Die Reformation hat in Lauenburg infolge der
Förderung des lauteren Gottesworts und der Innerlichkeit der
religiösen Haltung zunächst zu einem Verlust mancher kirchlicher
Werte äußerlicher Art geführt. Nicht nur kirchliche
Kunstgegenstände, die für den lutherischen Gottesdienst
entbehrlich waren, veräußerte man, um bei dem katastrophalen
Rückgang der Gaben der Gemeinden wieder zu einem Kirchenvermögen
zu gelangen, sondern es konnten sich auch manche Kirchspiele und
Kapellengemeinden nicht mehr halten. So verlor z. B. Schmilau
seine Selbständigkeit, desgleichen Worth. Am meisten hatten die
Kapellen gelitten, z. B. Schnakenbek, wo die Kapelle die Wohnung
des Kuhhirten geworden war.
Andererseits bemerkt man von dem ersten Jahre der Regierung des
Herzogs Franz II. an (1581), wie
NEUE KIRCHSPIELE gegründet werden. 1598 schied der
Landesherr HOHENHORN von Geesthacht und erhob es zu einer
selbständigen Parochie. 1595 konnte durch das
Verdienst des Dompropst Ludolff Schacke in Ratzeburg die Kirche
zu ZIETHEN, die bis dahin von Ratzeburg-St. Petri versorgt
worden war, nach gründlicher "Reparation, beteringe unde
wedderbuwinge" zur selbständigen Kirchspielskirche nebst Pfarre
erhoben werden.
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Gleichzeitig erbaute der Herzog eine neue
Schloßkapelle zu Lauenburg. Jedoch den Anfang mit neuen Kirchengründungen machte
der eifrige Förderer des Lauenburgischen Kirchenwesens, der 1581
mit den Visitatoren eine Kirche nach der andern besuchte, um den
reformatorischen Ausbau zu vollenden: Vollrath von Scharffenberg auf Niendorf a.
d. Stecknitz. Keiner hat damals soviel für die Kirche getan und geopfert wie
dieser Christ der Tat.
Es war ein Übelstand, daß die Niendorfer, die bis dahin nach Breitenfelde
eingepfarrt gewesen waren, oft den Weg zur Kirche versperrt fanden, woran wohl
die Lübschen Schuld trugen, die z. B. 1581 von Lauenburg aus nicht
visitiert wurden. Der lauenburgische Gutsherr machte dem unerträglichen Zustande
der kleinen Gemeinde ein Ende, indem er statt der alten St. Annenkapelle eine
neue Kirche im Renaissancestil 1581 erbaute und eine Pfarre
errichtete, die er mit den Einkünften einer alten Familienstiftung am
Johannisaltar im Dom zu Hamburg, sowie mit Land, Freitisch und Holzlieferung
dotierte. Auch den Küster begabte er mit Land, Wiese, freier Holzlese und
jährlich 16 Mark. Die Kirchenkasse besaß ca. 17 Mark jährlich,
wovon er allein 5 Mark zahlte, während das übrige Geld von Bauern gesteuert
wurde, denen er die Pacht ermäßigt hatte.
Diese großzügige Freigebigkeit verschaffte allerdings dem Gutsherrn das Anrecht
auf das Patronat seiner Kirche, wodurch er vor allem das Recht der
Pfarrbesetzung besaß. Freilich bedurfte er hierzu noch die Bestätigung seitens
des Landesherrn. Schon der alte, 1581 verstorbene Herzog hatte in
die Neugründung des Kirchspiels gewilligt. Erst recht aber fand sich der Sohn
Franz II. zur Bestätigung des "Priesterlehns" wegen der
kirchlichen Verdienste des Edelmanns bereit.
Die Urkunde über die Konfirmation des Patronats ist zweimal ausgestellt. Die
erste ist datiert 1587, die zweite nach Staphorst, Hamburgische
Kirchengeschichte II. S. 374 am 29.
September 1592.
