Hellwig bezeichnet in der Chronik der Stadt
Ratzeburg (Lauenburgischer Heimatverlag 1929, S.
25) die
abgebildete Kupferradierung, die Ratzeburg aus der
Vogelperspektive von Westen her zeigt, einen "für die
Stadtgeschichte ... recht beneidenswerten Schatz". In der Tat
ist Ratzeburg die einzige Stadt des damaligen "Niedersachsens",
d. h. des herzoglich-lauenburgischen Gebietes, die in der
weltberühmten Kölner Kosmographie, einer Sammlung von annähernd
400 Tafeln mit rund 500 Städtebildern der damals bekannten
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Erdteile, Aufnahme fand. Dieses einzigartige Werk (CIVITATES
ORBIS TERRARUM) wurde mit kaiserlicher Privilegierung 1572
von Braun und Hogenberg begonnen und 1617 mit dem
6. Bande
beschlossen.
Der Herausgeber war der Kölner Geistliche,
der Dechant an St. Maria ad gradus, Georg Braun (1542-1622); er
besorgte die textliche Ausstattung, und was noch wesentlicher
ist, die nicht immer leichte Beschaffung der Ansichten; so
wissen wir durch die Veröffentlichung von Bertheau über "Heinrich Rantzau als Geschichtsforscher" (Zeitschrift der
Gesellschaft für Schlesw.-Holst.-Lauenburgische Geschichte, Bd.
21 (1891) S. 309/313), daß Braun wegen der Erwerbung geeigneter
Aufnahmen in einen Briefwechsel mit Heinrich Rantzau, dem
PRODUX CIMBRAE, dem schleswigschen Statthalter, trat und bei
dem hervorragenden Kunstfreund und Historiker beste und
bereitwilligste Unterstützung für die Sammlung dänischer,
schleswigholsteinischer und mecklenburgischer Städtebilder
fand. (Bertheau a. a. O. S. 311. "Am 4. Juni
1585 schreibt er
(Braun), daß er die Bilder von Segeberg und Kiel auf einer
kupfernen Platte dargestellt erhalten hat und rühmt Rantzaus
Eifer bei der Verherrlichung seines Vaterlandes, einen Eifer,
wie er ihn bei keinem der "DYNASTAE ET HEROES", deren so viele
ihm persönlich bekannt sind, gefunden hat.") Nicht zuletzt dem
großen Mäzen des Nordens haben1933/2 - 31
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wir es zu verdanken, daß wir in der
prächtigen Bildersammlung eine im Verhältnis zu den übrigen
abgebildeten Gegenden der Welt ungewöhnlich hohe Zahl
schleswig-holsteinischer Ansichten finden, und zwar im 4. Bande
(1588) 6 Tafeln (Itzehoe-Flensburg, Schleswig, Segeberg,
Husum-Hadersleben, Kiel, Krempe-Rendsburg), im 3. Bande (1597)
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Tafeln (Eckernförde, Tondern-Eutin, Eiderstedt-Husum, Plön,
Dithmarscher Trachtenbilder, Heide-Meldorf, RATZEBURG).
Die Bildausstattung des gewaltigen Sammelwerkes besorgte
vornehmlich der berühmte Kupferstecher Franz Hogenberg. Ältere
und zeitgenössische Darstellungen wurden von ihm für das dem
Werke eigentümliche Großfolioformat neu gestochen. Da ist es
sehr lehrreich, daß zwar die älteste Ansicht von Ratzeburg, wie
F. Bachmann ("Die ältern mecklenburgischen Städteansichten" in
den Jahrbüchern des Vereins f. meckl. Geschichte, Jahrgang
LXXXVIII (1924), S. 17 u. 61) festgestellt hat, wohl
"durch
Gerdt Hane 1588 gezeichnet", aber dann nochmals "wohl sicher von
Franz Hogenberg" in der vorliegenden Form auf die
Kupferplatte gebracht worden ist.
