Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


Feldunkräuter.

Von LUDWIG FRAHM, Poppenbüttel.
 

Der Landwirt hat viele Feinde in Gestalt von Mitessern an seinem Tisch, nicht nur im Tierreich, sondern auch aus dem Pflanzenreich, und mancher hat einen lebenslänglichen Kampf mit ihnen geführt. Daß dieser Kampf ein ernsthafter war, sehen wir daran, daß er ihnen allen einen plattdeutschen Namen gegeben hat, den jeder kennt. An diesen wollen wir die schädlichsten und beharrlichsten an uns vorüber ziehen lassen.

1. FAHLENFÖT, Huflattich, Tussilago Farfara. Er gehört zu den ersten Frühlingsblütlern. Aberall, wo Lehm und Mergel zutage treten, auch an Straßenböschungen und Eisenbahndämmen leuchten ihre Goldquäste in der Mittagssonne, und schon in den Aprilstürmen werden ihre mit einer Federkrone versehenen Sämchen weit fortgetrieben und haften am geschützten Fleck oder klebrigen Boden. Erst später machen sich ihre Blätter, welche die Größe und Form eines Füllenhuftrittes besitzen, breit und machen dem Hafer den Platz streitig. Die Wurzeln sind so tief ins Erdreich eingedrungen, daß Spaten und Winterfrost ihnen schwer beizukommen vermögen.

2. BRENNETTEL, Gemeine Nessel, Urtica dioica. Wenn sie sich aus ihrer Heimat, Wald, Gebüsch, Zaun und Sumpf, in die Ränder der Äcker einschleichen kann, tut sie es gern, und ihr weitausgedehntes Wurzelnetz widersteht jahrelang der Ausrottung und läßt kein anderes Gewächs neben sich aufkommen.

3. DIESSEL, STECKEL, Distel, Carduus. Die vielen Distelarten gehören zu den gefürchtetsten und darum am meisten bekämpften Unkräutern. Man stach die jungen Pflanzen auf den noch jungen Roggen- und Weizenfeldern mit kleinen, spatenähnlichen Stecheisen an langen Stäben aus. Auf Weiden und selbst an den Wegen wurden die
Stauden vor der Verstäubung des Samens abgemäht und verbrannt, und selbst Reiter, die mit der Peitsche geschickt umzugehen wußten, durchritten die Saatfelder und knipsten die Distelköpfe ab.
 
4. RAAH, Rade, Kornrade, Agrostemma githago.

5. RIEH, Kletterwicke, Vicia.

6. DRESZ, Trespe, secalinus. [sic!]

7. DOOFKLAB, Klappertopf, Rhinanthus major.

Diese vier Unkräuter machten früher dem Landmann den Ertrag der Felder geringer. Davon zeugen die noch immer sich lebendig erhaltenen Volksreime über dieses Viergespann:

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Raah un Rieh
Helpt den Buern up't nie;
(veranlassen ihn neue Saat zu nehmen)
Dreß un Doofklab'n
Lat den Buern in de Not stahn.

Von den derzeitigen Pastoren, die ihren Lohn teils in Naturalien erhielten, wird berichtet, daß sie von ihren Kanzeln verkündeten:

Klab, Dreß, Raad und Vogelwicken
Dürft ihr nicht dem Pastor schicken;
Ich predige euch das Evangelium rein,
Drum soll auch rein mein Brotkorn sein.

Denn die Kornrade machte das Mehl bitter, die Wicke zerrte durch ihre Wickelranke den Halm nieder, daher auch wohl RIETAHR genannt, die Trespe verursachte sogar eine Taumelkrankheit, sie hieß auch Leehaddel, und der Klappertopf sog den Boden aus und vermehrte sich ungemein.

8. TRÄMS, blaue Kornblume, Centaure cynus. Trotz ihrer schönen Farbe gehörte auch sie zu den bestgehaßten Unkräutern, weil sie sich rasend vermehrte.

9. MAAN, Ackermohn, Papaver rhoeas. Seine Kugslkapseln vermögen eine hundertfältige Vermehrung hervorzubringen, und der zeitweilig rote Mantel der Dreschfutterschläge gewährt einen trüben Anblick.

10. KÜK. KÖK, KÜDDIK, Hederich, Rhaphanus.

11. SEMP, Ackersenf, Sinapis arvensis.

Diese beiden dem Kohl verwandten Kreuzblütler sind noch immer der Schrecken mancher Gegenden; denn ihr gutverkapselter, ölhaltiger Samen erhält sich auf viele Jahre keimfähig, und das Heer dieser Unkräuter vermag ganze Haferschläge zu vernichten.

12. STEWELKNECHT, Zweizahn, Bidens.

13. SMATTKARR, scharfer Knöterich, Polygonum.

14. KLIEVEN, Klette, Lappa.

Auch diese drei sind fast unvertilgbar, da sie allherbstlich auf den Rübenfeldern und Kartoffeläckern anzutreffen sind, trotzdem diese doch mehrfach gehackt waren.

15. DUWOCK, Schachtelhalm, Equisetum. Auf manchen Äckern, besonders auf feuchtem Boden ist er ein lästiges und für das Vieh gefährliches Unkraut, das kaum zu vertilgen ist, weil der Wurzelstock tief im Boden sitzt.

16. GEELGÖLKEN, gelbe Wucherblume, Chrysanthemum segetum. Sie leistet dem Vertilger einen hartnäckigen Widerstand. Sie muß wohl das größte Übel auf diesem Gebiet gewesen sein; denn in manchem Dorf unsers Heimatlandes waren Preise von einem Sechsling, später Schilling auf ihren Kopf gesetzt. Die Knechte und Mägde
zogen an einem bestimmten Sonntagnachmittag hinaus aufs Feld und fahndeten auf jede Blume, die der Besitzer der Koppel dann mit der ortsüblichen Buße bezahlen mußte. Das Geld wurde bald darnach zur Abhaltung eines Dorffestes, der sogenannten "Wokerköst", verwendet, Musik, Freibier u. a.
 

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Selbst die Sage hat sich dieser Pflanze bemächtigt: Einem Prediger im Schleswigschen (Angeln) wurde von seiner ungetreuen Haushälterin unaufhörlich Korn vom Boden entwendet. Um den oder die Hehler zu ermitteln, ließ er sich heimlich (aus Riga) einen Sack voll Wucherblumensamen kommen und mengte ihn unter das reine Getreide. Die arglosen Hehler streuten ihn aufs Land, und der nächste Sommer brandmarkte sie. Dadurch bürgerte sich dieses Unkraut in unserm Lande ein. Zum Unterschiede von den weißstrahligen nannte man diese auch wohl die "GEELEN PREESTERKRAGEN".

Solange der Bauer sein Saatkorn, an der Hausecke stehend, vom Winde durchwehen und die Spreu verstreuen ließ, solange er das gedroschene Korn auf der großen Diele mit der Handschaufel, "Wörpen" genannt, auswarf, war an reines Saatgut nicht zu denken, selbst nicht auf den ersten vierflügeligen "Staubmühlen". Das war erst den neuzeitlichen Reinigungsmaschinen Vorbehalten.

 


 


 

 

 

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