Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1939


Sonnenwendfeuer im Lauenburgischen.
 

'Johannes tho lichten', so nannte man in den benachbarten Hansastädten den Johannistag. Durch den Ausdruck schimmert das Feuerbrauchtum hindurch, von dem Jakob Grimm sagt, daß ein solcher Kult des Naturelements einfacher, freier und würdiger sei als das dumpfe Niederknieen vor Bildern und Götzen.

Der heiligen Zeit der Sonnenwende entsprach im Volk die Pflege des Sonnenwendfeuers. Die wissenschaftliche Erkundung der verschiedenen Festfeuer ist so weit gefördert, daß man die Verbreitungsgebiete der einzelnen Arten darstellen kann. Für Schleswig-Holstein hat unser Volkskundler G. Fr. Meyer eine Übersichtskarte gegeben 1). Darin erscheint Lauenburg als weißer Fleck. Die Angabe ist richtig. Wir kennen nicht das schöne 'Ostermaanlüchten', das in den früher zu uns gehörenden Vierlanden noch immer alt und jung erfreut. Wir lassen keine Maifeuer brennen, die in unserer kuppigeu Flur vielerorts einen eindrucksvollen Abendhimmel ergeben würden. Wir haben keine Johannisfeuer, soweit nicht unsere Jugend nach der Wende unserer völkischen Erneuerung die Sonnwendfeuer wieder aufflammen läßt. Lauenburg wäre also ein Land ohne ein heiliges Feuerbrauchtum gewesen? Das wird schwerlich glauben, wer den Reichtum unserer Bräuche kennt.

Es gibt nun Nachrichten, die die Vergangenheit in dieser Hinsicht aufhellen. Als 1581 die Kirchenvisitation nach der Reformation stattfand, erwies sich als nötig, 'hin und wieder / und sonderlich zu STERLEY und GÜLTZAU das Noht-Feuer / und die Aufhebung der sogenannten Johanniskrohne an St. Johannis-Tage bey ernster Straffe zu verbiethen'. Unsere Kirchenordnung 2) sagte dann 1585, und das weist auf weitere Verbreitung:

"Sol auch das HEYDNISCHE NOHTFEWER 3) ZU MACHEN, UND DIE ABERGLAUBISCHE JOHANNIS KRONE AUFF ZU HENCKEN, hinfort bey ernster Straffe gäntzlich todt, abe und verboten seyn."
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1) Heimat. Kiel 1933. Nr. 5.
2) fol. 92. Punkt 16.
3) Die Nennung 'Notfeuer' (statt des verdeckenden 'Johannis'feuer) weist noch auf den echt heidnischen Zug des Feuers als eines Reibefeuers.

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Die jedesmalige Nennung des Notfeuers und der Johanniskrone in einem Atem und die Einordnung des Artikels innerhalb der FEIERTAGSbestimmungen lassen den Schluß zu, daß es sich bei dem Notfeuer eben um das Johannisfeuer handelt. Gerade bei diesem, sagt Grimm, werde oft das Notfeuer erwähnt, wohl nie höre man davon beim Osterfeuer.

Doch was ist ein Notfeuer? Ein Feuer, das unter Menschen, von Brand zu Brand fortgepflanzt, gebraucht war, galt als 'undiensam zu heiligem Geschäft.' Ein 'wildes' Feuer, wie man es nach althergebrachter Weise von keuschen Knaben durch Reiben aus Hölzern erzeugen ließ, besaß dagegen alle Segenskräfte. Schon 742 stritt eine Synode unter Bonfifatius gegen dies gotteslästerliche 'Nodfyr', und wenig später handelt der Anzeiger abergläubischer und heidnischer Gebräuche von dem aus Holz geriebenen Feuer, Niedfyr genannt. Daher ist es kein Wunder, wenn auch unsere Kirche diese Art des Feuers verfolgte. Und das Johannisfeuer ist ausgelöscht, spurlos! Doch bestanden hat es ebenso wie in Mecklenburg, wo Wossidlo mitteilt, daß noch 1666-71 das Springen durchs Johannisfeuer verboten worden sei und wo der Prediger Gryse in Rostock 1593 meldet:

