders verdiente Lauenburgische Superintendent C. F. W. Catenhusen mit einer Schrift "Dr. Martin Luthers, des deutschen Propheten und Apostels lehrreiche Aussprüche über die hohen Schulen" alle Gönner und Freunde des Schulwesens eingeladsn. Im Auftrage des dänischen Königs eröffnete der Gouverneur Graf zu Rantzau die Gelehrtenschule. Darauf sprach der zu ihrem Ephorus bestellte Superintendent Catenhusen. Die Handschrift seiner Rede ist 1891 von seinem Sohne der Bibliothek der Gelehrtenschule geschenkt worden. Schließlich setzte der Direktor Zander in lateinischer Sprache seine Ansichten über die zweckmäßige Verbindung der realistischen mit den humanistischen Studien auf Gelehrtenschulen auseinander. Die Anstalt begann mit 90 Schülern. 6)

Als die erwähnten Versuche, den Domhof für Lauenburg zu erwerben, fehlschlugen, ging man an die Errichtung eines Schulgebäudes. 7) Nach längeren Erwägungen wählte man dafür den nördlichen Teil der Demolierung, des freien Platzes im Westen der Inselstadt, der durch Demolierung der hier befindlichen Festungswerke 1817 entstanden war. 8) Der Bau, von den Fachleuten der Ratzeburger Verwaltung geleitet, begann im April 1848. Beim Abbruch einer Mauer zur Erweiterung des Treppenhauses wurden 1929 drei Bretterstücke gefunden, auf denen sich die Zimmergesellen am 8. Dezember 1848 unter Angabe ihrer Meister verewigt haben; ich habe die Inschriften in dieser
Zeitschrift 1929, S. 114/15, genau wiedergegeben. Erst am 8. Oktober 1849, 10 Uhr, konnte das neue Schulgebäude eingeweiht werden. Es war mit einem Kostenaufwand von etwa 14 850 Talern unter Überschreitung des Voranschlages von 14 000 Talern, wobei einiges Inventar inbegriffen war, erbaut worden. Eine Stiftung der Lauenburgischen Ritter- und Landschaft von 1000 Talern ermöglichte die Anschaffung einer physikalischen Sammlung wie 1847 eine gleich hohe Stiftung König Christians VIII. die Anlage einer Bibliothek für Lehrer und Schüler. 9) Im Jahresbericht von 1847/48 spricht der Direktor die Hoffnung aus, daß diese bald in dem neuen Schulgebäude ihre zweckmäßige Aufstellung finden könnte. Gleichzeitig ruft er dort zur Be-

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4) Vgl. darüber den Grundriß und die Abbildungen bei Schmidt a. a. O. nach S. 16, 32, 48.
5) S. Waßner a. a. O. S. 17-19.
6) Die Schülerzahlen von 1843-1895 gibt Waßner a. a. O. S. 52/53.
7) Vgl. Waßner a. a. O. S. 19-23.
8) So stieß man im November 1828 bei Kanalisationsarbeiten vor dem Schulhofe auf massige Reste der Festungsmauer, so daß man für das Durchführen der Röhren sprengen mußte. Und bei den Ausschachtungen für den Erweiterungsbau wurde zur selben Zeit eine alte Ofenkachel gefunden. Vgl. auch von Rundstedt, Lauenburgische Heimatblätter 1929 Nr. 11.
9) Vgl. die Schilderung der Audienz Dr. Riecks beim König in Bobertags Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Lauenburgischen Gelehrtenschule (1871) S. 9.


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gründung eines "eigenen Museums für Lauenburgische Altertümer bei unserer Landesschule" auf. 10) Tatsächlich finden sich aus jener Zeit einige wenige vorgeschichtliche Altertümer in der Schule.

Bis zur öffentlichen Prüfung am 27. und 28. September sowie zum Redeaktus am 29. September hatte die Lauenburgische Gelehrtenschule ihre Stätte in der alten Domschule. Zur Einweihung des Neubaues lud Direktor Zander mit einer Abhandlung zur Geschichte des römischen Kriegswesens, und zwar über die Verpflegung des
Heeres, ein, der Ephorus, Superintendent Catenhusen, aber mit einer Schrift "Vom göttlichen Segen".

