Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1935


Eine Liebesgeschichte Anno 1699.

Aus den Schönberger Amtsakten mitgeteilt von FR. BUDDIN.

CASUS. Des Fischers Sohn, Johann Wehder zu Lankow, gibt zu vernehmen, daß Er sich mit des Fischers Tochter zu Spanohrt, im Sachsen-Lauenburgischen belegen 1), seiter 2 Jahren hero, etwas befreyet und sich Einander endlich beschenket hätten. Wie Er aber

1. Ihren Vater darümb angesprochen, Er keine gewisse RESOLUTION 2) erhalten können, auch nachgehends erfahren, daß er seine Tochter in Einen Jahr noch nicht bekommen würde.

2. Obwohl Er (Johann Wehder) nun solchen unerachtet, wieder dahin gewesen, und zwar im Verwichenen Früling beh 3 mahl, habe er die Vermeinte Künftige Schwieger-Mutter allemahl saur und überquer sehend, angetroffen und als von beyderseits Eltern Keine AFFECTION 3) Verspüret. Wie Er nun

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per RUMOREN 4) Vernommen, daß der Vater hin und wieder, ja zum Küster zu Mustihn, sich Verlauten lassen, der Fischer von Lankow würde seine Tochter wohl nicht bekommen, und

4. die Verlobung weder von den Eltern, noch von Pastore, der Kirchen-Visitation nach, geschehen, so habe Er

5. Ihr vor etzlichen Wochen das geschenkte Hembde wieder hingesand, HOC FACTO 5), soll

6. der Vater zu dem, der das Hembde gebracht, gesaget haben, es were schon gut, worauf Er

7. Sich mit einer andern, in Hamburg dienenden und aus Mustihn gebürtige Dirne Verlobet, der Meinung, Sich mit Selbige nach Michaelis zu Mustihn abkündigen zu laßen. Weil Er aber

8. SPARGIREND 6) Vernommen, daß die erste Braut alsdan wolle Einrede thun laßen und von Ihm etwas, wegen des Abtrits, PRÄTENDIREN 7), so wollt Er

9. Unterdienstlich gebehten haben, Im bey der andern Braut zu MAINTENIREN 8) und deßfalls in keine Strafe fallen zu laßen, maßen

10. nicht Er, sondern Sie daran, allen Vorgedachten ümbständen nach, schüldig, daß solche Heyraht nicht Vollenzogen würde. Billig könnte Er

11. Seine Ihr gegebene 2 Mk. auch wieder fordern, aber die möchte Sie endlich behalten, sollte nur

12. der Pastor zu Mustihn Ihm mit der andern Braut nicht abkündigen wollen, möchte Er gerne wissen, ob er sich dann nicht zu Zieten, alß wohin das Dorf Lankow vor 100 und mehr Jahren soll eingepfarret gewesen sein, könne und möge PROCLAMIREN 9) und folgig COPULIREN 10) lassen.

13. Möchte der Bräutigam gerne wissen, ob ratsame, daß Er 2 tüchtige Männer zu der Braut schickte und die 2 Mk., so Er Ihr gegeben, auch wieder abfordern ließe, bloß zu EXPISCIREN 11), was er zur Antwort würde erhalten.

Ratzeburg, aufm Thumbhofe,
den 2. Oktober 1699. H. Rieke.

DER ADVOKAT: Hierinnen kan gerichtlich verfahren werden, auch der Unterthan, wenn sich's berichtetermaßen verhält, wohl frey werden, die Abschickung der 2 Männer kann auch geschehen, und wenn der Pastor DIFFICULTIRET 12), so erst abzuwarten, erfolgt alsdann weitere Verordnung, was rechtens ist.
Sw., d. 4. Okt. 1699.   DR. Löwe.

DAS PROTOKOLL: Wie nun hiermit den 7. dieses (Monats) der Bräutigam 2 Männer aus Mustin, nemblich Asmus Lindowen und Johann Vaklendorf, zum Fischer nach Spanohrt abgefertiget, ümb die der Tochter gegebenen 2 Mk. wieder abzufordern, soll er ihnen mit höhnischen Worten geantwortet haben, daß es wohl Einer tragen könnte und desfalls 2 Personen an ihn zu schicken, nicht nötig gewesen. Er sollte das Geld nicht wieder haben, sondern ihm noch wohl 5 Mk. dazu geben, dann er seinen Willen nicht haben sollte. Zwar hätte er ihm seine Tochter nicht zu-, jedoch auch nicht abgesaget, und könnte versichert seyn, wenn er zum 1. mal sich würde abkündigen lassen, es gewißlich zum andernmal nicht eher geschehen sollte, bis er sich mit ihm erstl. abgefunden und gegeben, was er wollte.

PROTOCOLLIRET.
Ratzeburg, aufm Thumbhofe,
den 9. Okt. Anno 1699. H. Rieke.

DAS KIRCHENBUCH: Das Kirchenbuch versagt, weil von 1699 bis 1715 sämtliche Eintragungen fehlen, also nicht nur die Eheschließungen, sondern auch Geburten und Taufen. Da der Name aber auch später nicht erscheint, mag dem Johann Wehder das Heiraten überhaupt leid geworden sein. Man könnte es ihm nicht verdenken.
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1) Kleiner Ort bei Dutzow am Schaalsee; jetzt verschwunden. 2) keinen Bescheid. 3) Zuneigung. 4) gerüchtweise. 5) nachdem dies geschehen. 6) hier und da, von spargere, zerstreuen. 7) fordern. 8) entbinden. 9) abkündigen. 10) trauen. 11) erkunden. 12) Schwierigkeiten macht.
 


 

 


 

 

 

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