Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1937


Rückblicke auf die bäuerlichen Rechtszustände
im Lande Lauenburg.

Von Kreisschulrat i. R. HEINRICH SCHEELE.
 

"An der Agrarverfassung der alten Zeit ist nicht gerüttelt; die Hufengeschlossenheit mit der durch kein Gesetz im einzelnen festgestellten Meierverfassung ist strenge aufrechterhalten, und besteht hierin ein Palladium des Landes."

Dieser stolze Satz ist ausgesprochen im Vorwort der ersten Lauenburgischen Heimatzeitschrift, die 1857 erschien, und er liest sich wie ein Urteil von heute. Daß er aber von den Lesern in jener Zeit allgemein gebilligt wurde, darf man sehr bezweifeln. Schon ein Jahrzehnt später - unter veränderten politischen Verhältnissen allerdings - hatte die Ritter- und Landschaft sich mit einem Antrag auf Ablösung des Meiernexus zu befassen. Wenn damals selbst der sorgsam abwägende Landmarschall einräumte, daß in nicht zu ferner Zeit die Bauern von sich aus eine zeitgemäße Reform der meierrechtlichen Verhältnisse begehren würden, so müssen auch ihm Stimmen bekannt gewesen sein, die alles andere bedeuteten als wunschlose Zufriedenheit mit dem Bestehenden.

Die nächsten Jahre brachten denn auch Erfüllung der Reformwünsche. 1868 wurde in allen Rechtsfragen der unter Gutsherrschaft stehenden Grundbesitzer der RECHTSWEG VOR DEN ORDENTLICHEN GERICHTEN zugelassen. 1869 wurde die ABLÖSUNG DER BURGFESTEDIENSTE gestattet. Noch vor Schluß desselben Jahres wurde das "Gesetz über die TRENNUNG DER RECHTSPFLEGE VON DER VERWALTUNG, DIE AUFHEBUNG DER PRIVATGERICHTSBARKEIT und des eximierten Gerichtsstandes im Herzogtum Lauenburg" erlassen. Und das Jahr 1872 brachte das MEIERABLÖSUNGSGESETZ, dem alsbald ergänzende Gesetze folgten. Der gesamten tüchtigen und arbeitsamen Bevölkerung war damit ein gewaltiger Auftrieb in ihrem Schaffen gegeben.

Als dann weiter 1881 das "Gesetz über das Höferecht im Kreise Herzogtum Lauenburg" das geltende allgemeine Recht an die Stelle des bisherigen privaten Meierrechts setzte und gleichzeitig EIN NEUES
 

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ANERBENRECHT festlegte für Höfe, die in die Höferolle eingetragen würden, da ließen sich Hunderte - namentlich im Süden des Kreises - in diese Höferolle eintragen. UND AUCH DORT, WO DIE EINTRAGUNG NICHT STATTFAND, VERFUHR MAN BEI DER HÖFEÜBERTRAGUNG NACH DEM ALTEN HERKOMMEN. DAMIT BEWIESEN DIE LAUENBURGER IHREN GESUNDEN SINN UND IHR VERTRAUEN ZU DEM ALTHERGEBRACHTEN ERBBRAUCH. DAS ANERBENRECHT WAR GEFALLEN; ABER DIE ANERBENSITTE BESTAND WEITER.

Der kurze Überblick über die letzte Entwicklung läßt die Gründe für die zwiespältige Beurteilung des alten meierrechtlichen Zustandes erkennen. Einerseits wollte man das gesunde, die Sippe schützende Erbrecht behalten; es war bewährt. Andererseits lehnte man die Gebundenheit und unwürdige Abhängigkeit des Meierverhältnisses ab, wie sie sich durch die Vereinigung von Rechtspflege und Verwaltung in einer Person und im besondern durch die private Gerichtsbarkeit nun einmal gestaltet hatte. Die folgende Betrachtung soll den Einfluß und die Bedeutung der Gerichtsbarkeit in einem wesentlichen Punkte aufzeigen, nämlich im bäuerlichen Dienstwesen.

I. DAS HÖFEDIENSTWESEN.

Wandlung in den staatlichen Hoheitsrechten.

Wer in der Kolonisationszeit als Siedler in das Lauenburgische Land kam, der erhielt seine Hufe im Wege der Grundleihe. Seinem Grundherrn zahlte er als Grundheuer den Zins oder die Pacht. Vielleicht übernahm er auch einige wenige Tage zu besonderm Dienst, der dann also grundherrlicherseits beansprucht werden konnte. Der Kirche
zahlte er den Zehnten. Land und Sand war nicht sein eigen; er besaß seine Hufe nur zu freiem Gebrauch geliehen. Bei Erfüllung seiner Pflichten blieb der Bauer in seinem Besitz ungestört, und er durfte denken, daß auch seine Nachkommen auf dem Hofe sitzen würden. Die Erblichkeit (HEREDITAS) ruhte zwar in der Hand des Grundherrn;
aber mochte der rechtliche Anspruch noch so begrenzt sein, er war ersetzt durch das unbegrenzte sittliche Treueverhältnis beiderseits.

Die Grundleihe begründete auch nur dingliche, keinerlei persönliche Abhängigkeit 1). Der Siedler blieb ein freier, ein wehrhafter und waffenfähiger Mann, wenn er auch nicht fehdefähig war. Und als Äußerung freier Persönlichkeiten und als Ausdruck sittlicher Kraft muß das alte Wort verstanden werden: "För unsen Herrn laat wi uns rökern un blökern."
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1) Unfreie Leute, Leibeigene, wurden dem Siedlungstand ferngehalten. Noch 1614 VERBIETET Herzog Franz d. I. im Land Hadeln, DASZ SICH LEIBEIGENE NIEDERLASSEN, weil 'eine ziemliche Anzahl Leibeigener - aus Westfalen und andern Ländern - sich in das Erbland Hadeln einschlichen, des Landes Fruchtbarkeit genössen und sich mit den freien Untertanen jenes Landes verheirateten'. Sie sollen glaubhaften Schein vorlegen, daß sie von ihren Eigentumsherren solcher Leibeigenschaft entlassen und freigegeben seien, und 'zur Rekognition eine Tonne Hamburger Bier oder den Wert derselben vorher ins Amt erlegen GLEICH WIE IM FÜRSTENTUM NIEDERSACHSEN ANGEORDNET'. (Angeführt von Duve i. Staatsb. Magazin. Schleswig 1826. S. 41.)

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Man muß nun von zweierlei Grundherrschaft sprechen. Es handelt sich einerseits um landesherrliche Bauern, die ihr Land unmittelbar vom Herzog empfangen hatten; andrerseits gab es Bauern, deren Land sich im Obereigentum eines privaten Grundherrn befand, der es seinerseits als Lehen vom Landesherrn besaß. Solcher Art waren die Stiftsbauern der geistlichen Herrschaften und die ritterschaftlichen Bauern. Zunächst bildete das keinen wesentlichen Unterschied; dieser ist aber entstanden in dem Augenblick, wo staatliche Hoheitsrechte an die privaten Grundherren veräußert wurden. Das zentrale Hoheitsrecht war die Gerichtsbarkeit, und mit dem Übergang dieses Rechtes vom Landesherrn auf die einzelnen Grund- und Lehnsherren veränderte sich das Verhältnis des Landesherrn zu seinem Lehnsmann und zu den Hintersassen des Lehnsmanns sehr wesentlich.

Die Gerichtsbarkeit des Mittelalters war umfassender als heute, hatte im Grunde alle öffentliche Gewalt inne. Die streitige Gerichtbarkeit, die Polizei im Lande, die Verwaltungsausgaben und die dazu gehörende Zwangsgewalt, die Vermögensauseinandersetzungen (Grundstücke, Renten u. dgl.), das alles lag innerhalb der Gerichtsgewalt.
Wer diese innehatte, beherrschte alles. Sie war der Keim aller Herrschaft.

Man unterschied eine niedere und eine hohe Gerichtsbarkeit (auch noch eine mittlere, die hier nicht erörtert zu werden braucht). Die niedere Gerichtsbarkeit nannte man dat 'sidest gerichb, Gericht auf 'bloot und blaaw' [Blut und Blau]. Das niedere Gericht erfaßte die bürgerrechtlichen Streitigkeiten und leichteren Strafsachen, auf die Strafe an Haut und Haar gesetzt war. Das hohe Gericht hieß das 'högeste gericht', das Gericht an Hals und Hand. Es umfaßte die schweren Kriminalfälle und war demnach zumeist auch das Blutgericht.

Die Entwicklung hat nun nicht bloß in Lauenburg, sondern auch in den angrenzenden Landschaften dazu geführt, daß die Landesherren dieses zentrale Hoheitsrecht an die einzelnen Grundherren käuflich abtraten. Das geschah zwar in verschiedenen Stufen und unter verschiedenen Vorbehalten. Das Ergebnis war aber dies: AM ENDE DES MITTELALTERS BESASZEN DIE EINZELNEN GRUNDHERREN WOHL AUSNAHMSLOS DIE GESAMTE GERICHTSBARKEIT (die niedere und die hohe).

Durch den Übergang in die private Hand verflüchtigte sich der staatliche Charakter des Rechts, es wurde ein Privatbesitz. Das Hoheitsrecht wurde zu einem Recht, das an dem Grundbesitz haftete. Es war diese Gerichtsbarkeit nicht mehr aus der höchsten staatlichen Gewalt abgeleitet, sondern sie fand AUS EIGENEM RECHT DES INHABERS DER GERICHTSBARKEIT statt. Sah der Untertan früher den fürstlichen Vogt am Gerichtstag als Vertreter seines Landesherrn vor seinen Augen, so fühlte er die Hand seines Landesherrn unmittelbar in seinem Lebensbereich richtend und schützend wirksam. Seit der Grundherr die Gerichtsbarkeit ausübte, fand der Bauer sich völlig von seinem Landesherrn gelöst, der ja nie mehr irgendwie in seinem persönlichen Schicksal sichtbar wurde. Bis dahin hatte der Bauer nur eine privatrechtliche Beziehung zu seinem adligen Grundherrn, die

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aus der Grundleihe entsprang. NUN ABER WURDE ER EIN GERICHTSUNTERTAN SEINES GRUNDHERREN; es bestand für ihn ein Untertanenverhältnis öffentlich-rechtlichen Charakters.

Zunächst schien es sich nur um wirtschaftliche Folgen zu handeln. Es ist bei dem Umfange der Gerichtsbarkeit nicht wunderbar, daß sie bedeutende Einkünfte erbrachte, sonst wäre sie auch nicht Gegenstand von Verkäufen und Veranlassung zu hartnäckigen Streitigkeiten um die Gerichtsgefälle gewesen. Bald wurde aber ein anderes deutlich.
Der Besitz der Gerichtsbarkeit war von jeher mit dem Anspruch auf Dienste verbunden gewesen.

Es mochte sich dabei ursprünglich um persönliche und sachliche Hilfen und Dienste handeln: Beförderung bei der An- und Abreise, Gewährung von Nachtlager und Bespeisung, Stellung von Diensten zur Sicherung und Durchführung des Amtes u. ä. m. Weiterhin handelte es sich auch um mancherlei Abgaben zur Unterhaltung des
Gerichts. Ihrem Ursprung nach waren die erwähnten Dienste ungemessen, das Erforderliche mußte geschehen. Auch konnten die Dienste nicht verweigert werden, sie wurden ja von der öffentlich-rechtlichen Herrschaftsgewalt verlangt. Die Dienste ließen sich daher einseitig auferlegen.

Das alles konnte getragen werden, auch wenn die Gerichtsherrschaft an den privaten Grundherrn überging. Zu einer schwersten Last wurde das alles erst, als die privaten Grundherren zur Gutswirtschaft übergingen. Die zu dieser Wirtschaftsform nötigen Arbeitskräfte konnte man nur beschaffen, wenn man die zu leistende Arbeit für das
gesamte Gut als eine lebensnotwendige ansah und sie den Untertanen aufbürdete, indem man ihre Dienste erhöhte. DER ÖFFENTLICH-RECHTLICHE ANSPRUCH AUF DIENSTE DER UNTERTANEN, DER AUS DER GERICHTSHERRSCHAFT ENTSPRANG, GAB DEN RECHTSGRUND HER. DIE GERICHTSHERRSCHAFT GEWÄHRTE ZUGLEICH DIE MACHT, DIE FORDERUNGEN DURCHZUSETZEN.

Es gab noch ein anderes staatliches Hoheitsrecht, das auch eineu öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Dienste gab, es war der Burg- und Brückendienst. Und auch dieses Recht wurde von den Landesherren veräußert und kam auf verschiedenen Wegen in die Hände der Grundherren. Der Burgfestedienst galt dem Bau von Burgen, Dämmen,
Wegen, Brücken, dem Aufeisen der Gewässer, dem Anfahren von Holz, und ähnlichen Aufgaben der öffentlichen Wohlfahrt und Sicherheit. Auch diese Dieuste bekamen beim Übergang auf die Grundherren den Charakter privater Fron. Sie gesellten sich zu den andern Arbeiten und Diensten, und es ist wohl nicht immer das unterscheidende Bewußtsein dafür geblieben, unter welchem Rechtstitel die Dienste verlangt wurden. Doch scheint es, daß im besondern Fuhren und Reisen und Bauarbeiten als Dienste aufgefaßt wurden, die außer den übrigen Hofdiensten zu leisten waren. Sie wurden auch dort vorbehalten und verlangt, wo sonst der Dienst durch ein Dienstgeld abgelöst war. Sie sind auch vorbehalten geblieben, als das Dienstwesen im großen und ganzen durch Abgaben ersetzt wurde. Im öffentlichen Bewußtsein kannte man eine Unterscheidung kaum. Die ANSPRÜCHE

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AUF DIENSTE STELLTE DER GERICHTSHERR. AN SEINEM RECHT DAZU ZWEIFELTE NIEMAND, UND NIEMAND TRAT GEGEN IHN AUF. Wo und wie immer gekämpft wurde, es handelte sich nur um das Maß und um die Art und Weise der Dienstleistung.

Bevor wir diese Entwicklung genauer betrachten, soll zunächst an einem bedeutsamen Fall gezeigt werden, welche Gewalt die Gerichtsherrschaft den Grundherren gab. Es handelt sich um jene Vorgänge in Niendorf A. St., die den Wendepunkt in der Frage der Leibeigenschaft bedeuten.

Leibeigenschaft?

