Wer mit einem unserer schönen Lauenburger
Dampfer elbaufwärts von Bleckede nach Hitzacker fährt,
überblickt dem westlichen Steilufer gegenüber auf der andern
Seite ein an Wiesen und Wald reiches Flachland mit zahlreichen
Dörfern, das ehemals lauenburgische Amt Neuhaus-Elbe. Bei der
Anlegestelle Darchau, wo die Straße Uelzen - Neuhaus die Elbe
quert, lädt gleich rechts am Deich die Gastwirtschaft von FRANZ
RAUTENRKANZ im größten Hofe des Dorfes zur Rast ein. Wer hier
verweilt und die interessante Familiengeschichte hört, erlebt
ein Stück deutscher Geschichte.
Die Familie Rautenkranz in Darchau leitet sich in gerader
männlicher Linie von den Herzögen von Sachsen-Lauenburg ab, die
im Jahre 1689 ausstarben. Da deren Stammtafeln
bekannt sind, geht die Ahnenreihe der Rautenkranz bis auf
Albrecht den Bären und weiter fast bis ins 10.
Jahrhundert zurück. Wahrscheinlich sind die Angehörigen der
Familie Rautenkranz heute die einzigen Nachkommen der Askanier
in männlicher Linie, außer den Fürsten von Anhalt und den Grafen
von Waldersee.
Rautenkranz nennt man den heute noch in den sächsischen Wappen
geführten grünen Schrägbalken mit aufgesetzten
kleeblattähnlichen Zeichen. Er ist das Wappen der Herzöge von
Sachsen seit etwa 1200. Als Herzog Heinrich der
Löwe im Jahre 1180 seiner Herzogtümer und
Reichslehen für verlustig erklärt wurde, verlieh Kaiser
Friedrich I. die eine Hälfte des Herzogtums
Sachsen dem Erzbischof von Köln, die andere kleinere dem Grafen
Bernhard von Anhalt, einem Sohne Albrechts des Bären. Es geht
die Sage, Herzog Bernhard habe den Kaiser, im Walde
niederkniend, um ein Zeichen seiner Herzogswürde gebeten, und
der Kaiser habe ihm darauf einen Laubkranz (Rautenkranz), den er
der Sonne wegen auf dem Kopfe getragen, feierlich über den
Schild gelegt. Im Jahre 1261 fand zwischen den
Enkeln des Herzogs Bernhard erneut eine Teilung des Herzogtums
in die beiden Linien Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg
(Obersachsen) statt, die Kurwürde ging dann später an die
Wittenberger Linie über, beide führten aber den Titel Herzöge
von Sachsen, Engern und Westfalen und trugen beide den
Rautenkranz im Wappen.
Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg bauten sich im sumpfigen
Elblande ein neues Haus, von dem heute noch in Neuhaus die Wälle
und ein Gebäude stehen. Erwähnt ist das Schloß zum ersten Male
im Jahre 1372. Als Residenz diente es besonders
seit Franz II., der das Schloß um 1608
erneuern ließ und es seiner zweiten Gemahlin als Witwensitz
verschrieb. Seine Söhne, deren mannigfache Lebensschicksale in
dieser Zeitschrift schon früher geschildert wurden 1),
waren
______________
1) U. v. Rundstedt, Die Söhne Franz II.,
Lauenburgische Heimat 4. Jahrg. 1928,
Seite 5 ff.
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sehr häufig in Neuhaus. Einer von ihnen,
Franz-Karl - geboren am 2. Mai 1594 - ist, wie dort
schon erwähnt, der Stammvater der Familie Rautenkranz. Ihm wurde im Jahre
1644 Schloß und Amt Neuhaus zugestanden, das er aber häufig zu Reisen
nach Wien und Hamburg verließ. Er starb in Neuhaus am 20. November
1660. Zur Regierung im Herzogtum Lauenburg ist er nie gekommen,
doch führte er den Titel Herzog von Sachsen, Engern und Westfalen und den
Rautenkranz im Wappen.
