Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1934


Ein Münzenfund in Schönberg, Amt Steinhorst, vom Jahre 1784.

Von BRUNO DORFMANN, Altona-Ottensen.
 

Etwa im Mai 1784 fand der Großkätner Püst in Schönberg beim Pflügen einer ihm anläßlich der damaligen neuen Feldverteilung (Verkoppelung) zugewiesenen Weide ein irdenes Gefäß, als dessen Inhalt beim Zerschlagen an einem Stein sich Münzen ergaben. Der Fund muß sich herumgesprochen haben, denn dem Finder ist, wie auf dem Amt Steinhorst am 5. Juni 1784 protokolliert wird, bereits am letzten Gerichtstage aufgegeben worden, die gefundenen Gold- und Silbermünzen dem Amte bis zu weiterer Verfügung einzuliefern. Püst benutzt jedoch schon vorher eine dienstliche Anwesenheit der zuständigen Beamten Wense und Müller in Schönberg, um die Sache zu regeln und übergibt ihnen einen Beutel voll Silbermünzen mit dem Bemerken, außer einigen verschenkten Stücken sei dies der ganze Fund. Auf Vorhalt, es seien auch Goldmünzen im Funde gewesen, zeigte er den Beamten "einen dicken messingnen Rechenpfennig mit dem Bildnis Ludwig XVI. Wie man ihm nun zu Gemüte führte, daß schwerlich diese Münze in dem Topf mitgewesen", brachte der Finder eine richtige Goldmünze im Gewichte eines Dukats (3,4 g) zum Vorschein und versicherte nochmals, mehr Goldmünzen seien es nicht gewesen. Lediglich einige Silbermünzen , die seine Frau gern behalten wolle, "weil Marienbilder darauf stünden", wurden nun ebenfalls zugegeben, auch das Vorhandensein eines silbernen Knopfes. Diese Münzen stellten sich dann als größer und schwerer als die übrigen heraus, nur eine trug ein Marienbildnis, die anderen zweiseitigen das hamburgische bzw. lübeckische Stadtwappen, die Goldmünze das Bild eines Bischofs. Auf eindringliches Befragen der Beamten, die darauf hinwiesen, daß das Gerede von einem großen Schatze, besonders an Goldmünzen, doch vermutlich von ihm selber ausgegangen sei. versichert Püst hoch und heilig, er habe nunmehr außer den verschenkten Stücken, "worum ihn der Schulmeister angesprochen" alles richtig abgeliefert; jedoch wolle er gebeten haben, sich hohen Orts für ihn zu verwenden, daß er den Fund ganz für sich behalten könne, da er zu einem Anbau Geld benötige.

Das Amt Steinhorst berichtet den Sachverhalt unter dem 10. Juni an die Regierung in Ratzeburg unter Beifügung von Proben des Fundes und äußert sich wie folgt zu der Art der Münzen: "Die mehresten sind von der Gattung, wovon wir die Probe in dem Paket Nr. 1 anschließen, und scheinen Bracteaden zu seyn, die außer dem Inhalt des Metalls, wenigstens in den Münzkabinetten, keinen sonderlichen Wert zu haben pflegen. Es sind derselben 1564 Stück. An glatt geprägten Münzen unterscheiden sich die in dem Paket Nr. 2 befindlichen 4 Groschen und 5 kleinen Münzen, die sämtlich neuer und alte Lübecksche, auch Hamburgische Stadtmünzen zu sein scheinen, welches sich aus dem Adler, dem Stadtwappen und der sonst sehr unkenntlich gewordenen Umschrift erraten läßt." Der ganze Fund außer der Goldmünze wiege 52 Lot (= 760 g), es sei der zweite, im Amt Steinhorst gehobene Münzenfund und seine Vergrabung müsse während der Kämpfe Lübecks und Hamburgs mit den Raubrittern, vielleicht um die Burgen Steinhorst und Linau, erfolgt sein, mithin im 14. oder Ende des 13. Jahrhunderts. Die Überlassung des ganzen Fundes an Püst EX GRATIA (aus Billigkeitsgründen) wird befürwortet.

Bereits am 12. Juni berichtet die Regierung in Ratzeburg an die Geheimen Räte in Hannover unter Weiterreichung der Münzproben und nimmt zur Frage der Eigentumsrechte an dem Funde folgende Stellungnahme ein: "Nach den gemeinen, auch im hiesigen Lande ihre Anwendung findenden Rechten würde nun die eine Hälfte dem Finder, die andere Hälfte aber der allergnädigsten Landesherrschaft zufallen, da im Lauenburgischen die Bauern nicht DOMINI, sondern nur USUSFRUCTUARII ihrer Ländereien sind."

