'Johannes tho lichten', so
nannte man in den benachbarten Hansastädten den Johannistag.
Durch den Ausdruck schimmert das Feuerbrauchtum hindurch,
von dem Jakob Grimm sagt, daß ein solcher Kult des
Naturelements einfacher, freier und würdiger sei als das
dumpfe Niederknieen vor Bildern und Götzen.
Der heiligen Zeit der Sonnenwende entsprach im Volk die
Pflege des Sonnenwendfeuers. Die wissenschaftliche Erkundung
der verschiedenen Festfeuer ist so weit gefördert, daß man
die Verbreitungsgebiete der einzelnen Arten darstellen kann.
Für Schleswig-Holstein hat unser Volkskundler G. Fr. Meyer
eine Übersichtskarte gegeben 1). Darin
erscheint Lauenburg als weißer Fleck. Die Angabe ist
richtig. Wir kennen nicht das schöne 'Ostermaanlüchten', das
in den früher zu uns gehörenden Vierlanden noch immer alt
und jung erfreut. Wir lassen keine Maifeuer brennen, die in
unserer kuppigeu Flur vielerorts einen eindrucksvollen
Abendhimmel ergeben würden. Wir haben keine Johannisfeuer,
soweit nicht unsere Jugend nach der Wende unserer völkischen
Erneuerung die Sonnwendfeuer wieder aufflammen läßt.
Lauenburg wäre also ein Land ohne ein heiliges
Feuerbrauchtum gewesen? Das wird schwerlich glauben, wer den
Reichtum unserer Bräuche kennt.
Es gibt nun Nachrichten, die die Vergangenheit in dieser
Hinsicht aufhellen. Als 1581 die
Kirchenvisitation nach der Reformation stattfand, erwies
sich als nötig, 'hin und wieder / und sonderlich zu STERLEY
und GÜLTZAU das Noht-Feuer / und die Aufhebung der
sogenannten Johanniskrohne an St. Johannis-Tage bey ernster
Straffe zu verbiethen'. Unsere Kirchenordnung 2)
sagte dann 1585, und das weist auf weitere
Verbreitung:
"Sol auch das HEYDNISCHE NOHTFEWER 3) ZU
MACHEN, UND DIE ABERGLAUBISCHE JOHANNIS KRONE AUFF ZU
HENCKEN, hinfort bey ernster Straffe gäntzlich todt, abe und
verboten seyn."
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1) Heimat. Kiel 1933. Nr.
5.
2) fol. 92. Punkt 16.
3) Die Nennung 'Notfeuer' (statt des
verdeckenden 'Johannis'feuer) weist noch auf den echt
heidnischen Zug des Feuers als eines Reibefeuers.
1939/1 - (1)
1939/1 - 2
Die jedesmalige Nennung des Notfeuers und der Johanniskrone
in einem Atem und die Einordnung des Artikels innerhalb der
FEIERTAGSbestimmungen lassen den Schluß zu, daß es sich bei dem
Notfeuer eben um das Johannisfeuer handelt. Gerade bei diesem,
sagt Grimm, werde oft das Notfeuer erwähnt, wohl nie höre man
davon beim Osterfeuer.
Doch was ist ein Notfeuer? Ein Feuer, das unter Menschen, von
Brand zu Brand fortgepflanzt, gebraucht war, galt als 'undiensam
zu heiligem Geschäft.' Ein 'wildes' Feuer, wie man es nach
althergebrachter Weise von keuschen Knaben durch Reiben aus
Hölzern erzeugen ließ, besaß dagegen alle Segenskräfte. Schon
742 stritt eine Synode unter Bonfifatius gegen dies
gotteslästerliche 'Nodfyr', und wenig später handelt der
Anzeiger abergläubischer und heidnischer Gebräuche von dem aus
Holz geriebenen Feuer, Niedfyr genannt. Daher ist es kein
Wunder, wenn auch unsere Kirche diese Art des Feuers verfolgte.