Niendorf a. d. St. war Lehngut derer von Scharffenberg. Vor 1600 hatte es Volrad von Scharffenberg inne, der 1598 starb. Er war der Grund- und Erbherr im Dorfe, auch standen ihm die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit zu. Seinem Herzog muß er sehr nahegestanden haben. Als dieser 1558 die Klostergüter von Marienwold gewaltsam einnahm und einen Hof dort errichtete, erhielt Volrad Scharffenberg einen Teil des Hofes und auch einen Teil der Steine von der niedergelegten Klostermauer. Ob er damals auch einen Teil der Klosterbauern zu Diensten zugewiesen erhielt, ist nicht bekannt.

Niendorf hatte damals nur eine Kapelle; die Bauern gehörten nach Breitenfelde zur Kirche. Dieses Dorf war halb im Besitz der Lübecker. Der andere Teil hatte bis dahin zum Kloster Marienwold gehört und war nun wieder sächsisch geworden. Diese Klosterbauern - 17 an der Zahl - waren vom Herzog zu schwerem Hofdienst angesetzt worden. Es ist kaum anzunehmen, daß die Breitenfelder Bauern den Niendorfer Gutsherrn, den Freund des Herzogs, mit freundlichen Augen ansahen. Vielleicht war Volrad von Scharffenberg mit der Einführung erhöhter Frondienste vorangegangen, so daß man ihn für den bösen Ratgeber des Herzogs hielt. Man weiß darüber nichts Bestimmteres, man weiß nur, daß die Niendorfer öfters ihren Weg zur Kirche versperrt fanden und Ursach nahmen, dem Gottesdienst fernzubleiben.

Daher ließ Volrad Scharffenberg an der Stelle der alten Kapelle in Niendorf eine Kirche erbauen. Von den Zehntenabgaben kaufte er sie frei, und die neue Pfarre dotierte er. Dafür bestätigte der Herzog ihm das Patronat. Scharffenberg konnte nun selbst die Prediger einsetzen und gegebenenfalls absetzen. Im Grunde war der kirchlich sehr
interessierte Volrad damit der Seelenherr seiner Untertanen geworden. Wenn er auch seinen Bauern einige Pacht erließ, damit sie zur Kirche steuern konnten, so spielte bekanntlich die Pachtsumme gar keine Rolle mehr in jener Zeit neben den Diensten, die die Bauern ihren Herren zu leisten hatten 2). Mochte das alles nach außen so aussehen, als
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2) Der Landrat v. Witzendorff schreibt 1697 über seine 'zu Berkenthin habende Bauern', daß die wirkliche Abstattung der Dienste einen weit größeren Vorteil bringe als das geringe Dienstgeld, wie denn auch 'ORDINAIR dergleichen AD 500 RTLR. CAPITAL in Anschlag kommen nach Landesgebrauch'. Der Hofzins betrug damals bei den betr. Berkenthinern nur 1 Rtlr. 40 Sch. (Lbg. Landesarchiv.)

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ob Scharffenberg viel opfere, damit nicht seine Bauern in zeitliche Strafen und ewiges Verderben gerieten, seine Untertanen selbst haben das anders gesehen. Was dem Gutsherrn geschah, ist uns in einem Bericht überliefert, der 50 Jahre später aus einer Veranlassung, die noch besprochen wird, von dem damaligen Inhaber des Gutes, Hieronymus von Dohrn, erstattet wurde, und zwar an den Herzog. Er schrieb:

"Wenn nun aber die Niendorffer Unterthanen bereits für unvordenklichen Jahren der Itzlebenden Eigenen Aussage zufolge sich unterstanden, Ihren damaligen Juncker, Volrath von Scharffenberg, welcher Anno 1598 verstorben, rebelligerweise auf den Hoff zu fallen in Meinunge, Ihm Mörttlicherweise umbs Lehben zu bringen, der Edelman aber vermittelst Göttlicher gnade durch Hülffe der benachbarten Ritterschafft solche greweliche Tahtt abgewendet, die Übelthäter festgemacht und den damahls Regierenden Landes Fürsten zu Rahte gezogen ... F. Gn. Ihme dazumahl gnedig an die Hand gegeben, den vornembsten redlingsführern solches Mörttlichen Beginnens die Köpfe wegkschlagen zu laßen, worauf dan der Juncker dieses Gutes seine Untertanen lieber gewolt beim Leben erhalten, UND SIE ZU EWIGER DIENSTBARKEIT CONDEMNIEREN ... "

Es ist nirgends zu erkennen, aus welchem Grunde die Niendorfer ihren Herrn überfallen haben. Man möchte annehmen, daß das Übermaß von Diensten, das Scharffenberg eingeführt hatte, die Rebellion hervorrief. War es so, so war die Verewigung solcher Dienste das Ergebnis des Aufruhrs.

Die ewige Dienstbarkeit bestand nach demselben Bericht in täglichen Diensten, zu denen auch Kinder und Kindeskinder verpflichtet waren: sie durften nicht vom Gut weichen, sie waren leibeigen. So war der bisherige Grund- und Erbherr, Gerichts- und Kirchenherr auch zum Leibherrn seiner Untertanen geworden. Ein Staat im Staate
hatte sich damit aufgetan. Hatte der Gutsherr auch nicht die Landesherrlichkeit inne, so war doch in den wirklichen Verhältnissen des Lebens der Untertan von jedem andern öffentlich-rechtlichen Band gelöst, von jeder andern Gemeinschaft abgeschlossen.

Der Bericht ward 1642 gegeben. Damals im Dreißigjährigen Krieg waren die Scharffenbergs in Verfall geraten, und für die Gläubiger hatte jener Hieronymus von Dohrn das Lehngut Niendorf als "Mietmann" inne; als solchen bezeichnet er sich selbst gegenüber dem Herzog. Der Bericht hatte folgende Veranlassung.

Es war um 1640. Das Gut war inzwischen völlig verödet; denn manche Entweichung war geschehen. Über zwei Fälle wissen wir Genaueres. Ein Knecht Engelbrecht Millies und ein Hausmann Engelbarth Menges waren in das adelige Gericht Gudow entlaufen. Der Fall des Millies wurde bedeutsam. Millies war ein 'freier, leddiger Knecht', der in Niendorf geboren und gezogen war. Er hatte sich mit einer Witwe Gesche Salomons verlobt, die als Weberin eine Kate in Grambek bewohnte und einen Tag wöchentlich nach Gudow dem Landmarschall dienen mußte. Da der Niendorfer Gutsherr dem Millies keinen Ehekonsens gab, war er nach Gudow entwichen, um nun sich dort in Grambek niederzulassen. Der Landmarschall hatte ihn, da er ein freier Knecht war und sich noch keiner Obrigkeit untertänig gemacht hatte, als Untertan auf- und angenommen dergestalt, daß er von jenem Haus in Grambek die gebührlichen Dienste und Pflichten tun solle. Der von Dohrn behauptete aber, daß der Knecht

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Photo: Hannig-Ratzeburg)
Aus dem Bericht des Erblandmarschalls von Bülow-Gudow an den
Herzog über die Frage der Leibeigenschaft. 1642. (Lbg. Landesarchiv.).

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wegen seiner Eltern Verbrechen ihm angehöre, und verlangte den Knecht zurück. Als seine Forderung keinen Erfolg hatte, ließ er das Vieh und die Sachen des Millies in Arrest fassen und wandte sich an den Herzog unter dem 23. April 1642, er möge die Angelegenheit entscheiden, damit des Gutes Spezialhoheit nicht geschmälert werde.
Seinen Anspruch gegen Millies begründete er mit der Leibeigenschaft seiner Leute, wie es oben bereits gezeigt ist. Er sagte weiter:

"Also Und hirauff bin Ich veruhrsachet worden, damit ich als ein Miet Man des Guttes Erbherren nichtes präjudizirliches veranließe, bemeldeten Engelbrecht Millies zu gebieten, das er in seinem Dorffe bleibe, Und sich mit seiner Verlobten, beuorab weil das Gutt schon mehr den halb ausgestorben Und letzlich nicht gar wüste gelaßen werden möge, hirselbst heußlich niederlassen soll. Auch wolbemeldetem Landt Marschalck freuntlich zu begrüßen, auß oberwenten Uhrsachen der Wittiben, zumahl sie Ihme nur wöchentlich einen Tagt dienett, welches Ihme eine schlechte, diesem fast außgestorbenen Gutte aber eine großere hülffe ist, hieher zu weichen erlauben."

Der Gegenbericht des Landmarschalls Joachim von Bülow erfolgte schon am 30. April 1642. Er stellte den Fall seinerseits dar und sagte dann:

"Nun kann Ich woll mit gutem Gewissen schreiben, das Ich niemaln Vohr diesem Von der Niendörfer Leibeigenschafft, weniger Von der Von Hieronymo von Dohren angeführten mördlichen Geschichte der Niendörffer etwas gehöret; Aber daß auch niemaln Vernomben das E. F. Gn. oder dero Hochlöbl. Fürstl. Vohrfahren solche leibeigenschafft sollten Landesfürstl. CONFIRMIRET, oder in diesem CASU denen Von Scharffenbergk einigen Vohrzugk Und gewalt über seine unterthanen für andern Vom Adell gegeben haben. Wie den dahero des gutes Niendorffes Unterthanenkinder sich bishero auch als freie leute, ohne allen gehörten einspruch der ... orten unter frömbden Obrigkeiten ... untertänig gemachet."

Er bittet weiterhin, keine 'BISHERO DISORTES UNERHÖRTE WEITAUSSEHENDE STREITMACHENDE LEIBEIGENSCHAFT' zu verstatten, durch die unerhörte Neuerung nicht die 'BISHERO GEHABTE FREYHEITEN UND GEWOHNHEITEN, SO WOLL E. F. GN. ALS DERO UNTERTHÄNIGEN VOM ADELL' [sic!] AUFZUHEBEN. Der Gutsherr soll das Gut und Vieh des Knechts freisetzen lassen und den Schaden erstatten, damit das 'ordentlich verabredete eheverbündnis' nach christlichem Gebrauch vollzogen werde, wie auch der Landmarschall seinerseits den FREIEN KINDERN seiner Untertanen ERLAUBEN MÜSSE, sich einer andern Obrigkeit untertänig und unterwürfig zu machen. Der Landmarschall beruft sich auf den bisherigen, von unvordenklichen Jahren her ohne allen Streit geübten Brauch und warnt vor den üblen Folgen einer solchen Neuerung.

Die weise Mäßigung des Landmarschalls hatte die 'Streitigkeiten' im Auge, die entstehen mußten, wenn die Leibeigenschaft statthaben sollte. Es muß damals also eine Entweichung aus verödenden Gütern öfter vorgekommen sein, und es muß - wie schwer immer die Dienste überall sein mochten - doch Güter gegeben haben, wo die
Behandlung des Dienstwesens Formen hatte, die andere anlockten.

Im angrenzenden Mecklenburg ward damals die Leibeigenschaft der Untertanen bereits behauptet und bald gesetzlich anerkannt; in Holstein bestand sie schon länger. So mag es auch in Lauenburg manchen Adligen gegeben haben, der die Leibeigenschaft gern eingeführt

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hätte. Die Leutenot trieb dazu. Es ist der Voraussicht des Landmarschalls zu danken, daß die persönliche Freiheit der Bauern nicht durch 'unrechte Gewalt' in ihr 'unerhörtes' Gegenteil verkehrt wurde. Den weiteren Hergang in Niendorf kann man aus den Akten nicht erkennen. Offenbar hat sich der Herzog zurückhaltend benommen; denn schon nach kurzer Zeit taucht die neue Angelegenheit mit dem Engelbarth Menges auf, deren Lösung ebenfalls nicht urkundlich zu ermitteln ist. Nur das eine steht fest: IN LAUENBURG HAT ES NIEMALS LEIBEIGENSCHAFT GEGEBEN 3). Das war unter der sächsischen Regierung so, und so ist es unter der hannoverschen Regierung auch geblieben. Diese erklärte in einem besondern Fall, indem sie andersmeinende Beamte zurechtwies: "INDESSEN IST UND BLEIBT ES NOTORISCH, DASZ DIE BAUERN IN HIESIGEM LANDE FREYE LEUTE SIND." (Sept. 1763.)

Das Hochgericht über die Niendorfer zeigt, welche Veränderung in den Gerichtsformen der Übergang der peinlichen Gerichtsbarkeit auf die privaten Grundherren nach sich gezogen hatte. Der Grundherr handhabt die ÖFFENTLICHE GEWALT AUS EIGENEM RECHT. Er zieht seine Untertanen vor sein eigen Gericht. Ort, Zeit, Ladung,
Verhandlungsführung, Urteilsfindung und Ausführung des Urteils - alles bestimmt der Grundherr als Gerichtsinhaber selbst. Es gibt kein Ding mehr, keine Dinglüde, die das Urteil finden; die Rechtsprechung ist ganz persönlich. Der Landesherr war von Scharffenberg in diesem besondern Fall zu Rate gezogen worden, und er hatte seinem
Lehnsmann gnädig an die Hand gegeben, den Rädelsführern die Köpfe wegschlagen zu lassen. Danach ist anzunehmen, daß das Hochgericht mit dem Blutgericht identisch war, wobei es noch fraglich bleibt, ob dieser hochpeinliche Urteilsspruch überhaupt mit einem besondern rechtskundigen "Fürsprecher" zusammen gefunden wurde. Daß diese
Rebellion dem Landmarschall nicht zu Ohren gekommen war, mag durchaus an der ganz persönlichen Rechtsprechung des Gutsherrn und an der selbstherrlichen Abgeschlossenheit des Niendorfer Gutes liegen.
 
Die ausführlich dargestellten Vorgänge in Niendorf geben uns im Gedankengang unserer Betrachtung manchen Aufschluß. Man sieht deutlich, die Gutswirtschaft kann nur bestehen, wenn sie jederzeit über Arbeitskräfte verfügen kann. Die Möglichkeit, sich solche Arbeiter zu verschaffen, bietet das öffentlich-rechtliche Dienstwesen. Der Gutsherr als Gerichtsherr kann die im Grundsatz ungemessenen Dienste anfordern und erhöhen. Die Stellung als Gerichtsherr gibt ihm
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3) Auch zu einem Gesindedienstzwang für die 'Jungen leuth und dienstgesindt' ist es in Lauenburg nicht gekommen. In seiner 'Ambts-Ordnung' hat Herzog Julius Heinrich 1656 zu Ratzeburg bestimmt, daß den Untertanen und dem jungen Dienstgesinde der freie Wille benommen werden solle, damit seine Meierhöfe und seine UNTERTANEN, DIE IHM MIT SCHWEREN HOFDIENSTEN VERPFLICHTET WÄREN, mit Diensten versorget sein möchten. Aber die Eintragung der jungen Leute in Rollen und die Auswahl nach solchen Dienstlisten ist wohl nie durchgeführt worden. Vermutlich hat diese GEHEIME ANORDNUNG, die niemand offenbart und von niemand kopiert werden durfte, niemals eine Vorstufe zur Verwirklichung erreicht. (Vgl. Archiv des Vereins f. d. Gesch. d. Herzogt. Lauenburg Bd. IX, Heft 1. S. 51 ff.

