Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1936


Ein Rückblick und Ausblick.
 

"Heimatschutz" nannte sich eine, zuerst 1897 in den "Grenzboten" erschienene Schrift von Ernst Rudorff, die in Einzelheiten zwar zeitgebunden, aber heute noch wegweisend und richtunggebend für die Bewegung ist. Auf Ernst Rudorff's Anregung hin wurde am 30. März 1904 in Dresden der "Bund Heimatschutz" gegründet, dessen Aufruf die erlesensten Persönlichkeiten der Wissenschaft, Verwaltung und Künstlerschaft unterzeichnet hatten. Unter dem Vorsitz von Professor P. Schultze-Naumburg entfaltete der Bund eine ungemein rege Tätigkeit. Er vermochte die drohende Verrestaurierung des Heidelberger Schlosses, zahlreiche Bau - und Reklamesünden in Stadt und Land, sowie Entstellungen der Landschaft zu verhindern. Hervorragenden Anteil hatte der Bund an dem preußischen Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden vom 15. 7. 1907 und am Reichsvogelschutzgesetz vom 30. 5. 1908. Durch geschickte Gegenüberstellung von Beispiel und Gegenbeispiel in seiner Bücherreihe "Kulturarbeiten" wußte P. Schultze-Naumburg weiteste Kreise der Bevölkerung für den Heimatschutzgedanken zu gewinnen, und in immer steigendem Maße zeigten sich die staatlichen Stellen bereit, allgemein aufklärende Arbeiten zum Heimat- und Naturschutz zu fördern und selbst zu übernehmen. Schon im ersten Aufruf des Bundes hieß es: "Wir haben nicht die törichte Absicht, die außerordentlichen Errungenschaften der Gegenwart auf praktischem Gebiet zurückdrängen zu wollen. Wohl aber dürfen wir einen Ausgleich anstreben zwischen jener herzlosen Ausbeutung des Heimatbodens und den Forderungen des Gemüts, dessen Wurzeln keine Lebensnahrung mehr finden werden, wenn wir in gleichem Maße fortfahren, die Schönheiten des deutschen Landes achtlos zu vernichten." 1914 verlangte der Bund: 1) den Schutz der Natur, namentlich der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, und der geologischen Eigentümlichkeiten (Naturdenkmal-Pflege), sowie der Eigenart des Landschaftsbildes; 2) Schutz und Pflege der aus früherer Zeit überkommenen Werke, der Bauten, der beweglichen Gegenstände, sowie der Straßen- und Flurnamen (Denkmalpflege), ferner die Pflege und FORTBILDUNG der überlieferten ländlichen und bürgerlichen Bauweise, der Pflege der Volkskunst auf dem Gebiet der beweglichen Gegenstände, der Sitten, Gebräuche, Feste und Trachten. Hatte im ersten Jahrzehnt der Bund durch P. Schultze-Naumburg-Bücher und Gustva [sic!] Wolfs Arbeiten "Die schöne deutsche Stadt" und "Das deutsche Dorf" auf die alte, heimische Bauweise und ihre unvergleichliche Schönheit hingewiesen und in der umfangreichen Schrift "Altbewährte heimische Bauweisen" auch für die Erhaltung des Strohdachs gekämpft, so brachte das zweite Jahrzehnt bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiete der Friedhofskunst. der Kriegergräber im Felde und daheim, der Gedenktafeln und Kriegerehrungen und für den Wiederaufbau Ostpreußens das dreibändige Werk "Grundlagen für das Bauen in Stadt und Land", sowie das "Siedlungswerk". 1907 schon begann die Geschäftsführung das Netz der Landesvereine auszubauen, und so entstand 1908 der "Schleswig-Holsteinische Landesverein für Heimatschutz" unter dem Vorsitz von Museumsdirektor DR. Ernst Sauermann, durch den auch unser "Heimatbund Herzogtum Lauenburg" dem "Deutschen Bund Heimatschutz" angeschlossen ist.


1936/3-4 - 99

1936/3-4 - 100

Ü
ber ein Vierteljahrhundert war die Heimatschutzarbeit den Heimatbünden anvertraut. Gegen die interrrationale Gesinnung, die in Volk und Heimat alte, überlebte Bindungen sah, die für die Vereinigten Staaten von Europa keine Geltung mehr haben sollten, haben sie mutig und zäh gekämpft. Wohl gibt es Einzelne, die neben dem Alten und Überlieferten nichts Neues gelten lassen wollen, aber auch jene Allzuvielen, die ein Neues nur unter Beiseiteschieben des Bestehenden glauben erreichen zu können, und unvereinbare Gegensätze statt notwendige Ergänzung in einer stetigen Entwicklung sehen. Langsam, Schritt vor Schritt ist der Heimatschutzgedanke vorgedrungen, und wenn im dritten Reiche endlich "Heimat" wieder ein grundlegender Wert für unser Volkstum geworden, wenn staatliche Denkmal- und Naturschutzstellen geschaffen worden sind, so bedarf es doch noch der Mitarbeit aller Freunde des deutschen Heimatschutzes, bis seine Lehren ein Teil der Volkserziehung selbst geworden sind. Der Heimatschutzgedanke muß ein Führer zum wahren Wesen der Dinge, zum Verantwortungsbewußtsein jedes Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit werden, er muß die Einfügung und Unterordnung alles Schaffens und Gestaltens in die Gesamtheit der Erscheinungen bringen, dann erst werden wir eine wahre nationalsozialistische Volkskultur haben.

S. S.
 


 


 

 

 

*