Dieser 1849 eingeweihte und bezogene erste Bau der Lauenburgischen Gelehrtenschule war der mit der Front nach Süden gerichtete Hauptbau, der dann erst 1896/97 den Anbau im rechten Winkel nach Norden erhielt und 1928/29 an beiden Seiten verlängert wurde. Er hatte eine Länge von 28,8 m (100 Fuß) und eine Breite von 14,42 m
(50 Fuß). Er bot den damals bestehenden fünf Klassen Raum, eine sechste Klasse war vorgesehen, drei Räume waren für die Bibliothek bestimmt, ein Unterrichtsraum für Physik mit Nebenräumen für die Sammlungen, Konferenzzimmer. Aula, Hausmeisterwohnung, Karzer, alles fand darin seinen Platz. Die Schülerzahl betrug zu Ostern 1849
120, sank aber bis 1856 auf 68, um in den nächsten Jahrzehnten wieder zu steigen bis zur Höchstzahl von 195 im Jahre 1875.

Die Mecklenburgische Domschule hatte schon zeitweilig fünf Klassen, bei ihrem Ende aber nur noch vier gehabt. Dis Lauenburgische Gelehrtenschule ist sofort mit fünf Klassen ins Leben getreten, indem der Rektor Vieth mit der sogenannten Rektorklasse der Stadtschule und ihren 33 Schülern zur Gelehrtenschule übertrat. Zu den 5 Lehrern kam 1848 ein sechster. "Im ganzen war", schreibt Bobertag in seiner trefflichen Festschrift zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen der Gelehrtenschule (1871) S. 7, "der Plan gegeben durch die in Deutschland allgemein für Gymnasien geltenden Normen". Er stellt dabei eine Überlastung der Lehrkräfte fest, die er aber mit den schönen Worten abtut: "Dennoch kamen wir durch Liebe zur Sache und ein frisches collegiales Zusammenstehen über manche Mühen mit Gottes Hülfe hinweg". Gebäude, Einrichtung und Lehrverfassung sind sich bis zum Abgang des Direktors Zander zu Ostern 1868 gleich geblieben, während die Zahl der Lehrer auf 7 stieg. Inzwischen war das Herzogtum Lauenburg aus seiner Verbindung mit dem Könige von Dänemark gelöst und mit Preußen verbunden worden. Da die

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10) A. a. O. S. VI: "Außerdem möchte ich an die Bewohner Lauenburgs die Aufforderung ergehen lassen, alle Denkmäler unserer Vorzeit, welche bisher aufgefunden worden sind oder noch aufgefunden werden dürften, unserer Anstalt zu überweisen, damit bei derselben alles, was von altertümlichen Schätzen unser Land aufzuweisen hat, vereinigt und zur allgemeinen Benutzung aufgestellt werde. Ich weiß es wohl, daß schon manches der Art nach anderen Orten gesandt ist, allein ich glaube darin keine irrige Ansicht auszusprechen, daß solche Überreste unserer Vorzeit ganz besonders ein Local-Interesse haben. Würde daher meine Bitte eine freundliche Aufnahme und geneigte Berücksichtigung finden, so würden wir bei unserer Landesschule ein eigenes Museum für Lauenburgische Altertümer zu begründen unternehmen."


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staatsrechtlichen Beziehungen noch nicht endgültig geklärt waren, wurde der Geheime Ober-Regierungsrat Dr. Wiese vom Berliner Kultusministerium beauftragt, "bis auf Weiteres den Zusammenhang der Gelehrtenschule mit der Bewegung bes höheren Schulwesens in Preußen persönlich zu vermitteln". Der bedeutende Schulmann nahm sich dieser Aufgabe mit Eifer an. Am 17. September 1867 hatte er zum erstenmale die Anstalt besichtigt. Infolgedessen wurde Ostern 1868 ein achter, 1869 ein neunter Lehrer angestellt. Dadurch wurde von Ostern 1869 ab die Einrichtung einer 6. Klasse möglich, deren Notwendigkeit Geheimrat Wiese in der Konferenz am 9. März 1869 dargelegt hatte. Das Anwachsen der Schülerzahl begründet Bobertag a. a. O. S. 13 mit der größeren Stetigkeit des Unterrichts. Nach Einführung der Militärgesetzgebung des Norddeutschen Bundes aber steigerte auch das Berechtigungswesen, das Streben nach dem Zeugnis für den einjährig Freiwilligendienst, die Besucherzahl der Klassen bis zur
Sekunda, wie er S. 14 bemerkt. Im Herbst 1871 wurde das Vorzimmer der Bibliothek, rechts vom Haupteingang, zum Direktorzimmer eingerichtet; in seiner Ostwand ist die Vermauerung der Tür zur damaligen Bibiothek noch sichtbar. Aber der Direktor mußte bald in ein kleines von der auf der Nordostecke gelegenen großen Klasse abgetrenntes Zimmer übersiedeln, da der große Raum seit Ostern 1874 für die Vorschule gebraucht wurde. Es bestand seit 1850 eine Privatvorschule des Rektors Bobertag, die jetzt auf Wieses Rat übernommen wurde.