'jegen den avend warmede men sik bi s. Johannis lod und nodfüre, dat men ut dem holte sagede; solkes für stickede men nicht an in gades, sondern in s. Johannis namen, löp und rönde dörch dat für, und is tusent fröuden vul gewesen, wen man de nacht mit groten sünden schanden unde schaden Heft togebracht. 4)

Es soll nicht gesprochen werden von jener Art des Notfeuers, das bei irgendeiner Seuche hier und dort zur Reinigung des Viehs angezündet wurde. Das kannte man bei uns noch vor zwei Geschlechtern 5). WIR SPRECHEN NUR VON DEM NOTFEUER, DAS MIT DER WIEDERKEHRENDEN SONNENWENDE FEIERLICH GEWECKT WURDE.

Ich folge Grimm in den Einzelzügen, wenn ich vom JOHANNISFEUER sage, daß es zierlicher und anmutiger war als das Osterfeuer, mehr auf MÄRKTEN UND GASSEN entzündet und früher gern von FÜRSTEN UND VOM ADEL besucht wurde und dabei weniger der geistlichen Leitung anheimfiel

Und die JOHANNISKRONE ebenso wurde besonders auf Plätzen und Straßen der Gemeinschaft aufgehängt. Wenn sie an hoher Stange, am Baum oder über der Straße hing, dann wurde schon am Abend vor Johannis eine Laterne in die bunte Krone gehängt, und fröhlich tanzte besonders auch die Jugend ihre Weisen und Lieder - so ist es
noch in Westfalen und Thüringen der Brauch, so ist es bei uns für Sterley und Gülzow bezeugt. Wir wagen kaum, zu umschreiben, was 'abergläubisch' an diesem Tun war. Doch genügt es zu wissen, daß das sonderliche Sammeln von heilsamen neunerlei Kräutern zu einem Kranz im Hause im Lande üblich war, um zu ahnen, daß man sich
Segenskräfte von dem Tanz unter der Krone versprach. Eine fromme Einsegnung der Krone in der Kirche muß man nicht begehrt haben, sonst hätte die Kirche sie nicht so verfolgt.
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4) Grimm, Deutsche Mythologie I 3 S. 579.
5) Lbg. Heimat 1927, 106.

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Wenn es irgendeinen Platz in Lauenburg gibt, wo das Johannisfeuer gebrannt haben muß, dann ist es beim Glüsing. Nahe der alten Ertheneburg findet sich die alte, heilige Stätte, Stätte des Things, Stätte des Johannismarktes, Stätte der Volksgemeinschaft, wo Herzog und Adel und Volk aus dem ganzen Gau zusammenkamen, wo man das Sonnenwendfeuer aufflammen ließ und unter der Johanniskrone tanzte. Über die 'Hanshee' leuchtete das Johannisfeuer, und unter der Krone spielte sich die 'Höge' ab. Und zum heiligen Feuer das heilige Wasser! Am laubumkränzten, immer Wasser haltenden Born dort, da wird sich in der Sommernacht mancher stille Brauch vollzogen haben; dorthin mochte der Reigen gehen, um mit Kränzen und Blumen das Wasser zu weihen. Nicht umsonst ist sein Name satanisiert worworden: 'Hinzemöinken'. Wie die Herzoge - darin echt sächsisch - sich an solcher Feier beteiligten, zeigte später noch der Maigräfentag.

Für die Kunde unseres Volkstums, weit mehr noch für die Gründung und Festigung des völkischen Gewissens und für die Befriedigung weltanschaulicher Sehnsucht ist es wichtig, zu wissen, daß das Johannisfeuer auch in unserm Lauenburg seine Stätte hatte. Vor allem unsere Jugend sollte darüber unterrichtet sein.

Sch.

 


 


 

 

 

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