"Hoff Abbendorf oder Juliusburg. Bey diesen Hoff ist Ao.
1661 ein Thiergartten mit schönen Lustgebäuden gelegt
worden", so lautet eine Anmerkung im Amtbuch von 1678. Schon
in den 60er Jahren war das alte Abbendorf zu Ehren des
Herzogs, der den Tiergarten dort geschaffen hatte, auf den
Namen Juliusburg umgetauft worden. Die neue Gründung war für
die Dorfgemeinschaft von schicksalhafter Bedeutung, der hier
nachgegangen werden soll.
*
Der Tiergarten, unmittelbar vor den Äckern des Dorfes
gelegen, ist heute ein schöner Buchenwald, in den einzelne
Eichen eingesprengt sind. Wer ihn nicht wie die Juliusburger
mit den Gefühlen unwiederholbarer Jugenderinnerungen sehen
kann, der wird sagen, daß andere Lauenburger Forsten
eindrucksvollere und erhebendere Waldbilder bieten. Doch der
geschichtliche Reiz der Stätte vermag auch einen fremden
Wanderer zu fesseln. Da ist der Lustberg, eine Lichtung, wo
das Jagdschloß gestanden haben soll. 1868 fand sich noch der
von einem runden Graben umschlossene Hügel im Bruch, 4 Meter
hoch und 30 Meter breit. Keine Spur ist jetzt mehr zu sehen,
so gründlich war die Einebnung, zu der man zwei Jahre
gebraucht hat. Und da ist weiter die .Bern', ein Waldgrund,
der ein weites System paralleler Wassergräben umfaßt, die
alle auf einen Teich als ihren Mittelpunkt ausgerichtet
sind. Die trennenden Wälle zwischen den Kanälen dieses
ehemaligen Wasserparks sind heute von Weichholz überwuchert;
nur mühsam bahnt man sich einen Weg hindurch, um eine
Vorstellung des ehemals spielerisch schönen, künstlichen
Zustandes zu gewinnen.
Der jetzige Wald ist das Ergebnis planvoller
Forstwirtschaft. Vor einem Jahrhundert aber bot er noch ein
urtümlicheres Bild. Wer ihn vom Süden her beim 'Niendoor'
betrat und etwa dem Zug der ehemaligen 'Allee' nachging, der
fand zunächst den ganzen Waldrand bis im Westen hinauf mit
Eichen besetzt. Weiterhin durchquerte er einen ausgedehnten
Buchenort, der auf guter Humuserde über einem Grund von
Rollsteinen stand. In der Mitte des Waldes überraschte ihn
dann eine 5 Morgen große Blöße, waldumschlossen, mit Heide
und Bickbeeren bewachsen, von einzelnen Eichen und Birken
geschmückt. Tauchte er im Schatten der Buchenhorste zu
seiner Rechten unter, so traf er auf wasserhaltige Senken,
deren undurchlässiger Grund Ellern und Weiden hatte
aufkommen lassen. Auf diese Brucherde folgte dann im Norden
ehemaliges Ackerland, lockere, fruchtbare Dammerde mit einem
ausgedehnten Eichenbestand. wie denn überhaupt damals
dreimal soviel Eichen als Buchen in diesem Wald gezählt
wurden. Und schließlich in der Nordostecke erlebte der
Wanderer noch
einen heiteren, sonnigen Wechsel: über feinem, weißen Sand
und brauner Heide träumte ein lichter Birkenwald.
Noch ein Jahrhundert früher war der Tiergarten weit
umfangreichen. Statt später 68 Morgen umfaßte er deren
185,
darunter 1/3 an Äckern, Weiden, Wiesen und Heiden. Mag der
jetzige Veredelungszustand des Waldes sich besser in den
Rahmen unserer zur Fülle gewandelten Kulturlandschaft
einfügen, so stimmte doch der alte Wald gar fein zu dem
Bilde der Dorfmark mit ihren knicklosen Feldern und Äckern,
ihren ausgedehnten Mooren und Heiden und den weiten, tief
ausgefahrenen Wegen. Fast noch ein Fünftel lag so unbebaut.