Über die Abstammung der Rautenkranz von Herzog Franz-Karl berichtet Zöllner
Manecke in seiner "Geschichte des Amts Neuhaus an der Oberelbe" im Jahre
1822:
"Herzog Franz Carl hat zwar drei Gemahlinnen gehabt, alle drei vorhin Witwen,
doch aber keine eheliche Leibeserben hinterlassen, wohl aber mit einer
englischen Dame eine Tochter Elisabeth Charlotte von Rautenkranz erzeugt, die
1656 den Hofmarschall von Wedell geheiratet hat, und mit einem
Waschmädchen vier Söhne, wovon drei in Kriegsdiensten verstorben sind, der
älteste aber, Franz Carl von Rautenkranz, Besitzer eines Doppelhofes zu Darchau,
auch Zöllner, Deichschauer und Schulze daselbst geworden ist. Von seiner
Deszendenz, die schon in erster Generation das "von" abgelegt hat, ist der
älteste noch Hofbesitzer nach Meierrecht und verwaltet die obgedachten kleinen
Bedienungen."
Die Überlieferung der Familie und der in ihrem Besitz befindliche, gleich näher
zu beschreibende Siegelring stimmen mit diesen Angaben überein.
Die drei jüngeren Brüder des Schulzen sind:
Wilhelm Albrecht von Rautenkranz; ging in Kriegsdienste und starb in Hamburg;
ist 1660 in Darchau Pate.
Rudolph von Rautenkranz; starb in kurbrandenburgischen Kriegsdiensten.
Franz von Rautenkranz; starb in Kriegsdiensten.
Alle drei sollen keine Nachkommen hinterlassen haben.
Der in schwedischen Heereslisten vorkommende Oberst von Rautenkranz ist wohl der
Sohn des Schulzen, Franz Erdman von Rautenkranz, getauft am 6.
März 1662, dessen in Wismar ausgefertigter Militärpaß vom Jahre
1717 im Kieler Staatsarchiv sich befindet 2). Er starb
als Einwohner zu Darchau am 24. September 1739.
Die seit dem Jahre 1640 vorhandenen Kirchenbücher der Gemeinde
Stapel, zu der Darchau gehört, bestätigen die besonderen Beziehungen zwischen
denen von Rautenkranz in Darchau und der herzoglichen Familie. Es finden sich
Eintragungen, daß der Zöllner Franz Carl von Rautenkranz im Jahre 1654
getraut wurde und 1707 starb. Er hatte neun Kinder, deren
Taufpaten die Herzöge selbst oder höhere Staatsdiener waren. Beim ersten Kind
Christina Elisabeth, das 1655 getauft wurde, sind Taufpaten die
Gemahlin des Herzogs Franz-Carl, namens Christina Elisabeth, und die Jungfer
Elisabeth von Rautenkranz, deren Trauzeugnis mit Richard von Wedell sich im
_______________
2) Staatsarchiv Kiel, Abt. 210 (D I 1),
Nr. 1283.
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Kirchenbuch als Nr. 6 des
Jahres 1656 findet. Drei der Söhne tragen Namen der Herzöge von
Lauenburg, die bei ihnen Pate standen: Carl, Franz Erdman und Julius Franz; bei
einem vierten, Jacob Lehnhardt, waren drei Offiziere Paten; der fünfte, Wilhelm
Johann von Rautenkranz, wurde Weißbäcker, später Ladenhalter und Schulze zu
Stapel. Seine Paten waren Wilhelm Albrecht von Rautenkranz und Johann Henning,
Goldschmied. Der erstgenannte muß der zweite der angeblich in Kriegsdiensten
gestorbenen Brüder des Schulzen Franz Carl sein, während der Goldschmied
Henning, der am 12. März 1682 zu Neuhaus starb, den
Siegelring hergestellt haben mag. Christina Elisabeth heiratete 1681 den
Schreiber zu Neuhaus, Johann Sterfinger, hochfürstlich niedersächsischen Lakai,
und nach dessen Tode den Schulmeister in Darchau.