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zugleich die Machtmittel, seine Ansprüche an die Dienstbarkeit durchzusetzen. Selbstverständlich ist der Niendorfer Fall ein äußerster Fall. Es wird nicht der einzige Aufruhr in den Gütern gewesen sein. Aber die Quellen fehlen.

Wir versuchen nun, die Entwicklung des Dienstweseus aufzuzeigen, wie sie im wesentlichen aus den landesherrlichen Gebieten bekannt ist.
 

Die Entwicklung des Dienstwesens
unter der sächsischen Herrschaft.

Nachrichten, die einen genauen Einblick in das Dienstwesen der Bauern geben, sind für das Mittelalter nicht zahlreich. Außerdem ist es uns noch weniger wie den damaligen Bauern möglich, festzustellen, ob die verlangten Dienste ursprünglich im einzelnen auf grundherrlichen Ansprüchen oder auf öffentlich-rechtlichen Ansprüchen aus der
Gerichtsbarkeit oder dem Burgfestedienst beruhten. Der Untertan übernahm, wenn er als solcher angenommen wurde, die Pflicht, SEINEM NACHBARN GLEICH UND RECHT ZU TUN. Mit diesem formelhaften Versprechen lag ihm der gewöhnliche Dienst, der gebührliche Dienst NACH LANDESGEBRAUCH ob. Die außergewöhnlichen Tage in der Pflug-, Saat- und Erntezeit wurden wohl immer in Person gedient. Das brachte die wirtschaftliche Notwendigkeit schon mit sich. Die übrigen Dienste findet man hin und wieder durch ein Dienstgcld abgegolten.

Eine Einsicht in solche Verhältnisse gewährt u. a. das Hebungsbuch des Klosters MARIENWOHLDE 4). Es ist 1464 angelegt. Im allgemeinen zahlten die Hufner der zugehörigen Dörfer Borstorf, Bälau, Goldensee, Niendorf a. Sch., Dargow, Breitenfelde u. a. ein Dienstgeld von 1 Mark. Das bezog sich auf die gewöhnlichen Dienste, die,
der Summe nach zu urteilen, noch nicht wöchentlich einen Tag betrugen. Dabei sind die außerordentlichen Dienste in der Saat- und Erntezeit vermutlich IN NATURA geleistet worden. So läßt es 1456 eine Sühne der Brüder Moldenhauer wegen ihres Erbhofes in Borstorf erkennen. Sie zahlten 1 Mk. Dienstgeld und dienten 8 Tage (4 zum Pflügen, 2 zum Düngen, 2 zum Mähen in der Ernte). Die Bauern in Bälau, Borstorp und halb Breitenfelde sagten nach 1558 aus, sie hätten alle Monat nur einen Tag frönen müssen, hätten auch einige Fuder Holz gefahren und in der Ernte drei Tage geholfen, wofür der Konvent ihnen eine Tonne Bier gegeben hätte. In den Lübschen Dörfern, die zu BEHLENDORF 5) gehörten, wurden die Untertanen zu einem Tag wöchentlich herangezogen. Das war 1511. Im AMT RITZERAU 6) (Nusse, Ritzerau, Siebenbäumen, Düchelsdorf, Sirksrade, Berkenthin, Hollenbek, Niendorf, Poggensee, Koberg, Sirksfelde, Duvensee) wurde noch 1616 nur 1 Tag wöchentlich an Dienst verlangt, der mit 1 Sch. abgegolten werden konnte, abgesehen von der Erntezeit, wo in Person gedient werden mußte. DIESER WÖCHENTLICHE EINTAGEDIENST KANN BIS ZUR MITTE DES 16. JAHRUNDERTS WOHL ALS REGEL GELTEN.
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4) Vaterl. Archiv, a. a. O. S. 341 ff.
56) Fehling, Lübeckische Staotgüter I. 1904.

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Von da an setzt eine Steigerung der Dienste ein im Zusammenhange mit der entstehenden Gutswirtschaft. Als Herzog Franz I. an einem Septembermorgen die Klostergüter von MARIENWOHLDE einnahm, mußten die Marienwohlder ihm huldigen und ihm den Treueid leisten. Die übrigen Klosterleute ließ er in Breitenfelde versammeln, wo sie ihm den Eid leisten mußten. Obwohl er ihnen versprach, sie bei ihren Gerechtsamen erhalten zu wollen, mußten sie doch später schwere Hofdienste leisten, und zwar allwöchentlich 3 Tage, ja 5 Tage. Das letztere geschah vermutlich in der Saat- und Erntezeit. Die Klagen der Bauern lassen erkennen, daß damals dreitägige Hofdienste noch
nicht allgemein üblich waren. Jedoch war eine Erhöhung der Dienste schon damals nicht ohne Beispiel. Den Übergang bildeten zweitägige Dienste. So wurde um 1600 dem alten Bartold Lützow auf SEEDORF, den der Herzog als einen Empörer seines Landmarschallamts enthoben hatte, u. a. vorgeworfen, daß er seine Bauern in Seedorf,
Bresen, Dargow, Hakendorf hart behandelt hätte. U. a. hätten sie früher nur zwei Tage zu Hofe gedient, würden nun aber drei und vier Tage zur Arbeit gefordert, auch würden sie übermäßig mit Reisen und Kornfuhren nach Lüneburg und Hamburg beschwert. Auf Klagen der Bauern wegen der harten Behandlung sollte Lützow geantwortet haben, er wolle sie alle henken lassen und aufs Rad legen, wenn er nur soviele Räder hätte. Es ist kaum anzunehmen, daß die drei- oder viertägigen Dienste herabgesetzt wurden, da es den Herzögen nicht gelang, den Lützows das Lehen zu entziehen 7).

Daß damals auch die herzoglichen Bauern die steigenden Hofdienste als Last ansehen lernten, ersieht man aus Einzelheiten. In den Streitigkeiten Franz II. mit Lübeck über den Zoll in KRUMMESSE verboten die Lübecker alle Verbindung mit dem Lauenburgischen. Die Bauern erklärten ihrem Herzog, sie könnten bei solcher Benachteiligung
keine Hofdienste leisten, und baten um Hilfe. Er soll geantwortet haben, wer nicht mit Pferden zu Hofe dienen könne, müsse mit Ochsen oder Kühen kommen oder solle den Pflug selber ziehen. Auch im SÜDLICHEN LAUENBURG muß damals die neue Last bitter empfunden worden sein; denn als die Bauern am 1. Mai 1579 zusammengerufen
wurden nach Schnakenbek, um gegen den Prinzen Magnus zu fechten, weigerten sie sich. Sie wollten ihn lieber hereinholen als gegen ihn
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7) Dem alten Gutsherrn wurde auch vorgehalten, daß er bei der jedesmaligen Verheiratung seiner Kinder eine Abgabe eingetrieben habe, und zwar vom Hufner 8 Sch. zum Ochsen, 12 Sch. zu 1/2 Schaf, 2 Gänse, 4 Hühner, 10 Eier, 4 Scheffel Hafer, 6 Pfd. Federn (der Kätner die Hälfte). Kindbetterinnen sollten die Federn aus den Betten gerissen sein. Die Herrschaft über die Untertanen hatte zu einer "Fräuleinsteuer" im kleinen geführt. Die Beschwerde muß erfolglos gewesen sein; noch später begegnet man solcher Abgabe. Als der Landrat von Witzendorff auf Seedorf 1697 seine sechs Bauleute in Kl. Berkenthin verkaufen wollte, sandte er an den Vermittler einen Anschlag über die Einkünfte. Danach gaben die KÄTNER bei der Heirat einer Tochter ihres Herrn: 1 Gans, 6 Hühner, 1 Kissen Federn, 1 Stg. Eier. Die Abgabe wird unter den Gerichtsgefällen aufgeführt, und die Einnahme wird mit diesen zusammen auf jährlich 12 Taler geschätzt. Offenbar fühlten sich die Gutsherren völlig in ihrem Recht, wenn sie als Gerichtsherren diese Prinzessinsteuer beanspruchten - wie ein Landesherr. (Lbg. Landesarchiv.)

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fechten; sie wüßten ja beinahe von keinem Herrn, als wenn sie beschatzet und benommen würden, erklärten sie.

Sehr gewaltsam ging die Beschwerung der Bauern im AMT STEINHORST vor sich. Die Steinhorstischen Dörfer waren 1568 von Franz I. an Friedrich Brockdorf pfandweise und wiederkäuflich abgetreten worden. Schon 1569 wandten sich die Bauern an ihreu Herzog um Schutz gegen die barbarische Behandlung, die sie von
Brockdorf erleiden mußten, der sich sogar an ihren Weibern verging. Der Prinz Franz der Jüngere überfiel darauf die Steinhorst und nahm den Brockdorf gefangen. Wenn auch die Freilassung erfolgen mußte, so kam andrerseits der Brockdorf nicht dauernd wieder in den Besitz der Steinhorst.

Diese verblieb bis 1739 bei Holstein. Doch muß die schnelle Befreiung der Dörfer von dem Druck des Brockdorf das Ansehen der Herzöge unter den Bauern gestärkt haben; denn ein Jahrhundert später, als neue Bedrückung eintrat, als einige Bauern sogar mit Gefängnis belegt wurden, wandten sie sich wieder an ihren Herzog, an Julius Franz. Dieser suchte bei dem Reichshofrat ein mit Strafandrohung verknüpftes Verbot der Bedrückung zu erlangen. Er erreichte auch, daß der Herzog von Holstein gütliche Erledigung des Streites einleitete. Der mit einem andern Prozeß verquickte Streit kam nicht zu Ende, da der Herzog 1689 starb und mit ihm der Mannesstamm der Lauenburgischen Herzöge erlosch. Es ist selbstverständlich nach der damaligen Lage, daß es sich im Grunde immer um die Hofdienste handelte, die entweder selbst als Bedrückung empfunden wurden oder aber, wenn es sich um Abgaben handelte, eine Erhöhung der Abgaben untragbar machten.

Das Amt TREMSBÜTTEL war ebenfalls nach Holstein verpfändet. Den Bauern wurden aber von dem Amtmann des Gottorpschen Herzogs neue und ungewohnte Arbeiten neben bereits drückenden Hofdiensten auferlegt. Darüber beschwerten sich die Bauern nun bei ihrem Herzog von Sachsen-Lauenburg. Das war 1594. Der Amtmann von der Wisch ließ deswegen 32 Bauern aus Wilstedt, Tangstedt, Duvenstedt, Mellingstedt und Lehmsahl schmerzlich und ganz hart so fest auf Wagenräder schnüren, daß das Blut aus Händen und Füßen quoll, und ließ sie in diesem Zustande einen halben Tag liegen. Als 1608 die Tangstedter gelegt werden sollten, wandten sich die Bauern wieder wegen der geschehenen Entsetzung ihrer Höfe und Ländereien in ihrer Not an ihren Herzog von Sachsen-Lauenburg, was sie allerdings, soweit sie nicht in die Wildnis geflüchtet waren, mit schwerem Gefängnis in Tremsbüttel büßen mußten 8). Handelte es sich in dem letzten Fall auch nicht um Höfedienste, so zeigt dieser Fall doch, daß die Bauern hier wie im Amte Steinhorst mit Vertrauen auf die Lauenbnrgische Herrschaft blickten und daß ihnen jene Zeit, da sie unter ihren Lauenburgischen Herzögen lebten, in freundlichem Lichte erschien.

Indes hatten sich im Herzogtum selbst die Verhältnisse auch immer weiter gewandelt. Auch hier hieß es, neue Lasten übernehmen.
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8) Vgl. das neue Heimatbuch von Stormarn. Hamburg 1938. S. 307/310.

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Gemälde: Adolf Harten
Lauenburgischer Bauer vor seinem Gehöft
Photo: Siemsen
 

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[unbedruckt]

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Es sind Spuren dafür da, daß man die Bauern allererst im Wege der Bitte anging. Natürlich konnte man sich solcher Bede nicht entziehen. Es war nicht bloß rechtlich fraglich, ob man einen Dienst verweigern konnte, es war auch äußerlich unmöglich. Der Weg der Bede wurde wohl zunächst immer gewählt, während dann später der nun 'übliche'
Dienst bloß angesagt wurde. Ein Beispiel aus OBERMARSCHACHT zeigt die Bede. Um 1584 erklärt Franz II. in seinem Lehnbrief über das Gut Ober-Marschacht, das sein Kanzler Hieronymus Schulz wegen seiner Verdienste erhielt:

"Es haben auch Unsers Canzlers Leute zu Marschacht, Uns unterthänig EINGEWILLIGET, sechs Tage jährlich über den gewöhnlichen Dienst, so sie Unserm Canzler zu thun schuldig seyn, als zween Tage zu pflügen, zween Tage das Korn abzumähen und zween Tage zu misten, zum Hofe zu Artlenburg zu leisten und zu verrichten."

Er verpflichtete sich für die Zukunft, Holz zum Deichbau, soweit nötig, aus seiner Waldung zu geben. Hier war bis dahin der außergewöhnliche Dienst mit sechs Tagen wohl auf die gewöhnlichen Dienste angerechnet worden. Jetzt kamen sie zum ordinären Dienst hinzu. Wieviel Tage wöchentlich aber "gewöhnlich" zu dienen war, ist nicht ersichtlich. Man kann annehmen, daß die obige Abmachung der Vorläufer des Zweitagedienstes war 9).

Um die Wende des Jahrhunderts wird die Sache deutlicher. Damals wurden die alten Amtslagerbücher angefertigt. Soweit man sehen kann, betrug, abgesehen von der Saat- und Erntezeit, der Dienst eines Hufners WÖCHENTLICH 2 TAGE MIT DEM GESPANN UND 1 TAG MIT DER HAND. Doch waren nicht überall die gleichen Verhältnisse, und die Angaben sind, zumal für die Nichtvollhufner, oft ganz unbestimmt. Vielfach begegnet die nicht immer deutliche Bemerkung: "Dienet seinem Nachbar gleich". Auch das Lagerbuch des Amtes Lauenburg von 1618 zeigt, daß IM ALLGEMEINEN IMMER NOCH 3 TAGE WÖCHENTLICH ALS GEWÖHNLICHE DIENSTLEISTUNG GENÜGEN; die außergewöhnlichen Dienste treten hinzu. Im einzelnen ist die Beschaffenheit der Dienste, recht verschieden, insbesondere unterscheiden sich Marsch und Geest.

