Hier ruht eine Vielzahl von Aktenstücken, die ausschließlich
lauenburgische Angelegenheiten aus der Zeit von etwa 1540-1720
betreffen. Außerdem finden sich zahlreiche Handschreiben von
Mitgliedern des lauenburgischen Fürstenhauses in anderen Akten
zerstreut. DIE 1540 VOLLZOGENE VERMÄHLUNG HERZOG
FRANZ I. MIT SIBYLLE, DER SCHWESTER DES KURFÜRSTEN
AUGUST VON SACHSEN, HATTE EINE DAUERNDE VERBINDUNG ZWISCHEN DEN
HÖFEN VON LAUENBURG UND DRESDEN BEGRÜNDET. An Urschriften oder
Entwürfen zu Schreiben von Dresden nach Lauenburg sind ohne
weiteres nur sehr wenige zugänglich. Immerhin werden bei
Durchsicht der vielen dicken Kopialbücher auch davon manche
auftauchen.
Unter der Überschrift: "Lauenburgische Sachen" führt der
30 Blatt umfassende Teil eines Registerbandes des
Hailptstaatsarchivs zu Dresden (Abt. III, Bd.
69) folgende 28 Aktengruppen auf, neben
deren Bezeichnung die Zahl der jeder Gruppe zugehörigen Stücke
bemerkt ist: "Generalia (8), Absterben (2),
Bestrickungen (3), Defensionssachen (2),
Educationes (2), Erbfälle und Theilungen (26),
Erbverbrüderung (3), Expectanzen (2),
Geburthen (2), Genealogien (2),
Grentz-Sachen (1), Handschreiben (8),
Hoff- und Haushaltungssachen (2), Irrungen (18),
Justiz-Sachen (1), Kriegs-Sachen (12),
Lebensbeschreibungen (1), Lehns-Sachen (7),
Malefizsachen (1), Oerter (-) Reichstagssachen (2),
Reisen (2), Schulden (8), Testamente
(2), Titulaturen (1), Vermählungen (12),
WappenSachen (1), Zoll-Sachen (1)."
Das sind im ganzen 132 Nummern, wobei bereits
manche Doppel-Anführungen - so alle bei "Oerter" - fortgelassen
sind. Immer noch sind wohl manche Akten doppelt gezählt, dafür
finden sich aber noch viele Verweisungen auf andere
Register-Abschnitte. Weitere 13 Lauenburg
betreffende Aktenstücke sind unter XXVIII bezw.
unter "L" in den Sonderregistern
verzeichnet, die für das Stift Merseburg und für
Sachsen-Weißenfels angelegt wurden. In einem andern
Sonderregister "Handschreiben" (Abt. III, Bd.
51c) sind 18 Mitglieder des Lauenburger
Fürstenhauses mit mehr als 100 Schreiben
vertreten, darunter Franz I. mit 12,
Sibylle mit 14, ihr Sohn Franz II.
mit 10 Schreiben. Sicherlich sind endlich
einschlägige Urkunden in den vielen dicken Akten vorhanden, die
ohne Register sind; in den 9 starken Aktenbänden
über Religionssachen des 16. Jahrhunderts habe ich
selbst einige solche festgestellt. Eine Abschrift aller dieser
Register-Abschnitte hat jetzt das Landes-Archiv in Ratzeburg
erhalten.1930/4 - 150
1930/4 - 151
Bei dieser Stoffülle ist es erstaunlich und
bedauerlich» daß P. v. KOBBE bei Abfassung seiner wertvollen Geschichte des
Herzogtums Lauenburg die Schätze des Dresdner Archivs überhaupt nicht benutzt
hat. Auf S. VI seiner Vorrede zum 3. Teile (1837)
berichtet er, dank Königlicher Unterstützung hätte er seinem Werke mehrere Jahre
widmen können. Dabei seien ihm außer einer Krohnschen Handschrift die 143
Aktenstücke des ehemaligen fürstlichen Hausarchivs wichtig gewesen, die
besonders die Streitigkeiten zwischen Franz I. und seinen Söhnen
beträten. SONST HABE ER SEIN WERK MÜHSAM MIT HILFE SEHR ZERSTREUTER NACHRICHTEN
SCHAFFEN MÜSSEN. Er führt auch m. W. Dresdner Akten nirgends an. Tatsächlich
werden diese freilich auch kaum Wesentliches bringen, was v. Kobbe nicht schon
aus anderen Quellen schöpfen konnte. Doch werden die Dresdner Akten manches
vervollständigen oder verdeutlichen können. Ob die lauenburgische
Geschichtsforschung neuerer Zeit das Dresdner Archiv bereits benutzt hat,
übersehe ich nicht. In ausreichendem Maße ist es gewiß noch nicht geschehen.
