Herzog August von Sachsen-Lauenburg verlor
als Fünfzigjähriger in der Nacht vom 24. zum
25. November 1627 seine erste Gemahlin,
Elisabeth Sophie, Tochter des Herzogs Joh. Adolf von Holstein.
Sie starb im Kindbett zu Ratzeburg und wurde in der herzoglichen
Gruft im Dom beigesetzt. Ihr Tod gab Veranlassung, die Figur des
Herzogs, den nur ein loses, seiner Hand entgleitendes Band mit
der wie schlafend in Charons Nachen dahingleitenden Herzogin
verbindet, in eine vorhandene Darstellung der Stadt Ratzeburg
einzuzeichnen. Haar- und Barttracht der waffenlosen, reich
gekleideten Figur im Vordergrund lassen unschwer Herzog August
erkennen. Die Worte: Inter suspiria luctus (Unter Seufzen und
Trauern) und: Fundo miser lacrumas, genitusque hic devehit annis
(in wörtlicher Übersetzung: Ich Elender vergieße Tränen, und
mein Seufzen führt das Gewässer hinab) unterstreichen den
Gedanken an die Fahrt der abgeschiedenen Seele ins Reich der
Toten. In die Radierung, eine Nachzeichnung des Gerdt Haneschen
Stichs, ist das Wort „Ratzen"-"burg", das Schiff mit der
Herzogin und dem Fährmann, sowie der Hügel mit dem darauf
stehenden Herzog, nachdem die Wellen ausgeschliffen waren,
nachträglich eingeätzt worden. Die dabei über die
Einfassungslinie ragenden Grashalmen sind auf der späteren
Platte mit dem Stadtwappen fortgeschliffen worden. Bei den
Grashalmen und dem Worte „Ratzen" "burg" ist die Einzeichnung in
die Wellenlinien deutlich zu sehen. Sicher sind die Figuren von
anderer Hand, als die Stadtzeichnung, denn während der
Stadtzeichner die Schattenpartien durch sich senkrecht und
wagerecht kreuzende Linien darstellt, gibt sie der
Figurenzeichner durch kräftige Schrägschraffierung. Auch die
Unterschrift scheint ausgeschliffen worden zu sein, denn neben
dem Trennungsstrich der Verse ist ein zweiter, nicht ganz
fortgeschliffener sichtbar.
Erschienen ist das Blatt in Thesaurus philopoliticus ...
Politisches Schatzkästlein ... Vom Jahre 1623 ab
herausgegeben vom Kupferstecher Eberhard Kieser in Frankfurt a.
M. in klein quer 4°. Bei Kiesers Tode (1631)
lag die Sammlung in 2 Bänden oder 16
Heften mit über 800 Kupferstichen vollendet vor.
Paul Fürst in Nürnberg erwarb die Platten, ordnete sie neu und
gab sie von 1637 an unter dem Titel Sciographia
cosmica in 8 Bänden neu heraus. Seine Erben
1678 nochmals als Sciagraphia cosmica und spätere
Besitzer der Platten noch ein- bis zweimal. Ratzeburg erschien
im 4. Heft der Kieserschen Ausgabe als Blatt
34. Bekannt sind fünf verschiedene Plattenzustände:
1. Ratzeburg ohne Blattzahl, 2. mit der Blattzahl
34. 3. mit dem Zusatz "in Sachsen",
4. mit dem weiteren Zusatz des Stadtwappens unten
rechts, 5. das gleiche Blatt mit der Zahl 8
statt 34 oben rechts.
Daß es sich bei diesem Blatt gewissermaßen um eine Todesanzeige
handelt, ist bisher übersehen worden, keinesfalls ist die
Ansicht älterer Historiker zutreffend, daß es 1693
als Werbeblatt für den Wiederaufbau Ratzeburgs Verwendung
gefunden habe. Für diesen Zweck standen zwei Blätter aus dem
Verlag von Thomas von Wiering in Hamburg zur Verfügung, von
denen das kleinere hier abgebildet ist.
SIEGFRIED SCHELLBACH.
1934/2 - 36
1934/2 - unpag.
Die ausgebrannte Ratzeburg.
Radierung. Platte 250 X 150 mm.
Gedächtnisblatt für Herzogin Elisabeth Sophie von
Sachsen-Lauenburg.
Radierung. 148 x 98 mm.
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