Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


Das Volkslied in Lauenburg.

Von MAX KUCKEI.

I.

Das vielzitierte "HOLSATIA NON CANTAT" trifft für Lauenburg bestimmt nicht zu. Diese Landschaft erschließt dem Sammler immer noch wahre Schätze alter Volkspoesie. Gewiß, die Sangesfreudigkeit hat auch hier abgenommen. seitdem die Industrialisierung dem Landbewohner die gläubige Naivität, das enge Verbundensein mit der Natur nahm, um ihm Wissen zu schenken und Erkenntnis seiner Lage.

Dennoch wird auch heute noch in unserer Heimatlandschaft gesungen, zwar nicht wie im sangesfrohen Süden unseres Vaterlandes bei der täglichen Arbeit; aber bei festlichem Anlaß vermißt man ungern ein Lied. Träger der Volkspoesie ist hier wie überall das Landvolk. Slawische und westdeutsche (Kolonisations-) Einflüsse spielen hier mit und gestatten dem Forscher, sowohl von stärkerer Musikalität als auch einem ausgeprägteren rhythmischen Gefühl des Lauenburgers zu sprechen. Leichter, runder, lebhafter ist die Bewegung bei Tanz und Spiel, heiterer, frischer und zarter der Ton des Liedes.

Romantische Volkskunde machte das Landvolk nun auch zum Dichter des Volksliedes. Noch Storm behauptete: "Sie (die Lieder) werden gar nicht gemacht, sie wachsen, sie fallen aus der Luft, sie fliegen über Land wie Mariengarn, hierhin und dorthin und werden an tausend Stellen zugleich gesungen." Das entspricht nun allerdings wenig den nüchternen Forschungsergebnissen. Die beweisen, daß jedes Volkslied einem Einzeldichter, meist städtischer Herkunft, sein Entstehen verdankt. Wie ja auch Bauernmöbel, Bauerngarten und so genannte Volkstracht nicht eigentlich dem Lande entstammen, sondern dem jeweiligen Kulturzentrum einer Zeit, sei es nun Ritterburg, Fürstenhof oder Kaufmannsstadt. Um der heute immer noch herrschenden Überbewertung des Landvolkes als Volkslieddichter entgegenzutreten, ist es wohl angebracht, auch an dieser Stelle auf die Entstehung des Liedes hinzuweisen. Das "Volk" folgte dem Geschmack der "Gebildeten" in einem Abstand von ca. 100 Jahren, d. h. was man vor 100 Jahren in der oberen Kulturschicht sang, eignete sich der Landbewohner erst bedeutend später an. Er erwirbt das Liedgut für sich und erhält es, aber er schafft nicht neu. sondern
reproduziert nur. Heute ist die Zeitspanne zwischen Liedherrschaft in führender Kulturschicht und Aneignung durch das Volk stark verkürzt; Radio und Plattenmusik vermitteln schnell. Aber auch heute noch kommt das Lied aus der Stadt, ist von einem Individualdichter erzeugt. Wie könnte es auch anders sein, ist doch jedes Lied etwas
Geschlossenes, ein Kunstwerk, ein Abgerundetes! Die früher gern betonte Namenlosigkeit der Volkslieddichter ist irreführend, heute kennt man von vielen hundert deutschen Liedern den "Verfasser". Die Mehrzahl der heute gesungenen Lieder stammt übrigens aus der sentimentalen Epoche um 1780, in der man Empfindsamkeit, Schäferidyll und Humanität pries.

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Aber nicht jedes Lied aus der Stadt wird zum Volkslied. Der Landbewohner in seiner mehr das Gemeinschaftliche betonenden, unkritischen Art lehnt alles Besondere, rein Persönliche, krankhaft Individuelle und Übersteigerte ab, er nimmt aus der Flut der Liedproduktion nur das Typische, das Allgemein-Menschliche heraus. Und nun setzt die Mitarbeit des Volkes am Werden eines Volksliedes ein. Es streicht und ändert, setzt hinzu oder vergißt, kurz es zersingt das Individuallied. Auslese, Aneignung und  volkläufige Verbreitung (von Mund zu Mund) machten allmählich das Lied eines Einzeldichters zum Volkslied. Der Künstler wurde zum Sprachrohr des Volksempfindens, er taucht unter, aber sein Werk lebt - namenlos.

