Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1936



Eine Urkunde über die Gründung der Kirche in Niendorf a. d. St. vom Jahre 1587.

Mitgeteilt von Paul Lange mit einer Einleitung von P. FISCHER-HÜBNER.
 

Die Reformation hat in Lauenburg infolge der Förderung des lauteren Gottesworts und der Innerlichkeit der religiösen Haltung zunächst zu einem Verlust mancher kirchlicher Werte äußerlicher Art geführt. Nicht nur kirchliche Kunstgegenstände, die für den lutherischen Gottesdienst entbehrlich waren, veräußerte man, um bei dem katastrophalen Rückgang der Gaben der Gemeinden wieder zu einem Kirchenvermögen zu gelangen, sondern es konnten sich auch manche Kirchspiele und Kapellengemeinden nicht mehr halten. So verlor z. B. Schmilau seine Selbständigkeit, desgleichen Worth. Am meisten hatten die Kapellen gelitten, z. B. Schnakenbek, wo die Kapelle die Wohnung des Kuhhirten geworden war.

Andererseits bemerkt man von dem ersten Jahre der Regierung des Herzogs Franz II. an (1581), wie NEUE KIRCHSPIELE gegründet werden. 1598 schied der Landesherr HOHENHORN von Geesthacht und erhob es zu einer selbständigen Parochie. 1595 konnte durch das Verdienst des Dompropst Ludolff Schacke in Ratzeburg die Kirche zu ZIETHEN, die bis dahin von Ratzeburg-St. Petri versorgt worden war, nach gründlicher "Reparation, beteringe unde wedderbuwinge" zur selbständigen Kirchspielskirche nebst Pfarre erhoben werden.


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Gleichzeitig erbaute der Herzog eine neue Schloßkapelle zu Lauenburg. Jedoch den Anfang mit neuen Kirchengründungen machte der eifrige Förderer des Lauenburgischen Kirchenwesens, der 1581 mit den Visitatoren eine Kirche nach der andern besuchte, um den reformatorischen Ausbau zu vollenden: Vollrath von Scharffenberg auf Niendorf a. d. Stecknitz. Keiner hat damals soviel für die Kirche getan und geopfert wie dieser Christ der Tat.

Es war ein Übelstand, daß die Niendorfer, die bis dahin nach Breitenfelde eingepfarrt gewesen waren, oft den Weg zur Kirche versperrt fanden, woran wohl die Lübschen Schuld trugen, die z. B. 1581 von Lauenburg aus nicht visitiert wurden. Der lauenburgische Gutsherr machte dem unerträglichen Zustande der kleinen Gemeinde ein Ende, indem er statt der alten St. Annenkapelle eine neue Kirche im Renaissancestil 1581 erbaute und eine Pfarre errichtete, die er mit den Einkünften einer alten Familienstiftung am Johannisaltar im Dom zu Hamburg, sowie mit Land, Freitisch und Holzlieferung dotierte. Auch den Küster begabte er mit Land, Wiese, freier Holzlese und jährlich 16 Mark. Die Kirchenkasse besaß ca. 17 Mark jährlich, wovon er allein 5 Mark zahlte, während das übrige Geld von Bauern gesteuert wurde, denen er die Pacht ermäßigt hatte.

Diese großzügige Freigebigkeit verschaffte allerdings dem Gutsherrn das Anrecht auf das Patronat seiner Kirche, wodurch er vor allem das Recht der Pfarrbesetzung besaß. Freilich bedurfte er hierzu noch die Bestätigung seitens des Landesherrn. Schon der alte, 1581 verstorbene Herzog hatte in die Neugründung des Kirchspiels gewilligt. Erst recht aber fand sich der Sohn Franz II. zur Bestätigung des "Priesterlehns" wegen der kirchlichen Verdienste des Edelmanns bereit.

Die Urkunde über die Konfirmation des Patronats ist zweimal ausgestellt. Die erste ist datiert 1587, die zweite nach Staphorst, Hamburgische Kirchengeschichte II. S. 374 am 29. September 1592.

Die erste, im Niendorfer Gutsarchiv neu entdeckt, lautet, wie folgt:

Von Gottesgnaden wir Frantz Hertzog zu Sachsen, Engern und Westphalen: Bekennen und thun kundt vor uns unsere Erben und Nachkommen hiermit für
jedermenniglichen: Nachdem der Ehrnvhester unser Landtsasse, Lehenmann und lieber Getrewer, Volrhatt von Scharffenbergk zu Newendorff und Heyda, Gott
dem Almechtigen zu eheren und zu vorthpflanzung und ausbreittung seines allain säligmachenden Wordts auch zu befürderung vieler Menschen heils und säligkeit: Sonderlichen, weil er befunden, das seine Unterthanen zu Newendorff, von wegen Sperre des Wegs In Ihr verordnetes Kirchspiel Breydenfelde, oftmals ursach genohmmen aus den Predigten Zubleiben und sich des gehörs göttlichen Wordts Zueußern und Zuenthalten: Welches Ihnen dan letzlichen durch Gottes Verhengnuß Zu Zeitlicher Strafe und ewigen Seelen verterbe hette gerathen können: aus Christlicher sorgfeltigkeit für seine Underthanen und mitleidenlichen hertzen für Ihre säligkeit, bewogen worden, In demselben seinem Dorfe Newendorf, mit unsers Herrn Vaters Christmilder und Hochlöblicher gedechtnuß, und bewilligung, eine eigne kirche gantz von gründe auf newe erbauen und in die ehre Gottes wiedemen Zulassen: auch Zu desto besserer Unterhaltunge derselben gebeudes und dero fürgesetzen Pastors, solche kirche unter andern einkünften und hebungen, mit der Praebenda: welche seine Vorfahren, die von Scharfenbergk ad Altare Divi Johannis Evangelistae in der Stadt Hamburg ehemals gestiftet, und deren er Itzo ein verus et indubitatus Patronus ist: mit wissen und willen eines Ehrwürdigen Thumbkapitels doselbst, Zu ewigen Zeiten begabet, Welche Praebendaden denen von Scharfenbergk von wolgemeltem Thumkapitel auf alle und Jede Ihre leibserben, die cognaten sowol als die agnaten und also menlichs und weibliches geschlechts, ohne Unterscheidt, weill dieselbe vorhanden, anfengtlichs verliehen worden: Und er Volrhat von Scharfenbergk uns dahero undertheniglichen ersucht und gepeten, wir möchten: In betrachtung seines guten und christlichen fürsatzes, auch seiner Vorfaren getrewer dienste: die Si unsern Hochlöblichen Vorfaren Jederzeit williglichen geleistet hetten und er und seine Erben uns und unsern Erben hinfüro zuleisten erpötig wehren auch woll thun wollen, könten und sollen: Ihme die gnade bezeihen und Ihne mit dem Jure Patronatus solcher seiner neugestiften kirchen In allermaßen beleihen, confirmiren und bestetigen, als die darin gegebene Praebenda: auf welchen die Kirche gewiedmet ist: den Scharfenbergen anfenglich verliehen worden: Was wir

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demnach in gnediger betrachtung aller dieser oberzelten Umbstende: sonderlichen aber ... schuldig erkennen und Jeder Zeit woll geneigt sein, allen und Jeden ...  Unterthanen, voraus aber denjenigen: welche sich ums Gottes wordt und uns mit aufsetzung Ihrer ... und güter woll verdienet gemacht, unsere väterliche gnad und fürstliche milde zubezeigen, vorgenanten Volrhaten von Scharfenbergen und seine Erben beider Linien sowoll Spill- als schwertmagen mit obberürtem Jure Patronatus und Priesterlehne über seine newe fundirte und erbaute kirche Zu Niendorff, und alle derselben gerechtigkeiten und Hebungen, belihen und begabet haben: Beleihen und begaben Ihne und seine Erben beides geschlechtes, mit solchem kirchen- und Priesterlehne Zu Newendorff, aus wolbedachtem muthe, gutem rhate und rechtem wissen: Confirmiren und bestetigen Ihme und seinen mitbeschriebenen auch solche gerechtigkeit wie ob specificiret, hiermit außtrücklich, aus fürstlicher macht und gewaldt vor unß, unsere Erben und Nachkommen, Zu craft und macht dieses unsers ofnen briefes: Also und dergestaldt, das nun hinfüre und Zu ewigen Zeiten Volrhat von Scharfenberg und seine miterwehnete Erben beider Linien, solches Priesterlehens Zu Jeder Zeit, wan es Zu fallen kombt, mit einsetzung düchtiger und qualificirter Personen Zu den Emptern der kirchen, auch mit absetzung der verdechtigen in lehre, leben, wandel und werken, auch mit allen andern Dingen sich bester gestaldt Zugebrauchen, desselben Zugenießen und Zunützen, auch davon Ihres gefallens zudisponiren haben sollen: wie Priesterlehens Recht und gewoheitt [sic!] ist und unsere in diesem Fürstenthumbe publicirte kirchenordnung mitbringet und richtige maße gibt. Alles getrewlich und sonder geferde: Dessen Zu Uhrkunde und mehrer bekreftigung, haben wir unser fürstlich Sekret an diesen brief wissentlich hangen lassen, und uns mit aigner handt unterschrieben: Geschehen auf unserm Schlosse Ratzeburgk, Mitwochs nach den heiligen Pfingstfeyertagen, Nach Jesu Christi unsers lieben Herrn und ewigen Erlösers gnadenreichen geburdt, Im Tausendt fünffhundert und sieben und achtzigsten Jahre.   Frantz.
 


 


 

 

 

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