Der
Ratzeburger Stich Hogenbergs (33:40 cm) ist als die
dreiundvierzigste von 69 Doppeltafeln im 5. Bande, Köln,
1597 in
erster Auflage erschienen. Dieser Band wie das gesamte Werk ist
in der Folgezeit, schwarz wie koloriert, in lateinischer,
französischer und deutscher Fassung, immer wieder neu und
verbessert aufgelegt worden. Aus dem deutschen Werk
"Contrafactür und Beschreibung von den vornembsten Stetten der
Welt" stammt der folgende, auf der Außenseite der 43. Tafel
stehende Text:
RATZEBURG ist eine alte Statt in Sachsen
/ sampt einem Schloß / ligt von Hamburg sieben meilen / Luneburg
auch so viell / von Lubeck zwo / Schwerin sechs / Schoneburg zwo
/ Mulheim ein / an einem gar bequemen ortt / allenthalben mit
dem Meer umbgeben / welchs sich in drey meill / biß gehn
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Lubeck erstreckt / an etlichen örtten ist es
ein halbe meill / ins gemein aber ein viertheil breit. Von
dieser Statt aber gelegenheit schreibt Dauid Chyträus / im
ersten theil seiner Historien / folgender gestalt.
Daß
Bisthumbt in des Hertzogen zu Sachsen Statt Ratzeburg / hatt
erstlich der Ertzbischoff Albert von Bremen zu zeyten Keyser
Henrichs des 4. gestifft / zwar an einem lustigen ortt. Dann die
Statt liegt gleichsam einer Insel rings umbher mit einem Hügell
umbfasset / das euserste gestadt: daran das Meer stößet / ist
mit hohen Hügelln / und lustigen Beumen besetzt. Auff der
Insulln / an der Nortseiten von der statt / stehet die
Thummkirch / neben der Thumbherrn Haeuser. Gegen Mittag an der
statt liegt des Fürsten Schloß / mit vieler gebewen gezieret /
mawren / Wällen / un Pasteyn befestigt allenthalben mit
Wasser umbgeben / an welcher seiten man allein mit Kutschenn / oder zu pferdt
uber ein Bruck in die statt kommen kan.
Daselbst hatt Henrich der Lew / das Bisthuemb / so durch der
heneter staettiges streuffen / gantz zu grundt gangen / wider
auffgerichtet. Welches im jahr 1500 Johan auß dem Edlen
geschlecht der Barckentin / besessen / von Euermodo an / in der
zall der 26. von obgemelten Henrichen dem Lewen auß der Magdeburgischen Kirchen dahin beruffen / vorhin
Premonstratenser Ordens / den Er auch zu Ratzenburg unter seinen
mitbruedern auffgerichtet. Welche erstlich zu der zeit under
Johanne / auß Zulassung Hertzog Magni / und uberredung seines
Cantzlers Heinrich Bergmeiers / mit Päbstlicher erlaeubung /
weltliche Thumbherrn worden. Biß daran Chytraeus.
Das
Capitell / und Statt Ratzenburg / haben verscheidene Jurisdiction
/ und Oberigkeits gewalt / so allenthalben auff dem feldt mit
steinen abgetheilt / und underscheiden ist / denen folgende
wortt / mit großen Buechstaben eingehawen sein:
Zu den
zeiten König Conradts / und Hertzog Heinrichs von Saxen / ist
kommen Graff Heinrich von Ratzenburg / und hatt erstlich den
Christlichen glauben auffgericht: Dessen Seel ruhe im frieden
Amen.