Zur Beleuchtung der angeführten Dienste folgen einige Beispiele aus den Amtsbüchern.

Landbuch Amt Schwarzenbek 1600.

pag. 77. Thies Pemöller, Hueffner zu Kuddewörde. Dienet vor einen Hueffner gleich seinem Nachbar, WÖCHENTLICH 2 TAGE MIT PFERD UND WAGEN UND 1 TAG MIT DER HANDT.

p. 88. Heinrich Scharffenberg, Huefsner zu Kasseburg. Dienet vor einen Hueffner gleich seinem Nachbar, Wöchentlich 2 Tage mit Pferd und Wagen Und 1 Tag mit der Handt.

p. 89. Otto Schmidt, Halbhueffner zu Kasseburg. Dienet vor einen halben Hueffner, wöchentlich 2 Tage mit Pferd und Wagen Und 1 Tag mit der Handt.

p. 89. Jacob Koeps, Hueffner zu Möhnsen. Dienet vor einen Hueffner wöchentlich 2 Tage mit Pferd und Wagen, auch einen Tag mit der Handt.

p. 156. Marten Koops, Hueffner zu Horn [Hohenhorn]. Dienet vor einen Hueffner mit Pflug und Wagen In der arnte, thut die Holtzfuhren; Dienet 2 Tage mit Wagen und Pferden Und 1 Tag mit der Handt wöchentlich.
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9) Duve, a. a. O. S. 38.

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p. 165. Henning Kihn, Hueffner zu Dassendorff. Dienet vor einen Hueffner mit dem Pfluege und Wagen in der Arnete; Thut die Holtzfuhr; Dienet Zwey Tage mit Wagen und Pferden Und 1 Tag mit der Handt wöchentlich.

p. 169. Wulff Wulffs, Halbhueffner zu Daßendorff. Dienet vor einen halben Hueffner mit dem Pflueg Und Wagen in der Erndte, Thut die Holtzfuhr; dienet 2 Tage mit Pferdt Und Wagen Und 1 Tag mit der Handt wöchentlich.

p. 8. Jochim Hüttmann, zu Brunstorff, hat einen Kothen  - - -. Vor den Dienst gibt er jährlich 6 Rthlr. in der erntte soll er 2 Tage nebst andern mit hocken helfen.

p. 15. Jochim Koops, zu Brunstorff, Hatt 1/4 Landt. Dienet mit der Handt, und, wan er Pferde hält, soll er auch damit 2 Tage dienen,

p. 36. Pauel Harders, Hueffner zu Escheburg. Dienet vor einen Huefner, gleich seinem Nachbar; thut die Reise nach Hamburgck.

p. 42. Barthell Böstell, Kothner, soll die Reyse wöchentlich auf den Freytag nach Hamburg thun.

p. 53. Carsten Peters, 1/4 Hueffner. DIENET MIT DER HANDT WÖCHENTLICH 3 TAGE, Und hält Fürstl. Gnd. ein reysigk Pferdt.

p. 59. Michel Michels, Hueffner, Zu Börnsen, Dienet gleich andern Hüeffnern mit Pferd und Wagen, Thut die Reyse nach Hamburg,

p. 135-148. Die Hufner von Schönberg dienen nicht; [sie zahlen ein Dienstgeld von über 30 Talern, wie aus andern Quellen zu ersehen ist]. Ein Viertelhufner aber dient 203 Handtage [4 TAGE WÖCHENTLICH], tut außerdem zur Saatzeit oder zu Reisen ein Pferd aus, und dient in der Heu- und Kornernte täglich.

Lauenburger Amtslagerbuch von 1618.

Barförde. (5). Jacob Sasse. Hat eine Huefe landt. Dienet vor ein Huefener, gleich sein Nachbar, mit der Pflueg und Holtzfuhr. Sowol 3 TAGE IN DER WOCHE MIT DER HANDT, solange aber die Holtzfuhr nicht wieder angeordnet wird, gibt er dafür Dienstgelt jehrlichs 12 Taler. [Marschhufe.]

Krützem (3). Henning Trost. Hat 1/2 Huefe landt. Dienet vor ein Halb huefener, mit der pflueg, und wagen in der arndte, auch holtzfueren, auch sonsten 2 TAGE MIT PFERD UND WAGEN, UND 1 TAG MIT DER HANDT wöchentlich. [Geesthufe.]

Schnackenbeche (8). Jürgen Portt, Kötener. Halt 1 1 /2 Viertelhuefe. Dienet mit pferd und Ochsen in der Sahtzeit mit der Ehgede, und THUT DIE WOCHE 3 TAGE HANDTDIENSTE.

Fitzen (3). Hans Heinatze. Hatt 1 Huefe landt. Thut die reisen mit Pferd und Wagen wie vor alters, Dienet nachm Franzhagen 3 tage zu messen, 3 tage zu pfluegen, 3 tage in der arndte, UND 3 TAGE MITT DER HANDT, SOLANGE ES F. GN. GEFÄLLIG [wie alle, die nach Franzhagen dienen: Witzeeze, Potrow, Buchen, Fitzen].

Juliusburg (zuvorn Abbendorff genandt) (2). Heine Schütte. Hat eine Huefe Landt. Dienet DIE GANTZE WOCHE MIT DER SPANNUNG UND HANDTDIENST, gleich seinen Nachbahr.

(11). Hannß Bohn. Hat einen Katen. Dienet die GANTZE WOCHE MIT DER HANDT [Juliusburg wurde durch den Herzog erst 1620 neu angekauft.]

Mit dem letzten Beispiel des Dorfes Juliusburg 1620 zeigt sich die Höhe der Entwicklung an; es werden vom Hufner wie auch vom Kätner TÄGLICHE DIENSTE VERLANGT. 1642 wird schon vom Amt Schwarzenbek in einem Urteil verabschiedet:

"Die Leute sollen hinfüro, ein so wol als der ander, DREY TAGE MIT DER SPANNUNG, DIE ANDERN DREY TAGE ABER MIT DER HANDT dienen, der nun über dis handeln wird, soll auf jeden Tag, den ein jeder mit der Spannung einbleiben wird, alsofort auf 28 Sch. ausgepfendet werden."

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1650 SIND DIE TÄGLICHEN DIENSTE IM AMT SCHWARZENBEK SCHON ALLGEMEIN.

Wie das in der Wirklichkeit aussah und wie immerhin noch das Menschliche beachtet wurde, zeigt ein Inventarium des Hofes Rothenbek von 1644, das 1650 mit neuen Bemerkungen revidiert wurde. (Die Diensttage sind der Zahl nach nicht angegeben; es handelt sich für jene Zeit bei den Vollhufnern um 3 SPANN- und 3 HANDTAGE WÖCHENTLICH, bei den übrigen um entsprechend abgestufte Leistungen.)
 

Die zum Hofe Rothenbek gehörige Unterthanen sein
nachfolgender gestalt beschaffen (19. Oktober anno 1644).


Mönßen.

Clauß Heinemann
Ist weiln er Hodemeister, deß Hofedienstes frey.

Heinrich Meyer, Hanß Meyer, Jacob Koepß
Können alle dreh ihre gebührliche Dienste vollenkommen abstatten.

Peter Hüttman,
Halb Hüefener, ist etwas schwach, Kan aber den folgenden großen Koetnern, so zusammen spannen, gleich dienen.

Chim Frost, Jochim Frost, Heinrich Koebß,
1/4 Leutte, davon nur einer völlige Hofdienste leisten Kan, weiln die Beeden Letzten verstorben und die Wittbe blutarm.



Casseburgk.

Der Bauervoigt
ist I. F. Gn. Hodemeister und dienstfrey.

Frantz Hüttmann, Frantz Meyer.
Der Franz Hüttmann ist etwas schwach. Diese Beeden haben bißhero ihren Dienst gethan und Können solches fürder tuhn.

Jürgen Koebß.
Dieser ist etwas Zurücke Kommen, Halt doch bißhero seinen Dienst gethan, wird selben auch fürders leisten.

Claus Schmidt wüeste.

Hans Hüttmann, Jürgen Stamer, Jochim Stamer, Peter Schmidt, Stoffer Hüttmann, Hanß Witte, Hanß Willerß,
Halbe Hüefener, Können alle ihre gebührende Dienste, so sie schuldigh, ablegen.

Lorentz Meyer,
Halb Hüefener, ist verstorben und muß, bis der Junge erwachsen, des Hofdienstes halben mit ihm in die Gelegenheit gesehen werden, damit daß erbe nicht gentzlich wüsste wird (1630 ist darüber geschrieben: wird aber nunmehr bald auch völlig herbey Können).



Kuddewörde.

Jürgen Stamer,
Baurvoigt, ist dienstfrey.

Hartich Schütte, Frantz Neilß, Evert Stamer.
Diese drey Hüefeners Können ihre Dienste thun (1650 heißt es: ohne Franz Neilß ist etwas Schwach).

Henneke Peters
ist gar Herunterkommen, daß Er nicht viel thun Kan.

Peter Schröder
ist auch Zimblich arm, also daß Er seine schüldige Dienste ebenmeßigh nicht thun Kan.

Jürgen Schillhorn, Tias Wittkamb, Hermen Schneie,
Koeters, Konnen Ihre Dienste thun.

Jürgen Schütte, Detlefs Heineman,
Koeterß, Können alle Beyde ihre schüldige Dienste leisten.
 

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Klauß Dehne
ist entwichen, Kan wieder herbeygeschaffet werden, alßdann Er seine auch leisten kann. (1650 darüber geschrieben: und todt, muß darnach gesehn werden, daß ein anderer in die Kothe müge beschaffet werden.)

Eine VÖLLIGE REGULIERUNG der Dienste erfolgte 1661 durch folgende amtliche Verordnung:

Amt Schwarzenbek 1661:

Befehl des Herzogs Julius Heinrich, daß hinfüro die Unterthanen
alle Wochen 3 Tage Spann- und 3 Tage Handtdienste thun sollen,

die aber auff nachgesetzte Weiße und Arth von ihnen verrichtet
werden müssen, Allß

Erstlich weillen nur 3 Tage Spanndienst von ihnen Wöchentlich gefodert werden soll, Alß müßen Sie sich gefallen laßen, daß wann Sie die Hueffners zum Pflügen bestellet, daß also dann auß den Dörffern, da Halbe Hueffners Vorhanden, die Hälfte deren zum Pflügen, zu rechter Zeit mitkommen, also von Fastnacht biß Mich. mit der Handt, morgendts frühe umb 8 Uhr, mit der Spannung aber umb 9 Uhr, von Mich, biß Fastnacht wieder denn Winter über mit der Handt umb 9 Uhr, mit der Spannung umb 10 Uhr, und sollen Guthe Scharfe Eysen, und ferttige Pflüge, auch guthe Persohnen undt Leuthe an Pflughaltern, und treibern, auch Zu Zeiten ein Beill (damit wann etwas an den Pflügen zubricht, Es wieder gemacht werden Kann) bey sich haben, und biß 7 Uhr Pflügen, jedoch soll es ihnen erlaubet seyn, zu mittags etwaß auszuspannen.

2. Wann gemestet, oder mitten gemacht werden, so sollen sie gleichfals Zu rechter Zeit wie oben gemelt Kommen, eine Leider, so etwas Größer wie die itzigen im Gebrauch, ein Unter und Zwey neben bretter, auch einen Tüchtigen Fuhrman, nebenst einem Lader, und 4 Pferde (absonderlich die, so die Pferde haben) schicken, undt also Verrichten, wie es an ander orthen der Gebrauch.

3. Drittens wann Sie zum Korn oder Graß einfahren bestellen, sollen Sie nebenst den Fuhrman, einen guthen Lader und Keine Kinder, auch die Sie haben 4 Pferde, undt einen fünffschörigten Wagen, mit einen Bindelbaum, undt zwo tüchtigen Reppen, Zu Rechter Zeit Zu Hoffe senden, undt Keine Spanntage eigentlich einbleiben.

4. Wann Reyßen zu fahren, und 6 Pferde begehret, sollen Zwo Hueffners, wann aber 4 Pferde gefodert, Zwo Halbe Hueffners Zusammen Spannen und die örther so Zweymeil weges von Hause belegen vor einen Tag, 4 meil vor 2 Dag, 5 oder 6 meiln vor 3 Tage rechnen, so ihnen an ihren Tagen gekürtzet werden soll, und nicht vorsetzlicher weise einen Tag darüber außenbleiben, damit Sie nicht ihren eigenen Nutzen, den folgenden Tag, ohne Hoffdienst Zu sein suchen, Im wiedrigen da ander beweisthumb einkombt, So sollen Sie davor gestraffet werden.

5. Weiln auch befindlich wie Erbärmlich und Elend der Hoffedienst durch das Eggendt bestellet, also werden die Unterthanen, Wann Sie in den angesetzten Wochentlich 3 Spann Tagen zum Eggendt gefodert, die Hueffner mit einer Botheggen und 2 kleine Eggen darhinter zu 4 Pferden, die Halb Hueffner Zwo also oder jeder mit 2 Pferden und gute kleine Egg zu erscheinen schuldig seyn. Wann aber weg Bestellung des Ackerbaues Sie in einer Woche etwa aus Noth einen Tagk mehr Spanndienste thun müssen, Soll ihnen solcher Künfftiglich (wann der Acker und die Saath bestellet) gerechnet und alßo vor den Spann ein Handtag wieder von Ihnen angenommen werden.

6. Wann in der Korn oder Gras Erndte, Sie zum Meyen bestellet, sollen Sie wie gebräuchlich frühe Kommen und dasselbe Kahle abmeyen, damit man daß Futter Zu genießen.

7. Wann Sie mit Äxten zum Holtzhauen bestellet, sollen Sie früh erscheinen, und Soviel Holtz wie in der Nachbahrschafft gebrauch Jeder Täglich hauen, oder der Ambtstrafe gewertig seyn.

8. Zum achten, wann Sie etwa mit Schreiben ausgesandt, sol ihnen nicht mehr (wann Sie nicht an denen örthern da sie hingesandt beweisen, daß Sie aufgehalten) Also vor Zwey meil einen: von 4 meil Zwey, und von 5 oder 6 meiln 3 Tage abgekürtzet werden.

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9) Neuntens wann Sie zum Plaggenhauen bestellet, soll Jeder Täglich dem alten Gebrauch nach 21 Stiege doch das Sie die Länge haben, und Jeder 3 mahl umbgeschlagen werden, dem Hoffmeister lieffern, so Sie schuldig Täglich alle Zu Zählen.

10. Zehends zum Meßwerffendt, oder sonsten andere Handdienste da Sie Zubestellet, Sollen Sie gutte Leuthe schicken, So die arbeit verrichten Können, und waß Ihnen von den Dienern befohlen gehorsamblich Nachkommen.