Das Volkslied von heute nun ist naturgemäß ein anderes als das der Vergangenheit. Aber wir haben durchaus keine Ursache, über das Aussterben dieses Volksgutes zu klagen. Wir dürfen es nicht werten am poetischen Kanon des Mittelalters. Unser modernes Leben mit seiner gesteigerten Technik und Zivilisation ist eben unendlich komplizierter, männlicher, einseitiger als damals. Aber nur die Form zerbrach - eine neue ersteht täglich, auch im Lied.

Im Mittelalter schöpfte das Volk unmittelbar aus dem Munde des Dichtersängers, der seine Lieder unter Begleitung von Harfe, Fidel oder Hackbrett den Rittern im Burgsaal, den Bürgern in der Schenke oder der Landjugend unter der Linde vortrug. Die neuere Zeit vermittelte dieses Liedgut durch Fliegende Blätter, Almanache, Drehorgelsänger und Dorfmusikanten.

Lauenburg teilt seinen Hauptbestand an poetischem Volksgut mit andern Landschaften Niederdeutschlands, wozu vor allem die Verbreitung durch die sogen. Fliegenden Blätter beitrug. Diese Art der Liedverbreitung hat die alte Form der mündlichen Verbreitung fast völlig verdrängt, nebenher geht noch die Aufzeichnung in handschriftlichen Liederbüchern. Der Drucker spekulierte ganz geschäftsklug auf das nie erlahmende Interesse des Volkes und kam diesem Hunger nach neuen Liedern und Schauermären entgegen, indem er zu billigem Preis, Stück für Stück einen Schilling, diese Blätter ins Publikum warf. Sie dienten also zunächst der Verbreitung von neuen Liedern. Das Volk zersingt auch dieses Liedgut, manchmal läßt ein besonders tüchtiger Geschäftsmann diese volksläufige Form wieder im Druck erscheinen; *) so beeinflussen beide Formen einander. Verkauft wurden die Blätter besonders auf den Märkten, wo der Händler von seinem erhöhten Stand aus mit weithin schallender Stimme seine Drucke
anpries: "Vier ganz neue Lieder, das erste fängt also an: Trenne nicht das Band der Liebe!" oder "Drei neue Lieder! Zusammen ein Schilling! Steh ich am eisern Gitter." Diese Liedverkäufer nun sangen auch immer wieder das angepriesene Lied und lehrten dadurch gleichzeitig die Weise (Melodie), die allerdings meistens einem schon bekannten Lied entlehnt war. Meistens bringt das Blatt auch

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*) Es dürfte interessieren, daß sich der neueste Schlager, der jetzt von allen Drehorgeln gespielt wird, das schöne Lied "Es war einmal ein treuer Husar", bereits in einer handschriftlichen Liedcrsammlung unseres Heimatmuseums findet, die wenigstens hundert Jahre alt ist.

Die Schriftlcitung.
 

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einen Hinweis auf die bekannte Melodie, nach der das neue Lied zu singen ist: "Lied von Düppel", nach der Melodie des "Sturm Marsches von Piefke". Durch solche Anpassung sichert der Sänger seinen Texten von vornherein die gewünschte Verbreitung. Der Dichter dieser poetischen Erzeugnisse (deren Kunstwort manchmal sehr mäßig
ist) nennt sich nur selten, doch sind uns mehrere dieser im Solde einer Druckfirma stehenden Poeten bekannt. Wer kennt nicht "Harten Lena"? Das Blatt verheißt "Hunger-Ständchen. Parodie auf Herzliebchen unterm Rebendach". Von C. Hansen. Dieser C. Hansen, der sich stolz Hamburger Volksdichter nennt, ist der Verfasser vieler
bekannter, meist plattdeutscher Lieder: "Das süße Lenchen" "De verleefte Eduard" - "Trenne nicht das Band der Liebe", ergänzt und eingerichtet von C. H. - In ganz Lauenburg ist volksläufig "Von de Herr Pastor sin Koh", dessen Dichter sich scherzhafterwcise als - Knabe, der das Alphorn blies, nennt. Aus Lauenburg selbst ist kein Dichter solcher Poeme hervorgetreten, doch zeugt die weite Verbreitung vieler Lieddruckc in unserer Landschaft von der Beliebtheit solcher Blattlieder. Als Verfasser seien noch genannt: Georg Küper (Lied von der Krinoline), Louis Lippmann (Aal, gröne Aal). August Mohr (Hört mal, Lüd, nu kamt heran), Schneider Eppers aus Hamburg und Goldschmied Evers aus Altona. Von Literaturgrößen sind vertreten (und beweisen die Vorliebe des Volkes für Rührseligkeit) Vogl "Das Erkennen", Geibel "Der  Zigeunerknabe", Bürger "Des Pfarrers Tochter zu Taubenhain".

Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Liedblätter ist bei J. Kahbrock Ww. in Hamburg gedruckt und verlegt, andere Druckorte der in Lauenburg besonders verbreiteten "Fliegenden" sind Hansen-Tönning, Pawelka-Stettin, Kahler-Berlin, E. Fränkel-Oldenburg i. Holstein, Joh. Bock-Lübeck, H. G. Rathgens-Lübeck, S. W . Hirt-Plön. Manche Lieder dieser Drucke entstammen Singspielen und Opern: "Der Mensch soll nicht stolz sein" (Diavolo), "Denkst du daran, mein tapferer Lagienka" (Der alte Feldherr), "So leb denn wohl, du stilles Haus" (Alpenkönig). Da die dichterische Schaffenskraft der Poeten nicht ausreichte, griffen sie häufig zur Anlehnung und Umdichtung, so werden vergangene Ereignisse zeitgemäß aufgefrischt, allgemein lokalisierte Poesie auf die Heimatstadt übertragen.

Recht beliebt waren die Parodien bekannter Lieder, in denen man vor allem politische Gegner verspottete, ich zitiere aus Lauenburg nur "Ich bin der Schlachter Bonapart". An alten, in ganz Deutschland verbreiteten Volksliedern fand ich u. a.: Es waren zwei Königskinder - Es wollt ein Jäger jagen - Der Jäger in dem grünen Wald - Es steht ein Schloß in Österreich. Daß besonders viele Jägerlieder umlaufen, dürfte nicht auffällig sein, ebensowenig ein Vorherrschen der gefühlsmäßig betonten lyrischen Poesie, wohingegen große Balladen und strenge Epen fast völlig fehlen. Die ganze Volksdichtung wird beherrscht von einer gewissen Wald-Märchenstimmung. Allen Blättern fehlt die Angabe des Erscheinungsjahres. Statt dessen heißt es wohl: Gedruckt in diesem Jahr. - Diesen Morgen gedruckt. - Vor einer Stunde gedruckt.

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Es ist aber nicht das alte Volkslied, das diese Fliegenden, verbreiten, sondern das Kunstlied im Volksmunde, das derbdeftige Couplet und die harmlose, manchmal wertloseb  Nachahmung. So wurden diese Drucke die Vorläufer der heute modernen Zehnpfennig-Hefte, die jedem etwas bringen, neben dem neuesten Schlager ("Wer hat denn die Seife aufs Butterbrot geschmiert?") ein sentimentaler Schmachtfetzen ("Wer das Scheiden hat erfunden"), dazwischen zweideutige Couplets, und das alles nur 10 Pfennig!

Die große Mehrzahl der "Fliegenden" ist hochdeutsch, kommt der Verleger dadurch doch dem Bedürfnis des Volkes entgegen, das sich in seinen Liedern soviel wie möglich vom Alltag entfernen will und darum auch nach dem Sonntagskleid der Sprache, d. i. das Hochssdeutsche, greift. Wo allerdings der Dichtersänger "gemütlich" wird,
wo er Lokalspäße vorsetzt oder komische Situationen beschreibt, benutzt er die derbdeftige Mundart ("Doris Schwiemler mit de Aal" - "Jette wör en stramme Deern" - "Dat Iahrmarktfest kümmt nu heran"). In einem vielgesungenen Lied von einem schönen Bauernmädchen spricht der verliebte Edelmann geziert hochdeutsch, während die Deern ihn auf gut Platt auf den Schwung bringt.

