Am gleichen Tage (15.
September) werden dem Kötner Hans Vicke und dessen Ehefrau Catharina sowie deren Sohn Peter 25 "Fragstücke"
durch die Gerichtsherren Joachim von Kampe und Diedrich vom
Holtz vorgehalten, bei den Männern unter Torturanwendung. Die
Aussagen der Familie Vicke auf die in der Frageform nicht
vorliegenden Untersuchungspunkte ergeben folgende Vorgänge:
Hans Vicke will von der "verhuringe" (Vermietung) seines Hauses
nichts gewußt haben, da diese in seiner Abwesenheit durch seine
Frau erfolgt sei; er wisse auch nicht, was in der Werkstatt vor
sich gegangen, "dan se de dören ingehengett". Am Pfingsten
1583 seien allerdings Hinrich Schütte, Klaus
Fuhrmann, Bertold Sisenis sowie Daniel Koch mit seinem Sohn dort
gewesen, aber da sie "öhr doent aldar vorborgen geholden hebben"
und er selbst "buten huses siner arbeit mit fischende gebruket"
hätte, wisse er nicht, was geschehen sei, habe das Klopfen
allerdings gehört. Selbst habe er "von der Munte nichts
entfangen", "ok keinen Vordeil gehatt". Der Daniel Koch habe
aber bei der
letzten Anwesenheit seiner Frau "den Wescher, so vorslaten
gewesen, tho vorwaren gedan, sonst hebben se de Stempell und
Instrument mit sich wech genahmen".
Der erste Aufenthalt des Fuhrmann, Schütte, Sisenis und der
beiden Koch um Pfingsten 1583 habe 8
Tage gedauert, der zweite, spätere des Fuhrmann, Koch und des
Juden Jost etwa 6 Wochen (Weihnachten 1583 bis
Fastnacht 1584); ein angeblich auch in die Sache
verwickelter Daniel Westhoff sei ihm nicht bekannt. Frau Vicke
gibt zu, die Vermietung ihrer "Dörntze" (heizbares Wohngemach)
um Pfingsten 1583 mit Fuhrmann für wöchentlich
3 Mark Lübisch abgemacht zu haben, wobei dieser
erklärt habe, "dat ein Man aldar sine arbeit gebruken solde".
Sie gibt auch zu, gesehen zu haben, "dat se Kupper buten der
Dorntzen vor dem Aven gehittet hebben", bestreitet aber, von der
Falschmünzerei Kenntnis gehabt zu haben. Die Verwahrung der
"voslaten Weschtasche" muß sie zugeben, besonders aber auch, daß
Koch ihr "tho tween mahlen de Stempell behandigett, desulvigen
in öhre Kisten tho vorwaren". Die Lebensmittellieferung durch
Frau Fuhrmann wird bestätigt; diese habe ihr bei einer solchen
Gelegenheit gesagt, daß sie die "Weschtasche" demnächst "int
Water werpen scholde", wohl bei Gefahr der Entdeckung (der
genaue Anlaß ist in dem betr. fehlenden "Fragstück" angegeben).
Der Sohn Peter Vicke bestätigt im wesentlichen die Angaben
seiner Eltern, will die Tätigkeit der Fremden als die Fertigung
von Messerscheiden angesehen haben, womit die wöchentliche Miete
von 3 Mark, die also die ortsübliche gewesen sein
muß, in Einklang gestanden habe. Auf Veranlassung der Frau
Fuhrmann (also wohl nach den
Festnahmen) habe er die "Weschtasche" ins Wasser geworfen,
"welckes dan he uth unwetenheidt gedan"; auch einen Stempel habe
er "int Brack geworpen, welckes ock so deep, dat he nicht
wedderumb doruth konne bekommen werden". Trotz ihres förmlichen
Leugnens scheint die Familie Vicke doch wohl im Bilde gewesen zu
sein, worum es sich gehandelt hat. Aber Freilassung oder
Fortdauer der Haft ergeben die Akten nichts.
Ob das auf Grund dieses neuen belastenden Materials von Hamburg
angeregte nochmalige peinliche Verhör des Fuhrmann erfolgte, ist
aus den Akten nicht ersichtlich. Zu seiner Verurteilung reichte
die bisherige Beweislast völlig aus und seine Hinrichtung durch
Verbrennung ist, wie aus einem späteren Briefe ersichtlich,
schon am 17. oder 18. September
erfolgt. Die Strafart entsprach dem, auch in die Peinliche
Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (Artikel 111)
übernommenen, altdeutschen Brauch, den Verbrecher an dem Gliede,
dessen er sich zu seiner Tat bedient hatte, oder auf eine der
Tat ähnliche Weise zu strafen, z. B. Abhacken der rechten Hand
eines Falschmünzers unter Karl dem Großen bzw. späteres Sieden
eines ungetreuen Münzmeisters in einem Kessel (an Stelle des
Schmelztiegels).1934/3-4 - 74
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Von den in Hamburg aufgenommenen Protokollen
ist anscheinend nur die Vernehmung der Frau Fuhrmann dem Herzog Franz
abschriftlich mitgeteilt, aber schon die Aussagen des Fuhrmann und Koch gaben
eine hinlängliche Handhabe, gegen den Helfershelfer der Falschmünzer, seinen
Lehnsmann Jörgen von der Lieth, vorzugehen. Dieser ist, offenbar sofort nach
Bekanntwerden der Verhaftungen, mit seiner Frau Margaretha geborene von
Wenckstern unter dem Vorwände der Teilnahme an einer auswärtigen Beerdigung
flüchtig geworden, worauf der Herzog das Gut Kuddewörde durch vier mit
Hakenbüchsen bewaffnete Diener besetzen ließ, die auch auftragsgemäß die
Wohnräume versiegelten. Bereits unter dem 18. September ergeht
eine förmliche Vorladung an den Junker, am 30. September samt seiner Ehefrau vor
dem Herzog in Schwarzenbek, bei Strafe des Verlustes seines Lehens, zu
erscheinen. In diesem Schreiben wird unterstellt, daß den Beschuldigten die
strafbare Handlung, deren sie bezichtigt werden, "aus dem allgemeinen Geschrei"
bereits bekannt sei und es wird auf die Geständnisse der in Lübeck. Hamburg und
Pinneberg verhafteten Personen allgemein und ohne Nennung bestimmter Namen oder
Tatsachen Bezug genommen. Die in Kuddewörde getroffenen Maßnahmen, auch die
inzwischen erfolgte zeugenschaftliche Vernehmung der Gutsbewohner wird den
Beschuldigten mit dem Bemerken mitgeteilt, er, der Herzog, sei nach seinem
fürstlichen Amt und den Reichsvorschriften zur Aufklärung dieser Sache
verpflichtet, werde auch bereits von den benachbarten Kreisständen an die
Übersendung der eigenen Vernehmungsprotokolle "zum heftigsten erinnert und
ermahnet" (worüber sich bei den Akten keine Vorgänge befinden). Der Herzog
bringt zum Ausdruck, daß dem Junker an der Rechtfertigung von dem Verdacht "zum
Höchsten gelegen" sein müsse und versieht sich des schuldigen Gehorsams seines
Lehnsmannes.