Die Königlich Großbritann., zur Kurfürstl. Braunschweig. Lüneburgischen Regierung verordneten Geheimen Räte entscheiden am 24. Juni (gezeichnet v. d. Busche) unter Rückgabe der Münzproben, daß der ganze Fund EX GRATIA dem Finder zurückzugeben sei, was dann durch das Amt Steinhorst geschieht.
 

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Soweit die Akten des Staatsarchivs Kiel (Abt. 210 D I 1 Nr. 2058). Die numismatische Ausbeute ist folgende:

Der ein Marienbild tragende Groschen dürfte einer der erstmalig 1468 in Hamburg geschlagenen Doppelschillinge, die drei weiteren gleich großen Stücke vielleicht solche von Lübeck mit dem Bilde Johannis des Täufers, die kleineren Stücke mit Stadtwappen Schillinge, Sechslinge und Dreilinge beider Städte gewesen sein. Bei der unbestimmten Bezeichnung der Goldmünze spricht die Wahrscheinlichkeit für einen rheinischen Goldgulden von Köln, Trier oder Mainz, vielleicht auch für einen der unterwertigen niederländischen Goldgulden von Utrecht, die in den Hansestädten trotz Wertherabsetzung und Gegenstempelung stark im Verkehr waren. Die Masse des Fundes bilden Hohlpfennige offenbar von Lübeck und Hamburg, vermutlich auch von Lüneburg und Wismar. Die Vergrabungszeit ist durch den Mariendoppelschilling gesichert für einen nach 1468, jedoch nicht viel später liegenden Zeitpunkt. Auffällig ist, daß der Fund fast ausschließlich aus Hohlpfennigen bestanden haben soll, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nur noch als Scheidemünze dienten und bei größeren Zahlungen lediglich zu einem kleinen Bruchteil der Gesamtschuld zulässig waren, im Gegensatz zu der Zeit bis um 1340, in der sie das alleinige Zahlungsmittel bilden. Nicht unwahrscheinlich ist, daß der zweifellos gerissene Finder - man denke an den sicher eigens für die versuchte Täuschung irgendwoher beschafften französischen Rechenpfennig - doch wohl einige Stücke, und zwar dieselben, an denen seine Frau Gefallen fand, vergessen oder daß auch das numismatische Interesse des "Schulmeisters" an diesen gleichen Stücken besonders groß war. Die Geheimen Räte in Hannover würden dem Finder auch diese im Wert überschätzten Stücke gelassen haben und wir wären heute bei vollständiger Angabe des Fundes eher in der Lage gewesen, diesen für die heimatliche Münzkunde auszuwerten. Insbesondere erfreuen sich heute die Brakteaten in der numismatischen Wissenschaft einer wesentlich größeren Beliebtheit, als es die Beamten, derzeit allerdings mit Recht, annahmen. Beachtlich ist auch die Äußerung der Regierung in Ratzeburg zu den Eigentumsverhältnissen. Wäre also der Bauer unbeschränkter Grundeigentümer (DOMINUS), nicht nur Nutznießer (USUFRUCTUARIUS) gewesen, hätte er den ganzen Fund von Rechts wegen beanspruchen können, wie dies auch nach heutigem Recht der Fall ist, vorbehaltlich eines Vorkaufsrechtes des Staates im Interesse der Heimatkunde bei Zahlung des vollen Gegenwertes. Der damalige Fund wird wegen der Geldverlegenheit des Finders und des Fehlens einer sachlichen Verwertungsmöglichkeit in den Schmelztiegel gewandert sein und dem Eigentümer einen sehr bescheidenen Erlös gebracht haben.

An dieser Stelle sei daher die bereits früher (Jahrgang 1930, S. 150) ausgesprochene Bitte wiederholt, derartige Funde dem Landesmuseum in Ratzeburg mitzuteilen; es wird dann das im Sinne der Heimatkunde und der bestmöglichen Verwertung des Fundes Erforderliche veranlaßt werden. Insbesondere können sich hierbei die Herren "Schulmeister" auf dem flachen Lande, wo derartige Funde meist zutage kommen, bessere Verdienste erwerben, als ihr nur an seine Sammlung denkender Amtsvorgänger; auch hier gilt der Satz: Gemeinnutz geht vor Eigennutz.



 

 

 

 

 

 

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