Schließlich mußte durch Verlegung der Bibliothek Raum im Schulhause gewonnen werden. Sie war durch die Schenkung der Bibliothek des 1872 verstorbenen Direktors Zander durch das Patronat 1873 mit einem Schlage um 5000 Bände gewachsen. Die Schülerzahl erreichte Michaelis 1875 mit 195 einen Höhepunkt. Wieses Tätigkeit in Ratzeburg fand mit dem Schuljahr 1876 ihren Abschluß. Bereits mit Neujahr 1873 war die Anstalt auf Grund des Gesetzes vom 7. Dezember 1872 in das alleinige Patronat der Ritter- und Landschaft des Herzogtums Lauenburg übergegangen. Unterm 29. Dezember 1873 wurde ihr bisheriges Regulativ vom 28. Februar 1846 durch ein neues Statut ersetzt. Laut § 11 dieses Statuts hatte die Anstalt mit dem Direktor 9 Lehrer und 1 Vorschullehrer. Zum 1. Juli 1876 wurde das Herzogtum Lauenburg Preußen einverleibt und damit die Gelehrtenschule dem Provinzialschulkollegium der Provinz Schleswig-Holstein unterstellt. Am 1. Oktober 1882 trat an die Stelle der Ritter- und Landschaft der Kreistag; infolgedessen erschien unterm 27. Dezember 1884/15. Mai 1885 ein neues Statut für die Gelehrtenschule und eine Geschäftsordnung für das Kuratorium am 8. Juni/4. Juli 1885.

Bei dem Steigen der Schülerzahl genügten die Räume den hygienischen Ansprüchen nicht mehr. So wurde 1878 festgcstellt, daß sich die Fensterfläche der Klassen zu ihrer Grundfläche nicht wie 1:5, sondern nur etwa wie 1:7 verhielt. Eine Revision ergab weitere Mängel, und die Aufsichtsbehörde forderte deren Abstellung. Der Direktor Steinmetz dachte damals an einen nordwärts gerichteten An­
 

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bau an den Ostflügel, unten Turnhalle und oben Aula. Da dieser Plan wegen seiner Kosten wenig Aussicht hatte, wünschte man die Überweisung des Kreisgerichts, das 1879 einging. Das Gebäude wurde aber dann für das Landeshaus in Anspruch genommen, dafür sollte das bisherige Landeshaus teilweise zur Verfügung stehen. Schließlich ist nur die Bibliothek zeitweise ausquartiert worden. 1882 wurde eine Turnhalle errichtet. Aber die beantragte Vergrößerung des Spielplatzes und die Einrichtung eines Zeichensaals wurde im nächsten Jahre abgelehnt. Das Zeichnen fand in den Klassen statt. 1886 wurden wenigstens Zeichentische bestellt, aber sie konnten nur in der Aula ihren Platz finden, die damit für 10 Jahre zum Zeichensaale wurde. Die nunmehr einsetzende Teilung der drei oberen Klassen, zunächst 1888/89 der Tertia, machte die Raumfrage immer dringender. 1893 erhielt die Turnhalle die lange angeregte Gasbeleuchtung.

