Unter den Steinfragmenten des Museums befindet sich ein Stück,
das durch seinen reichen plastischen Schmuck auffällt (vgl. die Abbildung), ein
quadratischer Sockel aus Sandstein mit schrägen Seitenwandungen und Eckfiguren,
denen sämtlich die Köpfe fehlen. Der obere Teil ist überhaupt stark mitgenommen,
ein ringsumlaufendes Wulstprofil fehlt jetzt. In die Mitte der oberen Fläche ist
ein Loch gebohrt. Es ist unschwer zu erkennen, daß es sich um den Fuß eines
romanischen Taufsteins handelt! *)
Der plastische Schmuck ist in seiner Stilisierung, die bei aller
Primitivität geradezu monumental wirkt, von großem Reiz. Die diagonal gestellten
Eckfiguren sitzender Heiliger sind blockartig, kubisch, streng frontal
dargestellt, das bekleidete Christuskind mit segnend erhobener Rechten sitzt
mitten auf dem Schoß der Muttergottes, die Bewegungen der Gliedmaßen sind scharf
rechtwinklig, wie bei den großen freiplastischen Figuren dieses gebundenen
romanischen Stils, aber die Eckfiguren sind doch mehr Reliefs als Freiplastiken,
der plastisch-kubische Aufbau in der Tiefendimension erscheint zu einer, schräg
geneigten, Fläche zusammengepreßt. Außer der Muttergottes finden wir Petrus,
beide Schlüssel - für Himmel und Hölle - vor sich präsentierend, ihre riesigen
Bärte, symmetrisch nach beiden Seiten geklappt, bedecken die ganze Brust des
Heiligen. Wir sehen Abraham mit den Seelen in seinem Schloß, ein Motiv, das uns
aus etwas späterer Zeit vom
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*) In den "Bau- und Kunstdenkmälern im Kreise Herzogtum Lauenburg" von R.
Haupt ist der Stein auf Seite 135 abgebildet (Zeichnung) und
beschrieben.
[*] Die Angabe im Titel: "ihre
Meister" ist ein Druckfehler. Auf S. 24 des Heftes 1/1933, Seite 24 wird darauf
hingewiesen, daß es heißen muß: "ihr Meister".
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Bamberger Dom bekannt ist (von den Seelen sind nur die Köpfe gegeben), und
schließlich einen segnenden Bischof. Alle Figuren sitzen auf Stühlen, deren
Pfosten oben mit einer Volute abschließen.
Und nun die Reliefs der Felder! Hier sind die drei Könige zu erkennen, jeder in
einem Feld, wie sie feierlich-stereotyp (sie gleichen sich untereinander völlig)
sich der thronenden Muttergottes nahen, in der schräg vorgestreckten Hand das
Geschenk präsentierend. Die Gewänder sind durch verschieden laufende
Parallelschraffuren gegeneinander abgesetzt. Am eigenartigsten aber ist das
Relief der vierten Seite (auf der hier vorliegenden Abbildung rechts): Die drei
Könige liegen in gemeinsamem Bette, zugedeckt mit einer großen Decke, deren
stofflicher Charakter durch Zickzackschraffuren angedeutet wird (unten sieht man
die vier(!) Füße des Bettes), und von oben schwebt der Engel herab - ähnlich
schwebt Barlachs Güstrower Engel - und trägt ihnen auf, den Rückweg in ihr Land
nicht über Jerusalem zu nehmen. - Leider fehlt der Hauptteil der Taufe, die
große Cuppa.
Es ist nun möglich, Herkunft und Entstehungszeit dieses Taufsteinfußes genau zu
klären. Die Taufsteine in Sörup und Borby, die eine gewisse Verwandtschaft des
Stils zeigen, weisen uns den Weg, nach Gotland. Wir nehmen das Prachtwerk Johnny
Roosvals über die "Steinmeister Gottlands" (1918) zur Hand und
finden in Meister
Sighrafr den Verfertiger des eigenartigen Steins! Roosval kennt von diesem
Meister, dessen Name auf der reichverzierten Taufe in Aakirkeby (Bornholm)
steht, im ganzen 20 Taufsteine, außerdem Reliefs in Lund,
Grötlingbo und Lye. Von jenen gleicht der Taufsteinfuß in Knivsta (Uppland)
(Roosval a. a. O., S. 183) unserm Stein bis auf geringfügige
Abweichungen völlig! Hier sind die Köpfe der Eckfiguren teilweise erhalten. Die
tronende Muttergottes findet sich ebenso auf der Taufe in Ellinge (Fünen) -
Roosval, Tafel 58 - wieder, und die Könige schreiten an der Cuppa
der Taufen zu Aakirkeby (Bornholm) und Tingstadt (Östergötland) in derselben
starren Feierlichkeit einher. Die Taufe in Lau (Gotland) hat unter dem Fuß noch
einen aus Platte und Hohlkehle bestehenden Sockel, wie ihn wohl ursprünglich
auch unser Taufsteinfuß gehabt haben wird.
Roosval bestimmt die Tätigkeit Meister Sighrafrs auf die Zeit von 1175
bis 1210, in seiner Kunst sieht er Einflüsse französischer Plastik
nachwirken. Wir können also als Entstehungszeit unseres Steins etwa die Zeit um
1200 annehmen.
Die Arbeiten Sighrafrs und seiner Vorgänger auf Gotland sind zumeist in
südgotländischem Sandstein ausgeführt, seit dem 13. Jahrhundert aber werden dann
die gotländischen Taufen in Kalkstein gearbeitet. An gotländischen
Kalksteintaufen besitzt Schleswig-Holstein einige 40, wie von
Ernst Sauermann nachgewiesen worden ist; die in Sörup und Borby sind die
reichsten, prachtvolle Köpfe hat ferner der Satruper, während die späteren meist
schlichte Muschelkuppenform aufweisen. Sörup, Borby und Satrup weist Roosval
Nachfolgern Meister Sighrafrs zu, wir können folglich den Stein nicht nur als
die älteste Steinplastik im Lauenburgischen, sondern auch als die älteste
gotländische Taufsteinplastik in Nordelbingen ansprechen.
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