Endlich ist unser Landesmuseum in den Besitz einer
Fensterbierscheibe gelangt, und zwar gleich einer besonders schönen. Solche
Scheiben wurden beim Neubau eines Hauses dem Besitzer von Freunden und
Verwandten geschenkt. Da die Einsetzung der Fenster mit einem Biertrunk gefeiert
wurde, erhielten die Scheiben den Namen Fensterbierscheiben. Es blieb aber nicht
bei "een Mund vull Snack, een Piep Toback, een kolen Drunk und lustigen Sprung",
und so erfolgte schon 1618 eine Polizeiverordnung, die die
Schmausereien beim Fensterschenken bei 20 Taler Strafe verbot,
"hingegen soll es niemanden benommen sein, seinen guten Freunden ein Fenster zu
schenken" schließt die Verordnung.
Die von Herzog Franz II. 1582 erlassene Polizeiordnung für
Ratzeburg bestimmt: "Weil unter guten Freunden und Nachbarn der Gebrauch, einer
dem andern Fenster zu verehren, und hiebei ein Mißbrauch verspüret wird, daß die
Leute entweder den Glasern oder auch denen, so die Fenster setzen lassen,
beschwert und übernommen werden, als wollen wir, daß man hinfüro für ein
schlecht Fenster ohne Wappen oder Farben, so ohngefähr Ellen hoch, nicht mehr
als 8 Sch. für ein, so mit schlechtem Wappen ohn Helm und Schild,
12 Sch. geben soll. Würde aber jemand höhere und teuerbarer
Fenster von Farben setzen lassen, soll nicht der, so die Fenster gegeben,
besondern der sie
hat setzen lassen, die Übermaße bezahlen."
In der Polizeiordnung für Lauenburg wird etwas abweichend verfügt: "Für ein
Fenster, welches ohne Wappen und Ellen hoch, soll man nicht mehr als 8
Sch., mit einem Wappen ohne Helm 10 Sch., mit einem Helm 12
Sch. und für ein Fürstenwappen 16 Sch. geben. Würde aber jemand
theuerbare Fenster machen lassen, soll, der sie verehret, doch sein Fenster
nicht höher, als die gedachte taxa vermag, zu bezahlen schuldig sein, und der
sie machen lassen, sich wegen der Übermaße mit dem Glaser vergleichen."
Die Scheiben wurden in den Fenstern des Flett angebracht. Die mit Schwarzlot auf
die Vorderseite der Scheibe aufgetragene Zeichnung wurde wie die auf der
Hinterseite gemalte Farbe von städtischen Glasern im Ofen eingebrannt. Die
meisten auf uns gekommenen Scheiben stammen aus dem
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18. Jahrhundert. Sie zeigen neben dem Namen des
Stifters die Jahreszahl und damit das Jahr der Erbauung des Hauses. Die
bildlichen Darstellungert beziehen sich meist auf das ländliche Leben. Sehr
beliebt sind Bilder von säenden, pflügenden oder eggenden Bauern. Ein Imker, der
die ausgeschwärmten Bienen einfängt, Mann und Frau unter einem Baum, ein Reiter,
dem eine Frau einen frischen Trunk reicht, sind häufige Darstellungen. Oft
ließen die Schenker auch Bilder aus ihrem Berufsleben auf die Scheiben malen. Im
Heimatmuseum der Stadt Lauenburg befinden sich *) folgende
Scheiben: Joachim AHRENS, Ahrens Sohn zu Obermarschacht, Anno 1771
(Reiter); Johan Hinrich BRÜGEMAN, Kirchrath zu Adtelenburg und Schnakenbeck,
1718 (Gespann); Johan Jochim BULLMAN, 1752 (im Kranz);
Claus Hinrich DREHER, Cl. Dreher Sohn zu Bütteln, Anno 1736 (Frau
mit Glas vor Reiter); Hans HARDERS zu Avendorf, 1737 (Gespann);
Johan HÖLTIG,
Fensterbierscheiben im Heimatmuseum der Stadt Lauenburg.
(Aus "Das Land an der Elbe" Nr. 12/1930.)
1790 (zwei im Kahn, der eine zieht ein Netz); Georg Michel KNOPP,
1710 (Frau mit Glas vor Reiter); Peter KRÖGER, Hans Krögers Sohn
zu Horborg, 1772 (Reiter); Anna REDERS, 1718; VON
STOFFE; Hans RÖHR, 1760 (Reiter); Claus Friedr. WITTE in
Bullendorf, Anno 1779; Doppelscheibe, Sechsergespann, auch im
Wagen 6 Mann, von denen einer mit der Pistole schießt, auf dem
1. und 3. Pferdepaar Reiter mit Peitsche.
Im Museum zu Mölln befinden sich zwei lose Scheiben aus dem 18.