Wer damals den alten Weg nach Lauenburg über die steinigen
Fluren wanderte, der mochte am Eschenkamp hinter der
Weggabelung ein wenig ausruhen "bei den Steinbetten zwischen
Wegen und Heiden". And wenn der Juliusburger auf dem alten
Totenweg nach Gülzow zur ewigen Ruhe gefahren wurde, dann
grüßte ihn von der Olen Heide her zum letztenmal das
Riesengrab beim Gitzsoll.
Schreiten wir ein drittes Jahrhundert zurück! 1620 war das
alte Abbendorf vom Herzog angekauft worden. Holz und Bruch
wurden bald vom Herzog als Wildbahn benutzt. Die günstige
Lage nahe Lauenburg brachte Herzog Julius Heinrich 1657 zu
dem Entschluß, den Wald als Tiergarten einzurichten. Seinen
Mittelpunkt bildete ein Jagdschloß, das nach der Überlieferung aus Haupt- und Flügelgebäude bestanden haben
soll und auf Pfählen im Bruch
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errichtet
war, doch weiß man nichts Sicheres über seine bauliche
Gestalt. Das spätere Abbruchsinventar läßt allerdings
einiges vermuten. Es waren darin u. a. verbaut worden:
50 Balken, 20,
22, 26 Fuß lang, 8 -9
Zoll im
100 Ständer, 10 Fuß lang,
8-9 Zoll im
, drei- und
fünfeckig
behauen;
200 Riegel, 3/1/2 Fuß lang,
5 Zoll im
;
20 Stück Sparren, 18-20
Fuß lang;
6000 Steine, 3400 Pfannen und dazu zwei Steintreppen und
eine
Wendeltreppe. |
Das läßt auf ein einfaches Fachwerkgebäude von 10 Gebind
schließen. Außer
der soliden Bauart - die eichenen Dielen waren 3 Zoll
dick und 3 Quartier
breit - fällt nichts Besonderes auf.
Es lag auf dem Hügel innerhalb des Lustgartens, der
9
Morgen umfaßte.
Neben Lusthäuschen in dem Garten ließ der Bauherr in dem
undurchlässigen
Grund des Waldes einen Wasserpark anlegen: Kanäle,
Wälle, Blumenbeete,
dazu den Teich in der Mitte, die Wasserfläche von
Schwänen belebt. Wanderte
man nun über Brücken und Stege oder fuhr man im leichten
Boot durch dieses
Paradies, auf alle Fälle hatte man eine Augenfreude.
Der Wald insgesamt wurde eingefriedigt. Alle Forsten und
Vorwerke der Ämter mußten Pfähle und Dornbusch für die
Vergatterung liefern. Ein Wildwärterhaus und eine Heuscheuer erstanden; selbst die
große Trommel fehlte
nicht zum Anlocken des Wildes. Und dann ist ein Rudel
Damhirsche eingesetzt
worden. Ein neuer Weg war geradewegs von Lauenburg durch
das Krüzener
Moor (Stadtmoor) nach dem Eingänge des Tiergartens
angelegt. Von diesem 'Neuen Tor' führte eine breite 'Allee' weiter bis zum
Jagdhaus. Vermutlich,
und so geht auch die mündliche Kunde, durften die Bauern
diesen 'Fürstendamm'
nicht benutzen. Er war durch einen Schlagbaum mit Kette
und Schloß gesperrt,
der eine Platte (Hoheitszeichen) trug. 1661 stand
'die Juliusburg' vollendet da,
und alsbald übertrug sich der Name auf das alte Dorf,
auch amtlich.
Manches Mal mögen Fürst, Gefolge und Gäste zur
jagdlichen Lust vom
Lauenburger Schloß aus nach dem Tiergarten
hinausgeritten und
-gefahren sein.
