Gräben zum Ablauf des
plötzlichen Regenfalls versehen. Der Viehstapel mit
Schafen war
der größte im Dorf; an der Zahl der Pferde wiederum -
man hielt
neun - konnte man sparen, da kein Hofdienst zu leisten
war. Der
Hof hielt auch die Wuchertiere; der Bullenteil, ein
Waldstück, faßte
Morgen. Er lag in einer schönen Hainbuchenhölzung,
Manrade
genannt, die zum Kropfen diente. Von ihren
als eine gute
Doppelhufe
dar und rechnete dennoch nur als Einzelhufe. Was Wunder,
wenn
bei der Verkoppelung, die in den folgenden Jahren
durchgeführt
werden sollte, die Bauern nach dem maßgebenden Grundsatz
der
Egalisierung es Rechtens fanden, daß auch die
Bauervogtsstelle auf
den wahren Stand einer Einzelhufe gesetzt würde! Die
Überlieferung
in der Familie sagt, daß der damalige Bauervogt Franz
Hinrich
Basedau - ein sehr stiller Mann - schon dem Streben der
übrigen
Hufner in einer Dorfversammlung nachgegeben hatte. Aber
die
Bäuerin, aufs lebhafteste von ihrem Rechtsgefühl bewegt,
willigte
keineswegs in die drohende Verringerung ihrer Scholle.
Am nächsten
Morgen in aller Frühe ließ sie den schwarzen Hengst
satteln und machte sich auf, den weiten Weg nach
Bleckede jenseits der Elbe zurückzulegen, um dem Kommissar von ihren Rechten zu
sprechen. Es war nicht umsonst. Der Kommissar - es kann
niemand anders gewesen sein als der Landrat und Drost von Schrader - hat
im Gefolge des entschlossenen Auftretens der Bäuerin die
Sache gründlich untersucht, und die Stelle blieb eine Doppelhufe. Die
Begründung für die
Entscheidung wird in den Akten gegeben.
Ältere Nachrichten über die Stelle lägen nicht vor. Im
Landbuch
von
Hufen vorhanden wären,
könne man
nicht einsehen, woher die Stelle noch eine zweite Hufe
solle erworben
haben. Die Überlieferung auf der Stelle besage außerdem,
daß schon
vor Verfertigung des Landbuches von
gewesen sei, die Becker in Kultur gehabt hätte und wüste
geworden wäre. Danach würden noch immer die vormalige
Hausstelle 'Beckers
Hof' und eine große Wiese 'Beckers Wiese' genannt. Diese
wüste
Stelle müßte also dem Bauervogt zugelegt sein, was
vermutlich aus
der Gnade der Herzöge geschehen sei. Im übrigen genössen
auch andere
Bauervögte ähnliche Vorteile in der Vergrößerung ihrer
Besitzungen,
und wie den Vögten in Johannwarde und Worth
Hufen
zugebilligt
seien, müsse auch der Bauermeister in Basedow sein
Quantum behalten.
Über diese Kundgabe in den Akten hinaus läßt sich noch
folgendes sagen.
Das Dorf Basdowe wird zuerst
Hufen aufgeführt.
Die umliegenden Dörfer werden ebenso mit ihrer Hufenzahl
genannt: Wutsetze
(
). Das
Geldheberegister von
nun führt das Dorf Wizok nicht mehr auf, da es
eingegangen ist. Es hatte wie die übrigen Geestdörfer
seine Wiesen im Delvenautal gehabt; der heutige Zockerbrook (Saukerbrauk) bei Lanze erinnert daran. Das
Zuckerholz (Zockerhulln), das jetzt zwischen Lütau und
Basedow geteilt ist, bildet den Rest seiner Waldungen. Die hochgelegene Flur von Wizok
(= Hohenau) mit den
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vor
1525 zum größten Teil zu
Basedow gekommen sein
1); denn in dem Register
von
1525 erscheint die alte Hufenzahl der aufgeführten
Dörfer fast ungestört
wieder, während in Basedow
12 Hufen, also
4 mehr, mit ihren Besitzern aufgezählt werden, darunter die Bauermeisterhufe als
Einzelhufe gerechnet. Die
Zusammenlegung der beiden Dörfer mit
8 und
5 Hufen
erklärt vielleicht, daß
man in Basedow ab
1525 unter
12 Hufen eine Doppelhufe
hatte. Der Bauervogt
hieß damals Bernt Burmester, ebenso noch
1544. Die
7.
