Hauptversammlung des Heimatbundes
Herzogtum Lauenburg E. V. am 21. März 1933. Am
historischen Tage der Reichstagseröffnung zu Potsdam hielt der
Heimatbund im "Ratskeller" zu Ratzeburg seine Hauptversammlung.
Der Einigkeit der nationalen Erhebung entsprach die Harmonie der
Getreuen des Heimatbundes. Drei Berichte wurden dankbar
entgegengenommen: der Kassenbericht, der ein Bild der
wirtschaftlichen Not im Kleinen war, der Tätigkeitsbericht der
rührigen Ortsgruppe Lauenburg und der Arbeitsbericht des
Vorsitzenden. Er führte Folgendes aus: "Die "Lauenburgische
Heimat" hat in ihrem letzten Heft über die Krisis der
Heimatpflege einen bemerkenswerten Aufsatz gebracht, in dem die
äußere Krise auf den Mangel an Geld zurückgeführt wird. Dieser
allgemeine Geldmangel ist in unserm Bunde so drückend, daß
die Fortführung unserer Zeitschrift nur durch außergewöhnliche
Opferfreudigkeit der Mitarbeiter möglich war, denen ich auch
hier herzlich danken möchte. In erster Linie war es Herr Pastor
Fischer-Hübner, der durch eigene Beiträge und das Heranziehen
anderer Autoren unsere Zeitschrift förderte. Danken möchte ich
aber auch dem nimmermüden Freund unserer Sache, der nicht nur
den sichtbaren Druck unserer Zeitschrift, sondern auch den
unsichtbaren auf den oft fast verzweifelnden Herausgeber
ausgeübt hat. Der allgemeine Geldmangel hat aber insofern
wenigstens sein Gutes gehabt, als die Heimat entstellende Bauten
nicht entstanden sind. Größeren Umfang hat nur die Aufstellung
von Treibstoffreklametafeln genommen. Hier einzugreifen war
leider aussichtslos, da der preußische Minister für
Volkswohlfahrt unterm 8. August 1932 neue Richtlinien für die
Aufstellung und Anbringung von Schildern herausgegeben hat, die
angeblich "auf völlige Beseitigung der Reklameschilder der
Mineralöl- und Betriebsstoffe in der freien Landschaft
hinzielen".
Die Richtlinien unterscheiden zwei Arten von
Schildern: 1) Reklameschilder, die der allgemeinen Werbung
dienen, und 2) Hinweisschilder. Diese Schilder dürfen nach den
neuen Richtlinien nicht nur in den Dörfern, sondern auch in der
freien Landschaft für "aus 300 Meter nicht gut sichtbare
Tankstellen" aufgestellt werden! Zugelassen sind Schilder "von
bescheidener Größe" - nämlich von 1-1,5 Quadratmeter, also z. B.
2 Meter hoch und 50 Zentimeter breit!!! Diese Richtlinien müssen
unbedingt durch andere ersetzt werden, für die der
Berichterstatter bereits Vorschläge ausgearbeitet hat, die er
als Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landesvereins für
Heimatschutz in Verbindung mit der Bundesleitung in Berlin
hofft durchsetzen zu können. Bedauerlich ist auch die Aufhebung
der Tier- und Pflanzenschutzverordnung vom 30. Mai
1921, in der
Wacholder und Eibe geschützt sind, während sie durch das neue
Gesetz vom 16. Dezember 1929 nicht mehr unter Schutz gestellt
werden. Durch eine soeben bekannt gegebene neue Verordnung ist
erfreulicherweise die Eibe wieder unter Schutz gestellt. Wie mir
berichtet wurde, ist erst kürzlich sehr bedauerlicherweise in
Mölln ohne jeden zwingenden Grund eine stattliche Eibe gefällt
worden! Auch durch den freiwilligen Arbeitsdienst drohen leider
der Heimat Gefahren. Haben doch schon Flußbegradigungen,
Abholzung von Wäldern und Bearbeitungen von Oedländereien
mancherlei Schädigungen des Landschaftsbildes
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gebracht, die bei
einsichtsvoller Beratung zu vermeiden waren. Der
Berichterstatter hat deshalb in einer Eingabe den Kreisausschuß
gebeten, ihn von solchen Arbeiten des FAD. in Kenntnis zu
setzen, bei denen eine Beeinträchtigung landschaftlicher
Schönheiten nicht ausgeschlossen scheint.