Dieses schreiben muß durch einen Vertrauten des Beschuldigten, der wohl für
diesen zu erwartenden Fall bereits einen "Zustellungsbevollmächtigten" bestimmt
hatte, schnellstens in die Hände des Empfängers - der sich, wie aus späteren
Vorgängen ersichtlich, in Harburg a. Elbe aufhielt - gelangt sein, denn schon
vom 19. datiert die am 21. September in Schwarzenbek
eingehändigte Verantwortungsschrift des von der Lieth. Dieser bestreitet "vor
Gott und der ganzen Welt", auch nur die geringste Wissenschaft über das
Verbrechen zu haben, verwahrt sich gegen die angeblich nicht gebräuchliche
Einbeziehung seiner Ehefrau in das Verfahren und weist in rechtlicher Beziehung
darauf hin, "das kein gepfändeter in werender Pfändung zu Recht kann gefurdert
werden". Unter Protest gegen die Gewaltanwendung vor erfolgtem Nachweis
seiner Schuld wünscht der Junker zu wissen, wer sein Ankläger sei, erbittet
Abschriften der ihn angeblich belastenden Aussagen und regt herzogliche
Schreiben an den Rat zu Lübeck, zu Hamburg und an den Drost zu Pinneberg an,
damit die Verhafteten noch vor ihrer Hinrichtung wegen seiner Unschuld befragt würden. Schließlich
bittet der Junker um Rückgabe seiner Güter, um ein freies, christliches Geleit
zu einem späteren Vernehmungstage, "das wir unser Freunde dazu konten mechtig
werden". Das Schreiben laßt eine Ortsangabe vermissen und ist mit dem
Siegel des von der Lieth: Kranich rechtshin steigend, der im rechten Fuß einen
Stein hält, gekrönter Helm mit offenem Flug, daneben J V - D L, verschlossen gewesen.
Den rechtlichen Einwendungen gegenüber scheint man bei Hofe unsicher geworden zu
sein, denn am 22. September wendet sich der Herzog an seinen Rat
Doktor Calixtus Schein in Lübeck, der gleichzeitig Syndikus der freien
Reichsstadt war, und erbittet seine Ratschläge. Die für den Herzog bestehenden
Bedenken gegen ein rücksichtsloses Vorgehen kommen in dem bezeichnenden Satze
zum Ausdruck: "Nun haben wir zu verhütunge alles verdachts bey denen vom adelt
und Lythen freundtschafft nichts nnbedechtiges kegen ihn fürnehmen" (wollen):
also der Anhang des Junkers und seiner Ehefrau unter den adeligen
Standesgenossen, auf den auch der Brief des von der Lieth Wohl nicht ohne
Nebenabsicht hinweist, scheint dem noch nicht endgültig im Besitz der
fürstlichen Gewalt befindlichen Herzog zu einem vorsichtigen und der Rechtslage
genau entsprechenden Vorgehen veranlaßt zu haben, wie auch die Wendung erkennen
läßt: "wan wir dan in dieser hochwichtigen Sachen nicht gern den Dingen zu viell
oder zu weinigk thun wollten". Das Ziel des von der Schuld seines Lehnsmanns
überzeugten Herzogs verrät freilich die Begründung der vorläufigen Beschlagnahme
des Gutes, die allerdings "keineswegs zu dem Effekt, als das wir
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seine güter gemeint einzuziehen, welchs wir
noch zur Zeitt zu zeitig erachtet" erfolgt sein sollte, denn eine Einziehung
konnte unzweifelhaft nur auf Grund eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils
ausgesprochen werden.
Eingefügt mögen hier sein die Zeugenaussagen der Gutsbewohner, die als Anlagen
des herzoglichen Schreibens an Doktor Schein übersandt werden. Der 5
Jahre in Diensten des Junkers stehende reisige Knecht Hans Volmar von Bardowik,
der auch von diesem wehrhaftig gemacht worden ist, bestreitet, reitende
Botendienste zwischen seinem Herrn und den Fremden versehen zu haben (was
anscheinend behauptet worden ist). Nach seiner Angabe habe wohl der Pastor zu
Kuddewörde Verdacht auf die Fremden gehabt, aber nur, ob sie etwa Wiedertäufer
wären. Allerdings habe er bei einem Besuch mit seinem Junker und seiner Herrin
in der Kornmühle gesehen, "das sie blangk Zeugk auf amboldt ausgeschlagen", aber
auf Befragen hätten die Fremden geantwortet, sie verkauften das bearbeitete
Metall. Auch auf der Schäferei habe der Junker mit den Fremden gesprochen, aber
von der Münzerei sei nicht die Rede gewesen, übrigens sei auch die Stube im
Innern des Stalles schon ein halbes Jahr fertig gewesen, bevor die Fremden dort
einzogen; nach ihrem Vorgeben kauften sie "Osemunde", um daraus eiserne Stangen
zu gießen und zu schmieden.
Der Schäfer Albert Baren weiß, daß Daniel Koch, Heinrich Schütte, Berthold
Zisenis und Klaus Fuhrmann sich in dem "abgescheureten Losament" auf der
Schäferei aufgehalten haben. Man habe ihn aber nicht hineingelassen, es hätten
auch zwei große Hunde vor der Tür gestanden. Das Klopfen auf einem Amboß habe er
gehört; Jörgen von der Lieth sei auch bisweilen in die Stube gegangen, was dort
geschehen sei, könne er nicht wissen. Nach dem Brande der Schäferei habe der
Junker das Holz für eine neue Schäferei geliefert, alle anderen Unkosten hätten
die Fremden tragen müssen. Unter den Bauern sei das Gespräch gegangen, was die
fremden Gesellen dort wohl trieben, "ob sie auch wol böse Münze machen sollen,
weil sie niemand zu sich kommen ließen". Auf eine gelegentliche Frage, was die
Fremden in der Schäferei wollten, habe der Junker ihm, dem Schäfer, geantwortet,
"was ihm solches kümmerte, sie wolten ihr Lager solange darinnen haben, bis die
Hammermöhle fertig wehre".
Weitere, namentlich nicht genannte "Unterthanen" des Junkers bestätigen dessen
Verkehr in dem Losament, das Vorhandensein der zwei großen Kettenhunde, auch das
Klopfen und Schmieden im Innern, haben aber nicht danach gefragt, "dan es ihnen
nicht angegangen".
Inzwischen ist Jörgen von der Lieth nicht untätig und versucht, sich den
Wortlaut der ihn belastenden Aussagen durch unmittelbare Anfrage beim Rate zu
Lübeck zu beschaffen, hat damit allerdings kein Glück, denn dieser antwortet ihm
auf seine Bitte um Überlassung der Abschriften unter dem 23.
September, "das derselbe Vohrmann unlängst wegen begangener seiner mißhandelung
sein Recht ausgestanden, derselbe auch sonsten in gehapter peinlicher Verhör auf
Euch nix bekandt, als hat es damit deshalb seine Richtigkeit und haben der
halben seine urgicht zu verschicken eine Unnotturft zu sein erachtet". Weitere
Versuche des von der Lieth, in den Besitz des Belastungsmaterials zu kommen,
werden wir später sehen.
Etwa gleichzeitig, unter dem 24. September, geht eine ausführliche
Äußerung des Doktors Schein unter Rückgabe des herzoglichen Schreibens nebst
aller Anlagen (16 Blätter) nach Schwarzenbek ab. Doktor Schein schickt voraus,
daß Fuhrmann "vor 8 tagen alhier verbrannt worden" sei und fügt
eine Abschrift der Aussage der Frau Fuhrmann bei, deren Inhalt oben bereits
wiedergegeben ist. Das Vorgehen des Herzogs entspricht nach der Auffassung
Scheins durchaus der Rechtslage. In den Reichsmünzordnungen von 1559,
1564 (richtig: 1566) und 1570 5), die
auf dem kürzlichen Reichstage zu Augsburg (1582 6)
verbessert und konfirmiert seien, habe eine jede Obrigkeit nicht nur das Recht,
sondern, bei Verwirkung einer Strafe von 2 Mark lötigen Goldes,
auch die Pflicht, alle Münzverbrechen ungesäumt zu verfolgen. Die vorliegenden
Geständnisse und
Zeugenaussagen reichten für die Sequestration der Güter, die nach Artikel
111
_______________
5) M. v Bahrfeldt, Niedersächsisches Münzarchiv (Halle-Saale
1927-1930): I. S. 221,
336, II. S. 74, III. S.
