Deutschland hat wie wohl kein andres Land
sehr verwickelte und schwer zu durchschauende Postverhältnisse
gehabt, in denen sich die staatliche Zerrissenheit
widerspiegelt. Erst die Revolution hat uns auf diesem Gebiet
wenigstens die Einheit gebracht. Im neunzehnten Jahrhundert
kennzeichnete sich dieser Zustand am besten an den vielen
kleineren und größeren Staaten, die eigne Freimarken hatten.
Immerhin läßt sich eine teilweise Einigung, die durch
wirtschaftliche Erwägungen verursacht wurde, schon bei den
ersten altdeutschen Markenausgaben erkennen. So hatten von
1852 bis 1867 eine große Zahl
mitteldeutscher
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Staaten keine eigne Post, sondern sie hatten
dem Fürsten von Thurn und Taxis, der seit Jahrhunderten in Deutschland einen
großen Postbetrieb unterhielt, ihre Post in Pacht gegeben. Die Marken von Thurn
und Taxis, die jedem Sammler bekannt sind, sind also nicht Landesmarken, sondern
die eines privaten Unternehmers, der die Konzession hatte und daher auch in den
verschiedenen Ländern die gleichen Marken verwendete.
Andre Kleinstaaten traten einfacher noch dem benachbarten Großstaat bei; z. B.
haben Anhalt und Waldeck immer preußische Post gehabt. Zu diesen Staaten gehört
auch das kleine Herzogtum Lauenburg. Es hat in den ersten Jahrzehnten nach der
Erfindung der Freimarken dänische, schleswig-holsteinische und preußische
Freimarken gehabt. Zum Verständnis der Freimarken und damit der Postgeschichte
Lauenburgs gehört deshalb eine nicht geringe Kenntnis der deutschen Geschichte
von 1848 bis 1870.
Der erste Staat, der Freimarken ausgab, war 1840 England. Diesem
Beispiele folgten 1843 die Kantone Zürich und Genf und als erstes
Überseeland Brasilien; 1845 kamen Basel und 1847 die
Vereinigten Staaten und Mauritius; schließlich 1849 Frankreich und
Belgien. Die deutschen Staaten blieben noch zurück, teils aus einer gewissen
Schwerfälligkeit und Langsamkeit, teils aus übergroßer Sorge vor Fälschungen,
einer Gefahr, die man vom Geldwesen herkommend, überschätzte.
Noch im Jahre 1849 aber gab Bayern seine ersten Marken aus am
1. November; es folgten 1850 Sachsen am 1.
Juli, Preußen am 15. November und Hannover am 1.
Dezember. 1851 kamen Baden und Württemberg, 1852
Braunschweig, Oldenburg und Thurn und Taxis. Viel später entschlossen sich die
Hansestädte, zuerst Bremen 1855, 1859 Hamburg und
Lübeck. Mecklenburg-Schwerin kam erst 1856 und als letztes Land
1864 Mecklenburg-Strelitz, das fast zu spät kam und sich deshalb nur
39 Monate eigner Marken erfreuen durfte. Auch das kleine Ländchen
Bergedorf erhielt, nach der Einigung über den gemeinsamen Besitz an diesem Stück
Deutschlands zwischen Hamburg und Lübeck, eigne Freimarken am 1.
November 1861; es hat deshalb auf seinen Marken die eine Hälfte
des Lübecker, die andre des Hamburger Wappens. Eine gewisse Kenntnis der
Postverhältnsse dieser benachbarten Länder ist, wie wir sehen werden, für das
Verständnis Lauenburgs wichtig.
Wie liegen nun hier die Verhältnisse? Damit kommen wir auf das politisch so
bewegte Jahr 1848. Wir sahen, daß in diesem Jahre noch kein
deutscher Staat Freimarken hatte, wohl aber nach völliger Beruhigung im Jahre
1851 eine ganze Zahl.
1848 war der dänische König nicht nur Herzog von Schleswig und
Holstein, sondern auch von Lauenburg, das nach den Napoleonischen Kriegen an
Dänemark gekommen war; in seiner Eigenschaft als Herzog von Lauenburg war er
zugleich freiwillig Mitglied des Deutschen Bundes. Die oberste Behörde des
Landes war die Schleswig-Holstein-Lauenburgische Kanzlei in Kopenhagen.
Als nun im März in Kiel die Erhebung Schleswig-Holsteins und der Krieg gegen
Dänemark begann, wurde Lauenburg von Hannöverschen Truppen besetzt und ein
Kommissar des Deutschen Bundes setzte eine Administrations-Kommission ein.
