Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]
Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1932
Der lauenburgische Bauer als Gutsuntertan.
Von Pastor FISCHER-HÜBNER.
Ein altes geschriebenes Recht der bäuerlichen
Verhältnisse im Lauenburgischen gibt es nicht. Doch sicher ist,
daß der Bauer ein freier Mann war. Leibeigen war er nicht.
Jedoch war seine Freiheit beschränkt. Es war freilich fraglich,
"wie das Recht des lauenburgischen sog. Meiers an seiner Stelle
JURISTISCH aufzufassen sei" (v. Heintze). Entweder vertrat man
den Grundsatz der Landesherrlichen Resolution 1727,
"daß der GUTSHERR im Lauenburgischen auch absoluter,
ohnstreitiger Eigentümer der seinen Gutsleuten eingeräumten
Hufe" sei, andererseits, und das war wohl richtiger, galt als
herkömmlich, daß "die Bauern ein durch wesentliche Rechte der
Gutsherrschaft zwar BESCHRÄNKTES, aber immer doch von der
Willkür der Gutsherrschaft unabhängiges, übertragbares
EIGENTUMSRECHT an ihren Höfen besäßen". Wirklich frei wurde der
lauenburgische Bauer erst durch das Gesetz vom 21.
August 1872 betr. die Umwandlung des Meier-,
Erbzins- und Erbpachtverhältnisses in Eigentum und durch das
Gesetz vom 21. Februar 1881 betr.
das Höferecht, wodurch "alle etwa noch bestehenden
Verfügungsbeschränkungen der Eigentümer von Bauernhöfen" in
Fortfall kamen. Wie es um die Freiheit der gutsherrschaftlichen Bauern vor der Verkoppelung stand, beweist schlaglichtartig das Dienstreglement der Rondeshagener Hufner und Kötner von 1786, ein Musterbeispiel für die Rechtsverhältnisse der Bauern im Amte Ratzeburg. Hören wir, wie Herr Mackepang vor dem Rondeshagener Herrenhause den gegenwärtigen Bauern das "DIENST-REGLEMENT DER RONDESHAGENER UNTERTANEN" verlas: 1. Die vier Hufener zu Rondeshagen dienen jeder
wöchentlich drei Tage mit der Spann und leisten also im Jahr
156 Spanndienste und müssen dabei alle Tage im ganzen
Jahr entweder einen Knecht oder eine Magd, wie solches von der
Herrschaft verlanget wird, zu Hofe schicken. Sobald die Heuernte
angehet, müssen sie so lange, bis das gesamte Korn in die
Scheune gebracht worden, jeder alle Tage mit dem Gespann oder
selbst zweite mit der Hand zu Hofe dienen, als wofür ihnen doch
auch alle Woche nur drei Tage von dem Stocke 1)
abgeschnitten und also diese mehrere Dienste doch nur für drei
Spanntage gerechnet werden. Wenn auch die Nachmat länger im
Felde bleibt wie das Korn, so müssen die Hufener auch diese
außer den gewöhnlichen drei wöchentlichen Spanntagen einfahren
und wird ihnen dafür nichts gut getan. 2. Außer diesem gewöhnlichen Hofedienste muß
jeder Hufener einen Tag das Flachs weden 2), das
sämtlich eingewundene Flachs benebst den Köthnern bracken und
des Winters zehn Pfund Hede oder fünf Pfund Flachs spinnen, auch
wenn es verlanget wird, jeder einen Tag Lilien CONUALLIUM
[sic!] 3) pflücken. 3. Jeder Hufener bezahlet jährlich einen Taler
Grundheuer und liefert daneben sechs junge Hühner, ein Cruß
4) Erdbeeren, sechs Besens und drei Cuh-Claven,
5) wozu ihnen jedoch das nötige Holz gegeben wird.
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Das sämtliche Korn müssen die Untertanen bis auf sechs Meilen
verfahren und jeder jedesmal sechs Sack Lauenburger Maße sowohl Sommer- als
Winterkorn laden. Für eine Reise von 6 Meilen als etwa nach
Hamburg werden drei Tage, für eine Reise von 4 Meilen zwei Tage
und für eine Reise von 2 Meilen als nach Lübeck, Ratzeburg und
Mölln einen Tag gerechnet und vom Kerbestock abgeschnitten.
Die 14 KÖTHNER verrichten jeder wöchentlich zwei
Tage, jährlich also 104 Tage, die jedoch nach Gutbefinden der
Herrschaft gefordert und so wie sie geleistet sind, auf dem Kerbestock
angezeichnet werden.