116.
6) An diesem Reichstage hatte Herzog Franz persönlich
teilgenommen; a. a. O. III. S. 115.
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der Carolina gegen die Helfershelfer von
Münzverbrechern ausdrücklich zulässig sei, völlig aus, zumal sich die
Beschuldigten durch ihre Flucht höchst verdächtig gemacht hätten. Doktor Schein
empfiehlt ferner, es nicht bei der Besiegelung der Wohnräume in Kuddewörde zu
belassen, sondern diese, allerdings in Gegenwart von Notaren und Zeugen, auf
belastende "instrumenta oder vordächtige Zeug des Münzens" durchsuchen zu
lassen. Was das Verlangen des Beschuldigten beträfe, seine Ankläger wissen zu
wollen, so genüge "ein bestendig geschrey und diffamation" an Stelle eines
bestimmten Anklägers, um die Einleitung des Strafverfahrens zu rechtfertigen.
Zur Aufhebung der Sequestration bestehe kein Anlaß, ebensowenig zu einer
anderweiten Behandlung der Ehefrau des Beschuldigten, da das Beweismaterial sie
als Mitschuldige belaste. Vertraulich erwähnt Schein den an den Rat zu Lübeck
gerichteten, oben besprochenen Brief des Jörgen von der Lieth, der in
"Harrenborch, den 20. September" datiert sei,
fügt stillschweigend eine Abschrift der lübeckischen Antwort bei und weist
seinen Herrn auf die Möglichkeit hin, die Festnahme der Beschuldigten durch die
für Harburg zuständige Obrigkeit herbeiführen zu lassen. Dieser an sich
naheliegende, aber nicht eingeschlagene Weg scheint gewisse Schwierigkeiten
bereitet zu haben, denn Doktor Schein empfiehlt selbst, ohne der Entschließung
des Fürsten und seiner Räte vorgreifen zu wollen, "nochmals mit guten und
gnädigen Worten" an Jörgen von der Lieth zu schreiben, "er solte sich zu
verantwortunge einstellen". Würde er dies nicht tun, "wie leichtlichen zu
vermuten", möge der Herzog ihn festnehmen lassen, wo er anzutreffen sei. Ob hier
eine Falle gestellt oder die Möglichkeit einer Einrenkung der Sache
offengelassen werden sollte, die den herzoglichen Wünschen auf Erlangung des
Gutes entsprochen hätte (der Junker war bejahrt und lebte, soweit ersichtlich,
in kinderloser Ehe), ist schwer zu beurteilen. Von Erteilung eines freien
Geleits rät Doktor Schein ab, "dan solchen Leuten vermöge der Constitution kein
gleit gegeben werden solle und wan es auch gleich zum Rechten und von der Kays.
Mayt. selbst gegeben werde, so soll es sie doch nicht schützen". Zur
Erleichterung der weiteren Bearbeitung, legt Doktor Schein "ein ungeferlich
concept" bei, wie an den von der Lieth zu schreiben und stellt es zu "E. f. g.
und Räte vorbesserung", die aber in keinem Worte erfolgt ist. Um den
Kreisfürsten gegenüber sich vor dem Vorwurfe einer säumigen Behandlung der Sache
zu sichern, rät Doktor Schein zum "acht haben, es trage sich mit dem von der
Liethe etwas zu auf dem einen oder andern weg, was da wolle", ferner beim Rate
zu Hamburg und dem Drosten zu Pinneberg Erkundigungen nach weiteren
Geständnissen der Gefangenen einzuziehen. Daß der Herzog an ersteren zu
schreiben keine Neigung verspürte, wird nach den gemachten Erfahrungen
verständlich sein.
Das "in guten und gnädigen Worten" von Doktor Schein aufgesetzte Schreiben an
Jörgen von der Lieth geht unter dem 26. September ab, natürlich
ohne die ersehnten Abschriften der Belastungsprotokolle. Die Zwangslage, in der
der Herzog sich gegenüber einer solchen allgemeinen bekannten Angelegenheit
befinde, wird mit geschickten Worten dargelegt, die Sequestration der Güter nur
als eine vorläufige, gesetzlich vorgeschriebene und durch die Flucht
selbstverschuldete Maßnahme, nicht als eine endgültige Entsetzung dargestellt
und bezüglich des freien Geleits dem von der Lieth bedeutet, daß, wenn er
wirklich, wie er behaupte, unschuldig sei, sich dies ja herausstellen werde und
damit das Geleit überflüssig sei. Der Herzog hält also an dem angesetzten
Verhandlungstag (30. September) fest und weist die Beschuldigten
auf die notwendigerweise eintretenden Folgen ihres Ausbleibens hin.
Inzwischen sind weitere Einwohner von Kuddewörde als Zeugen vernommen, so der
Bauermeister Hermann Stamer, der gehört haben will, daß die Fremden "missings
Messerscheiden" herstellten, um sie "außenlands" zu verkaufen, aber von einem
Verkehr des Junkers und dessen Frau mit den "Kerlen" nichts wissen will, ferner
der Zimmermann Meinecke Hermanns, der angeben kann, daß die Frenwen "blangk
Zeugk geklopfet und aus der Mühlen vort nach Hamburg geschicket", von einem
Umgang des Junkers mit diesen aber auch nichts wissen will.
Summarisch mit dem gleichen Ergebnis werden vernommen: Marten Tidemann, Hans
Hittmann, Thomas Kopes 7), Hans Kopes, Christoffer Pemoller,
_______________
7) Linsen, Statist. Land- u allgem. Adreßbuch f. d. Herzogtum
Lauenburg S. 622 erwähnt eine Kuddewörder Tischlerfamilie Koops.
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Wernecke Reinst, Hein Steinveldt, Otto
Schelhorn, Heinrich Kopes. Etwas Neues weiß des Junkers Schneider, Peter Hesse,
der allerdings erst vor kurzer Zeit in Kuddewörde zugezogen ist, zu berichten.
Jörgen von der Liethens Hausfrau habe einmal in der Kirche dem Berthold Sisenis
"ernstlich fürgehalten", sie habe gehört, "er und sein gesell gingen mit
falschen wahren umme, worauf er ihr geantwortet, ob sie sie vor solche Leute
anseghe, wehre jemandt, der was böses von inen wüßte, der solte herfür treten,
sie wolten iren Fuß bei dem seinen schließen lassen". Ob dies nun ein
abgekartetes Spiel gewesen oder ein Merkmal für die Unschuld wenigstens der Frau
von der Lieth bildet, läßt sich nicht entscheiden.
Als ein besonders wichtiger Zeuge wird Herr Nicolaus Stüve, Pastor zu
Kuddewörde, eingehend vernommen 8). Auf seine an den Junker und
andere Leute gerichteten Fragen nach dem Treiben der Fremden will er die Antwort
erhalten haben, das Klopfen rühre von der Herstellung messingener Flitter an
Kränzen, Bücherklausuren sowie Messingscheiden her. An einem Sonntag sei er
zufällig mit dem Junker zusammengetroffen und gemeinsam in die Wohnung der
Fremden gegangen; er habe aber nichts Verdächtiges bemerkt und "könne vor seine
Person nicht glauben, das der Junker oder die Frawe umb die Münzvorfelschung
solten wissenschaft gehabt haben".