1851 wurde es von den Österreichern besetzt und an Dänemark
ausgeliefert.
Inzwischen wurde in Schleswig-Holstein der Kampf gegen Dänemark mit wechselndem
Glück geführt; von Lauenburg hörte man wenig. Eine der ersten Maßnahmen der
provisorischen Regierung war nun die SCHAFFUNG EINES POSTBÜROS, das dem
bisherigen Privatdozenten an der Universität Kiel DR. AHLMANN unterstellt wurde.
Dieser Mann hat sich hohe Verdienste erworben und das Postwesen, das unter
dänischer Herrschaft sehr rückständig war, auf eine Stufe gehoben, die von den
umliegenden Staaten, selbst Preußen, erst viele Jahre später erreicht wurde. Die
hohen Taxen der früheren Jahrzehnte wurden ermäßigt, Postanweisungen eingeführt
und auch mit den entfernter liegenden Orten eine rasche Postverbindung
geschaffen, wobei die im Jahre 1844 eröffnete Eisenbahn
Altona-Kiel mit Abzweigung Nenmünster-Rendsburg die Ausgangslinie bildete. So
konnte Dr. Ahlmann es erreichen, daß Altona von jedem Postorte in 48
Stunden Antwort haben konnte. *)
_______________
*) Ich verdanke einen grossen Teil der Angaben der Einsicht, die mir Herr DR. L.
AHLMANN-KIEL in die teilweise noch erhaltenen Akten aus dieser Zeit in
entgegenkommenster Weise gewährte.
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Über den Umfang des Verkehrs in den
Erhebungsjahren mag folgender Bericht einen Anhalt geben: Der Briefverkehr
belief sich in der Woche vom 24.-30. November 1849
auf 30995 abgesandte Franko- und Portobriefe, davon in der 5
Meilen-Zone 9073, 10 Meilen
10291, 15 Meilen 8893, 20
Meilen 1594, 25 Meilen und darüber 1104.
Außerdem Soldatenbriefe 6472, portofreie Dienstbriefe 6118
Stück.
Über den Verkehr aus den großen. mittleren und ganz kleinen Orten greife ich
einige Angaben heraus: Briefe kamen aus:
Altona 2866
|
|
Bramstedt 173
|
Hamburg 544 *)
|
|
Heiligenhafen
163
|
Kiel 3200
|
|
Barmstedt 100
|
Rendsburg 3187 |
|
Bornhöved 91 |
Itzehoe 933 |
|
Krempe 75 |
Lübeck *) 951 |
|
Remmels 56 |
Oldenburg 599
|
|
Ulsburg 54 |
Neumünster 582 |
|
Lunden 60 |
Neustadt 519 |
|
Das Feldpostamt hatte
982 Briefe. |
1851 wurden 2 257 772 Briefe befördert. Im Januar bis Juli
1851 waren die Einnahmen:
Franco 86390 Mark Courant 14 Schillinge
Baar 54553 Mark Courant 14 Schillinge
Der Verkauf der Marken brachte im ersten Quartal 1851 777 Mark
Courant 11 Schillinge. Wohlgemerkt: die Angaben beziehen sich auf
Holstein, weil ja Schleswig damals wieder in den Händen der Dänen war.
1850 trat Holstein dem Deutsch-österreichischen Postverein,
gleichzeitig mit Bayern und Sachsen bei. Ich finde in den Akten die Angabe über
LAUENBURG: "In Ratzeburg sind die Verhandlungen noch nicht zum Abschluß
gebracht."
[Abbildung: 2 Post Schilling rosa]
[Die Schwarz-Weiß-Wiedergabequalität im Originaltext ist
gering.
Deshalb wird keine Vergrößerung angeboten, statt dessen:]
Den Gedanken, Briefmarken einzuführen, hatte Dr. Ahlmann schon
früh; er unterrichtete sich über alles hierauf bezügliche 1849 auf
einer Studienreise durch Deutschland und Belgien. Nach längerer Vorbereitung
wurden die ERSTEN MARKEN AM 15. NOVEMBER 1850
AUSGEGEBEN. **) Es waren nur 2 Marken:
1 Post Schilling blau und
2 Post Schilling rosa.
Ihre Kennzeichnung ist folgende: In einem von einfacher Linie eingefaßten,
18 1/4 x 21 1/2 mm großen Hochrechteck erhebt sich auf
wagerecht eng schraffiertem Grunde der alte doppelköpfige deutsche Adler. Die
Flügel sind ausgebreitet uud enthalten je 9 Federn, der Schwanz in
heraldischem Stil. Die Mitte des Adlers, den ganzen Körper verdeckend, nimmt ein
weißes Hochoval ein, welchem das schleswig-holsteinische Wappen eingeprägt ist.