Zu allen Diensten, welche füglich durch Frauensleute verrichtet
werden können, werden auch diese angenommen, zu Diensten aber. die durch
Mannespersonen geschehen müssen, werden solche nach der Reihe angesagt und
müssen diese sodann selbst kommen. 7. Außer dem vorgeschriebenen gewöhnlichen Hofedienst muß jeder Köthner alle Jahr einen Tag Flachs weden, auch alles eingewundene Flachs außer dem Hofedienst bracken, daneben ein jeder alle Winter zehn Pfund Hede oder fünf Pfund Flachs spinnen. Das Flachsschwingen verrichten die Köthnersfrauens oder -Mägde im Hofedienste, und zwar jede täglich vier Top. 7) 8.
Jeder Köthner bezahlet jährlich einen Reichsthaler Grundheuer und
liefert daneben vier junge Hühner, auch ein Cruß Erdbeeren. 9. Der Hofedienst sowohl der Hufener als der Köthner gehet von Michaelis bis Ostern des Morgens um 8 Uhr an und dauert des Abends bis zum Sonnenuntergang, von Ostern bis Michaelis aber geht er des Morgens um 7 Uhr an und dauert während der Saatzeit bis Abends 6 Uhr, in der Ernte aber, solange man bei der Arbeit sehen kann.
Beim Graß- und Winterkorn-Mähen werden nach der hergebrachten Gewohnheit jedesmal 20 Mäher erfordert, die nicht verteilet werden dürfen, beim Sommerkornmähen aber kann die Herrschaft soviele Mähers anstellen, wie sie will. 11.
Noch müssen die Untertanen jährlich 2 Tage dem
Prediger zu Berckentin Dienste leisten, auch 1932/1 - 26 1932/1 - 27 12. jährlich den Mühlengraben aufbringen, als wofür ihnen aber von der Gutsherrschaft eine halbe Tonne und von dem Müller ebenfalls eine halbe Tonne starkes Bier gereicht wird. 13. Der Dorfkuhhirte muß wegen des ihm eingetanen Landes alle Jahr acht Hoftage leisten und drei junge Hühner liefern. 14. Die gesamten Untertanen so wohl Hufener als Köthner müssen ihre Hauser in Dach und Fach selbst erhalten, bekommen jedoch von der Gutsherrschaft das dazu nötige Bauholz und die Latten unentgeltlich, sowie das nötige Pfahlholz zu Befriedigung ihrer Gärtens, auch bekommen die Hufener alle drei Jahre das zu Erhaltung des Ackergerätes nötige Nutzholz, das sie sich jedoch selbst aushauen müssen. 15. Zur Feurung bekommt jeder Hufener 6000, jeder Köthner aber 4000 Torf, den jedoch jeder in dem kleinen Moor selbst stechen und anfahren lassen muß. Zum Backen ist ihnen vergönnt. einige Stubben zu roden. 16.
Während der Ernte erhalten die Untertanen in allem fünf Tonnen
starkes Bier, die ihnen gegeben werden, wenn sie es verlangen. 17.
Bei Kindtaufen werden den Hufenern drei, bei Begräbnissen aber
vier Tage erlassen, so daß sie drei oder vier Tage zu Hause bleiben dürfen,
diese doch vom Stocke nicht abgeschnitten werden.
In Gegenwart des Herren Hauptmanns Gerber und d .. Verwalters Elfeldt der sämtlichen Gutsuntertanen als den 4 Hufenern, dem Bauervoigt Johann Ludwig Bach, dem Hufener Christoph Schütt, Hans Jochim Baumann und Hans Jochim Schomann, sodann den Köthnern Johann Heinrich Seemann, Jochim Heinrich Fick, Jochim Nicol. Ehlers, David Wulff, Casper Junge, Hans Heinrich Voß, Johann Stark, Peter Bentien, Hans Brüggemann, Christopher Grube, Heinrich Kahn, Hans Asmus Hack, Asmus Möller und Johann Peter Vorrath ward vorstehendes Dienstreglement deutlich vorgelesen und von ihnen insgesamt dessen durchgängige Richtigkeit, und daß sie das darin Verschriebene zu leisten schuldig wären, anerkannt und einverstanden
IN FIDEM
Rondeshagen - einst pries man es wegen seiner im Waldgeheimnis
versteckten, wunderschönen Lage. Heute haben die Äxte der Siedler den alten,
märchenhaften Zauber zerschlagen. Auf den Trümmern des Alten wächst neues Hoffen
der Mutigen. 1932/1 - 27
1932/1 - 28
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