Im ANHANG gebe ich einige Auszüge aus den Dresdner Akten *),
wennschon sie nur unter einem besonderen Gesichtspunkte und keineswegs deshalb
gemacht wurden, weil sie etwas völlig Unbekanntes bringen. Eine Urkunde von
kirchengeschichtlicher Bedeutung hoffe ich demnächst im Rahmen einer Arbeit über
die Reformationszeit in Lauenburg mitteilen zu können.
Im übrigen sei nur erwähnt, daß sich nach den Registern mehrere Akten mit den
Ansprüchen der Lauenburger Herzöge auf die Kurwürde, auf die Führung des
Erzmarschall-Wappens u. dergl. befassen; noch mehr mit der Erbfolge in Lauenburg
nach dem 30. September 1689. Weiter spielen die
abstoßenden Streitigkeiten zwischen Franz I. und seinen Söhnen
sowie unter diesen selbst eine Rolle, aber auch die ehelichen Zerwürfnisse
zwischen der Herzogin Sibylle und Franz I., sowie die Abmachungen
über ihr Wittum und ihre späteren Beschwerden über dessen Beeinträchtigung.
Aktenaufschriften lauten z. B.: "Mißverständnisse zwischen Herzog Frantz und
seiner Gemahlin Sibylle 1549". - "Sibylle schreibt an ihren Bruder
August 1561, ihr Gemahl hure herum bei einer Frau und deren
Tochter, bei 3 oder 4 Schwestern, die gegenseitig
davon wissen; Kinder seien da pp., sie trennt sich von ihm ..." - "Differenzen
zwischen Herzog Frantz und seinem Vater 1574 ... gegen die
Concubine des letzteren." - Mehrere Schriftstücke betreffen Franz Albrecht von
Lauenburg. Eine Aufschrift besagt: "Ottavio Piccolomini heiratet einige Jahre
vor seinem (10. 8. 1656) erfolgten
Tode Marie Benigna Franziska von Sachsen-Lauenburg."
Die Handschreiben betreffen großenteils Familienereignisse. Auch im übrigen sind
die Briefe, wenigstens die aus den Jahren 1560-1590
an Tatsächlichem wenig ergiebig; großenteils sind sie von zeitgemäßen frommen
Betrachtungen und Wünschen erfüllt sowie von allgemeinen Klagen über
Familienzwist und Geldnot.
Copial 280, Bl. 22. Frantz II.
wird 1559 in Dresden bei dem Kurfürsten August erzogen.
Loc. 8528. Allerlei Fürstenbriefe an die
Kurfürstin, Bl. 116, Pfingsten 1562.
SIBYLLE:
2) "Ich schicke Röcke usw. für meine Töchter. Ich war geneigt
goldene Röcke zu schicken. Mein Herr und Gemahl kann sie aber nicht besser geben
zur Itztzeit."
3) Bl. 267, 25. 8.
1563. (Zwo Töchter des Herzogs Franz hat die Kurfürstin bei sich.)