In jeder Ecke der Marke ein kleines Hochoval mit oben den Buchstaben S und H,
sowie unten den Wertziffern 1 bezw. 2. Über dem
Mitteloval in schwacher Rundung "POST", unter dem Mitteloval in stärkerem Bogen
"SCHILLING", Buchdruck. Das Papier ist mit blauen Seidenfäden durchzogen zur
Erschwerung von Fälschungen. Die Marken sind ungezähnt und stehen nur 1
mm voneinander. Sie wurden gedruckt von der Firma H. W. Köbner und Lehmkul in
Altona; im ganzen wurden 1 300 000 blaue und 700 000
rote geliefert. Die Marken sind nur vom 15. November 1850
bis März 1851 verkauft worden. Dann mußte der Verkauf
eingestellt werden, weil vom 1. Februar 1851 an die
Regierung wieder im Namen des dänischen Königs ausgeführt wurde. Daher sind nur
wenig Marken bis August 1851 verwendet worden; außerdem war der
Gebrauch noch zu neu und die Frankierung am Schalter blieb zu gleichen
_______________
*) Hamburg und Lübeck hatten ein Schleswig-Holsteinisches Postamt für den
Verkehr mit den Herzogtümern.
**) Die Aufnahmen der Briefmarken sind von Herrn Photographenmeister
Hannig-Ratzeburg hergestellt worden.
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Portosätzen noch bestehen. Im ganzen sind nur 8701 mit Marken frankierte Briefe
verwandt worden im Betrage von 983 Mark 3 Schilling. Man kann den Verbrauch
daher auf etwa 8000 blaue und 4000 rote schätzen.
Nach Ausweis der Akten sind vom 1. Januar bis Ende August 1851 1 158 092 Briefe
versandt worden; davon waren
unfrankiert 707 846 Briefe
bar frankiert 443 657 Briefe
durch Freimarken frankiert 6589 Briefe |
Ein Beispiel für den geringen Verbrauch. das ich wiederum den
Akten entnehme, ist folgendes: vom 15.-30. November 1850 wurde von
38
Postananstalten, die für 9600 Mark Marken erhalten hatten, im ganzen für
450 Mark 7 Schilling verkauft; 11 Anstalten hatten nichts verkauft!
Die Marken sind ungebraucht auch heute noch nicht selten; gebraucht gehören sie
dagegen zu den seltensten Marken Alt-Deutschlands. Wenn man sie noch jetzt auf
Briefen findet, so liegt das daran, daß damals die Briefe sorgfältiger
aufgehoben wurden und Umschlåge noch wenig verwendet wurden; man faltete die
Briefe und siegelte sie; dann erst wurden die Marken auf die letzte Seite des
Briefes geklebt.
Nun müssen wir noch mit einigen Worten auf die Stellung dieser Marken in der
Postgeschichte Schleswig-Holsteins eingehen. Sie werden als
schleswig-holsteinische bezeichnet. Darauf weist das S und H in der Zeichnung
hin. LAUENBURG ist, obwohl es nicht mehr bei Dänemark war, nicht erwähnt; die
Marken sind aber weder in Schleswig, noch in Lauenburg gebraucht worden, weil
ersteres damals bereits wieder von Dänemark verwaltet wurde, Lauenburg aber wie
wir sahen eine eigne Administrationskommission hatte, die von der provisorischen
Regierung für Holstein unabhängig war. Die Postreform wurde deshalb in Lauenburg
nicht durchgeführt. Die Marken sind also keine Lauenburgischen gewesen; der
Sammler und Historiker muß sie aber kennen, weil Lauenburg immer in einem engen
Verhältnis zu Schleswig-Holstein gestanden hat und seine Geschichte ohne die
dieses Landes nicht zu verstehen ist. Wie wir sahen, sind die Marken auch auf
den Postbüros von Hamburg und Lübeck gebraucht worden. Das gleiche gilt für das
Fürstentum Lübeck. Dieses kleine Ländchen war von Oldenburg aus
Zweckmäßigkeitsgründen postalisch Dänemark bezw. Schleswig-Holstein zugeteilt
worden, und die provisorische Regierung die Nachfolgerin Dänemarks geworden. Die
beiden einzigen Postorte waren damals Eutin und Schwartau. Dabei mag noch