Und das Johannisfeuer ist ausgelöscht, spurlos! Doch bestanden
hat es ebenso wie in Mecklenburg, wo Wossidlo mitteilt, daß noch
1666-71 das Springen durchs Johannisfeuer verboten
worden sei und wo der Prediger Gryse in Rostock 1593
meldet:
'jegen den avend warmede men sik bi s. Johannis lod und nodfüre,
dat men ut dem holte sagede; solkes für stickede men nicht an in
gades, sondern in s. Johannis namen, löp und rönde dörch dat
für, und is tusent fröuden vul gewesen, wen man de nacht mit
groten sünden schanden unde schaden Heft togebracht. 4)
Es soll nicht gesprochen werden von jener Art des Notfeuers, das
bei irgendeiner Seuche hier und dort zur Reinigung des Viehs
angezündet wurde. Das kannte man bei uns noch vor zwei
Geschlechtern 5). WIR SPRECHEN NUR VON DEM
NOTFEUER, DAS MIT DER WIEDERKEHRENDEN SONNENWENDE FEIERLICH
GEWECKT WURDE.
Ich folge Grimm in den Einzelzügen, wenn ich vom JOHANNISFEUER
sage, daß es zierlicher und anmutiger war als das Osterfeuer,
mehr auf MÄRKTEN UND GASSEN entzündet und früher gern von
FÜRSTEN UND VOM ADEL besucht wurde und dabei weniger der
geistlichen Leitung anheimfiel
Und die JOHANNISKRONE ebenso wurde besonders auf Plätzen und
Straßen der Gemeinschaft aufgehängt. Wenn sie an hoher Stange,
am Baum oder über der Straße hing, dann wurde schon am Abend vor
Johannis eine Laterne in die bunte Krone gehängt, und fröhlich
tanzte besonders auch die Jugend ihre Weisen und Lieder - so ist
es
noch in Westfalen und Thüringen der Brauch, so ist es bei uns
für Sterley und Gülzow bezeugt. Wir wagen kaum, zu umschreiben,
was 'abergläubisch' an diesem Tun war. Doch genügt es zu wissen,
daß das sonderliche Sammeln von heilsamen neunerlei Kräutern zu
einem Kranz im Hause im Lande üblich war, um zu ahnen, daß man
sich
Segenskräfte von dem Tanz unter der Krone versprach. Eine fromme
Einsegnung der Krone in der Kirche muß man nicht begehrt haben,
sonst hätte die Kirche sie nicht so verfolgt.
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4) Grimm, Deutsche Mythologie I 3 S. 579.
5) Lbg. Heimat 1927, 106.
1939/1 - 2
1939/1 - 3
Wenn es irgendeinen Platz in Lauenburg gibt, wo das
Johannisfeuer gebrannt haben muß, dann ist es beim Glüsing. Nahe
der alten Ertheneburg findet sich die alte, heilige Stätte,
Stätte des Things, Stätte des Johannismarktes, Stätte der
Volksgemeinschaft, wo Herzog und Adel und Volk aus dem ganzen
Gau zusammenkamen, wo man das Sonnenwendfeuer aufflammen ließ
und unter der Johanniskrone tanzte. Über die 'Hanshee' leuchtete
das Johannisfeuer, und unter der Krone spielte sich die 'Höge'
ab. Und zum heiligen Feuer das heilige Wasser! Am
laubumkränzten, immer Wasser haltenden Born dort, da wird sich
in der Sommernacht mancher stille Brauch vollzogen haben;
dorthin mochte der Reigen gehen, um mit Kränzen und Blumen das
Wasser zu weihen. Nicht umsonst ist sein Name satanisiert
worworden: 'Hinzemöinken'. Wie die Herzoge - darin echt
sächsisch - sich an solcher Feier beteiligten, zeigte später
noch der Maigräfentag.
Für die Kunde unseres Volkstums, weit mehr noch für die Gründung
und Festigung des völkischen Gewissens und für die Befriedigung
weltanschaulicher Sehnsucht ist es wichtig, zu wissen, daß das
Johannisfeuer auch in unserm Lauenburg seine Stätte hatte. Vor
allem unsere Jugend sollte darüber unterrichtet sein.
Sch.
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