In der dritten Generation werden von vier erwachsenen Söhnen zwei Soldaten,
nämlich Korporal und Wachtmeister, einer wird Amtsschreiber zu Oldenstadt bei
Uelzen, während der Älteste Zöllner und Schulze zu Darchau bleibt. Dieser läßt
bei der Taufe seines ersten Sohnes im Jahre 1720 noch den vollen
Namen von Rautenkranz im Kirchenbuch eintragen, späterhin aber nur noch
Rautenkranz. Man sieht daraus, daß er das "von" nicht abgelegt hat, wie Manecke
schon für die erste Generation behauptet, sondern seinem ältesten Sohne, also
seinen Darchauer Nachfolgern, das "von" erhalten will. Dieser älteste Sohn
stirbt aber schon mit 16 Jahren, so daß der zweite Sohn, der nur
noch auf den Namen Rautenkranz getauft ist, sein Nachfolger wird. Durch diesen
unglücklichen Zufall ist also das Adelsprädikat gegen den Willen der Schulzen
Rautenkranz verloren gegangen und ist seither von der Darchauer Linie, die dazu
am ersten berechtigt wäre, nicht wieder aufgenommen worden.
In der vierten Generation bleibt Gustav Heinrich als Schulze in Darchau, Johann
Christoph wird Klosterjäger in Lüneburg, Franz Carl reitender Förster in
Brunstorf, später in Salem, Johann Andreas reitender Förster in Lüchow und Georg
Ludolph Herzogl. Mecklenburg-Schwerinischer Stallmeister zu Redefin. Der Vorname
Franz-Carl findet sich fast in jeder Generation und ist heute noch in mehreren
Linien gebräuchlich.
Die Kirchenbücher geben weiterhin den vollständigen Stammbaum der Familie
Rautenkranz als Zöllner und Hofbesitzer zu Darchau bis auf den heutigen Tag. Der
älteste Sohn wirkt als adjungierter Zöllner häufig schon neben dem Vater. Auch
findet sich die Bezeichnung Truhevogt und bei einer Begräbniseintragung
1799 Königl. Kurfürstl. Zöllner und Frei-Schulze zu Darchau. Der Zöllner
war nämlich schon von früher her von Abgaben frei und versah dafür seinen
Zolldienst ohne Gegenlohn. Daß seine Aufgabe ursprünglich sehr wichtig war, geht
unter anderm aus den alten Geld- und Kornregistern des Amtes Neuhaus 3)
hervor. So betrug seine Einnahme aus dem Land- und Fährzoll im Jahre 1689/90:
"62 Reichsthaler, 19 Schilling; 9
Thaler weniger als Vorher, weill vöriges Jahr mehr gekaufter
_______________
3) Im Preußischen Staatsarchiv Hannover.
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Ochsen übergegangen"; für Holzzoll 65
Thaler, 16 Schilling. Der Holzzoll betraf alles
zwischen Wehningen und Gülstorf zu Wasser gebrachte Holz.
Glücklicherweise ist die Bestallungsurkunde in beglaubigter
Abschrift noch erhalten 4). Sie ist datiert
Geschehen Newhaus den 30. July a. d. 1654
und unterzeichnet Frantz Carl, Herzog zu Sachsen. Es heißt
darin: "Von Gottes Gnaden FRANZ CARL Herzog zu Sachsen Engern
und Westphalen, demnach Wir gegenwärtigen und Inhabern dieses
FRANTZ CARLN von Rautenkranz für einen Zöllner und
Oberdeichschauer zu Darchaw bestellt und angenommen
solchergestalt daß er mit wirklicher Leistung eines körperlichen
Eides Uns getreu, hold und Aufwärtig seye, ... Da entgegen und
für solche seine Treue und auswärtige Dienste soll er jährlich
die zum Zollhause vor Alters gelegene Hufe Landes nebst den
Schulzengerichte und dazugehörigen Gerstenkampes nebst den
Accidentien von Krebswagen und sonsten wie es die Zöllner
vorhero allemal gehabt zu genießen, gleichfalls wegen der
Oberdeichschauerei anstatt der Besoldung von 8
Rthlr. auch eine wüste Hufe Landes deren annoch etliche in
Darchau vorhanden . . zu gebrauchen und wann die Deichschauung
wiederum in Ordnung gebracht was an Strafen davon fallen müchte
zu empfangen haben, alles nächdem es vor Alters ist üblich und
gebräuchlich gewesen."