erwähnt werden, daß das oldenburgische Gebiet Birkenfeld postalisch zu Preußen
gehörte. Hier sieht man so recht, zu welchen merkwürdigen Zuständen die
Kleinstaaterei führte. Die Probedrucke dieser ersten Marken sind jetzt von der
"Historischen Landeshalle" in Kiel erworben worden und werden hoffentlich bald
ausgestellt werden können. *)
*
Nunmehr kommen wir zu den ERSTEN IN LAUENBURG GEBRAUCHTEN MARKEN,
DEN DÄNISCHEN. Dänemark hatte hinter Schleswig-Holstein nicht zurückbleiben
wollen und deshalb auch seinerseits sein Postwesen verbessert; es hatte eine
einheitliche Posttaxe von 4 Rbs für den Brief im ganzen Staat eingeführt und am
1. April 1851 Briefmarken ausgegeben. In Schleswig wurden diese Marken schon am
1. Mai ausgegebn. Holstein und Lauenburg erhielten sie dagegen erst am
1. JULI
1853! Mit Marken frankierte Briefe wurden in diesen beiden Herzogtümern sogar
wie unfrankierte behandelt. Man sieht, Dänemark hatte die Herzogtümer, die in
Personalunion mit ihm verbunden waren, nicht grade wohlwollend behandelt; in
Holstein waren die Verhältnisse, wie wir sahen, zur Zeit der provisorischen
Regierung besser gewesen.
Zu gleicher Zeit wurde die Zweigbahn Lauenburg-Büchen 1851, die Bahn
Lübeck-Büchen am 1. Juli 1852 eröffnet, nachdem die Bahn Berlin-Hamburg schon
seit 1848 bestand. Übrigens waren die Marken erst von 1854 an für den Verkehr
mit dem Auslande zugelassen.
_______________
*) Die beiden wichtigsten Werke über schleswig-holsteinische Freimarken sind A.
Rosenkranz, Die Schleswig-Holsteinische Post 1848-1852. Kiel
1891.
Kommissionsverlag von Ernst Heitmann-Leipzig und Handbuch der
Postfreimarkenkunde Abschnitt XV; Schleswig-Holstein, Leipzig
1897, Hugo
Krötzsch.
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[Abbildung: Fire R.B.S., braun]
[Die Schwarz-Weiß-Wiedergabequalität im Originaltext ist
gering.
Deshalb wird keine Vergrößerung angeboten, statt dessen:]
Die erste dänische Marke war eine braune zu Fire R.B.S. (-
Rigsbank Skilling). Krone mit gekreuzten Schwertern, umgeben von
Eichenlaubkranz, in einem quadratischen Rahmen; an den Ecken ein kleines
Posthorn; die Rahmenleisten zeigen die Inschrift links "Kongeligt", oben "Post",
rechts "Frimarke", unten "Fire R. B. S." rechts und links der oberen Inschrift
Verzierungen, liegenden Merkurstäben ähnlich. Die Marke hat einen schrägen,
wellenförmigen mattbläulichen Schutzunterdruck. Die erste Auflage ist Tiefdruck,
die spätere von 1852 an Buchdruck; die Farben schwanken von tiefem bis
gelblichem braun.
Außer dieser Marke wurde noch eine Stadtpostmarke für Kopenhagen zu 2 Sk.
ausgegeben in anderem Muster; sie ist in den Herzogtümern nie an der Post
verkauft worden und kann deshalb dort höchstens einmal als Doppelstück an Stelle
der 4 Sk.-Marke gebraucht worden sein.
Schon 1854 erschien eine NEUE AUSGABE, die im wesentlichen der ersten Ausgabe
gleich ist. Die Ecken des Mittelstückes sind punktiert und die Wertangabe in
Ziffern. Es wurden ausgegeben 4 Werte zu 2 Sk. blan,
4 Sk. braun, 8 Sk. grün und
16 Sk. in verschiedenen Tönungen grau bis graulila. Von diesen Marken war die zu
2 Sk. wiederum eine Stadtpostmarke für Kopenhagen; erst am 1. Januar
1861 wurden
sie in allen Orten von über 6000 Einwohnern zugelassen. Dafür kamen in Betracht
in Schleswig-Holstein Altona, Elmshorn, Flensburg, Hadersleben, Heide, Itzehoe,
Kiel, Neumünster, Rendsburg und Schleswig. Da in Lauenburg kein Ort von der
Größe war, ist sie in Lauenburg nicht ausgegeben worden. 1857 wurden die Marken
zu 4 und 8 Sk. wieder etwas verändert: der Untergrund wurde liniiert.