Ja, wenn man der Sage trauen darf - ich weiß nicht mehr,
wer mir sie zugetragen -, so ließ man im Winter Salz auf den Damm
streuen, um dann den
Schlitten benutzen zu können. Lockte nun die Winterluft
oder feierte man, wie im Sommer das Maigrafenfest im
Glüsing, so nun im Winter hier ein Schneegrafenfest, um
sich für kurze Stunden der Lust eine Schneegräfin aus
der Gesellschaft zu wählen, ein kurzweiliges und neckisches
Mariagespiel, wie man es
damals liebte?
Aber lenken wir zu sachlichem Bericht zurück! Sicher
ist, daß jährlich die Beamten einkehrten, um nüchtern
festzustellen, was das Gesamte kostete. Alljährlich erschienen auch Holzvögte aus den Ämtern, um zu
ermitteln, was sie zu
ihrem Anteil - jedes Amt hatte einen solchen an der
Umgatterung - an Holz
und Arbeit zu liefern hatten. Das Amt Ratzeburg war
beispielsweise nach seinem Dienstverzeichnis in der
Woche vom 14. bis 20.
Dezember 1684 mit 90 Spann-
und 16 Handtagen beteiligt:
Aus |
|
Neuvorwerk 12 Wagen nach Lowenburg
zum Tiergarten mit Busch gefahren à 3
Tage |
|
36 Tage |
Aus |
|
Clempow (ebenso) |
|
36 Tage |
Aus |
|
Berkenthin (ebenso 3 Wagen) |
|
9 Tage |
Aus |
|
Ancker (ebenso 3 Wagen) |
|
9 Tage |
Aus |
|
Neuvorwerk 2 Personen mit der Hand
beim Tiergarten à 4 Tage |
|
8 Tage |
Aus |
|
Ancker (ebenso) |
|
8 Tage |
Der Tiergarten entwickelte sich zum Moloch, der Holz
fraß, und demnach kann
es nicht Wunder nehmen, daß die Anlage anfing zu
verfallen, als das Interesse
aufhörte.
Die neue Cellische Regierung wandte nach 1689
beträchtliche Gelder auf,
um alles wieder instandzusetzen. Planken und Brücken
wurden erneuert, das Dach des Jagdhauses wurde neu
belegt, das Wärterhaus ausgebessert und wohnlicher mit Kachelofen eingerichtet, die Scheuer auch neu
gedeckt. Der Zustand der
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Einzäunung wurde
streng überwacht. Ratzeburg mußte beispielsweise
1698 an
Rillpfählen
24 Eichen und noch
192 Hackelpfähle liefern,
1700 wieder
73 Eichen,
und
1701 mußten ein Schock Hackelpfähle und
78 Fuder Busch
nach der Juliusburg gefahren werden. Diesmal mußte der Lauenburger Drost
die Arbeit am
Zaun von seinem eigenen Amt ausführen lassen, "CITRA
CONSEQUENTIAM", wie die
Regierung ihm schrieb. Vermutlich hatte das Amt Raheburg mit
dem zweiten
Festungsbau genug zu tun. Die Grabauer Forst hatte
1797
sogar
145 Eichen zu
liefern. Die Unterhaltung wurde also sichtlich teuer.
Tierwärter und Verwalter
kosteten ihre Entlohnung, das Heu für die Fütterung mußte
von weitem aus dem Söller bei Lanze herbeigeschafft werden.
Das verschlang weiteren Arbeitslohn und Beköstigung für die Handdienste. Sehr oft reichte
das Futter im Winter nicht, dann mußte es unter der Hand von
jenseits der Elbe aufgekauft werden:
Abgesehen von den Kosten der übrigen Ämter, beliefen sich
die Ausgaben zu
diesem Zweck z. B.
1798 für das Amt Lauenburg auf
390 Tlr.,
ungerechnet
182 Spann- und
492 Handdienste.
Es war demnach eine teuer
bezahlte Lust,
wenn, wie
1697, die welfischen Prinzen einnral zum Ablager
einkehrten. Dies
verursachte im übrigen
67 Tlr. Kosten. Der Jäger Bodien
erhielt dabei
2 Tlr.
45 Schill.
Schießgeld für Damhirsche und Hasen zur Tafel. So kann der
Entschluß nicht verwundern, den Tiergarten eingehen zu lassen.
