Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1936


Die Scharpenbergs in der Geschichte Lauenburgs.

(Dr. Friedrich Lammert.)
 

In der FESTSCHRIFT für den ehemaligen Direktor des Hamburgischen Staatsarchives DR. H. NIRRNHEIM (1935) S. 135-168 hat Staatsarchivrat DR. E. VON LEHE über ritterliche Fehden gegen Hamburg im Mittelalter nach den Quellen berichtet. Diese Arbeit bedeutet zugleich einen wertvollen Beitrag zur Geschichte des Landes Lauenburg im 13. und 14. Jahrhundert. Seit dem bekannten Aufsatze von J. M. Lappenberg im Vaterländischen Archiv für das Herzogtum Lauenburg I (1857) S. 131-176 "Von den Schlössern der Sachsen­Lauenburgischen Raubritter" wimmelt es in der Lauenburgischen Geschichte, in der geschichtlichen Novellistik und infolgedessen auch in der allgemeinen Vorstellung von solchen Raubrittern. Und das, obwohl der Aufsatz Lappenbergs seine Zeitbedingtheit und Einseitigkeit an der Stirn trägt. Nun hören wir gar bei E. von Lehe S. 137 Anm. 3, daß Lappenberg seinen Aufsatz bereits ein Menschenalter vor seinem Erscheinen, 1823/24 oder 1826/27, geschrieben hatte. Diese also bei ihrem Erscheinen bereits veraltete Darstellung ist jetzt durch die neuen Darlegungen, die durch den reichhaltigen Urkundenanhang S. 154 -168 völlig unter Beweis gestellt sind, erledigt.

Es handelt sich um Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Rittern, die, der dam aligen Zeit entsprechend, fast privatrechtlichen Charakter tragen. Eine Erschwerung war es dabei, wenn die Ritter von einem der Stadt fremden Fürsten abhingen, wie das bei den Lauenburgern der Fall war. Bei letzteren kommt hinzu, daß sie nicht nur in Streitigkeiten mit Städten geraten konnten, sondern daß oft auch die Fürsten ein Interesse daran hatten, ihre Ritter in Abhängigkeit zu halten. Als Quelle dürfen nicht einseitig die natürlich parteilichen Chroniken der Städte herangezogen werden, wo die soviel genaueren Urkunden zur Verfügung stehen.

Nach solchen vernünftigen Grundsätzen betrachtet von Lehe im Gegensatz zu Lappenberg das mächtige Lauenburger Rittergeschlecht Scharpenberg, das

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Linau und Nannendorp, heute die wüste Stelle Steinburg bei Franzdorf westlich Ratzeburg, besaß. Ritter dieses Geschlechtes finden wir im Dienste der Stadt
Lübeck ebensogut wie in dem der Lauenburger Herzöge und der Grafen von Holstein-Plön. Zu Kämpfen und Überfällen gab erst eine damals durchaus rechtmäßige Fehde der Scharpenbergs gegen Graf Gerhard von Holstein nach 1330 Veranlassung. In Händel mit einer Stadt, nämlich Hamburg, gerieten die Scharpenbergs dann 1346 oder 1347, offenbar als bei einer Fehde gegen die Grafen von Schauenburg-Pinneberg auch Hamburger Gebiet verletzt wurde. Damals vermittelte Lübeck zwischen Hamburg und den Scharpenbergs. 1349 aber wird ein Landfriedensbündnis für den Lauenburger Herzog das Mittel, die Selbständigkeit und die selbständige Rechtshilfe seiner Ritter zu brechen. Er findet dabei die Hilfe Lübecks, das bestrebt war, sich selbst im Lauenburgischen festzusetzen, und nach dringlicher Aufforderung auch Hamburgs. 1349 fällt mit anderen Burgen auch Nannendorp und 1350 nach Beschießung Linau, wobei außerdem die Holsteiner Grafen halfen. Die Ritter und unter ihnen die Scharpenbergs, wehrten sich, unterstützt von den Herzogen von Mecklenburg. 1356 kam es zu einem Vergleiche mit Hamburg unter Vermittlung der Grafen von Holstein und des Rates zu Lübeck. Zu weiteren Fehden der Scharpenbergs mit Hamburg kam es nicht, vielmehr ist friedliches Verhältnis bezeugt. Anderseits stellt von Lehe S. 146 fest, daß auch unter den Scharpenbergs einige in der an sich gesetzlichen Selbstrechtshilfe durch Fehde zu weit gegangen sind und sich so der Gefahr aussetzten, mit den wirklichen Straßenräubern auf eine Stufe gestellt zu werden. Als solcher wurde z. B. ein Henneke Scharpenberg von Lübeck bedroht, während zugleich andere Scharpenbergs in Lübecks Kriegsdienst standen und 1368 ein Scharpenberg im Dienste Lübecks vor Kiel im Kampf mit Straßenräubern fiel. "Der Name Raubritter ist dem Geschlecht als ganzem erst von Chronisten neuerer Jahrhunderte angehängt", heißt es abschließend S. 146. Der Verfasser skizziert S. 148 f. das Recht auf Fehde, wie es im damaligen deutschen Reichsrecht, besonders durch den Landfrieden 1235, festgelegt war und als Ersatz für nicht vorgesehene Rechtshilfe bis 1495, bis zur Einrichtung des Reichskammergerichtes, gegolten hat. Auch der richtige Hinweis, daß das Fehderecht nicht nur dem Ritter zustand, ist geeignet, im 19. Jahrhundert eingewurzelte Vorurteile zu zerstreuen. Daß auch z. B. das Machtstreben der Städte manche Fehde herbeiführte und daß dabei keineswegs alles Recht auf ihrer Seite war. steht fest. Aber ebenso stand dem Bauernstande unter den gleichen Voraussetzungen das Waffenrecht zu. Es kann nur empfohlen werden, die wichtige Arbeit im ganzen zu lesen und die beigegebenen Quellennachweise zu studieren. Sie ist an ihrem Teile geeignet, die im 19. Jahrhundert verbreitete Anschauung, als wäre das Mittelalter eine schlechthin dunkle Zeit, zu widerlegen und besseres Wissen und gerechteres Urteilen über ein Stück deutscher Vergangenheit zu ermöglichen.

DR. Friedrich Lammert.


 


 

 

 

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