Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


August Catenhusen
und sein Lauenburgisches Choralbuch.

Von ELISABETH CATENHUSEN.
 

In dem Choralbuch, das soeben zusammen mit dem neuen Gesangbuch in einem Teil Norddeutschlands eingeführt wird, findet sich eine spezifisch lauenburgische Melodie. Es ist die Melodie zu dem Weihnachtsgesang Paul Gerhardts "Wir singen dir Immanuel" von August Catenhusen. Diese wahrhaft jubelnde Weihnachtsmelodie wird schon seit vielen Jahren wohl in allen Kirchen Lauenburgs mit Freuden gesungen; aber sie ist bis dahin wohl kaum über die Grenzen unseres Ländchens gedrungen. Jetzt wird das anders werden, und daher ist es wohl an der Zeit etwas über sie und ihren Komponisten zu sagen. August Catenhusen war der dritte Sohn des bekannten lauenburgischen
Superintendenten Catenhusen. Er ist am 13. Februar 1823 zu Lauenburg a. E. geboren, wo sein Vater zu der Zeit Diakonus war. Schon als Kind trat bei ihm eine starke musikalische Begabung hervor, und schon in früher Jugendzeit wandte er seine ganze Liebe der kirchlichen Musik zu. Wenn er Gelegenheit fand, Orgel zu spielen, so war er glücklich, und bald meisterte er, ohne besondere Anweisung, die Register und Pedale dieses Instruments, so daß alle, die ihm zuhörten, sich verwunderten. Als er 11 Jahre alt war, wurde sein Vater als Superintendent nach Ratzeburg berufen, und August konnte nun dort zusammen mit seinen Brüdern das Gymnasium besuchen, das sich damals noch auf dem Domhof befand. Als er mit der Schule fertig war, durfte er sich ganz seiner geliebten Musik widmen. Er ging auf das Konservatorium zu Kassel, das damals von dem noch heute rühmlich bekannten Musiker und Komponisten Ludwig Spohr geleitet wurde, der sich lebhaft für August und sein Studium interessierte und sich selbst seiner annahm. Als er seine Studien beendet hatte, galt sein erstes Werk seiner engeren Heimat. Im Jahre 1841 war für Lauenburg eine neue, vielfach geänderte Auflage des Gesangbuchs herausgegeben; für dieses Gesangbuch arbeitete er ein Choralbuch aus, das im Jahre 1852 unter dem Titel: "Lauenburgisches, Vierstimmiges Choralbuch von
A. Catenhusen" erschien. Es ist eine feine, sorgfältige und auch originelle Arbeit, die ihrem Verfasser alle Ehre macht. Leider sind die Choräle, wie in fast allen älteren Choralbüchern, reichlich hoch gesetzt, so daß sie nicht ganz bequem zu singen sind. Vielleicht kommt das, weil die alten Klaviere tiefer standen als die jetzigen. Vielleicht aber war auch die Lage der menschlichen Stimme früher eine durchweg höhere als heute; wenigstens hat in alten Zeiten nie jemand über eine zu hohe Lage der Choräle geklagt. - Man darf dies Choralbuch originell nennen, weil in demselben Melodien sind, die man sonst nirgends findet; manche davon sind wieder spezifisch lauenburgische Melodien. Da ist vor allem der Organist Schmügel, von dem nicht weniger als 29 Weisen in Catenhusens Choralbuch aufgenommen sind. Diese Melodien sind nicht alle
gleichwertig, wie auch nicht die Gesänge, zu denen sie gemacht sind; aber manche unter ihnen sind doch wertvolles Gut und wohl wert, der Nachwelt erhalten zu werden; wie denn überhaupt Joh. Chr. Schmügel, der lange Jahre an der

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St. Nikolaikirche in Mölln als Organist wirkte und im Jahre 1798 in Mölln starb, eine Persönlichkeit ist, die in Lauenburg eigentlich nicht vergessen werden dürfte.

Auch von August Catenhusen selbst finden sich außer der bekannten Weihnachtsmelodie noch verschiedene andere Weisen in seinem Choralbuch, von denen allerdings das erwähnte Weihnachtslied unstreitig am sangbarsten und volkstümlichsten ist. Mindestens gleichwertig diesem Lied an die Seite zu stellen ist aber die tief ergreifende Tonweise zu "O Welt, sieh hier dein Leben". Auch eine Melodie von ihm zu "Fröhlich soll mein Herze springen" ist sangbar und sehr ansprechend. Bei allen Chorälen, die er in sein Buch aufgenommen hat, ist er bestrebt gewesen, die schönsten und wertvollsten Tonsätze zu finden, so daß jedem, der ein Ohr dafür hat, ein reiner und reicher Genuß geboten wird.

So hat denn Catenhusens Choralbuch lange Jahre den Kirchen und Häusern Lauenburgs dienen dürfen, bis auch da Neues kam und das Alte in den Hintergrund drängte.

Leider fand August Catenhusen für die Dauer in Deutschland kein befriedigendes Feld für seine Tätigkeit. Er wandte sich deshalb nach England, wo bekanntlich deutsche Musiker zu allen Zeiten sehr geschätzt waren und es auch noch heute sind. Zunächst war er in Liverpool tätig als Organist und Leiter eines Konservatoriums, später wurde er zu einer gleichen Stellung nach London berufen. In sein deutsches Vaterland ist er nie wieder zurückgekehrt; aber er ist auch in der Fremde Deutscher geblieben, und auch seine Frau war eine Deutsche. Er starb in London hochbetagt im Juni 1907.
 

 


 


 

 

 

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