1704 ward das Haus
niedergelegt.
1705 wurde ein Teil des Wildes verkauft und
der Erlös zum
Heuankauf benutzt.
1706 wurde das letzte Wild verkauft, und
dann fand sich der Wildwärter entlassen. Ein einsamer Schwan
hatte bis zuletzt seine Gnadenfütterung von einem Taler Hafers erhalten.
Das Abbruchsmaterial fand sorgfältige Verwendung. Die
Hauptmasse kam nach Mariental, dessen Vorwerk nach einem
gewaltigen Sturm großer Ausbesserungen bedurfte. Manches kam zu demselben Zweck nach
Lauenburg. Die
eichenen Dielen und Pfähle wurden in die Zienburger und
Siebeneichener Schleuse gerammt. Bonenbusch erhielt eine
neue Schäferkate aus dem Holzwerk. Juliusburg selbst bekam einen neuen Kirchenstuhl. So verging die
Herrlichkeit.
*
Wie haben nun die Juliusburger selbst derzeit die Anlage des
Tiergartens
beurteilt? Hatten sie Freude an dem fürstlichen Treiben?
Schwerlich. Der Überblick über die Dorfsgeschichte gewährt ein Urteil.
Abbendorf bestand schon 1230 als Eigentum der Wulffen von Schwarzenbek. Es kam
1416
pfandweise an die Schacken in Gülzow, die es zeitweilig an
die Marienkirche in Lübeck verpfändeten. Während dieser Pfandschaft wurde Herzog Bernhard
Vormund für
die Richardis Schacken und löste Abbendorf für sich ein. Bis
zur Wiederlöse
durch die Schacken wird es gewesen sein, daß die
Scharpenbergs als Inhaber des
Burglehens zu Lauenburg drei Bauern in Abbendorf im
Streubesitz an sich
brachten. Die bäuerlichen Scharpenbergs im Dorf können als
Sprößlinge adliger
Väter angesehen werden. Durch Heirat kam Abbendorf mit
Thömen 1570 von
den Schacken an die Kettenburgs, die ebenfalls Burgmannen
von Lauenburg
waren. Ihnen kaufte Herzog August 1620 das Gut Abbendorf mit
Thömen ab.
1230 hatte Abbendorf nach dem Zehntregister
12 Hufen; 1525
zählte das
Landbedenregister noch 11 Hufen. Unter ihnen finden sich die
Schomaker und
Trost und die erwähnten Scharpenbergs als alte Namen. 1544
werden nur noch 7 Namen besteuert; ebenso finden sich
1620 nur 7 1/4 Hufen.
Erste Frage: Wo
waren die fehlenden Hufen geblieben? Das Lagerbuch von
1620
erwähnt, daß
der Herzog gegen Erlaß von Kornabgaben (38 Scheffeln) allen
Bauern Land zu
eigenem Gebrauch abnahm. Zweite Frage: Zu welchem Gebrauch?
Nirgends
besteht eine bestimmte Nachricht darüber, daß vorher ein
adliger Hof bestanden
habe, nur die Überlieferung spricht davon; doch 1625 bestand
ein Vorwerk, wie es dessen ältestes Inventar im Kieler
Staatsarchiv bezeugt. Das legt die Vermutung nahe, daß mindestens seit
1544 ein adliger Hof oder
schon ein Vorwerk
vorhanden war. Bestand zuerst ein adliger Hof, so ging er
1620 in ein Vorwerk
über. Daß der Vorwerkshof aus den erwähnten Hufen gebildet
war, denen der Herzog 1620 noch das abgetretene Land
hinzufügte, ergibt sich daraus, daß Vorwerks- und
Dorfländereien sich bis zuletzt in Gemenglage fanden. Fast
zur Gewißheit wird dieser Hergang aus folgendem: Es ist 1620 nur
eine der abgetretenen Fluren mit Namen bezeichnet, und zwar als
"uff
dem Kruge". Der
Name ist bis auf eine einzige Nachricht untergegangen. Es
heißt 1770, daß die
Kälber- und Wischenkoppel des Vorwerks von der Heidlag und
dem Krogdiek bis
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an Backhaus und Scheune lägen. Der "Krug" war demnach ans
Vorwerk gekommen. Der Groll der Bauern über die Landabtretungen,
'bei
denen sie das beste Land zum Tiergarten hätten geben
müssen', hat hier seine Wurzel, wenngleich zum Tiergarten erst nach
1656 einzelne Acker
abgegeben sein können.