Jahrhundert und 21 sehr frühe Scheiben, teils mit Familienwappen,
teils nur mit Namen und Jahreszahlen. Wappen ohne Namen: 1) Herz
mit 3 Rosen. 2) Ouergeteilter Schild, in dem oberen
Felde eine Taube, im unteren ein halbes Mühlrad. 3) Längsgeteilter
Schild, im rechten Felde eine Blume, im linken ein Gebäck. 4) Halb
gespalten und geteilter Schild, im oberen rechten Felde ein Gebäck, im linken
oberen Felde desgl., im unteren Felde ein Herz, aus dem 3 Rosen
wachsen. - Wappen mit Namen: 1) Clas BERLING, im Wappen eine
Bretzel. 2) Hinricus NIEMAN, im Wappen eine Hausmarke mit den
Buchstaben H. N. 3) Hans WOLFF, im Wappen ein Wolf. 4)
Hans Henning BURMESTER mit Wappen. - Namenscheiben: 1) Johann
BAUER. 2) Hinrich BRÜGMANN. 3) Hans ABELS,
1671. 4) Hinrich HEYENS, 1671. 5)
Hinrich JARCHAU, 1671. 6) Hinrich RÜCKEN, 1671.
7) Hinrich SCHMALJOHANN, 1671. 8)
Herman SCHREIBER, 1672. 9) Hans WOLFF, 1673.
10) Niclay SCHMALTZ, 1674. 11) Hans
SCHREIBER, 1674. 12) H. Hans BURMEISTER, 1677.
- Ferner: In Wappenschild ein Adler, im rechten Fang eine Wurfschaufel, im
linken eine Forke haltend. Inschrift: "Hilff Her das
_______________
*) Nach E. Reinstorf, Elbmarschkultur.
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Ich bedencke dheinen Nahm gahr eben und darnach Richte mein
Wandel und leben. N. T." - Dazu kommen die beiden Scheiben aus dem 18.
Jahrhundert: 1) Zwei Löwen halten 3 zusammengefügte
Weberschiffchen, über denen eine Krone schwebt. Inschrift: Johann HENNIG,
1735. 2) Anna Catarina HARTENS, 1780.
Das Fenster im Landesmuseum zeigt in der alten Holzfassung 9
Scheiben, von denen die 3 obersten rundbogig abschließen und die
Mittelscheiben bemalt sind. Die oberste Scheibe zeigt einen Helm mit flatternden
Helmdecken und zwischen zwei Büffelhörnern eine Glocke, die darunter
befindliche, das Wappenschild mit 3 Glocken und die unterste
Scheibe die Inschrift: "Dominicas VON UFFELN Anno 1688". Das
1688 erbaute Haus in Siebeneichen, aus dem das Fenster stammt,
gehörte dem Herrengeschlecht der Berling (s. "Lauenburgische Heimat" Jahrg.
2 Heft 1 u. 2). Der Schenker der
Scheiben, Dominicas III. von
Das Berlingsche Haus von 1688 in Siebeneichen.
Uffeln, geb. 1633, starb 1695 zu Basthorst, er war
verheiratet mit seiner Base, Susanna Agathe v. Bodeck, die 1687 in
Niendorf am Schaalsee verunglückte. Das Mustiner Kirchenbuch schreibt darüber:
Am 22. April [1687] ist des Junkers von Uffeln Frau
unverhofft zu Niendorf gestorben, indem im Hinfahren auf dem Hof daselbst die
Pferde läuffig worden, sie aber ist aus der Gutsche gesprungen, da ist Prall und
Fall nur gewest, denn sie zwar nirgend ist verletzt, doch den Hals voll Bluth
und alsabald ohn einzig Reg mehr todt west. Da hat der Junker Dominicus v.
Uffeln, als nachgelassener Wittwer, folgenden Tag von unser Kirchen begehret,
daß möchte geläutet werden, wollte alles richtig bezahlen, daher am 23.
April ist 2 Stunden geläutet = 3 Thlr., 24.
ejusdem 3 Stunden = 4 Thlr. 8
Schilling . . . [desgleichen am 25. und 26. je
3 Stunden], am "27. April ist um Mittag nur 1
Stunde = 1 Thlr. 8 Schilling geläutet, damit ist
verlanget aufzuhören. Eodem, als den 27. April ist auch von der
Kirchen zu drei Licht Wachs abgewogen - 12 Pfund -, welches zu bezahlen mit
3 Thlr., hiervon sollen 3 schwarze Lichter gemacht werden
auf den Altar. 13. Sept. da die Laiche von Dutzau nach Basthorst
ist abgeholet des Junker von Uffeln gestorbene Frau, ist begehrt zu läuten am
Abend 1 Stunde = 1 Thlr. 8 Schilling» 14.
ejusdem Zwo Stunden = 3 Thlr."
Mitteilungen über etwa noch vorhandene Fensterbierscheiben erbittet die Leitung
des Landesmuseums in Ratzeburg.
S. S.
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