Pastor Stüve berichtet ferner folgenden eigenartigen Vorfall. Lines Tages sei
ein ihm unbekannter Mann, der sich als der Bruder des Ludolf Höltkens
ausgegeben, in sein Haus gekommen und ihn im Aufträge des Hanptmanns Heinrich
Schmidt gebeten, er möchte bis zu dessen baldiger Ankunft im Hanse bleiben, der
Hauptmann wolle mit ihm wegen der fremden Gesellen sprechen, "dan es ginge das
geschrey, das es Munzvorfelscher sein solten". Dem Boten sei dann Speise und
Trank vorgesetzt worden und er, der Pastor, habe sich dann zum Junker und dessen
Frau begeben, um Bericht zu erstatten, "die ime dan beide geantwortett, das
wolten sie nicht hoffen, und wan sie es wüßten, das es solche Leute wehren,
sollen sie von inen nicht gelitten werden, und trüge er, der Junker, keinen
Scheu, selbst mit ime, dem Pastorn, zu den gesellen zu gehen und sie in seiner,
des Pastorn, gegenwart anzureden". Dieser Gang scheint aber unterblieben zu
sein, denn es ist nur noch die Rede von dem mangelhaften Kirchenbesuch der
Fremden, über den der Pastor sich beklagt und hinsichtlich dessen der Junker
Abhilfe zu schaffen verspricht; aber trotz eines weiteren halbjährigen
Aufenthalts sind die Fremden niemals in der Kirche gewesen, "woran es gemangelt,
wisse er (der Pastor) nicht". Inzwischen wird aber festgestellt, daß der
angebliche Höltkens in Wirklichkeit "ein loser bube undt landtstreicher" war;
dieser zieht es darauf vor, schleunigst zu verschwinden. Es war der
später in Pinneberg in Haft sitzende Daniel Kramer, auf seine Befragung über
diesen eigenartigen Besuch kommen wir weiter unten zurück.
Der als Zeuge vernommene Schmied Jorgen Wittekauf weiß nichts Neues zu
berichten, während Diedrich Trilleke und Claus Stamer, letzterer ein Knecht des
Heinrich Brüggemann, beide aus Schwarzenbek, folgendes angeben: Als sie die
Knechte des Herzogs nach Kuddewörde führten und in Grande die Pferde
ausspannten, hätten sie unter den sich sammelnden Leuten den Müller des Junkers und eine Frau reden hören, "an dem orte, da f. g. hatte graben lassen,
würde man woll nichls finden, sondern recht nefenst dem Schafstalle solle etwas
stehen ungemünzett und sein Junker hette auch schon danach graben lassen, aber
nichts finden können".
Das herzogliche Schreiben vom 26. September erreicht den Empfänger trotz seines
amtlich unbekannten Aufenthaltsortes ebenso schnell wie die erste Vorladung und
bereits vom 28. September datiert die am 30. in Schwarzenbek eingelaufene
Antwort, wiederum ohne Ortsangabe, die in der Form "den guten und gnädigen
Worten" des fürstlichen Herrn zwar Rechnung trägt, aber in der Sache, dem
Nichterscheinen zum Termin, festbleibt und als neuen Grund die kurze
Ladungsfrist anführt. Unter Hinweis darauf, daß ihm in dieser hochwichtigen
Sache, in der man ihm seinen ehrlichen Namen abstreichen und
_______________
8) Die sonstigen Nachrichten über diesen, derzeit noch nicht
ordinierten Geistlichen schwanken leider zwischen den Prädikaten "OMNIUM
UNFLATISSIMORUM UNFLATISSIMUS" (Kobbe, 2. Teil, S. 397) und dem milderen eines "ständigen Oppositionsgeistes" (Lbg. Leimat 1933,
S. 36); ebenda siehe seine Einstellung zum Bibellesen.
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beschmutzen wolle, "gelharter Leute, meiner
Freunde und ungehörigen, weit entsessenen Schwäger Radt hoch von notten und
alles sich aus dem Stegriff nicht wil thun lassen", bittet er um
Terminsverlegung (Doktor Schein vermerkt am Rande: prorogatio termini). Sollte
der Herzog diesem "rechtmäßig suchen" nicht stattgeben, sondern "etwas
fürfänglichs praecipitanter et sine causae cognitione vorherigen", wessen er,
der Junker, sich allerdings nicht versehen wolle, "so will ich auf den Event,
darinnen keineswegs gehelet, sondern darvon hiermit zierlich bedinget und mir
alle gepürende rechtmäßige Notturft zu seiner Zeit eintzuwenden expresse
vorbehalten und reserviret haben".
Jetzt macht der Junker auch den Versuch, seine angebliche Flucht in einem
anderen Lichte erscheinen zu lassen (Doktor Schein vermerkt am Rande: excusatio
fugae). Er sei also mit seiner Hausfrau zur Beisetzung seines Schwagers Cordt
von Mollendorff in der Mark Brandenburg gewesen und habe dort von der
"unvormudtlichen und unvorschuldeten occupation" seiner Güter Nachricht
erhalten. Angesichts dieser Sachlage sei ihm nicht zuzumuten, in sein von
herzoglichen Knechten besetztes Haus zurückzukehren, bevor er nicht seiner
"Freunde Rath" eingeholt habe. Unter vorsichtigem Beschreiten der ihm vom Herzog
gebauten, vermeintlich goldenen Brücke, die Reinigung seiner "adelichen Ehren"
läge in beiderseitigem Interesse, wiederholt der Junker seine Bitte um
abschriftliche Überlassung der Protokolle, damit er sich auf eine Verteidigung
vorbereiten könne, "das sey der billigkeit und Rechten gemeß, und konne f.
g. ein solches nit wol füglich vorweigern". Dem freien Geleit versucht der
Junker nunmehr nur die formelle Bedeutung zu geben, "das ich meinen
ansehenlichen beystandt darauff desto leichtsamer aufbringen und zu der
bevorstehenden Tagfahrt bequemer mechtig sein möge". Vor Gott und der Welt habe
er in seinem christlichen Gewissen das Geleit nicht nötig, da er unschuldig sei.
Im Falle weiterer Vorenthaltung des Geleits, das ihm nach den Reichskonstitutionen nicht
verweigert werden dürfe, behält sich der Junker alle rechtlichen Beschwerden und
Klagen hiergegen vor und weist noch etwas überheblich darauf hin, "das wir den
Tag und das Licht voll leiden können, auch jedermänniglich deshalber unter augen
zu treten, gar kein Scheu tragen noch einigs gleids von nöten hetten".
Wiederum wird der kluge Rat des Doktors Schein in Anspruch genommen und noch am
gleichen Tage des Einganges des obigen Schreibens wird die herzogliche Verfügung
aufgesetzt und am 3. Oktober durch Andreas Karstede, späterem
Bürgermeister von Ratzeburg 9), bei Doktor Schein abgegeben.
Besonders liegt dem Herzog die Geleitsfrage, "ohn welche wir vermerken, er sych
anhero zu begeben nicht gesynnet", sowie die Protokollabschriften im Sinn und er
weist mit sichtlichem Mißvergnügen darauf hin, "das Jorgen von der Lythe in
itzigem seinem schreiben abermahls den ortt, da er anzutreffen, verschweiget,
und sich gleichwol berühmen darf, er enthalte sych an örtern redlich und
offenbarlich".