11. Da aber über verhoffen ein oder der andern weg Verrichtung seiner Schuldigen Hoffdienste Seumig befundten, undt Zu rechter vorangesetzter Zeit nicht erscheinen, so soll derselbe vor einen Spann Tag 24 Sch. vor einen Handttag 12 Sch. Laut Ihr Fürstl. Gn. Unßers Gnädigsten Fürsten und Herrn ertheilten Gnädigen Befehl ohne einig einwendens Zugeben schuldig sein, die Jenigen aber bey denen keine Geldmittel vorhandten, sollen dem Verbrechen nach, mit gefängnis gestrafft undt mit waßer und brodt gespeiset werden.

Daß nun diesem allen möge nachgelebet werden, also haben zu vester Haltung die Bauervögte, Und auß Jedem Dorffe zwey Unterthanen, dieses Unterschreiben und mit Ihren Haußmarck bekräftigen müssen, So geschehen in der Fürstl. Ambtstube Schwarzenbeck Anno 1664.

Die Ordnung stellt einen gewissen Gipfel in der Entwicklung dar. Die Wochentage sind besetzt, selbst einige Feiertage: 156 + 156. Die Stunden sind gestreckt: im Sommer von 8 (9), im Winter von 9 (10) bis gegen 7 Uhr abends mit etwas Ausspannen am Mittag. Das Arbeitsgerät ist vorgeschrieben; der Bauer muß seine Pflüge, Wagen, Eggen usw. verdoppeln. Die einstmals gebotene Beköstigung ist völlig abgetan; nur in der Erntezeit gibt es die 'Pröwen'. Auch über die Anzahl und die 'Güte' der Arbeiter ist gesagt, was nötig ist.

Wie die außergewöhnlichen Dienste ausgeführt wurden, zeigt ein amtlicher Bericht. Der Vogt Franz Lühr war Jahre hindurch noch unter der Fürstl. Sächsischen Regierung Vogt gewesen. Er sagte 1717 als Siebzigjähriger aus, sämtliche Untertanen hätten 2 Tage mähen und binden müssen. Das sei zum ordentlichen Dienst gerechnet worden bei denen, die wirklich dienten. Jene, die nur Dienstgeld zahlten und niemals wirklich dienten 10), hätten diese extraordinären Dienste auch leisten müssen, ohne daß es ihnen vergütet oder angerechnet worden wäre. Sie hätten sich auch nie geweigert. "JEDER MÄHER MUSZTE EINEN BINDER MITBRINGEN, WOFÜR NICHTS BEZAHLT WURDE." Die kleinen Kötner hätten umsonst hocken müssen. Allen seien auf diesen Tagen ihre Pröwen gereicht worden.

Auch über die Pröwen liegen amtliche Berichte vor. Sie waren nicht überall gleich. Bezeichnend ist, daß sie genau angegeben werden, vermutlich weil auch an diesem letzten Rest einst fröhlichen Ernte-Essens geknappt wurde. Ein Beispiel der Pröwen:

"Beym fetten Rogken mehen bekömbt jeder Meher ein gut Stück Speck (ohngefehr eines Pfundes schwehr nebst einen Hering und 4 Micken (Brot), dessen Binder aber 1 Hering und 1 Micke, und ebensoviel ein Hocker, insgesamt auch soviel Halbbier, alß sie trinken können und wan der letzte Rogken gemehet 1 Tonne Bier.

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10) Die Grafendörfer (Talkau, Fuhlenhagen, Mühlenrade, Köthel) haben nie IN NATURA gedient; sie zahlten ein Dienstgeld von 26 Rtalern für die Hufe. Auch die Schöneberger Hufner zahlten ein Dienstgeld, und zwar anfänglich ungewöhnlich hoch, über 33 Taler; die kleineren Stellen dienten. Die außergewöhnlichen Dienste wurden pflichtmäßig IN NATURA geleistet, worüber es verschiedene Zeugnisse gibt.

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Im Magern Rogken gehören jedem Meher 2 Hering und 4 Micken, dem Binder 1 Hering und 1 Micke, auch soviel dem Hocker und soviel Halbbier alß sie trinken können.

Beym Haber- Buchweitzen- und Graß mehen bekömbt jeder Meher 2 Hering und 4 Micken nebst 1 Stübchen Halbbier, [1 Pfund Teig gibt eine Micke.]

Die Abrechnung über die Pröwen zur Erntezeit vom Vorwerk Rothenbek weist 1644 an Ausgaben nach:
 

2 1/2 Drömbt Roggen (7 1/2 Sack) 15 Rtlr. - Sch.
1/3 Tonne Hafer 5 Rtlr. 12 Sch.
1 1/2 Seiten Speck 4 Rtlr. 24 Sch.
3 1/2 Tonnen Gutbier 6 Rtlr. 40 Sch.
16 1/2 Tonnen Speisebier 16 Rtlr. 24 Sch.
16 Pfund Butter 1 Rtlr. 16 Sch.
2 Schock Käse 2 Rtlr. - Sch.


Es wurde schon gesagt, daß die Pröwen verschieden gegeben wurden. Das bestimmte sich nach dem Herkommen. Eine Kürzung daran wurde aber immer bitter empfunden. Das zeigt u. a. eine Klage, die vor dem Landgericht in Schwarzenbek 1708 ausgetragen wurde. Die ganze Kühle bei der Darreichung der Pröwen zeigt sich schließlich in einem Beispiel (Neuvorwerk-Farchau), wo nach geschehenem Ernteschnitt die Zahl der Berger Heringe und Micken AUF EINMAL ausgegeben wurde.

Auch die Frühjahrsarbeit wurde genau geregelt. Die vermehrte Bearbeitung des Ackers oder der Brache zur Steigerung der Erträge brachte mehr Pflugarbeit mit sich. Daher mußten die Bauern eine genau berechnete Zahl von Zügen auf den Kämpen ausführen; ebenso wurde genau bestimmt, wieviel Fuder Dung gefahren werden mußte.

Der Schwarzenbeker Vorwerkspächter Borchers sagt 1710 aus, der alte Bauknecht Ulrich Schmidt habe VOR 23 JAHREN berichtet, was die Untertanen an Pflügen und Mistfahren schuldig gewesen zu tun (1687):

Auff der Mühlenhorst, vorm Bollweg im ersten Camp bis an das Sool ein jeder 12 mahl herumb zu ziehen mit der Pflug.

Weil es in 2 Kämpen oder Schlagen liegt so kömbt auff dießeit das Sool noch 8 stück aber von den Sool an biß an die Hülshorß oder soweit die Cämp belegen ein jeder 7 mahl mit der Pflug herumb. Auß dem Schaffstall seindt sie schuldig 7 Hoff fuder Miß und vom Hoff 5 Fuder nach bemeltem Kamp zu fahren. (So werden in der Fortsetzung alle Kämpe beschrieben.)

Das Dienstwesen unter der hannoverschen Herrschaft.

Daß die Dienste unter der Sächsischen Herrschaft noch nicht in aller Buchstäblichkeit durchgeführt wurden, zeigte sich, als die Lüneburgische Regierung 'Ordnung' in das Herrenwerk bringen wollte. Zu Zeiten muß ein gewisser Überfluß an Diensten vorhanden gewesen sein. Das zeigt ein Bericht an den Landdrost 1718.

Weil nun eiue dem PUBLICO schädliche Sache ist, daß, nach bisheriger Gewohnheit wegen der vielen Diensttage, so mit denen geringen güthern Keine PROPORTION
haben, Von denen Unterthanen der Herrendienst nicht mit gehörigem Fleiße verrichtet wird, Und sich solchergestalt die junge Mannschaft den Herrendienst verrichtendt zum Müßiggang sehr gewöhnet, So hat man pflichtmäßig in Vorschlag bringen wollen, ob nicht, Zu Verbeßerung selbigen Misbrauchs und zur CORRIGIRUNG der verderblichen Faulheit, diensam sein mögte, Nach der in dem alten Ambts Landtbuche Von anno 1600 an einigen Öhrtern sich findenden Beschreibung, Von neuem Zu AUTHORISIREN,  daß an stat der Wöchentlichen 3 Spann-

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Und 3 Handt Tage, ein Hüeffner angesetzet Würde Zu 2 Spann- Und 1 Handt Tag, Welche aber hinkünfftig nach dem Lüneburgischen Reglement Zu verrichten weren. [Die Eingabe hatte keinen Erfolg.]

Zu andern Zeiten muß Unmögliches gefordert sein, denn es lehnten sich gewisse Dorfschaften auf. Gegen die BRUNSTORFER fand am 1. Dezember 1723 eine LANDGERICHTSVERHANDLUNG STATT WEGEN DIENSTVERWEIGERUNG. Die Dorfschaft hatte sich im Mai bei der 'EXENTÍON wegen ihres ungehorsahmlichen Außenbleibens' LAUTEMENT (?) verlauten lassen, wie sie 'AUF DIE ART NICHT DIENEN KÖNNTEN, WENN SIE AUCH KEIN BEEST IM STALL BEHIELTEN.' Nach der Verhandlung, in der die Sache 'abgetan' wurde, ließ der Kammerrat von Hardenberg sich den Beamten gegenüber aus, es sei nach seiner Meinung demjenigen nachzugehen, was Herkommens wäre, und "zwar umb so mehr, weilen (er) vernommen, daß die Unterthanen bislang wegen Mangel des Futters ihre Pferde in mehreste Jahres Zeiten des Nachts zur Weide in den Wald gehen ließen".

Die Ordnung von 1661 hatte sich offenbar nicht sofort gegen alle Gewohnheiten im 'Herrendienstwerk' durchsetzen können. Als die Lüneburgische Regierung immer wieder Feststellungen über den Herrendienst der Amtsuntertanen machte, fand sich, was erreicht worden war. Die Diensttage waren 'gemessen' d. h. wenn sie nicht ausgeführt
worden waren oder nicht hatten ausgeführt werden können, dann sollten sie bezahlt werden. Nach einer Aussage des alten Kornschreibers Sigell, der 12 Jahre lang unter der Sächsischen Herrschaft das Dienstwerk unter sich gehabt hatte, stand folgendes fest:

"Es Were aber der Zeit darüber KEIN REGISTER geführet worden, noch Wegen der nicht abgedienten Tage einig Geld von denen Untertanen gefodert worden. Wen sie aber den angesagten Dienst versessen hätten sie dafür die Straffe erlegen müssen. Was den nötig gewesen, hätten die Unterthanen dienen müßen, Zu Zeiten viel, Zu Zeiten wenig. Bey denen Vorwercken hätten die Unterthanen beym pflügen gewiße Züge und beym Mistfahren gewiße Fuhren täglich gehabt. Ob Sie den früh oder etwas späther gekommen, Were So genau nicht attentiret, sondern Von dem Vogt nur dahin gesehen worden, daß nach Hergebrachter gewohnheit der Dienst jedesmahl müßen verrichtet werden." Sigell bestätigt dann, was Borchers über den Dienst ausgesagt (s. o.).

Die Dienste waren also doch noch 'OHNGEMESSEN' in dem Sinne, daß fehlende Tage NICHT BEZAHLT und, was ebenso wichtig, NICHT NACHGEFORDERT wurden. Die letztere Möglichkeit wäre die schlimmere Gefahr gewesen, weil darunter - wie oft in Mecklenburg - der Bauer ganz zerdrückt werden konnte. Wurden die Tage jedoch BERECHNET, so geschah das nach einem niedrigen Satz, und zwar mit folgender Begründung, wie sie erst 1721 'auf hohen Befehl verfaßt' wurde:

"Weilen bekandtermaßen, die mehreste Unterthanen Ambts Schwarzenbeck KEIN ZUM BRODT KORN ZUREICHEND ACKERLANDT, auch mehrenteils wenig Wiesenwachs haben, so ist der Höfedienst NUR GERINGE TAXIERET, und angesetzet worden: Nemlich der tägliche Spann-Dienst zu 3 Sch., der tägliche Handt-Dienst zu 1 Sch. Auf obbeschriebenem Fues stehen die in dem Ambte Schwartzenbeck umb den Waldt herum gelegene gesambte Dörffer Zur Herren-Dienst-Verrechnung."

Die Möglichkeit, sich die Hofdienste durch Abgeltung mit einem höhern Dienstgeld erleichtern oder gänzlich vom Halse schaffen zu
 

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können, lehnte die Mehrzahl der Dorfschaften ab. Sie erklärten, es nicht wohl tun zu können.

Obwohl nun temporierte Dienstvorschriften gegeben wurden, wird doch 1724 wieder über die Notlage berichtet:

Was in Hoheits- und sonst anderen Landes Angelegenheiten bey Krieg- und Friedenszeiten, auch behuef der Jagten und Verwahrung der Gefangenen erfordert Wird, mus extraordinarie Verrichtet werden, gegen Vormahlige alte Gewohnheit, da nach denen ehemahligen PRINCIPIIS hiesige Ungemeßenen Dienste, all Unt Jede Dienstansagungen in anrechnung gebracht werden. Zu obigen extraordinairen Dienstleistungen gehören: Wen an denen Kirchen und Pfarr Gebäuden etwas zu bauen Vorfält, Nebst der Bestellung des Pastoratsackerlandes bei denen Saath und erndte Zeiten, UND GESCHIEHT DAHER ZU WEILEN, DASZ DENEN UNTERTHANEN IN EINEM TAGE DIE DREYFACHEN DIENSTE ANGESAGET WIRD.

Weil nun die mehreste Unterthanen dieses Ambts keine solche Güther oder Ländereyen haben, Wovon Sie mit den ihrigen das Jahr hindurch subsistiren, auch davon die Herrschaftlichen Gefälle Und Landes Contribution abtragen können, SO WERDEN VON SELBEN, NACH HIESIGER LANDES GEWOHNHEIT DIE NÄCHTE MIT UNTER ANGEWENDET, UMB DIE LEBENS NOTTURFT UND WAS ALSO VON IHNEN GEFODERT, HERBEY ZU SCHAFFEN: Und hält es daher mit denen Nacht Wachten in denen Dörffern, sehr hart, Was mann auch diesfals Von Ambts wegen denen Landes Verordnungen Zu folge befehlen möge. - Dörfte es nicht möglich sein, die nach und nach ergehende Hofe Verordnungen in den gang Zu bringen.

EINE AMTLICHE KRITIK NACH EINER PRAXIS VON FAST ACHTZIG JAHREN SAGT UM 1735 FOLGENDES:

1. Die Dienste hätten von 156 + 156 auf 146 + 146 Tage herabgesetzt werden müssen wegen der Festtage.

2. Die Dienstzeit müsse heruntergesetzt werden, weil es EINFACH UNMÖGLICH SEI, BIS ABENDS 7 UHR, 'mit etwas Ausspannen zum Mittag' zu arbeiten.