Ein Gebiet des
Heimatschutzes, auf dem trotz der Not der Zeit erfolgreich
gearbeitet werden konnte, war die Rettung alter, dem Untergang
geweihter Kulturgüter. In der neu entstandenen Abteilung für
"Kirchliche Kunst" wurde in unserm Landesmuseum vereinigt, was
bislang auf Pfarr- und Kirchenböden, in Winkeln und
Abstellräumen ohne Pflege gelegen hatte und nun gereinigt, vom
Wurm befreit und nur soweit unbedingt nötig ausgebessert, eine
Schausammlung bietet, die zwar - bis auf wenige Ausnahmen -
keine großen Kunstwerke enthält, aber doch ein anschauliches
Bild davon gibt, wie liebevoll vergangene Zeiten ihre
Gotteshäuser schmückten. Den kirchlichen Behörden und dem
Provinzialkonservator, deren Entgegenkommen die Ausgestaltung
der neuen Abteilung ermöglichte, sei auch an dieser Stelle
gedankt. Um die Aufstellung verdient gemacht hat sich auch der
Magistrat der Stadt Ratzeburg, der außer der Hergabe eines
Raumes auch Mittel zur Errichtung eines Altars stiftete und
neuerdings dem Landesmuseum weitere Räume zu überweisen
beabsichtigt. Besonders lebhaft war im vergangenen Jahre die
Gebefreudigkeit der Freunde des Museums, deren Namen ja in der
"Lauenburgischen Heimat" veröffentlicht wurden. Hier seien nur
herausgehoben die reichen Gaben von Frau Professor
Fuchs-Tübingen und Herrn Dr. Rudolphy-Lübeck, sowie Frau Grebes
schönes Bierscheibenfenster aus Siebeneichen von 1688. Eine
außerordentliche Bereicherung erfuhr unsere vor- und
frühgeschichtliche Abteilung durch zwei Bronzegürtel aus der
Zeit um 150 n. Chr., von denen besonders der prächtige
Frauengürtel mit dem Pferdeköpfchen sich durch große
Formenschönheit auszeichnet.
Angleich größere Sorge als
die durch Geldmangel bedingte äußere Krise der
Heimatschutzbewegung macht dem Vorstand die innere Krise! Dr.
Karl Wagenfeld, der verdienstvolle Heimatpfleger, spricht den
Vorwurf aus, daß die Vereine über den Abwehrkämpfen die
Aufbauarbeit vernachlässigen und daß sie versäumt haben, einen
jugendlichen Nachwuchs heranzuziehen. Beim Antritt meines Amtes
vor zwei Jahren sprach ich es im ersten Heft der
"Lauenburgischen Heimat" aus, daß wir wohl den sichtbaren
Ausdruck, den deutsches Wesen in der Vergangenheit fand,
erhalten und bewahren, vor allem aber den Geist, der diese
Erscheinungsformen schuf, stützen und pflegen wollen. Heute sind
diese unsere Ziele endlich wieder Allgemeingut geworden. Jetzt
gilt es unser durch die gewaltige Freiheitsbewegung
wachgerütteltes Volk für Heimatschutz und Heimatpflege zu
gewinnen und Sorge zu tragen, daß der deutsche Mensch
unlösbar im deutschen Heimatboden verwurzelt werde.
Lassen Sie mich meinen Bericht schließen mit einem Wunsch für
die Zukunft unserer Heimat. Der neue Reichstag ist heute
feierlich eröffnet worden, möge er treu und ehrlich dienen dem
Deutschland hoch in Ehren!"
Nach dem Bericht wurden die
Satzungen des Bundes erneut durchberaten, und in einigen
wichtigen Punkten geändert. Nachdem dann der bisherige Vorstand
wiedergewählt war, wurden angeregt: eine Eingabe an den Kreis
wegen besonderer Zuwendungen, die Durchführung von Heimatabenden
und Heimatfesten, auch die Mitarbeit bei den "Deutschen Abenden"
und Werbung für den Heimatbund unter den neu gewählten
Kreistagsmitgliedern. Im Dritten Reich wird gewiß die Sache des
Heimatbundes neue, tatkräftige Förderung erhalten. Mit Bemerken
nahm man den Bericht des Studienrats Dr. Irmisch über die
Heimatforschung in den oberen Klassen der Gelehrtenschule
entgegen. Die Frucht derselben sind die beiden Doktorarbeiten
ehemaliger Schüler über die Prämonstratenser am Dom und die
Fischerei in Schleswig-Holstein-Lauenburg.
Als das
nationale Lied auf dem Marktplatz die Hunderte in den Bann zog,
schloß der Vorsitzende, Herr Landesarchivar Schellbach-Mustin,
die Besprechung. Die Hauptversammlung war ein Aufruf zur
heimattreuen Tat!
FISCHER-HÜBNER.
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