1620 bestand noch gar kein
"Deertgaarn". Die Zeit des
30jährigen Krieges
drückte die Bauern sehr, namentlich beim Schwedeneinfall
unter Baner, wo mehrere Höfe, darunter auch die
Bauervogtsstelle, abgebrannt sein sollen. Es
ging den Bauern sowieso nicht gut; sie hatten schon in den
20er Jahren die "Hälfte" aller Kornabgaben überhaupt erlassen bekommen
1).
Ab
1656 ward nun
der Tiergarten mit der "Wildkoppel" eingerichtet. Dazu
mußten der Bauervogt
Schultze, der um
1660 die alte Fahrendorfssche Stelle bebaut
hatte
2), und Heine
Schulte Land hergeben, wofür ihnen abermals Geld- und
Korngefälle erlassen wurden.
Während der sächsischen Zeit hat sich dann der Zustand des
Dorfes nicht
mehr gehoben. Als die welfische Regierung antrat, war das
Dorf arm. Ein
Bauer war "ganz armselig" und hatte seit
1683
kein Pachtkorn
mehr abgeben
können; er starb hinweg. Die Hufe von Clauß Schultz war wüst
und gänzlich
mit Heide bewachsen, ähnlich wie in Thömen die
Brandenburgsche Stelle seit
langem wüst lag und in Krukow Koops und Trost von alten
Zeiten "unbrauchbar,
ganz mit Heide" bedeckt waren. Der Tiergarten war verfallen.
Die dänischen
Troublen
1692 gaben den Bauern abermals einen Stoß; sie
hatten ein Jahr
keinen Roggen und keinen Hafer. Es wäre nun Gelegenheit
gewesen, den Bauern
aufzuhelfen, als der Tiergarten
1704 einging.
Damals hätte man von den Wildkoppeln Land an die Bauern
verteilen können, besonders um den Heumangel abzustellen. Doch das vom Tiergarten abgenommene Land kam ans
Vorwerk, ja, das Vorwerk erhielt noch mehr. Es bekam einen
großen Teil der wüsten Ländereien in Thömen. Ferner wurde ihm
1690 noch die vormalige
Bauervogtstelle,
die Schumachersche, beigelegt, während die Wohnstelle zur
Kate wurde. Als
dann nochmals ein Teil der Ländereien von Schütte dem Gut
zugeteilt wurde,
hatte das Vorwerk seinen Höhepunkt erreicht.
Es lohnt sich, das kleine Vorwerk zu betrachten. Bei der
Abschätzung
1723 hatten die drei Achtsleute aus dem Amte Lauenburg sich als
zu 'partialisch'
erwiesen; es wurden daher drei Mann aus dem Amt Winsen dazu
ersehen. Sie
fanden drei Gärten von zusammen
12 Morgen,
darunter den ehemaligen Lustgarten (in Gras und Weide). Die Ackerländereien lagen auf
dem Eschenkamp oder Webersberg, dem Steinladen, Bornkamp,
Hinter Schütten Hoff, Rötbeckskamp (sonst vor der Lohse genannt), vor der Lohse, auf dem
Roten Lande und
dem Steinkamp (insgesamt
250 Morgen). Weiter lagen
270
Morgen in dem
wüsten Ackerland von Thömen: Lischen Pütten (am Kirchstück),
Dorenhorster
Kamp, die blinden Hufen (bei der Schäferei), Boockkamp und
Steinkamp (nach
Gülzow zu). Vom Tiergarten gehörten dazu etwa
33 Morgen, von
denen nur
12 beackert werden konnten, weil das übrige Land nichts
taugte, auch wegen des
im Holz weidenden Viehs nicht zu besäen war. Neben dieser
Holzweide kam dem
Vorwerk die Weide auf den Dreeschfeldern, den Stoppeln und
den Heidestrecken
zu. Das reichte für
66 Stück Hornvieh und
4 Pferde. Schweine
zu halten, lohne
sich hierorts nicht, erklärte man.