Die erste, im Niendorfer Gutsarchiv neu entdeckt, lautet, wie folgt:
Von Gottesgnaden wir Frantz Hertzog zu Sachsen, Engern und Westphalen: Bekennen
und thun kundt vor uns unsere Erben und Nachkommen hiermit für
jedermenniglichen: Nachdem der Ehrnvhester unser Landtsasse, Lehenmann und
lieber Getrewer, Volrhatt von Scharffenbergk zu Newendorff und Heyda, Gott
dem Almechtigen zu eheren und zu vorthpflanzung und ausbreittung seines allain
säligmachenden Wordts auch zu befürderung vieler Menschen heils und säligkeit:
Sonderlichen, weil er befunden, das seine Unterthanen zu Newendorff, von wegen
Sperre des Wegs In Ihr verordnetes Kirchspiel Breydenfelde, oftmals ursach
genohmmen aus den Predigten Zubleiben und sich des gehörs göttlichen Wordts
Zueußern und Zuenthalten: Welches Ihnen dan letzlichen durch Gottes Verhengnuß
Zu Zeitlicher Strafe und ewigen Seelen verterbe hette gerathen können: aus
Christlicher sorgfeltigkeit für seine Underthanen und mitleidenlichen hertzen
für Ihre säligkeit, bewogen worden, In demselben seinem Dorfe Newendorf, mit
unsers Herrn Vaters Christmilder und Hochlöblicher gedechtnuß, und bewilligung,
eine eigne kirche gantz von gründe auf newe erbauen und in die ehre Gottes
wiedemen Zulassen: auch Zu desto besserer Unterhaltunge derselben gebeudes und
dero fürgesetzen Pastors, solche kirche unter andern einkünften und hebungen,
mit der Praebenda: welche seine Vorfahren, die von Scharfenbergk ad Altare Divi
Johannis Evangelistae in der Stadt Hamburg ehemals gestiftet, und deren er Itzo
ein verus et indubitatus Patronus ist: mit wissen und willen eines Ehrwürdigen
Thumbkapitels doselbst, Zu ewigen Zeiten begabet, Welche Praebendaden denen von
Scharfenbergk von wolgemeltem Thumkapitel auf alle und Jede Ihre leibserben, die
cognaten sowol als die agnaten und also menlichs und weibliches geschlechts,
ohne Unterscheidt, weill dieselbe vorhanden, anfengtlichs verliehen worden: Und
er Volrhat von Scharfenbergk uns dahero undertheniglichen ersucht und gepeten,
wir möchten: In betrachtung seines guten und christlichen fürsatzes, auch seiner
Vorfaren getrewer dienste: die Si unsern Hochlöblichen Vorfaren Jederzeit
williglichen geleistet hetten und er und seine Erben uns und unsern Erben
hinfüro zuleisten erpötig wehren auch woll thun wollen, könten und sollen: Ihme
die gnade bezeihen und Ihne mit dem Jure Patronatus solcher seiner neugestiften
kirchen In allermaßen beleihen, confirmiren und bestetigen, als die darin
gegebene Praebenda: auf welchen die Kirche gewiedmet ist: den Scharfenbergen
anfenglich verliehen worden: Was wir
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demnach in gnediger betrachtung aller dieser
oberzelten Umbstende: sonderlichen aber ... schuldig erkennen und Jeder Zeit
woll geneigt sein, allen und Jeden ... Unterthanen, voraus aber
denjenigen: welche sich ums Gottes wordt und uns mit aufsetzung Ihrer ... und
güter woll verdienet gemacht, unsere väterliche gnad und fürstliche milde
zubezeigen, vorgenanten Volrhaten von Scharfenbergen und seine Erben beider
Linien sowoll Spill- als schwertmagen mit obberürtem Jure Patronatus und
Priesterlehne über seine newe fundirte und erbaute kirche Zu Niendorff, und alle
derselben gerechtigkeiten und Hebungen, belihen und begabet haben: Beleihen und
begaben Ihne und seine Erben beides geschlechtes, mit solchem kirchen- und
Priesterlehne Zu Newendorff, aus wolbedachtem muthe, gutem rhate und rechtem
wissen: Confirmiren und bestetigen Ihme und seinen mitbeschriebenen auch solche
gerechtigkeit wie ob specificiret, hiermit außtrücklich, aus fürstlicher macht
und gewaldt vor unß, unsere Erben und Nachkommen, Zu craft und macht dieses
unsers ofnen briefes: Also und dergestaldt, das nun hinfüre und Zu ewigen Zeiten
Volrhat von Scharfenberg und seine miterwehnete Erben beider Linien, solches
Priesterlehens Zu Jeder Zeit, wan es Zu fallen kombt, mit einsetzung düchtiger
und qualificirter Personen Zu den Emptern der kirchen, auch mit absetzung der
verdechtigen in lehre, leben, wandel und werken, auch mit allen andern Dingen
sich bester gestaldt Zugebrauchen, desselben Zugenießen und Zunützen, auch davon
Ihres gefallens zudisponiren haben sollen: wie Priesterlehens Recht und
gewoheitt [sic!] ist und unsere in diesem
Fürstenthumbe publicirte kirchenordnung mitbringet und richtige maße gibt. Alles
getrewlich und sonder geferde: Dessen Zu Uhrkunde und mehrer bekreftigung, haben
wir unser fürstlich Sekret an diesen brief wissentlich hangen lassen, und uns
mit aigner handt unterschrieben: Geschehen auf unserm Schlosse Ratzeburgk,
Mitwochs nach den heiligen Pfingstfeyertagen, Nach Jesu Christi unsers lieben
Herrn und ewigen Erlösers gnadenreichen geburdt, Im Tausendt fünffhundert und
sieben und achtzigsten Jahre. Frantz.
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