Dieser Urkunde ist wirklich nicht anzusehen, ob sie zwischen
Vater und Sohn oder zwischen Fremden abgeschlossen wurde. Leider
fehlen Dokumente, in denen die Abstammung der Rautenkranz von
den Herzögen urkundlich belegt würde, eine Tatsache, die aber
nicht Wunder nimmt und in keiner Weise gegen die zahlreichen
Indizien spricht, die für die fürstliche Abstammung zeugen.
Allerdings befindet sich im Besitz eines aus der Darchauer Linie
stammenden Herrn von Rautenkranz in Hamburg-Rahlstedt ein
"Geschlechts-Register derer von Rautenkranz in Begründung auf
dasjenige, was sich von solchem Gesichtspunkte in der
Amts-Registratur zu Neuhaus und den Kirchenbüchern zu Neuhaus
und Stapel findet, minder nicht den anliegenden beglaubigten
Nachrichten". Dieser Stammbaum führte im Jahre 1839
durch ein "Gesuch des Packhofsgehülfen Georg Wilhelm Rautenkranz
zu Harburg um Erneuerung des angeblichen Adels" zwar nicht zur
Anerkennung des Adels, wohl aber zur Führung des vollen Namens
"von Rautenkranz" in dieser Linie bis auf den heutigen Tag. Es
heißt darin: "Herzog Franz Carl zu Sachsen-Lauenburg, gestorben
zu Neuhaus 1660, hat mit einem Wäsche-Mägdelein
und einer englischen Dame, deren Namen unbekannt verblieben,
morganat gezeuget: I. FRANZ CARL . ., WILHELM . .,
RUDOLPH . ., FRANZ .., II. ELISABETH CHARLOTTE
..."
Interessant ist an der Zollbelehnung noch zweierlei. Einmal
wurden im gleichen Jahre 1653 die Zölle im Lande
Lauenburg mit kaiserlicher und kurfürstlicher Genehmigung
verdoppelt 5), und zweitens erfolgte die
Bestallung augenscheinlich gerade vor Ablauf des neun-
_______________
4) Staatsarchiv Kiel, D I 1, Nr.
1283.
5) Staatsarchiv Kiel, Urk. Hzgt. Lauenburg Nr.
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jährigen Vertrages von 1644, in welchem Franz
Carl Schloß und Amt Neuhaus zugesprochen waren 6).
Die im Staatsarchiv Kiel vorhandenen Akten, in denen sich die vorstehende
Bestallung als Abschrift erhalten hat, beziehen sich auf Standeserhöhungen aus
den Jahren 1790-1817. Aus ihnen ergibt sich, daß
1802 die Familie Rautenkranz um ein Attest gebeten hatte, daß sich
selbige in vorigen Zeiten des Prädikats "von" bedient habe. Die Regierung in
Ratzeburg erteilt am 4. Dezember 1802 dieses Attest
nach beurkundeter Darlegung der adeligen Abstammung des weiland herzoglich
mecklenburgischen Herrn Stallmeisters Georg Ludolph Rautenkranz zu Redefin und
dessen nachgelassenem einzigen Sohn Otto August. Der damals 16
jährige Otto August war nämlich als Fahnenjuncker (Estandartenjuncker) beim Kgl.
Preußischen DragonerRegiment von Manstein in Osterode in Ostpreußen angenommen
unter der Bedingung, daß er seine adelige Abstammung ´nachweise. Der Nachweis
der Abstammung von jenem Zöllner Franz Carl von Rautenkranz genügte der
Regierung als Beweis adeliger Abstammung.