Ebenfalls am 30. September sendet der Herzog an seinen auswärts
weilenden Kanzler und Rat Doktor Schulze eine Abschrift des Schreibens des
Junkers mit dem Auftrage, sich mit den beiden andern herzoglichen Räten, Doktor
Vitus Winsheim (Veit Weinsheim) und Doktor Wilhelm Moller hierüber zu beraten
und ferner die von Doktor Schein bezeichneten "Reichsabschiede und
constitutionen neben Kaiser Carls Peinlich Halsgerichts-Ordnung" zu kaufen und
mitzubringen, "wollen wir euch die auslage dafür alsbaldt wieder erlegen
lassen". Der bisherige Nichtbesitz der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften
wirft allerdings ein bedenkliches Licht auf die herzogliche Rechtspflege und
läßt den Schluß zu, daß diese Sache bisher mehr gefühlsmäßig als den Gesetzen
entsprechend behandelt war. Vielleicht hat auch dieser Prozeß zum Erlaß der
Rechtskonstitution
von 1584, die die Rechtspflege im Herzogtum vorläufig ordnete, den
Anlaß gegeben 10).
Inzwischen hat der Herzog, wie aus seinem Briefe an den Drost Simon Werpup in
Pinneberg vom 3. Oktober hervorgeht, "weitläuftig in Erfahrunge"
gebracht, daß Jörgen von der Lieth kürzlich in Pinneberg gewesen sein und den
Gefangenen Daniel Koch durch Notare und Zeugen befragt haben lassen soll. Der
Herzog erbittet Nachricht, ob dies zutrifft und welche Aussage hierbei Koch
_______________
9) Hellwig, Chronik der Stadt Ratzeburg, 2. Aufl, S.
24.
10) Spangenberg, CORPUS CONSTITUTIONUM LAUENBURGENSIUM, Hannover
1822.
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gemacht hat. Ferner schickt der Herzog eine
Abschrift der obigem Aussage des Pastors Nicolaus Stüve und bezeichnet als den
losen Gesellen, der den Pastor besucht habe, den dort in Haft befindlichen, aus
dem Beginn des Prozesses bereits bekannten Daniel Kramer. Der Drost möge diesen
ernstlich befragen, woher er wisse, daß die Fremden Münzfälscher seien und ob er
mit ihnen Gemeinschaft gehabt habe.
Doktor Schein antwortet dem Herzog unter dem 4. Oktober, daß er in
dem letzten Schreiben des von der Lieth nichts Neues finden könne, rät aber nach
wie vor ab sich das Geleit "abschwatzen" zu lassen, denn wenn sich, wie doch
icrnzunehmen, die Schuld des Junkers herausstelle, könne diesen auch ein vom
Niedersächsischen Kreise, sogar ein von der Kaiserlichen Majestät ausgestellter
Geleitsbrief nichts nützen, der Herzog komme hierdurch nur in eine schwierige
Lage. Wegen der Protokolle rät Doktor Schein, den Junker an Pinneberg und an den
Niedersächsischen Kreis zu verweisen, "wie ich mich aber dünken lasse, wirdt er
weder das Geleit noch die Urgicht an beiden orten holen". Der ganze Sachverhalt
reiche für eine Überführung vollkommen aus, nur empfiehlt Doktor Schein
bezüglich der Besetzung von Kuddewörde, "das nicht zuviel geschehe und seine,
des Liethen, Vögde und Untertanen bei der administration bleyben werden".
Wiederum geht ein von Doktor Schein entworfenes Schreiben unter dem 4.
Oktober unverändert an den Junker ab und abermal sind es "gute und gnädige
Worte", die man für zweckmäßig erachtet. Wendungen wie: "Nun werdet Ihr aus
beiden unsern getanen schreiben woll vermerken getan, wie gnediglich und gut wir
es mit euch meynen, das wir von euch diesen argwöhn abwenden konten",
entsprechen nicht gerade der erdrückenden Beweislast, und so muß wohl, da eine
Festnahme im Wege der Rechtshilfe gar nicht erst versucht wurde, der Wunsch
entscheidend gewesen sein, den Vogel erst einmal auf herzogliches Gebiet zu
locken. Ämter Hinweis auf die belastenden Aussagen der
eigenen Diener des Junkers, die drohende Ungnade des Kaisers bei weiterer
säumiger Behandlung der Sache und mit Rücksicht auf die "geferliche nachrede" im
Munde der Leute erklärt sich der Herzog außerstande, die vorläufige
Beschlagnahme der Güter aufzuheben, ist jedoch bezüglich des freien Geleits zu
einem Entgegenkommen bereit: "So wollen wir euer und eurer Hausfrawen
persönliche Ankunft gewärtig sein und wan die purgation dergestaldt erheblich
wirdt", so sollen beide freien Abgang haben. Ehe aber nicht die "Purgation"
geschehen, könne er, der Herzog, ein weiteres nicht verantworten.
Am folgenden Tage, den 5. Oktober, läuft die Antwort des Drosten
Simon Werpup ein: Jörgen von der Lieth sei zwar nicht selbst in Pinneberg
gewesen, aber sein Schwager Christoffer von Wenckstern nebst den beiden
Schwestern, der Frau von der Lieth und der Frau von Zesterfleit, seien vor
14 Tagen im Kruge zu Pinneberg angekommen, hätten ihn "zu sich
fordern lassen" und gebeten, ihnen eine Unterredung mit dem Gefangenen Koch zu
gestatten, "welchs ich ihnen aus allerhandt Ursachen nicht habe gönnen können".
Der Drost hat ihnen aber die erst tags zuvor von Hamburg zurückgelangte Aussage
des Koch vorlesen lassen, aus der nun die äußerst belastende Angabe hervorging,
"das Jorgen von der Lieth und seine Frawen sollen Verehrung empfangen haben". Um
diese irgendwie aus der Welt zu schaffen, haben die drei den Drosten "ghar
instendig nochmals gebethen", ihnen die Befragung des Kochs zu gestatten. Der
Drost hat aber vorsichtshalber nur einem ihrer Knechte in Begleitung des
Amtmanns (wohl Dirik Wyll) schließlich erlaubt, dem Koch die Frage vorzulegen,
ob dieser selbst die Leistung der Verehrung gesehen habe oder ob er dies nur vom
Hörensagen wisse, er möge bei seiner Antwort "auf seiner Sehlen heill und
seligkeit" bedacht sein! Worauf Koch sich dahin erklärt, "das ehr die
vorehrung
soll gekregen haben, haben ihn die andern berichtet".
Der Junker sei zwar vorerst täglich bei ihnen gewesen, habe eine Stunde und
länger ihnen zugesehen, aber während dieser Zeit hätten sie die Geldstücke
beiseite gelegt "und sonsten Kupfer geschlagen und vorgeben, der wolten sie
Draht aus machen". So hätten sie es übrigens auch bei andern neugierigen Leuten
gemacht und aus diesem Grunde auch die Hunde vor die Türe gelegt. Um diese für
ihn günstige Aussage festzulegen, hat Jörgen von der Lieth oder sein Anhang bald
darauf einen Prediger in Hamburg bewogen, nach Pinneberg zu reisen, der, wie der
Drost dem Herzog berichtet, gebeten hat, "das ich müchte vorgünnen, das
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er beneben zweien Predigern dieses Ambts und
einem Notario vielgemelten Kock ansprechen, welchs ich ihm auch aus sonderlichen
Ursachen nicht habe willigen wollen, es ist auch der gefangener nirgent mehr umb
gefragt, das er also nichts anders und mehr gesagt hat". Was den ungeklärten
Vorfall bei dem Pastor zu Kuddewörde anlange, habe der Daniel Kramer zugegeben,
der angebliche Bote gewesen zu sein, "er habe aber mit den gesellen keine
kundschafft gehabt", hätte nur in Lauenburg von der zu Kuddewörde getriebenen
Falschmünzerei gehört, habe auch gewußt, "das Heinrich Schmidt und Jorgen von
der Lieth gute Freunde sein gewesen, derwegen ehrs um eine Mahlzeit brotts
gethan", wodurch die Sache freilich nicht viel klarer wird. Der Drost bittet
schließlich den Herzog, "das ehr (der Gefangene) müchte abgeholet werden"; ob
dies geschehen, ergeben die Akten nicht. Daniel Kramer ist also wohl noch in
andere Sachen verwickelt gewesen und scheint, im Gegensatz zu Daniel Koch, auf
Veranlassung und Kosten des Herzogs in Haft genommen zu sein.