"Wir tun uns hoglichen und fleissigen bedancken. Die Geldeshilfe, die wir von
unserm Gemahl bekommen, erstreckt sich kaum soweit, daß wir schaffen können für
unsere Kleidung. Weil es uns an unserm Vermögen mangelt ... Wenn Ihr unsere
Töchter nicht weiter besorgen könnt, wollen wir Euch nicht beschweren."
_______________
*) Bei der Weitläufigkeit der meisten Schriftstücke sind vielfach nur
Satz-Bruchstücke wiedergegeben.
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Loc. 8534. Allerlei Fürstinnen Briefe an die
Kurfürstin, Bl. 91, 9. 12. 1571.
SIBYLLE:
4) "Der Tag zu Lüneburg ist nicht gut verlaufen ... mit unsern
Söhnen ... Wir haben zu niemand mehr Vertrauen als zu Gott und E. L."
5) Bl. 192. Donnerstag nach Laetare 1575.
"Unser lieber Herr und Gemahl hat gebeten ... Unser ungehorsamer und ganz
widerwärtiger Sohn Frantz II ... Durch Verwüstung der Holzungen,
welches doch das Herz dieses geringen Landleins ist... Damit diesem Jammer mag
abgeholfen werden..."
Loc. 8510. Lauenburgk. Herzog Frantz des Älteren u.
andere Briefe an Kurfürst August, Bl. 34, Freitag nach Martini
1577.
SIBYLLE: "Den Zustand dieses Fürstentums E. L. zu vermelden, können wir sehr
betrübten Gemütes unverhalten sein lassen, daß bis auf diese Stunde keine
Besserung in irgend einer Wesing [sic!] vorgefallen
... Was für ein Kreuz unserm Herrn Gemahl und uns als den Eltern dasselbige sei,
geben wir E. L. selbst zu bedenken neben dem, was für eine hoch und mächtige
Beschwerung dies arme Fürstentum täglich hierüber erlanget und der Unschuldige
unserer Erben, der in diesem wenig verwirket, als sonderlich unser lieber und
gehorsamer Sohn Herzog Moritz ... Was für Verlockungen die Benachbarten, die
täglich ihren hohen Gewinn mit Abbrechung unserer armen Unterthanen haben, das
können wir also E. L. hier nicht zuschreiben. In summa, wo nicht die Gnade
Gottes und anderer christlicher Menschen, die hierüber Mitleiden haben, noch
Hülfe .. ausrichtet, wird der endliche Untergang dieses Stammes und Namens
erfolgen, welches dann von männiglichen hoch zu beklagen ... Der Erzbischof von
Bremen, unser freundlicher geliebter Sohn ... Wir sind froh, daß unter unsern
Kindern noch jemand ist, der uns tröstet..."
Akten Lauenburgk pp., Bl. 90. MORITZ an Kurfürst
August, 10. 4. 1578 (Moritz erkundigt
sich, was an den Gerüchten über bevorstehenden Krieg sei):
"Wir wollen mit Gut und Blut dem Reiche dienen und uns auch gut verhalten ...
Durch die langwierigen Uneinigkeiten unseres Herrn Vaters und Bruders Herzog
Frantzen ist dies arme Fürstentum hoch und merklich beschweret. Die äußerste Not
zwingt uns, auf Gelegenheit zu achten um Schaden abzuwehren. Wir wollen noch ein
wenig zusehen, daß ... Einigkeit möchte geraten. Wo aber nicht, und noch eine
Zeit lang die Verwüstungen und Verderbungen des Landes sollten erfolgen, können
wir keinen Umgang haben, unserer hohen Notdurft andere Wege zu suchen."
Loc. 8510. Allerlei an Kurfürst August abgelassene
Schreiben. FRANZ II. eigenhändig an Kurfürstin Anna, 1.
8. 1582. "Zu eigenen Händen."