Das Schleswig-Holsteinische Volksliedarchiv besitzt eine wertvolle Sammlung solcher "Fliegenden", ich zitiere einige Titel:

FÜNF SCHÖNE NEUE LIEDER.

Das Erste:
ICH STAND AUF HOHEM BERGE.

Das Zweite:
WIR SIND DIE KÖNIGE DER WELT
.
Das Dritte:

EIN STUMMES WEIB, IHR KÖNNT MIRS GLAUBEN.

Das Vierte:
DU MÄDCHEN VOM LANGE; WIE BIST DU SO SCHÖN.

Das Fünfte:
IM MOHRENLANDE GEFANGEN WAR.

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Erst Gestern gedruckt.
" NEUN ARIEN AUS DER OPER: DAS DONAUWEIBCHEN."
- "FÜNF SCHÖNE GALANTE LUSTIGE WELTL. LIEDER."
"LIEDER FÜR PREUSZEN UND RUSSEN."
- " NEUN ARIEN AUS DEM ZINNGIESZER."

Vierhundert solcher neuesten Lieder erschienen gesammelt als "Neues gesellschaftliches Liederbuch", u. a. die bekanntesten Volkslieder der älteren Zeit enthaltend: Marlbrug zieht fort zum Kriege - Es war einmal ein Gärtner (Miller 1775) - Kommt, ihr Jungfern, helft mir klagen - Beschattet von der Pappelweide (Voß 1780) - Arm und klein ist meine Hütte (Wagenseil 1778).

Neben den Liedern wurden durch Fliegende Blätter dann auch die sogenannten Moritaten verbreitet: Erzählungen von schauerlichen
 

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Begebenheiten, wie Raubmord. Kindesentführung, Strandung und dergleichen.


"ZWÖLFFACHER SCHRECKLICHER RAUBMORD, welcher sich am 22. März 1836 in der Stadt Czenstochow in Polen zugetragen hat." - DIE SONDERBARE ERBSCHAFT, oder Röschen Brand, eines armen Tagelöhnermädchen." - "DIE SCHÖNE AUGUSTE als Husarenoberst, oder: schändlicher Betrug durch eine Wette. Eine wahre Geschichte aus der französischen Zeit. Nebst einem dazu abgefaßten schönen Liede." - "DIE BEIDEN LIEBENDEN, Hermann von Falkenstein, ein armer Edelmann, und Emma, eines reichen Grafen Tochter".

Besonders beliebt und schnell vergriffen waren naturgemäß jene Liederzählungen, die blutige Geschehnisse der engeren Heimat berichteten. Diese Moritaten befriedigen Gemüt und Wissen, bringen neben schlechter Poesie die ausführlichsten Nachrichten und ersetzen die damals nicht so allgemein verbreiteten Zeitungen. Die Tat selbst war allen bekannt, aber man wüßte zu gern Näheres, das Wie und Warum und wie es dem Übeltäter ergangen. Diesem Bedürfnis kommt das Blatt entgegen:
 

 

DES BERÜCHTIGTEN WILDSCHÜTZEN
EIDIG
LEBEN UND TATEN,
IM HANNÖVERSCHEN UND IM HERZOGTUM LAUENBURG,
SO WIE
DESSEN ERMORDUNG
DURCH DIE UNCIVILISIERTEN INDIANER IM WESTLICHEN AMERIKA.
1838.

Dieser Druck, erschien fast immer ohne Angabe des Druckortes, umfaßt 8 Seiten, wovon drei für ein dreizehnstrophiges Lied abgehen. "Der Wildschütze Eidig, geboren zu Steinbeck im Hannöverschen im Jahre 1804, ist wegen seiner großen Gewandtheit und List, vermittels welcher er Jahre lang seine Verfolger täuschte und ihren Nachforschungen entging, leider nur zu bekannt geworden." Eidig war leidenschaftlicher Jäger, man setzte ihn wegen Wilddiebstahls in Lüneburg gefangen, er entkam jedoch und trieb sein Unwesen in der Gegend von Winsen und Harburg, mußte dann eine achtzehnmonatige Karrenstrafe verbüßen. "Seit dem Jahrs 1831 trieb er zu beiden Seiten der Elbe sein Unwesen, hauptsächlich aber im Herzogtum Lauenburg. Er war seit der Zeit ohne festen Wohnort und verbrachte sein Leben fast allein in den Wäldern, die er nicht anders verließ, als um das erlegte Wild an seine Helfershelfer zum Verkauf abzuliefern und sich mit Lebensunterhalt zu versorgen." Dann erzählt der Druck, wie der kühne Eidig sich einem Förster zu erkennen gibt: "Leben Sie wohl! Sie suchen den Wilddieb Eidig, ich bin es, haben Sie Mut, so arretieren Sie mich!" Der Förster ward indes blaß vor Schrecken, und noch ehe er sich davon erholt, war Eidig im Holze verschwunden." . . . . "Im Jahre 1834 ward er