Am 4. Oktober 1893 trat Direktor Dr. Steinmetz in den Ruhestand, der die Anstalt seit Michaelis 1872 geleitet hatte. Unter seinem Nachfolger Gymnasialdirektor Dr. Waßner macht sich alsbald frisches Leben bemerkbar. So wurden 1895 teilweise neue Schulbänke beschafft und das Alumnat begründet. Nach der 50jährigen Jubelfeier am 20. Oktober 1895, deren eingehende Beschreibung der Jahresbericht enthält, wurde 1896 ein elfter Lehrer angestellt, sowie 1897/98 der Anbau nach Norden im rechten Winkel an das westliche Ende des bisherigen Schulhauses angefügt, jedoch damals nur mit 2 Stockwerken. Das Erdgeschoß enthielt ein Klassenzimmer, den Zeichensaal und die Wohnung des Schuldieners, dessen bisherige Wohnung ein Klassenzimmer ergab. Das erste Stockwerk des neuen Flügels nahm die so im Herbst 1896 ins Schulgebäude zurückkehrende große Bibliothek auf. Ein vorerst hier neben dem Bibliotheksraum befindliches Lesezimmer wurde später auch als Klasse benutzt. In dieser Zeit wurde auch ein Bootshaus errichtet. Durch den Bau eines Zeichensaals war die Aula wesentlich entlastet worden. Sie wurde 1899 durch den Kunstmaler Schmarje in Altona im antiken Stil so ausgeschmückt, wie sie bis 1929 geblieben ist: auch der Durchbruch zu dem Nebenzimmer im Südwesten zu ihrer Vergrößerung erfolgte damals. Ihr Fries zeigte,
pädagogisch wirksam, die Bildnisse von Paulus, Luther, Melanchthon, Lessing, Goethe, Schiller, Cicero, Horatius, Tacitus, Homeros, Sophokles, Sokrates, Demosthenes, Shakespeare, Molière und Alexander von Humboldt. Leider waren 1929 an der Außenwand die Bildnisse durch Feuchtigkeit völlig verdorben, so daß man von der Erhaltung dieses einer ganzen Schülergeneration vertrauten Schmuckes neuerdings abgesehen hat. Die Bauarbeiten dieser Zeit leitete der Baurat des Kreises, von Binzer.

Die zunehmende Schülerzahl und die wachsenden Anforderungen, die an manche Unterrichtszweige gestellt wurden, machten dauernde Verbesserungen und Erweiterungen nötig. So wurde 1908 durch Teilung des langen Raumes der damaligen Sexta ein zweites Klassenzimmer für die Vorschule gewonnen. Im November 1907 berichtete der Direktor Dr. Bottermann über die Unzulänglichkeit des damaligen Zeichensaales. Es wurde daraufhin 1908 auf dem Anbau von 1896
 

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ein weiteres Stockwerk errichtet, das einen vortrefflichen Zeichensaal und ein weiteres, den Naturwissenschaften eingeräumtes Unterrichtszimmer brachte. Der bisherige Zeichensaal war bis 1928 die einzige größere Klasse, in der ohne hygienische Bedenken 30-40 Schüler Platz finden konnten. Im Schuljahre 1912/13 wurden wiederum etwa
12500 Mark Derbaut, hauptsächlich mit dem dringend notwendigen Umbau der Turnhalle. Schon in diesen Jahren erhoben sich Stimmen, die einen durchgreifenden Ausbau, der zugleich den Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit völlig genügte, den dauernden Einzelverbesserungen vorzogen. Der Krieg und seine Folgen drängte derartige
Pläne zunächst in den Hintergrund. Während des Krieges erfolgte durch Direktor Dr. Bottermann die Gründung des Museions, eines mit Bibliothek und Bildersammlungen ausgestatteten Arbeitsraumss, welcher der eigenen Arbeit der Primaner im Deutschen und in der Kunstgeschichte diente, eine Einrichtung von großem unterrichtlichen
Werte. Direktor Bottermann ging Michaelis 1917 an das Bismarck­Gymnasium zu Berlin über. Sein Nachfolger wurde Direktor Schmidt bis Ostern 1924.