3. Was die Leute angehe, müsse man sich begnügen, wenn sie nur wenigstens 16 JAHR ALT UND ZUM ABENDMAHL GEWESEN WÄREN.

4. Die Personen, die beim Fahren usw. als Lader u. dgl. mitzuschicken seien, müßten als Handdienste berechnet werden und nicht zu Lasten des Bauern fallen.

5. Es müßten die Mäher aus den angekommenen Diensten AUSGESUCHT werden und der Vormäher müsse so instruiret sein, daß er auf Verlangen MIT EINEM EID
erhärten könne, es sei soviel gemäht, als den Umständen nach (Lagerkorn u. ä.) habe geschehen können.

6. Die Leute seien NICHT mit Bitterkeit und Ungestüm oder gar MIT SCHELTEN UND SCHLÄGEN anzuführen, weil sie dadurch nur aufgebracht würden. (Hier bricht der Bericht ab.)

Dennoch gelang es der Regierung nicht, einen gleichmäßigen Gang des Dienstwesens durchzusetzen. Noch 1740 muß der Vorwerkspächter in Schwarzenbek um Abhilfe nachsuchen, weil die Handdienste erst zwischen 10 und 11 Uhr, die Spanndienste erst zwischen 11 und 12 Uhr auf den Cämpen erschienen und weil letztere noch verlangten, eine Stunde vor der Betglocken Schlag wegzuziehen, im tiefen Winter also um 3 Uhr (wobei man daran denken muß, daß die Dassendorfer und Börnsener allein 2 Stunden mit dem Gespann unterwegs zubrachten, hin und auch zurück).

Die Beamten wissen keinen andern Rat mehr, als daß sie auf die Reform durch Egalisierung der Höfe und des Dienstwerks drängen. Es wiederholt sich in den Berichten, was am 14. Juli 1721 vom Amt aus auf HOHEN BEFEHL VERFASZT wurde:

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"Weilen das bey dem Ambte Schwarzenbek Vorhandene alte Landtbuch von ANNO 1600 IN P. des Herren-Dienstes mit dem führenden Jahr-Register nicht übereinkömbt, auch bekandt, daß in denen mehrsten Dörffern A. Schw. die Ländereyen sehr ungleich seind, zu mahlen darüber, wie es scheint, in denen Letzteren SECULIS, da bey denen ÖFTEREN KRIEGESUNRUHEN viele Höffe wüste geworden, auch die Städte Hamburg und Lübeck, die zu diesem Ambte gehörende denen Unterthanen bey ihren Höffen gelegte Wiesen in der Gamm weggenommen, keine REVISIO geschehen, so müßen die schwachen Unterthanen mit öffteren REMISSIONEN hingehalten werden, bis dereinsten die Zeit kommen wird, daß nach geschehenem Landmeßen und gleichgemachten Höffen, der Unterthanen gesambte PRAESTANDA auf einen sicheren Fues können gesetzet, folglich auch das Dienstwcrk in eine ordentliche Beschreibung gebracht werden."

Der Zustand, wie er hier ersehnt wird und als notwendig gefordert wird, ist erst durch die Verkoppelung am Ende des Jahrhunderts herbeigeführt worden.

In den übrigen Ämtern wird die Entwicklung ähnlich verlaufen sein. Im Amt Ratzebnrg waren z. B. aus NEU-VORWERK UND FARCHAU drei Spanntage das Regelmaß für die volle Hufe. Wo für die volle Hufe noch ein vierter Tag zu leisten war, wurde dieser durch ein Dienstgeld abgelöst. Das geschah so bei den 7 Vollhufnern in Schmilau. Über die Dienste selbst gab es umfangreiche und genaue Bestimmungen, die in Einzelheiten die oben erläuterten noch erheblich übertreffen. Zum Beleg sei einiges angeführt.

Ein Handdienst mußte bei der Grabenarbeit täglich 32 Fuß = 2 Ruten aufwerfen, bei der Holzarbeit täglich 1/2 Faden Eichenholz schlagen (7:4:4 Fuß) oder 20 Waasen hauen und binden; als Beigänger beim Plaggen hatte er 3 Großhundert oder 18 Stieg von 3 Fuß Länge zu liefern. Ein Spanndienst bedeutete einen gesteigerten Arbeitsumfang; so hatte er beim Plaggenhauen 6 Großhundert zu schaffen, beim Holzhauen 360 Deckelschächte täglich zu schlagen usf. Für die Erntezeit war bestimmt vorgeschrieben, welche Dienstleute auf dem Vorwerk übernachten mußten, damit sie am andern Tage vor Sonnenaufgang bereit wären. Die Frage der Beaufsichtigung und Überwachung der Dienste hat manchen Widerspruch ergeben. Man braucht sich nur vorzustellen, daß vor Einführung von Diensttagebüchern der Mann, der auf entferntem Felde seine Arbeit geschaffen hatte, am Abend noch erst mit seinem Kerbstock auf den Hof mußte, damit ihm der Tag eingekerbt wurde. Der beschriebene Zustand gilt für die Zeit um 1770.

Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse im AMT STEINHORST. Dieses Amt war erst 1739 mit Lauenburg wieder vereinigt worden. Es ist wohl dem Schutz der Herzoge zu danken, daß die Amtsbauern unter der früheren Herrschaft nicht mit einem Sechstagedienst beschwert worden waren. Es scheint, daß nach 1739 der regelmäßige wöchentliche Hofdienst nur 2 Spann- oder Schlöpeltage für die Vollhufe betrug; es kamen natürlich andere außerordentliche Dienstleistungen hinzu. Selbstverständlich wurde auch in diesem Amt langsam eine feste Ordnung des Dienstwesens in allen Einzelheiten und Abstufungen entwickelt.

Bemerkenswert ist eine Bestimmung darüber, wieviel Vieh die Kätner und Insten halten sollten. Es sollte halten:

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  Pferde Fohlen Kühe Jungvieh Schafe
der Großkätner 4 1 4 2 4
der Kleinkätner 2 1 3 1 3
der Inste - - 1 1 2
der Altenteiler 2 - 3 1 1

Nach einer Zählung von 1749 hatten die Sandesnebener Kätner, Insten und Altenteiler zusammen 33 Pferde zuviel, die Wentorfer 8 Pferde, die Linauer 47 Schweine. Bei den Labenzern fanden sich insgesamt 20 Pferde, 17 Schafe, 5 Stück Jungvieh, 22 Schweine und 27 Gänse überzählig. Dieses Vieh war sofort abzuschaffen, oder die betreffenden Eigentümer mußten bestimmte Spann- und Handtage abdienen. Labenz sollte 40 Spann- und 56 Handtage leisten, und die gesamten 8 Amtsdörfer sollten 294 Spann- und 241 Handtage für überzähliges Vieh abdienen.

Eine Übersicht über die Dienstleistung der Vollhufner des Amts von 1765, der die Pflichtzahl von 104 Spanntagen jährlich zugrunde liegt, zeigt, daß einzelne mit über 40 Tagen im Jahr zurückgeblieben waren. Die Bauern klagten zwar, sie seien mit mehr Abgaben belastet als unter der Wedderkopschen Regierung. Die eigentliche Ursache
für die mangelhafte Dienstleistung lag doch wohl des öfteren darin, daß die Teilnahme der Bauern am Frachtfuhrwesen 11) sie hinderte, ihre Tage abzudienen, wie denn überhaupt das unregelmäßige Leben im Fuhrdienst eine pünktliche Erledigung des Hofdienstes unmöglich machte. Das führte zu Schwierigkeiten für das Amt. Ein Fall kann
dies beleuchten.

Am 23. Oktober 1776 mußten vor dem Amt in Steinhorst erscheinen: Hinrich Peters, Heinrich Grote, Claus Kröger, Heinrich Funk aus Klinkrade, der Bauervogt Frentz und Tim Burmester aus Wentorf, Detlef Störmer, Hans Friedrich Wenck, Heinrich Koop aus Linau. Sie sollten sich wegen der versäumten Dienste künftig durch Stellvertretung untereinander zu einem 'präzisen' Hofdienst verpflichten. Sie wandten etwa folgendes ein: Sie könnten einander nicht vertreten; denn manchmal seien alle aus dem Dorf auf der Fahrt. Und wenn
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11) Am Frachtfuhrwesen auf der großen Handelsstraße Lübeck-Hamburg waren aus jener Gegend stark beteiligt die Dörfer Schönberg, Linau, Wentorf, Sandesneben. Daher sind einige Erläuterungen angebracht. Die einheimischen Frachtführer fuhren mit einem mächtigen vierrädrigen Wagen, dessen Schiff oft 5 Meter lang und oben 3 Meter breit war. Als Wagenboden konnten weder Bretter noch Bohlen verwandt werden, sondern man mußte ihn aus buchenen Rundhölzern Herstellen, damit die ungeheuren Lasten getragen werden konnten. Was ein solcher Frachtwagen vermochte, zeigt folgendes Beispiel. Ein Fuhrmann aus Labenz holte für den Dorfschmied im Sommer stets mehrere Ladungen Steinkohlen. Er lud nicht weniger als 80 Tonnen à 160 KG auf; das macht ein Gesamtgewicht von über 12 000 KG. Die Wagen waren hoch beladen, auch außerhalb der Leitern hing an Ketten noch eine tüchtige Last. Für einen solchen Wagen waren in der Regel sechs, nicht selten acht Pferde nötig. Oft ging neben den beiden Deichselpferden noch ein drittes, das sogen. Blangbieperd, das an einer Kette zog. Auf schwierigen Wegstrecken mußte man Vorspann nehmen. Eine Fahrt von Lübeck nach Hamburg dauerte wenigstens zwei Tage, die Fracht für eine Wagenladung betrug ungefähr 96 Mark. (Nach L. Frahm "Das Vaterland", Kiel 1909. S. 18.)

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sie zu Hause wären, hätten sie ihre eigene Wirtschaft zu besorgen. Eine Reise daure meistens 5 Tage, da könnten sie nicht den Dienst in der Woche präzise erledigen. Die Ernte ausgenommen, sei das auch nötig, da auch der Pächter im Amt das Wetter nicht im voraus wissen könne; übrigens habe er auch oft mehr Gespanne auf dem Hofe, als
er gebrauchen könne. Wenn er auch Schaden litte, so sei das nichts gegen den Schaden, den sie insgesamt erlitten, und wenn die Bauern ruinieret wären, so sei das für die Kammer erst recht schlimm. Auf bestimmte Ermahnungen erklärten sie, sie wollten tun, was sie könnten; ein mehreres stünde von ihnen nicht zu verlangen. Sie seien mit
Abgiften so beschwert, daß sie einen Teil davon aus ihrem Fuhrgeschäft machen müßten. IM ÜBRIGEN KÖNNTEN SIE NUR EINES TODES STERBEN.

Das Amt erreichte nicht viel. Es mußte sich damit begnügen, daß die höhere Stelle zustimmte, wenn es die Frachtfahrer durch Entziehung des üblichen Beistandes im Falle von Not, Unglück, wirtschaftlichem Niedergang u. ä. zu erziehen suchte. Auch hier hat erst die nach einem Jahrzehnt erfolgende Ablösung der Naturaldienste Wandel geschaffen.

Die Zwangsmittel.

Nun die Frage: Ließen sich die Bauern denn jede neue Auflage von Diensten ohne weiteres gefallen? Gewiß nicht. Es ist schon gezeigt, daß in der Regel zunächst die Auflegung nur bittweise geschah, daß aber doch hinter jeder Bitte das gerichtsherrliche Recht stand und letzten Endes auch die gerichtsherrliche Macht als polizeiliche Gewalt.
Gegen aufsässige Untertanen ging man strafweise vor. Sie wurden geschlagen, sie wurden eingesperrt. Noch 1760 stand dem Pächter in KRUMMESSE das vertragliche Recht zu, aufsässige Untertanen mit mäßigen Schlägen zum Dienste anzuhalten. Erst 1784 wurde von der Lübecker Kämmerei die Androhung mäßiger Schläge als "nicht
angenehm" empfunden - wohlverstanden im Vertrag. Die Wirklichkeit mochte kaum geändert sein. 12) Gelegentlich eines Pachtvertrages über das adlige GUT KULPIN heißt es 1769: "Die Dienste der Untertanen anbelangend, ist der Herr Major der Meinung, daß dem Pächter die Zwangsmittel, insofern sie sich nicht über 2 Taler Geldstrafe oder eine zweitägige Gefängnisstrafe oder zweistündige ... ? ... 13) erstrecken, nötigenfalls anzuwenden, freibleiben muß." Auch den Pächtern der Amtsvorwerke stand das Recht zu, eine Haft nötigenfalls vorzunehmen UNTER DER PFLICHT SOFORTIGER MELDUNG BEIM Amt . Die oben gegebene amtliche Kritik von 1735 zeigt im übrigen,
daß auch in den Ämtern 'Schläge' als Mittel benutzt wurden, widerspenstige Leute zu zwingen. Ein schweres Mittel war die Auspfändung.

Doch dies alles betrifft nur einzelne Aufsässige und nur die allgemeine Arbeitszucht. Die Frage aber, wie sich ganze Dorfschaften verhielten, soll noch an dem Beispiel von Schönberg gezeigt werden.
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12) S. Fehling, a. a. O. II. S. 20.
13) Schluß in Halseisen? Das war auch auf den Vorwerken gestattet (Rothenbek!)

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Schönberg als Beispiel des passiven Widerstandes.

Die Dörfer Schönberg und Franzdorf gehörten ehemals den Scharffenbergs. Später waren sie Lehngut derer von Klönen. Nach dem Aussterben dieser Familie 1606 kamen die Dörfer unter das Amt Schwarzenbek, in dessen Lagerbuch sie am Ende nachgetragen erscheinen. Die Rechtsverhältnisse waren zunächst unklar; die Akten zeigen aber,
daß der Verwalter des Hofes Schönberg, dem die genannten Dörfer zum Dienst übergeben waren, auf Befehl des Herzogs eingewiesen wurde.

Das Dorf Schönberg zählte 1600 an 36 Feuerstellen, darunter 6 Vollhufner. Der Boden galt als 'kaltgründig und leimig'. Der Ackerbau brachte nicht soviel, daß die Bauern sich von ihrer Ernte 'ausbröden' konnten. Sie waren auf das Lohnfuhrwerk an der großen Landstraße angewiesen. Außerdem war jedem Bauern beträchtlich Weichholz eingetan 14). Die Holzweide und die Kohlenmeiler dienten ebenfalls dazu, die Mittel für die Zahlung der Gefälle aufzubringen.