19 Morgen Wiesenland
lagen eine gute Stunde
entfernt im Söller und in der Kreeckwiese jenseits
Lauenburg, die zum Teil leicht
übersandet, zum Teil zweimaligen Schnitt erlaubten. An
Schafen, die 'alhie
etwas geringer ausfallen', konnte man
600 Stück auf den
Feldern und Heiden
der drei Dörfer in Weide und Hürde halten. Die Stellungsart
war folgende:
Von
7 Schlägen lagen
3 im Dreesch. Fetter Roggen, magerer
Roggen, rauher
Hafer folgten einander; ein Braakschlag wurde im Sommer halb
mit Buchweizen
bestellt, im Herbst dann ganz gedüngt. Die Hälfte des Landes
ruhte also jährlich,
das machte die Art des Landes und der Mangel an Weiden
nötig. Vorschläge
_______________
1) Mit der sogen. Hälfte hat es folgende Bewandtnis.
Das Amt Lauenburg hatte nach der Vermessung von
1761 unter den
2000 Feuerstellen des Herzogtums allein
730, mithin über
1/3. Da es nicht das größte
Amt war, können
seine Hufen nicht die größten gewesen sein. An Güte ragten
sie auch nicht hervor.
Trotzdem waren sie ab
1600 mit Korngefällen überlastet.
Daher sah sich die
Sächsische Negierung bald nach
1620 genötigt, in vielen
Dörfern die Hälfte des
Korngefälles als ständige Remission zu erlassen. Diesen
"alten Abgang-Roggen
und -Habern" bezeichnen die Register auch als sogen. Hälfte.
2) Vgl. uns. Zeitschr. 193? S. ??, wo der
schöne Hof abgebildet ist.
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1940/1/2 - 39
[Tabelle]
Hufenübersicht über Juliusburg.
1940/1/2 - 39
1940/1/2 - 40
zur Verbesserung waren
1723 nicht zu machen. Das Dorf hatte bei der Auflösung
des Tiergartens nur die Wulfshorst erhalten, in der die
Herrschaft sich allein das
Hartholz vorbehielt. Als weiter die privative Benutzung
1740
zugestanden war,
fingen die Bauern an, ihre Holzteile zu begraben, was später
eine Neuaufteilung
verhinderte. Die Stelle von Franz Trost war 1694 wüst
geworden; sie wurde
zunächst vom Wildwärter genutzt, dann aber in zwei Halbhufen
geteilt. Weitere
Katen entstanden, die nur bestehen konnten, weil sie alle
Land von den Wüstungen
in Thömen in Pacht bebauten. In diesem Zustand verharrte das
Dorf bis zur
Verkoppelung. Bis dahin blieb auch der wirtschaftliche
Mangel bestehen: es
fehlte an Heuwinnung. Die Wiesen an der Stecknitz
(Kretwiese) und im Soller
bei Lanze, sie waren das heiße Begehren der Bauern. In den
70er Jahren kam
nun die Verkoppelung heran, und das Vorwerk wurde aufgelöst.
Damals wurde
das Dorf als in gutem Zustand erachtet. Die Gehöfte waren
mit Feldsteinen
befriedet, die Gärten hatten allerlei gute Obstbäume; es
fehlte aber an Futterkräuterkoppeln. Die Einwohner wurden als fleißig angesehen.