Der unzweideutigste Beweis für die Abstammung der Familie von dem alten
Herzogsgeschlecht aber ergibt sich aus den heraldischen Beziehungen des
Familienwappens der Rautenkranz zu dem von dem Herzog Franz Carl geführten
Wappen. In der Familie hat sich nämlich ein schwerer goldener Siegelring des
Franz Carl von Rautenkranz mit dessen Initialen F. C. V. R. erhalten (siehe
Abbildung), dessen
Wappen aus dem Siegelring des Franz Carl von Rautenkranz
Wappen als gemindertes Wappen seines herzoglichen Vaters
anzusprechen ist. Das von diesem geführte Wappen hat sich an zahlreichen
Urkunden im Staatsarchiv Kiel erhalten, es zeigt einen viergeteilten Schild, der
mit dem diagonal über das erste und vierte Feld verlaufenden sächsischen
Rautenkranz belegt ist, in Feld 1 und 4 erscheinen
darunter die Balken des Hauses Ballenstedt, Feld 2 zeigt den
rechts gewendeten Adler (hier für Westfalen), Feld 3 die drei
2:1 angeordneten ausgebrochenen Seeblätter für Engern. Die Helmzier
des Wappens besteht aus drei Helmen, auf dem rechten befindet sich eine Mütze,
die mit zwei zepterartigen oben gekrönten Stäben mit
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6) Staatsarchiv Kiel, Abt. 210 (D I 1),
Nr. 137.
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Federbusch besteckt ist. Der mittlere gekrönte
Helm zeigt als Zier einen säulenartigen, vom Rautenkranz
umschlungenen Hut, oben mit Pfauenfedern besteckt, der linke
ebenfalls gekrönte Helm den flugbereiten Adler. Genau die
gleiche Darstellung zeigen die Siegel der Brüder des Herzogs
Franz Carl, Julius Heinrich und Franz Erdmann, natürlich mit
veränderten Umschriften.
Vergleicht man mit diesem Wappen die Darstellung auf dem
Rautenkranzenschen Familienring, so finden wir bei letzterem die
gleiche Vierteilung des Schildes, auch hier sind Feld 1
und 4 mit dem diagonal verlaufenden Rautenkranz
belegt. Während dieser jedoch bei dem herzoglichen Wappen in
jedem Felde mit drei kleeblattartigen Ornamenten versehen ist,
zeigt das Rautenkranzsche Wappen nur zwei in jedem Felde, bei
diesem fehlen außerdem in Feld 1 und 4
die Querbalken. In Feld 2 und 3
wiederholen sich bei dem Rautenkranzschen Wappen zwei bei der
Kleinheit des Siegels schwer deutbare, gleichartige
Darstellungen.
Um was es sich handelt, wird sofort klar, wenn wir das
herzogliche Wappen heranziehen. Hier finden wir in Feld 3
die eigenartig gestalteten ausgebrochenen Seeblätter von Engern,
die auch als Schröterhörner bezeichnet werden. Es kann keinem
Zweifel unterliegen, daß der ringartige Gegenstand in Feld
2 und 3 des Rautenkranzschen Wappens
ein hier mit den Zangen nach unten gekehrtes derartiges
Schröterhorn oder Seeblatt darstellen soll, welches von einem
mit der Spitze nach oben gerichteten Schwerte durchspießt ist.
Daß wir es tatsächlich mit einem Schwert und nicht etwa mit
einem Pfeil zu tun haben, ergibt sich mit Sicherheit aus der
Helmzier, die, heraldischem Brauche entsprechend, Elemente des
Wappens wiederholt, diese aber zeigt einen Helm mit zwei
Büffelhörnern, zwischen denen sich ein ein Schwert schwingender
Arm befindet. Wir haben in dem Schwert wohl nur eine Anspielung
auf die kriegerische Tätigkeit des Herzogs Franz Carl zu sehen.
Der in Deutschland überhaupt seltene Bastardbalken fehlt den,
Rautenkranzschen Wappen, dagegen dürfen wir in der Minderung des
Wappens - Fehlen der Ballenstedter Balken und des Adlers, zwei
Kleeblattornamente am Rautenkranz statt drei, ein Seeblatt statt
drei - Hinweise auf die mindere Geburt sehen.
Sonst kommt eine adelige Familie von Rautenkranz in der
Literatur vor als Carl Sigismund von Rautenkranz,
sächsisch-gothaischer Generalleutnant und Kommandant in
Altenburg, geboren 1675 in Meißen, von dem ein
Hüftbild von Bernigeroth existiert, und seine Gattin, Magdalene
von Rautenkranz, in Trauergedichten von Alberti, Altenburg
1752. Er führt auf dem Bild den Rautenkranz im
Wappen, wird aber auch als Herr auf Rautenberg bezeichnet,
gehört also wohl in die Familie Rautenberg. Denkbar ist, daß
alle Familien Rautenkranz sich von den Herzögen von Sachsen
ableiten, tritt doch der Name recht selten und an Orten auf, die
weitere Nachforschungen gestatten, nachdem die Quelle des Namens
aufgedeckt ist.