Im jahr 1154 under Pabst Hadrian / bey herschung
des durchleuchtigsten Keyser Friederichen des ersten / ist die
Thumbkirch zu Ratzenburg gestifftet / von den durchleuchtigen un
hochgebornen Fürsten / un Herrn / Herrn Heinrichen mit dem
zunamen Lewen / Heinrichen des ersten hertzogen in Saxen und
Bayern Sohn: Welcher sie reichlich begifftigt mit dem Ländtlein
Boythin / und andern Höffen / sampt dem gantzen Zehndten /
desselben Stiffts den Meyerhoff Potrawe aber / neben dem Zeins /
Zehndten / und Oberherrschaft / hatt Er derselben Kirchen zu
Ratzeburg geben / mit hulff Hardwigs Ertzbischoffen zu Bremen
derhalben / dwiell Er mit seinem Kriegsherr uber die Elb gesetzt
/ unnd die erste nacht auff des Feindts boden in einer Zälten
geschlafen. Er hatt auch die Grafschaft Ratzeburg
auffgeirichtet / und zum ersten Grafen gesetzt / den gestrengen
und Mannhaften Heinrichen Bothwede / oder wie andere schreiben /
Heinrichen von Badaewide.
Demnach aber der gantzer
Zehndte des Stiffts / dem Bischof allein zustendig ware / ist
durch gemelten Hertzogen vertragen / das der Graff den halben
Zehndt der Ampter unnd Herrschaft / auch der gantzen Grafschaft
Ratzeburg Gadebusch / und Winterburg / von dem Bischofs zu Lehn
haben / unnd empfangen / die andere halbscheidt beim Stifft
verpleiben solt. Doch der gestalt / das in mangel mänlicher
Erben / vermög des Lehnrechtes / alle Zehndt / wider dem
Bischoff heimfallen solten. Als aber der Gottsfrüchtiger Stiffter
/ von des Richs Stenden beklagt wardt / was massen Er dergestalt
die Bischoffen im Reich zu belehnen unterstunde / hatt Er sein
Erbtheill / so Er von Welpone in Schwaben und Beyern hatte / dem
Reich freywillig auffgetragen. Wegen belehnung der dryen
Bisthumben / hatt Er seine lebtag diese erstattung erhalten /
das die Keyseriliche gnadt unnd bewilligung / der Kirchen mit
nichten schädtlich / auch seine Erben und Nachkömling im
Hertzogthumb / deßhalben sich keiner gerechtigkeit anmaßen
solten. Wie ferner in den Priuilegien des Stiffts Ratzeburg /
begrieffen. Obgemelter Stiffter / hatt auch die Kirch daselbst
mit vielen freyheiten / und Heilthumb / auß der zerstörten Statt
Bardowyck / herlich geziert.
Am Kirchenthurn wirdt dies vberschrift gelesen. Im jahr vnsers Herrn
M. C. L. III am
eilfften tag Augustmonats / ist dies Thumbkirch zu Ratzeburg
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gestifftet und eingeweihet von dem
durchluechtigen Fürsten / Hertzog Heinrichen in Bayern und
Saxen. Welcher gestorben im jahr M. C. X C V. Bitt vor jhn.
Umb das jahr 1066.
[sic!] under Keyser Heinrichen dem vierten / haben
die Wandalen in Saxen die Christen mit grewlicher Verfolgung
geplagt: Zu Hamburg / unnd in die umbliegende örtter sein sie
eingefallen / unnd haben alle Klöster / Kirchen un Schulen
verwüstet / un die gantze Gegendt mit Fewr un Schwerdt
heimgesucht / die Prediger Goettliches worts mehrentheils
umbracht / und under andern andaechtigen und heiligen Leutten /
den Erwurdigen und Edlen Ansuerum Abten zu Ratzeburg / neben
achzehen seiner mitbrüdern / gesteinigt. Dessen gedegnuß / ist
am selben ortt zwischen Lübeck / und Ratzeburg ein stein / mit
einem eingehawen Crucefix auffgericht. Von dieser unsinnigkeit
der Wandalen / besehe Albert Crantz / in seiner Wandalischen
beschreibung / im 3. Buech / am 4. cap. und in seiner
Haeuptstatt im 3. buech / am 3. unnd
43. Capittell.
Mehr
/ fast seltzame / und wunderbare zerstörungen der Kirchen zu
Ratzeburg / werden hierunder im Register weidtleuffiger
beschrieben.
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