Stelle in der Reihe
hatte Heine Basedau.
Im Landbuch von
1618 werden wieder die
12 Hufen
aufgezählt, die Bauermeisterstelle als Einzelhufe (allerdings mit doppelter
Michaelispacht). Der
Bauermeister hieß damals Schmalejohann. Er war wohl ein
Interimswirt: denn
1649 ward Paul
Burmeister nach abgelegtem Bauermeistereid in die vollständige
POSSESSION gesetzt mit solcher ANNEXION, daß er
sich gerichtlich mit seinen
Eltern vergleichen solle (Stiefvater?), damit hinfüro
kein Streit vorgehe. Diese
Irrungen sind möglicherweise aus einem elenden Zustand
des Gehöfts und Hauses
entstanden: denn Schmalejohann hatte die Zeit des
dreißigjährigen Krieges zu
überstehen gehabt, und schon
1627 hatte Kriegsbrand
3
Höfe in Basedow wüste gelegt. Da mochte weiterhin das
Kriegswesen auch das wohlhabende Bauervogtshaus zerstört haben. Jedenfalls war das alte, hier
abgebildete Haus zwischen
1640 und
50 erbaut; die Balkeninschrift besagte
164 mit
nicht erkennbarer vierter
Ziffer. Wie aber nach jedem Krieg das Geld knapp, das
Material teuer, das
Bauholz nicht reichlich, die Arbeitskraft erschöpft ist,
so war es auch damals, als
der Herzog durch Kanzelaufruf und öffentlichen Anschlag
zur Neuerbauung der Wüstungen auffordern ließ und
Bauholz und andere Notwendigkeiten zur Beihilfe versprach. Und Mangelhaftigkeit des Bauholzes mag
ein Grund mit
gewesen sein, daß das neue Haus des Bauervogts nur wenig
über
200 Jahre
dem Sturm der Zeit standhielt.
Die Burmester stellten wohl die alte Linie der
Bauervögte dar.
Doch noch im selben Jahrhundert sitzen die Basedaus
nicht nur wie
bisher auf der
7. Stelle, sondern sie haben auch die
Bauervogtsstelle
inne und bleiben fortan darauf. Vor
1693 hieß der
Bauermeister
Jochim Basedau.
1723 war es Paul Basedau, zu dessen Zeit
der
Besitz mit
438 Morgen ausgemessen wurde. Der Enkel jenes
Paul,
der Bv. Franz Hinrich Basedau, erlebte dann die
Verkoppelung. War
er auch ein stiller Mann, so kämpfte er bis zuletzt
hartnäckig darum,
daß ihm die Dreeschkoppeln bei seinem Hause, die
kultivierten Wiesen, in denen die Arbeit der Väter
steckte, und der 'Große
Teil' im Manrade
bei dem Verfahren nicht ausgetauscht wurden. Und in
einer letzten
Verhandlung vor Schrader siegte er denn auch.
Angesichts solch zähen Sträubens gegen die Egalisierung
und
Austauschung seiner Ländereien, der sich doch alle
andern Hufner
unterwerfen mußten, kann man schon fragen, mit welchem
innern Rechte wagte der Bv., gegen die
11
Hufner aufzutreten, die Verkoppelung immer weiter hinauszuschieben und sich schließlich
der dringend
geforderten Gleichheit zu widersetzen. Da muß man sich
vor Augen
halten, daß es sich um ein Amtslehen handelte. Der
Bauervogt war der Vertreter der Dorfgemeinde, als
solcher sogar in manchem persönlich haftbar; er hatte eine gewisse Gerichtsbarkeit und
gerichtliche
Gewalt; er übte Aufsichtsrechte aus und bearbeitete das
Abgabewesen.
