Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1929


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit

 

Über die Daldorps in Lauenburg. Wenn der rühmlich bekannte, sehr tüchtige Superintendent D. Peträus-Ratzeburg-Dom nicht übertreibt, so sind die Daldorps bereits unter Karl dem Großen von Sachsen her über die Elbe vorgedrungen und haben aus Daldorp gewohnt. Jedenfalls war dies um 1600 Familientradition, und es erfüllte damals eine Sibylla von Daldorp mit Stolz, daß sie Glied einer seit 800 Jahren in Niedersachsen angesessenen Familie war. Ihr Beichtvater Peträus läßt sie folgendermaßen ihr Geschlecht rühmen:
"QUOD DEDIT ILLA VIROS ET MARTE TOGAQUE VALENTES,
ANNON EST GENERIS GLORIA MAGNA MEI?

Letzteres ist keine Übertreibung. Die Daldorps waren in der Tat erfahrene Kriegsritter und Herzogliche Räte. - Bisher konnten wir an geschichtlichen Quellen über die Familie nur eine Leichenpredigt ermitteln. Sonst liefern Kobbe und Masch bescheidene Beiträge. Das Geschlecht ist ausgestorben, aber der Name ist nicht ohne Interesse für die geschichtliche Forschung. Im Dom waren einige Vertreter der Familie beigesetzt, und in der St. Petrikirche in Ratzeburg liest man den Namen auf einem Schild eines Leuchters. Darüber hinaus aber spielt ein Daldorp in der Reformationsgeschichte eine große Rolle. - Die Familie war im Mittelalter auf Daldorp, Basthorst und WOTERSEN  begütert. Wegen des Hofes Wotersen verglichen sich Hans und Johann mit der Sophie von Daldorp, ihrer Schwester, 1509. HANS war Herzoglicher Rat unter

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Magnus I. Chytraeus würdigt ihn als "erfahrenen Kriegsmann". Masch schildert ihn als Rat neben Münchhausen und Gockhusen, die selbdritt dem Herzoge bei seinem Streit mit dem Bischof von Ratzeburg Beistand leisten. Sein raubritterliches Verhalten, das übrigens dem seines Herzogs entsprach, offenbart die Nachricht, daß er 1516 mit 33 Reitern Carlow, Kulrade, Klockstorf überfiel und das Vieh als Raub von der Weide trieb. Dies geschah, nachdem er dem Bischof einen Fehdebrief zugestellt hatte, weil dieser einem unter Hans von Daldorp stehenden Bauern eine Kirchenhufe nicht länger verpachten wollte. Der Bischof verhängte über den Raubritter das Interdikt, aber dessen Herzog schützte seinen Ratgeber. - Über seine Vorfahren wissen wir, daß sein Vater OTTO von Daldorp mit Margarete Staken und sein Großvater HEINRICH mit Adelheid von Bibow vermählt war. HANS hatte Alheit Vieregge geehelicht (ca. 1514). Vermutlich sein ältester Sohn war HEINRICH, der am Mittwoch nach Joh. Bapt. 1515 auf Wotersen geboren wurde, 1539 Catharine von Oppershusen aus dem Lüneburgischen heiratete und 1566 fast gleichzeitig mit seiner Frau starb, die in 17 Jahren 14 Kinder gebar, "das man billig als einen Segen Gottes rühmen muß" (Peträus). - Heinrich Daldorps Leben fiel gerade in die Zeit der Einführung der Reformation, die im Lauenburgischen 1531 erfolgte. Seine Frau stammte aus dem evangelischen Lüneburgischen. Gerade der Adel war Träger des reformatorischen Bewußtseins. Seine Kinder erzog Heinrich lutherisch. Früh lernten sie Luthers Katechismus. Als er ca. 50 Jahre alt war, war er ein einflußreicher Vertreter des Luthertums und trat in der Versammlung der Landschaft zu Büchen 1564 für die Veranstaltung einer allgemeinen Kirchenvisitation zur endgültigen Regelung der verworrenen kirchlichen Verhältnisse ein. Da er Herzoglicher Rat war, so konnte er den Landschaftsbeschluß mit soviel Nachdruck bei dem schwachen, kirchlich uninteressierten Herzog Franz I. durchsetzen, daß schon im gleichen Jahre die Kirchenvisitation zu Lauenburg ihren Anfang nahm, wobei Heinrich und sein Bruder (?) Valentin die Ritterschaft vertraten. - Heinrichs Sohn HANS
(* 1541) war ebenso wie seine Vorfahren Fürstl Nieders. Rat, auch Landrichter, und nahm 1590 an der 3. General-Kirchenvisitation als weltl. Deputierter teil. Er war vermählt mit Margrete Pentzen und hatte einen Sohn Hans (* 1582), der am 7. 9. 1605 Ursula von Bülow heiratete und am 18. 12. 1609 ohne Erben starb, womit diese Linie der Daldorps-Wotersen erlosch.

