Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


[Miszelle]

Aus alter und neuer Zeit

 

Ein Vaterunser aus der Franzosenzeit, aufgezeichnet vom Zimmermann Heinrich Burmeister in Mustin 1813, hat folgenden Wortlaut:

Der Soldat tritt in's Haus hinein
und spricht zum Wirt aus falschem Schein:  VATER,
Alles, was vormals war dein,
das soll und muß jetzt alles sein  UNSER.
Der Bürger denkt bei sich recht:
O du verdammter Schinderknecht,  DER DU BIST.
Wir armen Bürger leiden Noth
und klagen 's unserm lieben Gott  IM HIMMEL.
Und zweifeln, daß ein Feind,
die unter diesen Kriegern sein,  GEHEILIGT WERDE.
Es ist kein Volk auf dieser Erde,
Wodurch wohl mehr gelästert werde  DEIN NAME.
Sie rauben uns die Ruh und Rast
und machen, daß sehr große Last  ZU UNS KOMME.
Drum Herr, wo du's nicht selbst wirst hindern,
so werden sie auch endlich plündern  DEIN REICH.
Ach, würden sie doch tot geschlagen,
so wollten wir mit Freuden sagen:  DEIN WILLE GESCHEHE.
Wenn wir loß wären diesen Feind,
so wollten wir ja freudig sein  WIE IM HIMMEL.
Wer weiß, wohin dies Volk gehört,
im Himmel wird es nicht geehrt  ALSO AUCH AUF ERDEN.
Sie rauben unser Gut und Hab
und stehlen unserm Munde ab  UNSER TÄGLICH BROD.
Sie sagen: Bürgerschaft sei frei,
Fressen und Saufen gleich herbei,  GIEB UNS HEUTE.
Drum Herr, wenn wir in diesem Jahr
dir bringen keine Gaben dar,  VERGIEB UNS,
Dieweil wir schon bei dieser Qual
bezahlen müssen ohne Zahl  UNSERE SCHULD.
Gar listig wissen sie zu machen,
Wenn sie bei unsern Weibern schlafen  WIE WIR.
Und dazu müssen wir mit Schmerzen
noch schweigen und mit traurigen Hertzen  VERGEBEN.
Wie kann uns ein solch Volk gefallen,
der Teufel hole sie mit allen  UNSERN SCHULDIGERN.
Wenn man kein Pferd haben kann,
sprechen sie: Canjons (Kujon), spann Ochsen an  UND FÜHRE UNS.
Was nachts sie rechnen uns zur Beute,
drum schonen sie uns armen Leute  NICHT.
Weiber und Töchter, die unser sein,
die führen sie fast täglich ein  IN VERSUCHUNG.
Dieweil sie nun solch Übel treiben,
so laß sie nicht mehr bei uns bleiben,  SONDERN ERLÖSE UNS.
Vielmehr gieb, daß wir armen Leut
bald mögen werden ganz befreit  VON DEM ÜBEL.
O England, schlag mit Mut drauf loß,
sie machen uns sonst arm und bloß - DENN DEIN IST DAS REICH.
Wir wollen gern behülflich sein
und schlagen wie der Donner drein,
wenn wir nur hätten -
ich weiß, was uns fehlt -  DIE KRAFT.
Dann sollte unser Muth recht toben,
und alle würden England loben,  DIE HERRLICHKEIT.
Wenn sie denn einst werden weggetrieben,
so möcht sie doch der Satan lieben  IN EWIGKEIT.
O Herr, verleih uns Fried und Ruh
und schick dies Volk dem Satan zu!  AMEN.

S. S.
 


 

1930/3 - 111
 

 


 


 

 

 

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