Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1934


Er hat ihn unter.

Das ist der überall im Lauenburgischen und darüber hinaus zu findende, unausrottbare Glaube des Volkes an geheimnisvolle Seelenkräfte in einzelnen Persönlichkeiten, die jeder fürchtet. Im Kirchspiel Sandesneben wird gerade eben viel von einem derartigen Fall erzählt, daß jemand durch seine Zauberkraft seltsamste Dinge vollbringt. Man bekommt das Schaudern oder den Zorn über diese dunklen Umtriebe sogenannter Hexen oder dergleichen Männer.

In dieser Gegend, die ehemals zu Holstein gehörte, kam 1684 eine derartige Hexengeschichte vor dem Amtsschreiber in Steinhorst zur Verhandlung, in der die Wulfs im Kirchspiel Siebenbäumen eine Rolle spielten. "Ein Wolf", so schrieb damals am 9. April der Amtsschreiber J. G. Segebade, "frißt vom andern nicht, und ein Mensch soll ärger und des andern Wolf sein!" Aber in Siebenbäumen gab es damals zwei reißende Wölfinnen, die Frau des lübschen Kirchgeschworenen Henrich Wulf und Anna, die Ehefrau des Holsteiners Asmus Wulf, "die sich auf Ehr' und Leben anbeißen und verzehren wollen". Aus welchem Grunde? Lediglich weil die beiden reißenden Wölfinnen bei der Kindtaufe des Hans Wulf, doch wohl ihres Verwandten, sich gezankt und einander schwer gekränkt hatten. Alsbald traf den lübschen Kirchgeschworenen ein schwerer
Schlag. Er erkrankte und lag über 1 Jahr lang danieder. Kein Arzt konnte helfen. In ihrer Not wußte die Frau des Kranken keinen andern Rat, als sich an einen Hexenmeister zu wenden. Es gab der Hexerei verdächtige Boten genug, die sich zu jenem 2 Meilen hinter Buxtehude lebenden "Doktor" senden ließen, um von dem Wundermann Hilfe für den Kranken zu erbitten. Dreimal empfing sie Post von jenem, nachdem sie ihm ein Stück Leinewand von des Mannes Hemd mit seinem Schweiß übersandt und allerlei Getränke erhalten hatte. Immer wieder hatte der "Doktor" sagen lassen, "daß vier im Dorf wären, so ihren Mann unterhätten", unter denen Anna, des Asmus Wulfen, des Holsteiners Weib, sei. Sie hat ihn unter - das war der Anklagepunkt gegen die vor den Amtsschreiber gebrachte Hexe Anna, die das Leiden des Kranken auf dem Gewissen haben mußte.

Wie der Hexenprozeß erledigt wurde, verrät leider die Vol. 29 a Dörfer betitelte Akte im Staatsarchiv Lübeck nicht; aber der Aberglaube blieb. Mit eiserner Zähigkeit hält man im Amt Steinhorst an dem Brauch des Unterhabens und des Radens fest. Ebenso treibt die Zauberei und Böterei, das Bannen und Unterkriegen ihr dunkles Kräftespiel in der Kreisstadt Ratzeburg.

Nicht alles, was naturhaft von gewissen Personen ausgeht, ist Dämonie. Es gibt magnetische Kräfte einzelner begabter Menschen. Jedoch vielfach sind jene Männer und besonders Frauen, die als Hexen oder Hexenmeister gelten, nicht einwandfrei. Wehe dem, der sich ihnen ausliefert. Manch einer endete - im  Irrenhaus. Darum muß es grundsätzlich bei dem Sprichwort bleiben: "Der Glaube kennt kein Aber!"


FISCHER-HÜBNER.

 

1934/3-4 - 85

 

 

 

 

 

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