Unter diesen Verhältnissen war es schwierig, den Hofdienst der Schönberger zu regeln. Dienten sie wirklich mit ihrem Gespann und mit der Hand, so konnte ihr Fuhrwesen nicht vorankommen. Sie kamen in die Versuchung, durch passiven Widerstand die Stunden des Hofdienstes herabzudrücken, ihn durch Jungen und Mädchen verrichten zu lassen oder gar ihn gänzlich zu versäumen. Wurden sie zu Dienstgeld gesetzt, dann konnten sie das Geld nicht aufbringen, verarmten, blieben rückständig und hielten sich heimlich an dem Holz schadlos. Das Streben der Bauern ging daher dahin, nicht wirklich zu dienen, sondern ein mäßiges Dienstgeld zu zahlen; das Streben des Amtes zielte dahin, den Vorwerkspächter leistungsfähig zu halten; dieser mußte, wenn er nicht wirkliche Dienste bekommen konnte, ein so hohes Dienstgeld verlangen, daß er Ersatzkräfte und eigene Gespanne und landwirtschaftliche Geräte halten konnte. Der Kampf, der sich durch 150 Jahre hindurchzog, mag ein Beispiel sein für manchen andern, über den es keine Akten gibt.
 

Hufen   Schönberg 1760   Acker   Weich-
holz
  Gesamt-
fläche
 
1/1   Hans Fried. Pemüller   *9270   10224   25217
1/1   Hinr. Dan. Siemers   5383   3871   1518
1/1   Hans Jürgen Nefke   4698   33115   11514
1/1   Thies Pemüller   6333   5685   16370
1/1   Peter Kröger    6230   2660   13365
1/1   Arp Wildehöft   6680   34113   14028
1/1   Hinr. Köster   788   5572   17742
1/2   Hans Jürgen Nefke   4651   2943   11485
1/2   Hans Nefke   3810   3880    119108
    usf.   -   -   -
 
    Das ganze Dorf   95781   64267   221719

*) Die große Ziffer Morgen. Die kleine Ziffer Ruten.
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14) Vgl. die Tafel auf dieser Seite!


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In der Amtsbeschreibung (um 1606) sind die Hufner von Schönberg weder zu Dienstgeld gesetzt, noch ist ihr Dienstwerk nach Tagen angegeben 15). Da aber die Kätner zu 4 Tagen wöchentlichen Handdienstes angesetzt sind, muß man schließen, daß auch den Hufnern mindestens 4 Tage oblagen. Dem entspricht eine Erklärung, die der Bauervogt Arpe Pöhemüller neben Hanß Wildehöfft und Stoffer Nevecke an Eidesstatt abgab auf die Frage, wieviel die Bauern überhaupt zu dienen verpflichtet wären. Das war 1709, also 100 Jahre später. Nach dieser späteren Erklärung waren die Hufner 2 Tage mit dem Spann und 2 Tage mit der Hand zu dienen schuldig, in der Erntezeit aber die ganze Woche mit 2 Spann- und 4 Handtagen. (Die Ernte rechnete vom Johannistag bis Bartholomäi.)

Bis 1646 ist dieser Dienst durch das ungewöhnlich hohe Dienstgeld von 33 Rtlr. abgelöst gewesen. Als aber 1646 der neue Pächter Arp Schumacher eingewiesen wurde, erklärten die Schönberger in der Verhandlung (!), sie wollten entweder nur dienen und nichts zahlen, oder sie wollten nur Dienstgeld geben und gar nicht dienen. Der
Verwalter erklärte, er könne auf gewisse Diensttage nicht verzichten, wenn anders er die Pension (Pacht) abstatten solle. Das Amt entschied sich für einen Mittelweg und setzte für einen Hufner 30 Tlr. Dienstgeld fest, daneben 2 Tage Spann- und 6 Tage Handdienst im ganzen Jahr. Für die kleineren Besitzer galten abgestufte Verpflichtungen.
Um aber mit dem neuen Vertrag glatt beginnen zu können, mußte etwa 1/3 der Rückstände erlassen werden. In dem betreffenden Verzeichnis 16) werden 2 Hufner und 2 Köter als .blutarm' bezeichnet 15). Den Franzdörfern wird wegen ihres vorgewandten Unvermögens das halbe Dienstgeld einmalig erlassen.

Ao. 1653 übernahmen die Schönberger Hufner noch zwei Tage Spanndienst als Abgeltung für die Holzweide und einen Tag Spanndienst für Stundung des Dienstgeldes von Michaelis auf Trinitatis. Das war eine Erhöhung um 3 Tage jährlich.

Ao. 1654 erfolgt eine Eingabe der gesamten Untertanen der Vogtei, sie seien in die 'äußerste Armut und schwere Schulden und Holzbrüchstrafen' geraten, sie müßten 'wider ihren Willen davongehen und alles liegen lassen', wenn ihre Not nicht gelindert würde. Sie wollten nur noch die alten Höfetage dienen und nichts mehr mit einem Dienstgeld zu tun haben. Sie wollten weiter gern das 'polsoher Büchenholz' auf dem Schönberger Felde kaufen und wollten einen Ort Ellernholzes niederhauen, weil sie ihn früher zum Niederhauen bezahlt hätten, jetzt sei er wieder gewachsen. (Die Beamten sagten, sie hätten nur den einmaligen Einhieb bezahlt.)

Der Verwalter berichtet zu der Eingabe, daß die Leute, die wirklich dienen, nur säumig dienen, daß andere wieder das Dienstgeld nicht zahlen, daß die Franzdörfer, die 13 Schneidelschweine geben sollen, die besten Schweine einbehalten oder 'woll gar auf dem Felde
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15) Vgl. die Tafeln weiter unten.
16) Vgl. die Tafel unten.

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tüdern', so daß er sie nicht finden kann und sich zur Zahlung mit Ferkeln begnügen muß. Er beklagt sich, daß er eigene Spannung, Ochsen und Pferde, Wagen und Pflüge, Knechte und Gesinde halten muß, obgleich der Ackerbau zeitweilig die Saat nicht einbringe und er Saatkorn einkaufen müsse und das Beedtkorn nicht übrig habe.

Die Beamten berichten, daß ein Erlaß an Dienstgeld nur möglich sei, wenn auch der Pächter Erlaß bekäme. Je mehr aber die Schönberger bezahlen müßten, desto mehr müsse man damit rechnen, daß sie heimlich Holz entwendeten, um ihre Not zu kehren. Das zeige sich an den schweren Holzbrüchstrafen. Wegen des begehrten Holzes wird empfohlen, den Bauern einiges Ellernholz auf dem Felde zu verkaufen, da es so genau nicht gewertet werden könne, daß 'Sie nicht Zuweilen in den Kohl Millern etliches davon Verhauen'. Wegen des Holzes hatte die Eingabe einen kleinen Erfolg, sonst scheinen die Bauern auf die nach vier Jahren ablaufende Pachtzeit hingewiesen zu sein. Dann erst könne die 'Entfreyung' erfolgen.

Ao. 1657 kommt nun zur Erreichung dieses Zieles eine starke Eingabe der Bauern gegen den Pächter. 'Sie müßten ganz dieses ortes verlaßen undt davongehen.' Unter den zahllosen Beschwerden sei eine angeführt: "So wirdt bey Kurtzer wintter Tages ein Jeder persohnen 6 Stiege Rogken oder andere garben zugezehlet, die ein mensche muß abdröschen, welches unmöglich zu thnn ist undt ein Jeder vernünftiger woll anders behertzigen Kan!"

Diese Eingabe war unterzeichnet: "Eure Hoch Fürstl. Gnaden Untertänigste, gehorsamste und getrewe ergebene Diener und Knechte, mit Leib und blut so lange wir Leben." Der Herzog befahl eine ordentliche Untersuchung. Er wolle nicht, daß die Untertanen 'über den Pachtbrief' hinaus beschweret würden, er wäre aber auch 'Keines wegs
gewillet, seine Unterthanen zu Pensionairen oder frei sonsten zu machen.'

Der Pensionär gab nun 1657 einen verantwortlichen Bericht ab, aus dem wir folgende Absätze bringen, weil sie zeigen, wie der passive Widerstand der Bauern sich abspielte:

"Was den Anfang belanget Ihrer hohen Klage über dero großen Dienste, WEISZ DER HOECHSTE HERTZENKÜNDIGER WIE SIE DIESELBE NICHT AUS HOHER BEDRENGUNG UND NOTH, BESONDERN AUS GROSZESTEM ÜBER MUTH UND BOSZHEIT THUN UNDT VORBRINGEN, nach dem mahl sie die weinigen Tage, so sie laut Contracts zu thun schuldig, Mir sie verdrießlich undt wiederwertig, in groß beschwerlich machen, daß ich mich deßen billig zu beklagen habe und dahero Theils benachbartsten zu PFLUEGEN bittlich ersuchen, auch Im übrigen Alleine drey eigne Spaning, wagen, Egden undt Pfluege halten muß, damit der Ackerbaw undt die Saedt, welches 7 Drömbt Rogken undt 8 Drömbt Hadern, nach richtiger Ordnung, Jehrlich Kan bestellet werden, wan Aber unter weiln, ein oder ehliche Drömbtt Habern Mehr gesehet, Muß der Acker dazu übrig gebrauchet werden. Der weinigen Tage zu MEYEN verrichten sie neben den Frantzdörffern eben meßig so verdrießlich undt widerwertig, den wen sie bestellet, Kommen etzliche den Einen, den andern undt dritten Tagk, ia etzliche achte undt Mehr Tage hernach, und so bey zwey oder drey auch wol gar Einer, oder niemandt, und theilß nur einen halben Tagk, bleiben den wiederumb auß, leisten auch nicht die weinigen Tage die Ihnen zu thun gebühren, undt hat das ansehen undt lauffen, so sich darnach thun laßen Muß, Kein Zahl, laßen auch dennoch woll sagen, sic wollen daß ihrige erst einhaben und verrichten, Muß also dieses stehen undt verderben, wißen auch nicht, wie sie Jegen Mein Knechte undt jnngens in Meyen undt sonsten mit schlägen und drauwen bezeige

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wollen, daß ich danhero nicht sehe, wie sie uhrsach haben sollen, über sothane Dienste, welche sie nach Ihrem eigen Sinne undt Muth willigen Hertzen Leisten, sich der gestalt Höchlig zu beklagen.

Betreffent die worte, wie Sie nemblich, Mihr all mein KORN RICHTIG EINFÜHREN undt in meinen guten Verwahrung bringen müßen, sein dieselbe gantz felschlicht gesetzet, undt wieder alle warheit, nachdem mahl Sie mir Keine eintzige garbe, oder ein bißelln Hew, ich geschweige Ein fuder oder mehres Einführen, undt in gute verwahrung bringen, Ich habe dieses Jahr, da ich Theils Meine Spanung WEGEN DER HISIGEN LEIDER UMBGEBENDEN KRIEGES GEFAHR, an andere unterscheidener örter bringen, undt daselbsten Mitt großen Kosten Eine geraume Zeit Unterhalten laßen Müßen, Ihnen NICHT ALLEIN VIELL VERSCHIEDENE MAHLEN ANSAGEN, BESONDERN SIE BILLICH DARUM BEGRÜSZEN LASZEN, folgenden Tages zu Kommen, Korn einzufahren oder etwan ein fuder einbringen helffen, undt in ihren Tagen abkürtzen, oder auch ich wolle Ihnen soviel wiederumb einführen laßen. Aber wie gemelkt, Sie haben kein eintzige garbe noch sonsten einbringen oder einführen laßen wollen. - - -

Waß sie ferner vorgeben, wie ÄRMBLICH ALLES MIT IHNEN in abnehmen, undt sie fast daß liebe tägliches Brodt, Mitt den Ihrigen davon nicht erwerben können, HIERAUFF IST IHNEN BILLIG HOCH ZU RATHEN, DASZ SIE DAMIT EINHALTEN, UNDT NICHT ALSO DEN HÖCHSTEN GOTT ERZÜRNEN, besondern zurückgedenken, was; es vor Eine beschaffenheit. undt zustandt, bey meiner antretung und itzo sich bey Ihnen befindet. - - -

Die ERDNTEN TAGE fangen sie auch an, wann sie wollen, undt laßen es auch bleiben, wann es ihnen gefällig, wie auch dieseß Jahr, undt dienen dan nur vier Tage, anderwerts aber Müßen Sie eben wol außarndte (in der Kornernte?) alle Tage dienen, alß ich aber noch etwas hew, und gut Wetter gewesen, habe ich Ihnen sagen laßen, Sie sollen ein Tagk Kommen, Konte es in den nachstehenden Tagen, die sie noch schuldig, abkürtzen. Sie aber haben Sich nicht eher alß die folgende Woche nach ihrem belieben eingestellet, undt WAN SIE MEYEN, gehen sie des Mittags nach Hause, undt bleiben dan 7 oder 8 Stunden hinwegk, WELCHES ALLES ÜB UND REDLICHEN HOVEDIENSTE, auch den Contract und vorgleich IN ALLEN ZUWIEDER.

Waß dem DRESCHEN langet, haben sie solche weise unter sich selbst angefangen, und       ,[sic!]  thun auch nicht mehr als sie leichtlich und füglich thun Können, damit sie sich unterweiln nur die Kelte erwehren, SCHICKEN KINDER UNDT DIRRNSZ, so zur Arbeit untauglich, auch in der erndte nicht eine garbe binden noch einen Hoop Hew setzen, viel weiniger Ein Fuder Hew oder Korn laden Können, und müßen mein mägde undt volck solches Mehren Theils Thun undt die beste undt schwerste arbeit verrichten und Können, einer, so zur arbeit baulich, daß Dreschen leichtlich, und nur mit Spielen gar wol verrichten, und wann sie Einmahl MIT ECHSEN KOMMEN sollen, feur Holtz zu hauwen, oder sonsten zu verrichten, Kan man sie nicht mächtig werden, besonders SCHICKEN SIE DIRNES zu Dreschen, oder thun doch nur auf ihre boßheit, waß und wie viell sie wollen, als vorlitten winter haben Ihrer 3 oder 4 einsten feuer holtz gehauwen, welches in der Baurvogt Noch gezeichnet, der gesaget, soviel
wolte er woll allein gehauwen undt verrichtet haben. - - - Die meisten kommen sonsten insgemein gar späte zu Hoffe, undt wann sie mit Echsen bestellet werden, lassen sie sagen, sie wollen die DIRRNS SCHICKEN denen mochte man das anweisen, wolte ich die nicht haben, möchte ich es laßen und viel unnütze wortte mehr - - - wollen also lieber ganz Müßig sein und fürstliche Gnaden nichts thun - - -  in Summa alles ist bey Ihnen auß Ihrem verkehrten Sin, ein Lauter verkehrtes wesen und werck."