Den ganzen Stammbaum der Familie Rautenkranz hier zu erläutern,
würde zu weit führen. Es sei nur erwähnt, daß der
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heutige Hofbesitzer in Darchau die neunte
Generation der Familie Rautenkranz ist und daß der Doppelhof
nebst den zugehörigen Ämtern sich immer in gerader Linie auf den
ältesten lebenden Sohn vererbt hat. Von den mannigfachen
Schicksalen und charaktervollen Persönlichkeiten der
Doppelhufner Rautenkranz, die sich ihrer hohen Abstammung immer
bewußt waren, gehen im Volksmunde noch verschiedene Erzählungen
um. So soll in der Franzosenzeit Georg Johann Christoph
Rautenkranz, der nach Ripdorf bei Uelzen geheiratet hatte, vom
Uelzener Rathaus auf einem Schimmel nach Darchau entflohen sein
und trotz ihm nachgesandter Kugeln die Elbe durchschwommen
haben.
Ein furchtbares Unglück hat im Jahre 1888 Darchau
betroffen. Ein Deichbruch der vereisten Elbe, der gerade an der
Stelle des Rautenkranzschen Hauses begann, zerstörte den Ort
völlig und vernichtete viele Menschenleben. Der Altenteiler Otto
Christian Gottlieb Ludwig Rautenkranz wurde nach dem Abzug des
Hochwassers am 4. April 1888 auf
seinem Hofe tot aufgefunden. Das mehrstöckige massive Haus der
Rautenkranz, das stattlicher war als das heutige, war ein
Schutthaufen, in dessem Schutze das Altenteilerhaus stehen
blieb. In diesem waren über dreißig Menschen versammelt, die
dann mit Mühe gerettet werden konnten. Dabei war der Deich beim
Rautenkranzschen Hause durch natürliche Dünen verstärkt, so daß
zu verstehen ist, daß noch eine Viertelstunde vor dem Eintritt
des Unglücks der junge Rautenkranz gesagt haben soll: "Kommt in
min Hus, dat steit fest und ist wie up Felsen baut". Nach dem
entsetzlichen Unglück "trübte sich sein Verstand mehr und mehr,
wodurch die Familienüberlieferung erschwert wurde 7).
Das Dorf Darchau wurde mit Staatshilfe wieder aufgebaut. Vieles
war verloren, doch der alte Siegelring fand sich in einem
Geheimfach der im übrigen bestohlenen Schmuck-Kassette wieder,
die ein gutes Stück vom Eis und Wasser weggeführt war. Schon
einmal war der Ring verloren gegangen, wie man sagt, auf der
Jagd. Doch fand nach Jahren ein fremder Knecht den Ring bei
Bestellung des Ackers wieder und konnte nach empfangenem
Finderlohn den Ring dem als rechtmäßigen Besitzer vom Landrat
anerkannten Herrn Rautenkranz übergeben. So ist dieses
Familienerbstück heute noch als Zeuge der bewegten Vergangenheit
und der hohen Abstammung der Familie Rautenkranz erhalten und
wird, zum Inventar des Erbhofes gehörend, sich weiteren
Generationen vererben können.
All die Familien Rautenkranz, Rautenkrantz und von Rautenkranz
aber in Hamburg, Hannover, Celle, Lüchow und in der weiten Welt
werden immer wieder durch ihren Namen erinnert an die große
Vergangenheit ihrer Ahnen und besuchen gern einmal ihren alten
Stammhof in Darchau 8).
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7) In einer Ballade von Korl Puls: "Dei Elwutbruch
bie Darchau 1888" in "Licht un Schatten" Seite
93, Verlag Otto, Lübtheen i. M., wird die tragische
Zerstörung des Erbhofes eindringlich dargestellt.
8) Eine ausführliche Stammtafel der Familie
Rautenkranz, die 195 Namen enthält, reicht der
Verfasser der Zentralstelle für niedersächsische
Familienforschung, Hamburg, Holstenwall, ein.
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