Darüber hinaus mußte er zur Tag- und Nachtzeit seinem
Herzog
auf Erfordern mit einem tüchtigen, reisigen Pferde und
behörigen
_______________
1) Der beste Kenner der besprochenen Flur, Lehrer Eggers
in Lütau, hat
sich schon vor Jahren aus eindringlichem Studium der
Landschaft und der Flurkarten dieses Urteil gebildet und es auch vorgetragen.
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1939/2 - 44
Gewehr aufwarten und sich gehorsam und willig dorthin
schicken
lassen, wo der Herzog ihn benötigte. Statt einer
Besoldung für sein
Amt hatte er eben den mit manchen Freiheiten
ausgestatteten Hof als
Amtslehngut, als erbliches Schulzenlehen. Und dieses
Verhältnis
war nun mannigfach umstritten, von unten wie von oben,
von den
Bauern und auch vom Amt. Grade der letztgenannte Basedau
mußte
es erleben, daß seine Dorfschaft ab
1783 mit andern
Dorfschaften
zusammen den Bauervögten die Freiheit von Kriegsfuhren
in einem
langen Prozeß (bis
1800) bestritt. Die Dorfschaft
unterlag, der
Bauervogt blieb frei.
Der Bv. Basedau von
1740 hatte noch anderes erlebt.
Derzeit
suchte das Amt die Erbgerechtigkeit der Bauermeistereien
zu brechen.
Unter Führung von Behrling-Büchen haben damals die
Bauervögte
des Amtes, unter ihnen Basedau, den Versuch in langem
Prozeß
abgewehrt. Das Hofgericht entschied am
24. August
1746,
daß die gedachten Bauermeistereien "erbliche
Schulzenlehne" seien, und wiederum am
17. August
1839, daß solches Erblehen nur dem rechten
Lehensnachfolger zu gewähren sei. Mit niedersächsischer
Zähigkeit kämpfte
der Bauervogtsstand um sein Recht. Das innere Recht lag
in seinem
großen Pflichtenkreis. Von daher muß man auch das
Verhalten
Fr. H. Basedows verstehen. Rechtsgefühl und Liebe zu der
von den
Vätern bearbeiteten Scholle haben ihn stark gemacht.
Der Ursprung der Erbschulzenlehen führt in die erste
Sicdlungszeit zurück. Damals haben deutsche Männer mit deutschen
Bauern
die Reste der altsächsischen Volksgruppen in der alten
Sadelbande neu
aufgefüllt. Slawisch überwucherte Dörfer wurden besetzt
oder erweitert, und auf Rodeland wurden deutsche Dörfer
neu geschaffen. Die Siedelungsunternehmer (Lokatoren) fanden sich vom Landesherrn
mit dem
Schulzenamt und dem zugehörigen Freiland belohnt und
belehnt. Die
Erinnerung an den ersten Gründer lebt bei einigen
Dörfern in deren
Namen fort; umgekehrt haben andere Unternehmer den Namen
ihres
Dorfes angenommen. Sehr oft blieb der Sippe eines
bäuerlichen
Gründers, wenn sie auf der Vogtsstelle verblieb, der
Name 'Burmester'
als dauernder Familienname, der sie von andern Zweigen
der Sippe
zu unterscheiden vermochte. Alles dies hat für unsern
Fall einiges
Interesse wegen der Übereinstimmung des Dorf- und
Sippennamens
Basedow. Kann man etwas über den Zusammenhang beider
sagen, da sie ohne Zweifel zueinander in Beziehung
stehen? Bei der Entscheidung darüber ist zu bedenken, daß die Sippe der
Basedows zwischen
1300 und
1540 in einem Umkreis um Basedow in
8 Dörfern
sitzt,
daß es im übrigen auch drei Ortsnamen dieser Form gibt,
neben
unserm Dorf noch Basedow b. Malchin und das Rittergut
Basedow b. Prenzlau. Fügen wir noch hinzu, daß es auch
ein ritterliches Geschlecht der Basedows gegeben haben muß (Reineke de
Bassedoue
1249), so haben wir den Tatsachenstoff zur Hand, aus dem
die Lösung
erfolgen müßte, wenn sie möglich wäre. Hätte die
Überlieferung in
der Familie recht, daß die Basedows von Osten gekommen
seien, dann müßte die alte Linie der 'Burmester' schon zu den
Basedows
1939/2 - 44
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Lichtbild Siemsen.