Sie sollten bestraft werden wegen der treulosen Dienste, wegen der Frevelhaftigkeit und Bosheit, sollten ihre restierenden Schulden bezahlen, sollten in allem gleich und recht tun, sollten sich alles Mutwillens und aller Tätlichkeiten gegen den Pensionarius enthalten. Damit schließt der Bericht.

Den Abschluß fand die Untersuchung erst nach längerer Zeit, wie aus folgendem Bericht ersichtlich ist: "A. 1659, den 23. April ist der Verwalter mit den sämbtl. Schönebergischen und Frantzdörffer vor-

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bescheiden, beides ihrer Klagepunkten, darvon 10 ausgezogen, ihnen vorgehalten, Sie Zum Beweiß auch angehalten worden. Weill sie den darmit nicht Auffkommen können, So ist ihnen solches, da sie dem verwaldter Unrecht undt vielt gethan, ernstlich verwiesen, undt zu gebürl. gehorsam angewiesen worden."

Die Schönberger waren unterlegen; sie hatten innerhalb der Regelung des Dienstwesens nicht Recht bekommen und nicht Recht gehabt. Doch das war nur juristisch gesehen. Im Grunde ging es ja eben darum, durch Widerstand diese unerträgliche Fron zu brechen. Daher war die milde Rüge auch keineswegs geeignet, die Bauern zu lähmen. Die Akten vermelden weiter die 'continuirende Halsstarrigkeit' der Untertanen vom Schönenberg, berichten weiter über neue Dienstverweigerungen und neue Zwangsmaßnahmen. Schließlich muß der Pensionär als ruinierter Mann abziehen, und das Vorwerk kommt in unmittelbare Verwaltung des Amtes. Diesem wird aus Lauenburg 1664 folgendes aufgegeben:

"Der herr (Amtmann) wirdt dahin die Unterthanen zum Schönenberge oder die Gravendörfer woll vermögen, daß I. D. zum UNTERTHÄNIGEN RESPEKT UND NICHT AUS SCHULDIGKEIT über ihr Dienstgeldt Sie den H. beim Hoffe mit benötigten Spann- und Handdiensten ein wenig zur Hand gehen, daiegen mit etzlichen Tonnen Bier
vom Ambte wir Sie hinwieder bedenken wollen, haben es antwortlich zu vermerken, Undt empfehlen Unß hiemit Gottes Schutz."

Es ist auch hier wieder ersichtlich, wie die Einführung der Dienste zumeist und zunächst auf 'Bitte' oder Verhandlung erfolgt, um nachher Pflicht zu werden. Aber über die weitere Entwicklung der Dinge schweigen die Akten. Ein amtliches Protokoll von 1664 bringt die Ermittelung, daß die außerordentlichen Dienste auch von den Grafendörfern und von den sonst zu Dienstgeld gesetzten Hufnern immer geleistet worden wären:

"MICHEL PEMÖLLER von 70 Jahren, dessen Vatter noch lebet und über 100 Jahr alt ist, und FRANTZ WEGENER von etwa 80 Jahren, dann auch MICHEL KÖSTER von etwa 78 Jahren werden befragt, was auf dem Hofe von Schönenberg von altersher an Aussaat gewesen. Sie berichten: etwa 60 Sack Winterrocken, 86 Sack Habern und darüber. Hierzu hetten alle Schönenberger gediehnet so ihr Dienstgeld geben, auch hetten die genannten Graffendörffer zum pflügendt geholfen Und wehren 2 Pflüge vom Hoffe gegangen."

Ao. 1687 erst erfolgt eine neue Verpachtung, und zwar an den Bauervogt Arpe Pemöller, dann später an dessen Sohn. Das Dienstgeld wurde auf 27 Rtlr. für die Hufe heruntergesetzt, und auch sonst 'vermochte' Pemöller die Bauern zu vielem; offenbar kannte und verstand er sie. Dieser Zustand dauerte etwa zwei Jahrzehnte.

Ao. 1698 kam das Gut auf Zeit an den Landmarschall von Bülow und damit unter die Jurisdiktion von Gudow. Eine genaue Aufnahme der Wirtschaftsverhältnisse des Dorfes erfolgte 17), und dann wurde die Vogtei unter den Pensionär Cay Frahm gestellt. Als Dienst wurden für die volle Hufe 146 Spann- und 146 Handtage festgesetzt, und dem Pensionär blieb untersagt, die Bauern zu Dienstgeld zu
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17) Vgl. die Tafel weiter unten.

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setzen. Sie sollten wirklich dienen. Trotzdem hat Frahm sie alle später auf Dienstgeld gesetzt, und zwar auf ein sehr hohes von 28 Tlr. 33 Sch. Die Akten lassen vermuten, daß er diese Tatsache nicht vorher in Gudow gemeldet hatte. Insgesamt verschärfte diese Periode die Lage: Das Dienstgeld war hoch, die Proben wurden herabgesetzt, und die Fuhren im Burgfestedienst wurden umsonst verlangt. So blieb der Widerstand nicht aus. Von 1708 berichtet ein Protokoll, wie HEINRICH SCHÜTT und HANS KÖSTER zum Dienst BEFEHLIGT werden, wie ANDREAS PEHMÖLLER ANGEFANGEN hat, wirklich zu dienen und wie FRANZ PEHMÖLLER ein halbes Jahr an Diensten NACHHOLEN will. Eine der Vernehmungen hat folgenden Wortlaut:

"Auff Anklagen des Verwalters Cay Frahmt wird FRANZ STAMER (Schönberg) befraget, was er Vor uhrsachen einzuwenden habe, Er aber nichts erhebliches einzuwenden gehabt, der Verwalter aber saget, Er hette deßen Kinder, altz Sie Klein geweßen, auf den Hoff Dienst angenohmen und aus Barmhertzigheit von dem Kamp auf den Hoff gehen lassen, das Sie nicht Verklammen sollten, alß ist dießer Frantz Stamer - - - anbefohlen worden, seine Hoffdienste Von Nun an abzustatten oder Er solle darfür mit Billicher straffe angesetzet werden."

Ao. 1706 mußten die Schönberger mit 30 Mann je 4 Tage bei der Errichtung des neuen Vorwerks mit der Hand dienen. Weiter mußten sie 73 Fuhren leisten zur Beförderung von Balken und Steinen und Schoof vom Sachsenwald herauf und von Mölln her. Darunter waren allein 36 Fuhren mit 8 Pferden bespannt. Das sollten sie umsonst tun. Es handelte sich dabei um die alten (ungemessenen) Burgfestedienste. Gedient werden mußten sie, und es war nur die Frage, ob der Landmarschall die Arbeit umsonst verlangen konnte. Eine größere Landgerichtsverhandlung fand 1708 statt; es ging um die außerordentlichen Dienste allgemein. Es sind im wesentlichen drei Punkte:

1) Müssen die Bauern UNENGELTLICH 2 Tage pflügen, 1 Tag mähen?

2) Müssen die Bauern UNENGELTLICH die Fuhrdienste leisten?

3) Können die Pröben beansprucht werden?

Zu 1) wird entschieden, die außerordentlichen Tage seien zu dienen, aber gegen Bezahlung. Wenn auch die Bauern sie bei Arp Pemoller 15 Jahre umsonst getan hätten, weil er 'ihren Willen dafür gemachet', könne ein andrer sie noch nicht umsonst beanspruchen.

Zu 2) Die Leute erklären sich (auf Vorschlag!) bereit, dem Landmarschall die Arbeit FÜR DIESMAL UMSONST getan zu haben, wenn ihnen in der Zukunft Bezahlung für den Burgfestedienst getan werden soll.

Zu 3) Die Pröben sollen in der Ernte GANZ gegeben werden, in der Heuernte 3 Käse, in der Kornernte 4 Käse, und auch das Pfund Speck, von dem der Landmarschall sie 'abgebracht' hat, soll in der Roggenernte täglich gegeben werden.

Das gesamte Dienstwesen wurde später immer wieder untersucht; die Sache war zu 'verwohren'. Noch 1763 fand eine eingehende Prüfung statt. Wie eingangs betont, nötigten die wirtschaftlichen Verhältnisse die Königliche Kammer, immer wieder nachzugeben. Das Dienstgeld blieb auf seinem Fuß ohne Agio; alle wirkliche Arbeit wurde bezahlt.

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In demselben Jahre 1763 berichtet das Amt Schwarzenbek: "Die Schöneberger tun überall keine naturalen Dienste; sie geben ein Dienstgeld und können daher nicht zu naturalen Diensten herangezogen werden, auch nicht gegen proportionierliche Herabsetzung ihres Dienstgeldes."

Im Jahre 1773 schließlich kamen die Schönberger an das Amt Steinhorst. Auch dort dienten sie niemals wirklich. Sie zahlten ein ordinäres Dienstgeld. Darüber hinaus wurden sie nur, allerdings sehr bestimmt, zu Burgfestediensten angehalten. Als endlich im Amt Steinhorst die Dienste bei der Verkoppelung aufgehoben wurden, DA WURDEN AUF DIE HÖFE DER SCHÖNBERGER KEINE "NEUEN" DIENSTGELDER GELEGT, DA SIE NIEMALS WIRKLICH ZU HOFE GEDIENT HATTEN. DIE SCHÖNBERGER HATTEN GESIEGT 18) .


Ergebnis.

Am Ende unserer Betrachtungen können wir folgendes Ergebnis feststellen.

Im Laufe eines Jahrhunderts von 1550 bis 1650 etwa wächst der Dienst vom Eintagedienst zu einem Mehrtagedienst, der in weiten Gebieten einen täglichen Dienst für die volle Hufe bedeutet.

Die Nötigung zu so vermehrtem Ansatz von Arbeitskräften lag in der aufkommenden Gutswirtschaft. Die Möglichkeit dazu war in der öffentlich-rechtlichen Gewalt gegeben, die den einzelnen Grundherren mit der vollen Gerichtsbarkeit zustand; sie gab zugleich die Machtmittel an die Hand, den Dienst zu erzwingen.

Der Zustand der Leibeigenschaft ist in Lauenburg - im Gegensatz zu den angrenzenden Gebieten Mecklenburgs und Holsteins - nicht eingetreten. Das ist der weisen Mäßigung des Erblandmarschalls zu danken. Ein Entwurf über einen einzuführenden Gesindezwangsdienst ist nicht durchgeführt worden. Der Herzog scheute die Veröffentlichung.

Noch unter der sächsischen Herrschaft gab es eine amtliche Regelung des Höfedienstes als eines Sechstagedienstes. Sie kam nie zu wirklich allgemeiner Befolgung. Auch die hannöversche Regierung konnte trotz immer neuer Verordnungen das Dienstwesen nicht so gestalten, daß es allgemein tragbar blieb. Die amtlichen Verordnungen bilden ein Hin und Her, in dem das Maß der noch zu tragenden Dienstlast VORSICHTIG AUSGEPENDELT wurde.

Erst die Verkoppelung brachte die als notwendig anerkannte Egalisierung der Hufen und dann zugleich die Ablösung des regelmäßigen Tagedienstes. Andere Dienste blieben.

Ist über die adligen Güter auch nur wenig erforscht, so gibt doch die landesherrliche Resolution an den Landmarschall von 1719 immer-
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18
) Die folgenden Tafeln geben Abersichten über die Verhältnisse des Dorfes Schönberg.

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[TABELLE mit folgenden Spalten:]

Die Stellen

Schönberg Anno 1698 (Die Untertanen haben selbst die Angaben gemacht)

Wohnhaus, wieviel Fach?

Kornscheune, wieviel Fach?

Roggen
Gersten
Hafer
Fuder Heu
Ochsen
Kühe
Pferde
Schafe
Schweine




ANM.: H - Hufner, HH - Halbhufner, GK - Großkätner, KK - Kleinkätner.
Die Verteilung der wüsten Stellen ist aus dem übrigen Verzeichnis zu ersehen.
Beim Korn bedeutet die große Ziffer die Zahl der Drömbt, die kleine Ziffer die Zahl der Scheffel.
(3,2 bedeutet 3 Drömbt 2 Scheffel. 1 Drömbt - 12 Scheffel.)
Buchweizen wurde nicht ausgesät.


 

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[TABELLE mit folgenden Spalten:]

ALTE Hufengröße

Schönberg. Besitzer nach dem Amtslagerbuch (um 1600)

Dienste nach d. Lagerbuch

Amtsnummer

Besitzer: 1646

Besitzer: 1698

1710

1760





ANM.: Die Dienste nach dem Lagerbuch sind Handdiensttage.
Bei allen mit *) versehenen Bauern heißt es im Lagerbuch:
Thut sonsten zur Saatzeit oder zur Reise ein Pferd aus, dienet in der Erndte in Graß und Korn täglich,

H - Hufner, HH - Halbhufner, VH - Viertelhufner, GK - Großkätner, KK - Kleinkätner.

Die UNTERTANEN IN FRANZDORF heißen 1690: Paul Gattermann,
Hanß Dürkop, Franz Gattermann, Tias Pemöller, Heinrich Schütt,
Franz Stamer, Jochen Schröder, Jochen Stamer, Jobst Pemöller,
Thias Ronßhagen, Schambt Stätte wüst.

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Anm.: Die wagerechten Zeilen entsprechen einander genau. Die Besitzernamen
auf den Stellen sind nach den amtlichen Listen zusammengestellt. Die
Hufengröße ist der ALTE Zustand von 1600.


 

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hin einen gewissen Einblick. Sie erklärt einen Frondienst von 5 oder 6 Tagen als 'gar zuviel und zu hart'.

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Die Lauenburgischen Bauerngeschlechter jener harten Zeiten bewiesen Treue und Zähigkeit. Treue, insofern sie niemals grundsätzlich ihren Herren Hilfe und Dienst verweigerten, und Zähigkeit, insofern sie ausdauernd und hartnäckig gegen die letzte Überbelastung Widerstand leisteten. Das Bewußtsein, daß ihr eigener Ruin auch den
Ruin ihrer Herren bedeute, gab jenen Bauern die Ruhe des Gewissens und das Gefühl des Rechts in ihrem Kampf. Ihre Treue und Zähigkeit erwecken in uns Späterlebenden noch heute mitfühlendes Verständnis.

ANM.: Soweit nicht Literatur angegeben, ist urkundliches Material des Lauenburgischen Landesarchivs eingesehen; für die Erlaubnis habe ich dem Herrn Landrat zu danken.

 


 


 

 

 

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