Die vom Standpunkt der zu erhebenden Anklage aus nicht günstige Wendung der
Sache veranlaßt den Herzog, unter dem 12. Oktober an den Drosten
die Aufforderung zu richten, zu der ihn "ezliche fürneme glieder dieses
Niedersächsischen Kraises geraten haben", der Drost möge "die gebürliche
confrontation gegen den gefangenen wider Lythen und seine Hausfrawen Personen
reiteriren" und den Koch hierbei peinlich verhören lassen. Der Herzog
werde Bevollmächtigte zu diesem Termin wegen der beiden Gefangenen schicken;
"inmittelst wollet ihr mit Hinrichtung des Missetäters nicht eylen".
Da man diesmal aus nicht ersichtlichen Gründen verabsäumt hat, die geschickte
Feder des Doktors Schein in Anspruch zu nehmen, geht die Sache leider schief,
denn der Herzog muß unter dem 15. Oktober die zwar höfliche, aber
bestimmte Ablehnung seines Antrages entgegennehmen. Ihm, dem Drosten, komme es
nicht zu, "ohne fürwissende" seines Herrn, des Grafen Adolf von Schauenburg, das
peinliche Verhör fortzusetzen; im übrigen sei Koch auf Veranlassung der
Hamburger und "auff ihre Uncosten" in Haft, er könne auch ohne deren
Einverständnis nichts unternehmen, zumal er nicht wisse, "was sie noch mit
diesem gefangenen im Sinn haben oder nicht, und ob sie auch von andern örtern
hetten mehrere Kuntschaft zu erwarten, derwegen die von Hamburg diesen noch
sitzen lassen". Der Drost fügt hinzu: "Soviel den Daniel Kramer anlangt, sege
ich gern, das derselbige ersten tags abgeholet werde, dan das er alhier länger
sitzen soll, faldt beschwerlich, nachdemmal teglichs alhier gefangen angenommen
und nach gelegenheit losgelassen werden".
Eine entsprechende Bitte an den Hamburger Rat scheint dem Herzog nach den
früheren Porgängen aber nicht rätlich, ein Schreiben an Graf Adolf ohne die
Zustimmung Hamburgs wenig aussichtsreich gewesen zu sein. Ohne Anschreiben
wandert der Pinneberger Brief nun an Doktor Schein, wird diesem durch den
"Axiese-Schreiber zu Ratzeburg Anthonius" eingehändigt und unter dem 20.
Oktober beantwortet, wobei Schein nicht zu bemerken vergißt: "wiewohl ich nuhn
dabey khein Schreiben von e. f. g. befunden, so berichtet er mich doch
mündlichen, das e. f. g. darüber mein Bedenken in gnaden erfordern". Natürlich
muß der Jurist die ablehnende Haltung des Drosten billigen, gibt aber dem Herzog
sein "einfeltiges Bedenken" dahingehend anheim, "das e. f. g. dieses alles ahn
die von Hamburg hetten gelangen lassen", womit dem Herzog kaum gedient gewesen
sein wird. Sachlich verspricht sich Doktor Schein wohl etwas von einer
Wiederholung des peinlichen Verhörs, denn die ganzen Umstände sprächen doch zu
sehr gegen die Beschuldigten. Wenn man ehrliche Arbeiten ausführe, habe man
nicht nötig, "peißende Hunde vor die Türen gleich einer Wache zu legen". Aber
hierauf kam es eigentlich in dem Verfahren gegen die von der Lieths nicht an,
denn die Falschmünzerei als solche stand ja außer Frage, sondern nur darauf, den
Junker der vorsätzlichen Begünstigung zu überführen, wofür der Nachweis des
Empfanges einer über die gewöhnliche Miete hinausgehenden Gegenleistung schon
vollauf genügte. Übrigens, so äußert sich Doktor Schein weiter, müßte dem Jörgen
von der Lieth an einer Gegenüberstellung mit Koch eigentlich sehr gelegen sein,
da sich hierbei die behauptete Unschuld am besten erweisen lasse, er hätte auch
sicher das größte Interesse, daß dieser Termin stattfände, "ehe und zuvor der
Daniel Kock wirdt hingerichtet werden". Dessen Schicksal war zweifellos
besiegelt, aber die Hamburger müssen guten Grund
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gehabt haben, mit der Überführung nach
Hamburg und der Hinrichtung zu zögern. Das Fehlen der Hamburger Akten läßt
hierüber eine Aufklärung leider nicht zu. Von den Händeln des Daniel Kramer weiß
Doktor Schein nichts und kann deshalb keinen Rat geben, empfiehlt aber dessen
Abholung von Pinneberg.
Der Prozeß war nun auf einem toten Punkte angelangt, denn gegen ein
Schreiben an den Hamburger Rat, das die Sache gefördert hätte, scheint der
Herzog eine unüberwindliche Abneigung verspürt zu haben. Andererseits wird sich
der Junker in der Fremde auch nicht gerade wohlgefühlt haben, zieht aber diesen
Aufenthalt, vermutlich noch immer in Harburg, einer Rückkehr in das Herzogtum
vor. Jetzt entschließt sich die Ehefrau des Junkers zu einer Bittschrift an die
lauenburgischen erbgesessenen Edelleute Bartolt von Barkentin. Fritz von Bülow
(dem Erbmarschall) und Bartolt Lüssow, nach der Anrede Ohme und Schwäger der
Bittstellerin. Aus dem in ungelenkem Niederdeutsch, anscheinend eigenhändig
aufgesetzten Schreiben spricht die Bedrängnis, in der die Flüchtlinge sich
befinden, deren Mittel auf die Neige gegangen sein mögen; es ist von den
Empfängern, wie das Vorhandensein in den herzoglichen Akten vermuten läßt,
offenbar dem Herzog mit der Bitte um Berücksichtigung überreicht worden.
Von einem sonstigen Einfluß der adeligen Standesgenossen, von denen der Junker
sich Rat und Hilfe versprochen und die auch der Herzog zunächst in Betracht
gezogen hatte, lassen die Akten nichts erkennen. Die Lage war für den von der
Lieth wohl so bedenklich, daß eine Einmischung in das gerichtliche Verfahren
nicht rätlich schien.