Die Liste der 14 Kinder Heinrichs ist folgende: Margrete (* 1540, Hartich Wackerbard-Kogel), Hans (* 1541, Margrete Pentzen), Franz (* 1542), Warner (* 1544), Otto (* 1545), Sibylla (* 1547, Jochim Drieberg auf Gottmersforde, 1609 Mechow), Heinrich (* 1548, seit 1561 Domherr in Ratzeburg, seit 1606 Domprobst, wohnhaft in Mechow, 1621. Sein Leichenstein im Dom. Das Alter unrichtig angegeben), Jochim (* 1549), Salome (* 1550, Priorin im Kloster Waltzerade im Lüneburgischen), Jost (* 1552), Henning (* 1553, bei seinem Bruder Heinrich, 1621. Sein Leichenstein im Dom), Jakob (* 1555), Borchert (* 1556), Christoffer (* 1558,
Margreta v. Winterfeld, die 1633 als Witwe der St. Petrikirche in Ratzeburg einen Wandleuchter schenkte, der noch heute eine Zierde der ersten Empore ist). - 1609 waren noch 3 Söhne Hans, Heinrich, Henning und zwei Schwestern, die Witwe Margreta Wackerbard und die Priorin Salome, am Leben und bei dem Begräbnis ihrer Schwester Sibylla im Dom zugegen, die, lange verwitwet, ihrem Bruder Heinrich, dem Domprobsten auf Mechow, gewirtschaftet hatte. Man vergleiche mit dieser Liste die durch Herrn Oberst v. Notz entdeckte alte Inschrift in der Totengruft der Herzöge im Dom (Lauenb. Heimat, April 1929, S. 67). - Soviel Kinder auch Heinrich Daldorp gehabt hatte, so erlosch doch mit den Söhnen sein Stamm. Es erbten nun die Daldorps der andern Linie, blühten aber nicht mehr lange Zeit. Unter diesen war 1648 Valentin v. Daldorp Canonicus am Dom. - Kobbe berichtet, daß Wotersen 1629 durch Tillys Truppen ganz zu Grunde gerichtet wurde. Der kinderlose Johann von Daldorf überließ 1672 seine Güter den Gläubigern, weil er sie, infolge des langen Krieges überschuldet, nicht länger zu halten vermochte. Nachdem es einige Jahrzehnte verpfändet war, löste der schwedische Generalleutnant Johann Valentin von Daldorf das Gut 1704 ein, starb aber 1717, womit, wie es scheint, sein Geschlecht erlosch. Die Bernstorfs traten an ihre Stelle. Wir schließen die Nachricht von

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dem Ausgang dieses Adelsgeschlechts, das etwa gleichzeitig mit den Herzogen von Lauenburg ausstarb, mit einer Bemerkung Kobbes: "Die Daldorf waren so heruntergekommen, daß ein alter Hans Daldorf, als die Herzöge von Lauenburg ausstarben, gefunden ward, der wöchentlich 1 Rtlr. von Julius Franz ausbezahlt erhalten hatte." - Es sei schließlich bemerkt, daß den Schalldeckel der Domkanzel (1576) das Daldorpsche Wappen, eine Kirchenfahne und 9 Köcher (?) darstellend, unter den übrigen Wappen der Domherren ziert.

P. Fischer-Hübner.
 



 


 

 

 

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