Die an pädagogischen Anregungen so außerordentlich reiche Zeit führte Ende 1920 zu Plänen, der Lauenburgischen Gelehrtenschule eine Deutsche Oberschule anzugliedern und damit auch die Mädchenbildung zu übernehmen. Letztere war bisher Sache der privaten Höheren Mädchenschule in Ratzeburg gewesen, deren Abbau infolge der Gesetzgebung, welche die Privatschulen aufhob, zu erwarten war, und die außerdem durch die zunehmende Inflation in wachsende Bedrängnis geriet. Sie umfaßte nach einem Bericht der Leiterin, Frau Spiethoff, vom 5. Dezember 1922 72 Mädchen aus Ratzeburg, 19 aus St. Georgsberg und 23 aus der Umgebung, also 114 Schülerinnen. In
dieser stattlichen Zahl ist aber die Vorschule mit enthalten, die infolge der Gesetzgebung in den nächsten Jahren zugunsten der Grundschule aufzulösen war. Am 11. Dezember 1920 beauftragte der Kreisausschuß den Direktor, eine Denkschrift über die innere Umgestaltung oder Ausgestaltung der Lauenburgischen Gelehrtenschule im Einvernehmen mit dem Lehrerkollegium auszuarbeiten. Bei der Ungewißheit der pädagogischen Lage war das eine außerordentlich schwierige Aufgabe, die Direktor Schmidt jedoch mit Takt und Geschick meisterte mit seiner Denkschrift, die er am 1. November 1921 vorlegte. In ihr wurde u. a. die Gründung einer Deutschen Oberschule vorgeschlagen. Aber erst unterm 18. Februar 1922 erschien die maßgebende Denkschrift des Ministers über die grundständige Deutsche Oberschule, erst 1924 die
Denkschrift über die Neuordnung des preußischen Schulwesens und ebenfalls erst 1924 die Richtlinien für den Lehrplan der Deutschen Oberschule. Die ersterwähnte Denkschrift lag wenigstens noch am 31. März bis 2. Mai 1922 dem Kreisausschuß vor. Die Gründung einer Deutschen Oberschule neben dem bestehenden Gymnasium wurde für Ostern 1922 beschlossen.

Zwar wurden auf Grund des Reichsgesetzes über die Grundschulen und die Aufhebung der Vorschulen vom 28. April 1920, Ostern 1921 beginnend, die drei Vorschulklassen abgebaut. Aber der

 

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Aufbau der Deutschen Oberschule mußte voraussichtlich weitere Räume beanspruchen. Man hat in diesem Zusammenhangs zeitweilig an den Erwerb des Gebäudes des aufgehobenen Lehrerseminars oder der Domkaserne gedacht. Inzwischen schied zu Ostern 1924 Direktor Schmidt aus; die Amtsgeschäfte des Direktors führte bis Ostern 1927 Studienrat Dr. Kretzer. Nach dem Erscheinen der näheren Bestimmungen über die Deutsche Oberschule hatte sich mehr und mehr herausgestellt, daß sich damit eine neue selbständige höhere Lehranstalt mit besonderen Anforderungen statt weitgehender Kombination mit dem Gymnasium entwickeln würde. Das erschien, vor allem auch in finanzieller Beziehung, nicht tragbar. Daher beschloß am 16. Dezember 1926 der Kreistag den Abbau der Deutschen Oberschule, doch so, daß die fünf vorhandenen Klassen bis zum Abiturium durchgeführt werden sollten. So kam Ostern 1927 die Sexta in Wegfall, während das letzte Abiturium 1935 stattfinden würde. Die nunmehr bestehenden 14 Klassen hatten im alten Schulgebäude nicht Raum gefunden; schließlich erhielten erst drei, dann fünf Klassen ihr Heim in der früheren Mädchenschule in der Junkernstraße, eine Spaltung der Anstalt, die natürlich manche Erschwerung im Gefolge hatte. Immerhin zeigte sich gerade bei dem im alten Anstaltsgebäude verbliebenen Betriebe, daß eine Erweiterung durch den Abbau der Deutschen Oberschule nicht unnötig geworden war. 11) Vor allem wäre auch an die Durchführung der Gedanken der Schulreform, die 1924/25 auch das Gymnasium auf eine neue zeitgemäße Grundlage gestellt hatte, in den beschränkten Räumlichkeiten, die nicht einmal die rechte Ausnutzung vorhandener ausgezeichneter Lehrmittel gestatteten, nicht zu denken gewesen. So war es für die Zukunft der Lauenburgischen Gelehrtsnschule und damit der aufstrebenden Jugend des Lauenburger Landes von größter Bedeutung, daß der Kreistag am 22. März 1928 in großartiger Einmütigkeit den Bau beschloß. Nach Vollendung der Vorbereitungen wurden die Arbeiten ani 14. November 1928 begonnen. Wenn der stattliche Bau nunmehr am 28. September 1929 vollendet vor uns steht und seine Weihe empfängt, so wird sich die Jugend, die in ihm ihre Ausbildung erhält, allezeit vor Augen halten müssen, welche Opfer ihre Heimat, weitblickend und großzügig, hier gerade in schweren Zeiten gebracht hat, um ihr, der Hoffnung des Landes, zum Besten der Allgemeinheit die beste mögliche Ausbildung zu sichern.

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11) Vgl. die Begründung in den Verhandlungen des 151. Kreistages des Kreises Herzogtum Lauenburg am 21./22. März 1928, S. 807 f.


 


 

 

 

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