Sie leisteten
ihren Dienst "gehörig", und sie hatten viel für die
Verbesserung ihrer Wiesen
getan; sie würden nach der Verkoppelung noch mehr leisten
können. Was ihnen
an Heu, Saat- und Brotkorn fehlte, hatten sie einkaufen
müssen. Daß sie dennoch
ohne außerordentliche Remissionen die Steuern hatten
aufbringen können, war
ihnen nur durch einen Nebenerwerb möglich geworden, dem sie
mit besonderem
Fleiß oblagen. Sie bearbeiteten ihr Weichholz zu dem
verschiedensten bäuerlichen
Gerät, das sie verkauften.
Die Bauern erklärten, die Verkoppelung käme ihnen nicht
gelegen. Sie
wandten ein, sie könnten die Ländereien nicht dicht machen;
sie könnten die Wulfshorst nicht wieder aufteilen, da ihre Teile schon begraben
wären; warum man
überhaupt mit ihnen zuerst anfinge, sie würden alle nur
ruiniert werden. Das
beste Land wäre ihnen früher zum Tiergarten abgenommen
worden, das müsse
jetzt zurück. Was die Aufteilung des Vorwerks anginge, so
wollten sie nicht
einzelne Teile, mit denen sie nur betrogen wären. Das Land
sei verunkrautet,
habe nicht gehörige Geil und Gare, sei ausgesohrt. und die
Saat sei unrein. Sie
wären aber bereit, das Vorwerk als Ganzes zu pachten. Die
Sache nahm doch
ihren Fortgang und ward 1779 abgeschlossen. Vom Tiergarten
und von wüsten
Ländereien, die ehemals zu Thömen gehörten, kamen mit dem
Vorwerk zusammen
an 535 Morgen zur Dorfmark hinzu, dazu die begehrten
Wiesenländereien im Soller und an der Stecknitz. Die bisher privativen Teile in
der Wulfshorst
blieben unverändert bestehen. Die Schaftrift fiel weg. Die
Haushaltsdienste
wurden abgelöst, während die Hoheitsdienste bestehen
blieben. Die seit der herzoglichen Zeit erlassenen Gefälle wurden endgültig
abgesetzt. Die Vollhufner
kamen bei allem auf rund 215 Morgen und auf eine
Heugewinnung von 13
Fudern à 2000 Pfd. Von den verlosten Buschkoppeln lag noch
über die Hälfte
(
249 Morgen) in Heide. Für die Begrabung der Ländereien
erhielten die Bauern
zwei Freijahre und rund 400 Tlr. an Unterstützung von der
Landesherrschaft. Die herrschaftliche Forst blieb auf
68 Morgen beschränkt. Die Vorwerksländereien fanden sich nach dem Urteil der begutachtenden
Bauervögte in dem gleichen
Stande (!) wie die der Bauern. Die Vorwerksgebäude wurden an
mehrere
Bauern verkauft. Franz Otto Bruhn, der eine neue Vollhufe
erhielt, kaufte für
100 Tlr. das eigentliche Vorwerkshaus, dessen Stallende
abgebrochen wurde. In
dem Wohnhause selbst blieb er gewissermaßen als der
Nachfolger der VorwerksPächter sitzen.
So rundete sich das Geschick des Dorfes; die alte Dorfmark
war wiederhergestellt. Der Groll über den Tiergarten und das Vorwerk
legte sich. Erhalten
blieben aber Fleiß und Zähigkeit der Voreltern. Wer heute
das freundliche, wohlhabende Dorf sieht, wird kaum glauben,
wie schwer und bitter in kümmerlicher Zeit die alten Besitzer gearbeitet haben, um ihre
Höfe 'an der Reihe' zu halten.
[Der vorliegende Aufsatz und die eingeschaltete Hufentabelle
sind nach dem Material des Lauenburgischen Landesarchivs
bearbeitet.]
==================================================
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der
Schriftleitung gestattet.
Für Form und Inhalt der Beiträge sind die Verfasser
verantwortlich.
==================================================
Schriftleitung: Herbert Barsch, Mölln i. Lbg. - Druck und
Verlag: Lauenburgischer
Heimatverlag (H. H. C. Freystatzky's Buchdruckerei)
Ratzeburg.