Frau von der Lieth gibt eine Schilderung des gesamten Sachverhalts, beginnend
mit der Reise zur Beisetzung ihres Schwagers Kordt von Mollendorf, den "godt der
almechtige ... vor etlichen weken vor michaelis von diesem bedroveden jammerdal
in sin ewiges Rike gefordert heft". Die Anwesenheit bei diesem Begräbnis könne
von vielen vom Adel, "ok sunst Velen erligen lüden" bezeugt werden. Auf dieser
Reise hätten sie die Nachricht erhalten, daß ihre Güter von herzoglichen Dienern
zu Pferde und "Hakenschütten" besetzt seien. Die herzogliche kurzfristige
Vorladung, die vergeblichen Versuche um eine Fristverlängerung und freies
Geleit, der kostspielige Aufenthalt in der Fremde, bei dem sie bereits "eine
ansenlige summe geldes uthgeven" hätten, werden eindringlich geschildert und wir
erfahren auch den unmittelbaren Anlaß des
Schreibens: eine bevorstehende Reise des Herzogs "buten landes", während der auf
eine Erledigung des Prozesses also nicht zu rechnen war. Die Anwesenheit der
Fremden in Kuddewörde wird zwar nicht geleugnet, aber eine Kenntnis von deren
Treiben in Abrede gestellt unter wiederholtem Anruf Gottes des Allmächtigen, "de
wet, dat min lev Man von dem dage unses Lewens der losen bosewichte ere
schelmsche dat nicht bewust gewesen". Für ein reines Gewissen hätte freilich
mehr gesprochen das eigene Anerbieten, in Gegenwart herzoglicher Räte dem Daniel
Koch gegenübergestellt zu werden, auf dessen angeblich entlastende spätere
Aussage übrigens gar nicht Bezug genommen wird, obgleich Frau von der Lieth doch
auch in Pinneberg gewesen war. Das mit einer unleserlich abgekürzten Ortsangabe
versehene Schreiben der "Margareta von der Lidt" datiert vom 3.
November 1584 und geht dahin, die Empfänger möchten beim Fürsten
die Rückgabe der Güter und ein sicheres Geleit erwirken helfen.
Auch der Junker selbst wird jetzt mürbe, denn unter dem 18.
November richtet er eine 6 Seiten lange "supplication" an Herzog
Franz und versucht sein Glück nunmehr mit der Herabsetzung seines Denunzianten;
dieser sei bekannt "als einer solchen berichtigdten und ausgeschambdten Persohn,
so aller seiner Ehren und Pflicht, auch vor dieser Zeit gegen einen Radt zu
Hamburg, kegen den er meineidig worden, vorgessen gehabt" und bittet, einen
solchen Menschen ihm gegenüber, "der ich ohne ungebührenden rhumb zu melden,
mich alles gebührenden und unvorcleinerten adelichen Wandels vordessen alle
zeitt vorhalten, billich kein Glauben zu geben, bevoraus auch weill er hernacher
dasjenige, so er von mir ausgesagt gehabt, wiederruffen mit angeheftem fernern
Bericht, das ich zu ihrem bosen beginnen weder Rhadt noch Thadt gegeben, und das
er nicht sagen konte noch wuste, ob ich darvon wissenschaft gehabdt oder solches
gesehen hette, dan sie ihre arbeit wegzulegen und ein gesäuf anzufangen pflegen,
wan
jemand dazugekommen were". Auch seine Nichtbelastung durch den in Lübeck
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hingerichteten Klaus Fuhrmann (richtiger:
dessen Leugnen, überhaupt an den Vorgängen in Kuddewörde beteiligt gewesen zu
sein), führt der Junker zu seinen Gunsten an und weist es weit von sich, "als
sollen wir unser selbst, auch unser adelichen Ehr und Abkunft also vorgessen
haben, das wir uns umb des schandlosen geldes willen, bey unserm ohnedessen,
gottlob, ziemlichen habenden auskommen, den bösen feindt dermaßen vorführen
lassen sollen". Auch das formelle Recht schreibe vor, "das die probationes in
criminalibus, bevoraus in solchen großen schweren bezüchtigungen, so richtig und
clar sein sollen, als die Helle Sonne ist an dem lichten tage". "Aldieweil
wieder einen ehrlichen biederman ex praesumptione juris nichts böses vermuthet
wirdt", bittet der Junker den Herzog "als einen loblichen christlichen und von
hohen christlichen deutzschen blutte geborenen Fürsten" und unter Berufung auf
dessen "hohen beywohnenden Vorstande", ihm seine Güter unter Gewährung des
Geleits zurückzuerstatten,
alsdann werde er seine Unschuld beweisen und dartun, "das ich meinen adelichen
guthen Nahmen, leumuth und glimpf allezeit in acht gehabdt". Mit der
Versicherung fernerer treuer Dienste, "solange mirs warm unter dem herzen ist",
schließt die Bittschrift unter der etwas umschriebenen Ortsangabe: "Jorgen von
der Liethe zu Kuddeworde".
Und wirklich entschließt sich der Herzog nunmehr zu der Erteilung eines
feierlichen, förmlichen Geleitsbriefes, der unter dem 4. Dezember in Neuhaus
ausgestellt wird. Die bevorstehende Abreise zum Kaiserlichen Hoflager zu Prag,
auf dem ab 2. Januar 1585 der Erbfolgestreit
zwischen Herzog Franz und seinem älteren Bruder Magnus verhandelt wurde, und die
dadurch bedingte weitere Verzögerung des Prozesses dürfte hierbei mitgespielt
haben. Vielleicht besteht ein weiterer Zusammenhang zwischen der Bittschrift der
Frau von der Lieth und dem Geleitsbrief insofern, als zwei der angegangenen
Fürsprecher, der Erbmarschall Fritz von Bülow und Bertold von Berkentin seitens
der Ritterschaft zu diesem Hoflager abgeordnet waren 11) und
Herzog Franz jedenfalls Veranlassung hatte, vor dem Kaiser als auf gutem Fuße
mit der Ritterschaft seines Landes stehend zu erscheinen, dessen Huldigung er
erst nach Erlaß des kaiserlichen Provisionalbescheides im März 1585
entgegennehmen konnte 12). Doch dies sind Vermutungen und leider können weitere
Tatsachen nicht berichtet werden, da nunmehr die Akten abbrechen. Lediglich der
am 21. April 1585, also nach der Rückkehr des
Herzogs von Prag und der danach möglichen Fortsetzung des Verfahrens erfolgte
Tod des Junkers steht fest und wenn die von M. Schmidt berichtete Sage 13)
ihn zum Falschmünzer macht und durch Freitod enden läßt, so bestätigt der
überlieferte Akteninhalt den ersten Teil dieser Sage und macht den zweiten Teil
und damit die Schuld des Junkers glaubhaft. Seine auch in diesen bösen Tagen
treu zu ihm haltende Gattin folgte ihm im Jahre 1599 im Tode.
Jörgen von der Lieth wurde in der Kirche zu Kuddewörde beigesetzt, scheint aber
auch im Grabe keine Ruhe gefunden zu haben, denn die Sage berichtet ferner, daß
sein Leichnam später von Unbekannten zur Nachtzeit entführt sei 14).
Kuddewörde wurde herzogliches Tafelgut.
Auch das Schicksal der Mitbeschuldigten verschwindet im Dunkel der
Vergangenheit. Unter den Akten des Hamburger Staatsarchivs hat der Brand von
1842 ganze Arbeit getan; auch die gräflich schauenburgischen Akten
des Staatsarchivs Kiel lassen die sicher vorhanden gewesenen Vorgänge vermissen,
während wir über den Ausgang des Verfahrens in Lübeck durch die Lauenburger
Akten und einige diese ergänzende Vorgänge des Staatsarchivs Lübeck, wie
geschildert, unterrichtet sind. In Prof. DR. M . von Bahrfeldts
Niedersächsischem Münzarchiv (1551-1625) findet der
Prozeß keinen urkundlichen Niederschlag, wohl weil sich die Kreis- und
Münzprobationstage mehr mit allgemeinen Abwehrmaßnahmen gegen Falschmünzerei als
mit einzelnen Prozessen, für deren Erledigung die betreffenden Münzstände
zuständig waren, befaßten. Münzverbrechen kamen trotz der scharfen Strafen
damals häufig vor. Inwieweit allerdings die amtliche, in die Kipperzeit
auslaufende und ungestraft bleibende
Münzverschlechterung seitens der Träger von Herzogshüten und Grafenkronen,
_______________
11) Kobbe, 2. Teil, S. 328-329.