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gleichsam von dem gegen ihn ausgesandten Militair Parforce gehetzt. Wohl einsehend, daß es unmöglich sei, sich ferner auf die Länge der Zeit verborgen zu halten, entfloh er nach Bremerlee und ging mit einem segelfertigen Schiffe nach New-York in Nord-Amerika." Hier siedelte er in der Wildnis von Connecticut. "Das Schicksal aber hatte beschlossen, ihn hier für seine früheren Vergehen auf furchtbare Art zu bestrafen." Eidigs Haus wird von Indianern überfallen und in Brand gesteckt. "Eidig ward von den mit Keulen bewaffneten Indianern mit wildem Freudengeschrei empfangen und mit einer Keule tot zu Boden gestreckt." Selbstverständlich folgt diesem ausführlichen Bericht (den ich sehr gekürzt wiedergebe) eine moralische Nutzanwendung: "Auf diese schreckliche Weise endigte dieser Mensch, der so lange in seinem Vaterlande den  Landesgesetzen und der Obrigkeit getrotzt und Hohn gesprochen hatte."

Das Lied bringt diese Zeitung nun in Reime, es war außerordentlich beliebt und verbreitet, wovon u. a. eine von Gustav Friedrich Meyer ausgezeichnete Sage Beweis ist (Lo'nbörger Dönken S. 17). "Dar ward noch veel Dönken von em verteilt, op Piepenköpp un Tassen kann 'n sin Bild noch tau seihn kriegen, un op'n Jahrmarkt hebt bei Nudelkastenlür noch lang von em sungen." Das ergreifende Lied aber hebt an:
 

Der Wildschütz Eidig war ein Mann
von seltnen Geistesgaben,
doch wandte er sie immer an
der Menschheit nur zum Schaden.
Zu Steinbeck im Hannoverland
ward einstens er geboren.
Sein Nam' lebt an der Elbe Strand
noch in viel tausend Ohren.

Schon frühe zeigt er viel Begier
Zum Schießen und zum Jagen.
Er schwärmte in dem Forstrevier
umher in ganzen Tagen.
Nahm in dem Dohnweg Vögel aus,
verübte manchen Schaden
und kehrte abends dann zu Haus
mit Beute reich beladen.

Nach mehrern Jahren glückt es dann
zur Haft ihn einzubringen
in Bleckede. Doch er entrann
auch hier, trotz eisern Schlingen.
Ein Steckbrief ward ihm nachgesandt,
den achtet er geringe
und trieb im Lauenburger Land
nur bunter drum die Dinge.

Zuletzt ward er PAR FORCE gehetzt
von Jägern und Soldaten,
und so wußt' er zu allerletzt
nicht anders sich zu raten
als hin nach Bremerlee zu fliehn,
sich auf ein Schiff verdingen
und nach Amerika zu ziehn:
dies sollt' ihm auch gelingen.

Er kam mit ein'gen Leuten an
und lichtete die Wälder.
Baut' sich ein Haus, bestellte dann
mit Korn die eignen Felder.
Doch plötzlich einst in schwarzer Nacht
ward von den wilden Horden
sein Haus mit Flammen angefacht;
man kam, um ihn zu morden.

Den Eidig trifft der Keule Schlag,
er sinket hin mit Beben.
Nicht ferner sieht er mehr den Tag,
aus ist sein ruchlos Leben. -
O Menschen, wandelt jederzeit
den Weg der reinsten Tugend.
Folgt dem Gesetz der Obrigkeit
und lehrt dies eurer Jugend.


 


 


 

 

 

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