"Aus tiefster Not bin ich gedrungen, mit diesem Schreiben Ew. Kurf. Gnaden sohn
- und freundlichen zu ersuchen, Ew. Kurf. Gn. um freundliche mütterliche
Beförderung zu bitten. Auf Ew. Kurf. Gn. hertzliebsten Herrn Gemahls
wohlmeinigliches Bedenken habe ich mich mit großen Umständen anher begeben, aber
bis zur gegebenen Stunde leider nichts ausgerichtet. Derhalben meine sehnliche
Bitte, Ew. Kurf. Gnaden wollen eine freundliche Fürbitte bei ihrem Herrn Gemahl
für mich tun, damit Seine Kurf. Gn. sich über mich armen Gesellen gnädiglichen
erbarmen und abhelfen möchten, daß ich mit gutem Bescheid, soviel mein Land und
Leute betrifft, möchte von hinnen ziehen ... Denn ohne dieselbige bewußte
Heuradt, darauf alles mein Gedeih und Verderb beruhen thut, ist nichts glücklich
fortzusetzen ... Also bitte, Do es auch Ew. Kurf. Gn.
und derselben hertzliebsten Herrn und Gemahl nicht bedencklichen, mich mit einem
kleinen Brieflein, welches viel wirken kann, an Herzog Julius von Braunschweig
und seiner Liebden Gemahl mit Gnaden zu versehen, so will ich Ew. Kurf. Gn. und
derselben hertzliebsten Herrn Gemahl und alle die Ihren durch die Tage meines
Lebendes nach allem meinem Vermögen zu verdienen und zu bescholten, in kein
Vergessen stellen ... und bitte hierauf von Ew. Kurf. Gn. eine tröstliche
Antwort ... Augsburg den 1. Augusti, am Lage Petri Kettenfeier Ao.
1582 Ew. Kurf. Gn. gehorsamer Sohn Frantz der Jüngere Herzog zu
Sachsen."
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1930/4 - 153
Loc. 8420. Ebenda Bl. 18. FRANZ
II. an Kurfürst August:
"Auf unserem Rückzuge von Augsburg haben wir unseren Weg zu Herzog Julius über
Wolffenbüttel genommen wegen unserer Verheurathung mit seiner Tochter Maria und
am 9. Sept. öffentlich verlobt. Kommenden Martini soll die Heuradt
vollzogen werden ..."
Ebenda Bl. 22. SIBYLLE an Kurf. Anna, 2.
10. 1582.
Sie berichtet, daß "unser freundlich lieber Sohn, Herzog Franh der Jüngere" ihr
Amt und Schloß Lauenburg als Wittumsgut samt allen Zubehörungen überschrieben
habe. Sie habe nun große Kosten von ihrer eigenen Hofhaltung. Sie bittet,
daß ihr zu Schiff ein Fuder Wein gesandt werden möge.
Ebenda Bl. 119. FRANZ II. an Kurfürst
August, 12. 10. 1583:
"... Ihr habt das Kaiserliche Promotorial abgefertigt ... Unser Bote wird bisher
aufgehalten ... Wir sind zum Fürstentag nach Mühlhausen aufgefordert ... Wir
wollen das Schamhütlein, wie man sagt, abziehen, und bitten, Ihr wollet uns
mitteilen ... (den Inhalt des Kaiserl. Schreibens)."
Loc. 8510. SIBYLLE an Kurf. Anna, 1585:
"... Ich kann Euch aus betrübtem Hertzen Vorbringen, daß es über meinen Sohn
Frantz bitterlich beschweret ... Ihr wollet mich als getreue Schwester nicht
verlassen in meinem Alter. Gott weiß, daß ich auf dieser Welt niemand denn
meinen Herrn Bruder und Euch habe ... Denn mein Sohn Frantz hat sein Brief und
Siegel nicht gehalten, ... sich untersteht, die Beredungen anders zu deuten,
derenhalben mein Bruder weiß, was mir gebühret ..."
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