12) Kobbe, 2 Teil, S. 330
13) Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogt. Lauenburg.
5. Band, Heft 3 (Mölln 1898).
14) Linsen, S. 622; Kobbe, 3. Teil,
S. 284.
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die Kaiserliche Majestät nicht ausgenommen,
praktisch von den kümmerlichen Vorteilen armer Schlucker sich unterscheidet,
kann hier nicht untersucht werden. Die Münzgeschichte, auch die des Herzogtums
Lauenburg, liefert zu dieser Frage reichen Stoff, und Herzog Franz kann der
Vorwurf nicht erspart werden, sich in den Jahren 1616-1617
mit portugisischen[sic!] Juden aus Hamburg in
gewagte Münzgeschäfte eingelassen zu haben, über die die erhaltenen Akten
eingehenden Aufschluß geben. Trotzdem konnten damals wie heute regelrechte
Münzverbrechen nicht ungesühnt bleiben und es war im Hinblick auf die Pflege des
Rechtes zweifellos besser, wenn, wie Lübeck es tat und Lauenburg tatkräftig aber
vergeblich versuchte, die Missetäter schnell ihrer Strafe zugeführt, als daß
dicke Akten im Instanzenwege zusammengeschrieben wurden, die allerdings der
Nachwelt gelegentlich von Interesse sein mögen.
*
Nachträglich hat sich unter den allgemeinen gräflich
schauenburgischen Verwaltungsakten des Staatsarchivs Kiel (Abt. 3.
A. X. 86) ein Vorgang angefunden, der
den Sachverhalt willkommen ergänzt. Es ist der Bericht des Drosten Simon Werpup
und des Amtmanns Diederich Will, datiert Pinneberg, den 1.
September 1584, an Graf Adolf; beigefügt ist die Abschrift des
bisher noch fehlenden ersten Geständnisses Klaus Fuhrmanns in Lübeck vom
28. August (unmittelbar vorher ist dieser also gefaßt worden), welches,
sofort von Lübeck an Hamburg gesandt, die Festnahme des bereits unterrichteten
und flüchtigen Daniel Kock herbeiführte.
Fuhrmann macht zu seiner Person die Aussage, daß er in Billwärder zu Haus (daher
also die Bekanntschaft mit der Familie Vicke) und Hamburger Bürger sei. Früher
sei er "ein bargerfarer gesell - Bergenfahrer - gewesen undt in unvermügenheitt
geraden". Er sei dann mit dem aus Hannover gebürtigen Hamburger Bürger Bartold
Zisenis bekannt geworden, der einen Keller am Krane bewohne; dessen Bruder, Hans
Zisenis, wohne in der Großen Bäckerstraße. Gr, Fuhrmann, habe für den Bartold
Zisenis eine Bürgschaft über 800 Mark Lübisch bei Hermann Elebeken
übernommen und diese bis auf restlich 100 Taler (= 200
Mark) bezahlt. Die hierdurch erklärliche Geldnot
und der Versuch, sie zu beheben, wird Fuhrmann und Zisenis mit Daniel Koch, "ein
heimlich Goldtschmidt vorm Scharrdorr", zusammengebracht haben, der, selbst als
der "technische Leiter des Unternehmens" anzusprechen, sich nach geeigneten
Kräften für den gefahrvollen Absatz seiner Erzeugnisse umgesehen haben wird.
Fuhrmann gibt ausdrücklich zu, dabei gewesen zu sein und mitangesehen zu haben,
"dat ehr, Daniel, uth der fust (Faust) de dhaler gemündet undt erstlich dat
kopper gar bequem uthgeschlagen undt darna dat Sulver darup gelödet". Beteiligt,
wohl an der Silberlieferung, sei auch der Jude Jost Salomon aus Böhmen gewesen.
Von den falschen Talern, deren Koch 400 Stück "up underschetlike
stempelt" gefertigt, habe er, Fuhrmann, 115 auf eine Reise nach
der Mark Brandenburg mitgenommen. In Berlin (wo anscheinend ein Zusammentreffen
mit dem Juden zwecks Abrechnung stattfand) habe er noch für 64
Taler hinzubekommen; hierunter sei aber auch "etlich Kleingeldt" gewesen. Ebenda
hätten sie das Falschgeld "bei einem Goldtschmede besichtigen laten" (wohl einem
sachverständigen Helfershelfer) und nach Rückkunft habe ihm Zisenis für jeden
Taler 24 Schilling angerechnet, den er, Fuhrmann, selbst mit 33
Schilling in den Verkehr gebracht habe (also ein im Verhältnis zu dem Risiko
bescheidener Gewinn). Abnehmer seien u. a. gewesen ein Schiffssteuermann mit
18 Talern, "van deme he Realen (spanische Taler) umb etwas darup tho
gewinnen bekamen", weiter ein Koch desselben Schiffes mit 3 Talern und eine
Frau, die Lewen Kopersche, mit einem Taler für ein Hemd. Fuhrmann setzt
schließlich noch hinzu, daß ein gewisser Daniel Wöstehöffen vor etwa einem Jahr
ihm "wegen etlicker schuldt" eine Satteltasche eilig gegeben habe und dann
"darvon gelopen" sei, die eine gewisse Menge Halbbatzen im Werte von je nur
4 Pfennig enthalten habe. Es werden dies die aus der gleichen
Falschmünzerei stammenden, schon obenerwähnten Halbbatzen sein. Dieses
Geständnis ist von den Gerichtsvögten zu Lübeck protokolliert, vor denen
Fuhrmann "gepiniget undt angepiniget" war.
Aus dem Berichte der schauenburgischen Beamten geht hervor, daß die Festnahme
des Koch in Ottensen unter Wahrung der nötigen Formalien erfolgt
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ist. Der Rat zu Hamburg hat nach Empfang des
Geständnisses aus Lübeck an den Pinneberger Drosten "geschrieben, begert und
gepitten, das man inquisition nach demselbigen (Daniel Koch) thun möcht", was
man natürlich nicht hätte abschlagen können, damit sich die Hamburger nicht "de
denegata justitia zu beclagen" hätten. Koch ist dann in einer Schmiede zu
Ottensen ergriffen und sofort nach Pinneberg gebracht worden. Dies alles geschah
mit einer wirklich modern anmutenden Geschwindigkeit, mit der anscheinend Koch
selbst nicht gerechnet hatte, denn sonst würde er, angesichts der ihm drohenden
Todesstrafe, seine Flucht etwa jenseits der Elbe fortgesetzt haben. Sein Verhör
unter Torturanwendung hatte zur Zeit der Absendung des Berichts noch nicht
stattgefunden; sobald dieses durch die Hamburger erfolgt sei, stellen die
Beamten weiteren Bericht in Aussicht. Ein solcher hat sich leider bisher nicht
angefunden.
*
DRUCKFEHLERBERICHTIGUNG: Im ersten Teil des Aufsatzes
("Lauenburgische Heimat" 1934, Heft 2) muß es auf
Seite 48, 49, 50 und 51
stets heißen: KROGE statt Kooge; auf Seite 48 Z. 45:
SCHRÖTLINGE statt Schillinge.
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