Der Erbhof Basedow in Basedow um 1862.
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gehört haben, was nach der
oben gegebenen Darstellung möglich ist. Und über ein
'möglich' wird man kaum je hinauskommen.
*
Kehren wir zum Schluß auf festeren Boden zurück und
werfen
wir einen Blick auf das Bild des alten Bauervogtshauses,
wie es 1864 vor seinem Abbruch in einer mit Wasserfarben
getönten Zeichnung festgehalten wurde! (S. Tafel!) Vor
dem ziegelbraun getünchten Flügel der großen Dielentür sehen wir den
jungen Bauern,
den Vater des jetzigen Altbauern. In langer, weißer
Schlethose und
blauer Jacke, mit der Harke über der Schulter, ist er
wohl von der
Heuarbeit gekommen. Neben ihm die Bäuerin mit der
Wassertracht
über den Schultern, in rotgestreiftem Kleid mit kurzen
Ärmeln, erscheint
schlank und geschmeidig. Beide haben es auf 92 und
82
Jahre gebracht. Über den Hof treibt der Großvater die Kühe zur Tränke an
den von
Ellern und Eichen überschatteten Teich. Von ihm erzählt
man noch,
wie unruhig er in seinem Alter gewesen, daß das Haus
abgebrochen
werden und ein neues oben an der hohen Landstraße
entstehen sollte.
Er habe sich auch nicht mehr damit abgefunden, sondern
seine letzten
Tage unten im Dorf nahe der alten Hausstelle im
Altenteil verlebt.
In der Ecke rechts spielt der heutige Altbauer als
Zweijähriger neben
einer Karre. In unserer farblosen Wiedergabe ist er in
seinem roten,
schottisch gemusterten Kleidchen, einer sogen. Pie, kaum
zu erkennen.
So sind drei Geschlechter des Hofes in diesem Bildchen
bewahrt, das
damit zu einem kostbaren Erbstück der Sippe geworden
ist. Gern
erzählt der heutige Altbauer noch aus seiner Erinnerung
dazu. An
beiden Seiten des Hauses trugen Obstbäume ihre Frucht,
und links vor dem Hause standen zwei 'Rotbeerbäume', die die
Großmutter immer
gern hatte; es waren IHRE Bäume. Der Schatten der Bäume
wanderte
über die kleinen Scheiben der Fenster und fiel durch die
große Tür
auf die Diele. Es war eine Durchfahrtsdiele, auf der
noch Kreuzbaum
und Schwibbogen und Butzen vorhanden waren. Am andern
Ende,
dem 'neddelsten Enn', fuhren die Wagen wieder hinaus,
und die
Senke an diesem Ende, wie die Lage am quelligen Anberg
soll als
Grund für die Baufälligkeit des Hauses angesehen worden
sein.
Eindringlicher noch wirkt ein Gang mit dem alten
Bauervogt
durch die Fluren seines Hofes. Aus der bedächtigen
Erzählung redet
Fleiß und Mühe eines Lebens. Jede Flur hat ihre
Geschichte, hinter
jeder steht eine Gestalt des Geschlechts, die mit
eigener Arbeit das Erbe
förderte. Während die Worte langsam und ruhig fallen,
fühlen wir
hinter ihrer Verhaltenheit die innere Bindung an die
ererbte Scholle
und die Genugtuung über die eigene Sippe. Aus dem
nachdenklichen
Sinnen über die unermüdliche Arbeit der Voreltern, ihre
ehrenfeste
Eigenart und ihre Schicksale spricht die stille Treue
des niedersächsischen
Blutes.