[Abbildung: 4 Sk.]
[Die Schwarz-Weiß-Wiedergabequalität im
Originaltext ist gering.
Deshalb wird keine Vergrößerung angeboten, statt dessen:]
Die LETZTE DÄNISCHE AUSGABE VOR DEM KRIEGE erschien 1863: Die Marke zu
4 Sk.
liniiert und die zu 16 Sk. punktiert waren gezähnt. Ob diese letztere
hochwertige Marke noch in den Herzogtümern am Schalter ausgegeben worden ist,
darüber ist bisher Sicheres nicht bekannt; gültig war sie natürlich.
Nun wollen wir uns noch etwas in die dänischen Zeiten zurückversetzen, um einen
Überblick über den Postverkehr und die besonders verwickelten VERHÄLTNISSE IN
LAUENBURG zu gewinnen. Lauenburg hatte einen Gebietsumfang von 19 bis
20
Quadratmeilen. 1860 hatten die Städte 8462 Einwohner, die Landdistrikte
41685.
Ratzeburg hatte 1855 3760, Mölln 3320, Lauenburg
1090 Einwohner. *) Der
Postinspektor war der Graf v. Holck in Altona, zugleich für Holstein. Postämter
waren in Ratzeburg, Mölln, Lauenburg; Postexpeditionen in Büchen, Schwarzenbek,
Friedrichsruh, letztere vom 1. August 1860 an. Ueber den Umfang des Verkehrs
mögen folgende Zahlen unterrichten:
Postamt Ratzeburg
1859
abgegangen:
a) Pakete 6973
b) frankierte Briefe [und] c) unfrankierte Briefe
68153
d) Königliche Dienstbriefe 9242
e) Geldpakete und Geldbriefe im Werte von 609 090 Th.
Landesmünze
eingegangen:
ä) Pakete 11 458
b) frankierte Briefe [und] c) unfrankierte Briefe
50 178
d) Königliche Dienstbriefe 5907
e) Geldpakete und Geldbriefe im Werte von 410 176 Th.
Landesmünze
Von Büchen (208 Einwohner) gingen ab
frankierte Briefe 5541
unfrankierte Briefe 3939
von [sic!] Schwarzenbek (828
Einwohner) gingen ab
frankierte Briefe 28634
unfrankierte Briefe 15421 |
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Ich entnehme die Angaben dem "Statistischen Hand- und allgemeinen Adreßbuch für
das Herzogtum Lauenburg, 1861."
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Man sieht aus diesen Zahlen, dass noch bei
weitem nicht alle Briefe mit Marken frankiert wurden.
Bemerkenswert ist. daß von alten Zeiten her zwischen Mecklenburg und Lauenburg
besondere postalische Beziehungen bestanden mit eigner Taxe. Daher wurden in den
Städten Ratzeburg und Lauenburg auf Briefen nach Mecklenburg keine dänischen,
sondern MECKLENBURGER MARKEN verwendet. Ein selbständiges mecklenburgisches
Postamt ist in diesen Städten nicht gewesen; es wurden nur die nötigen Marken
von Schwerin dort hingeschickt. So könnte man auch noch einige Mecklenburger
Marken als "Lauenburgische" mit beschränkter Gültigkeit für Ratzeburg und
Lauenburg ansehen. Mecklenburg-Schwerin hat im ganzen 8 Marken
ausgegeben von 1856 bis 1867, außerdem 13
Couverts. Welche von diesen an die Lauenburgischen Posten geliefert sind, ist
mir nicht bekannt und bedürfte einer besonderen Forschung; in Sammlungen finden
sich die 4/4 Schillings-Marken der Ausgaben von 1856
und 1865, außerdem auch Couverts. Übrigens gehörte das Fürstentum
Ratzeburg postalisch zu Mecklenburg-Schwerin. Ebenso wurden Lübeck, Bergedorf
und Geesthacht im Verkehr mit dem dänischen Postgebiet als dänische und später
holsteinische Postanstalten angesehen und dort die dänischen 4 Sk.
und holsteinischen 1 1/4 Schilling-Marken verwendet.
[Abbildung: Dreiringstempel
mit Nummer]
[Die Schwarz-Weiß-Wiedergabequalität im
Originaltext ist gering.
Deshalb wird keine Vergrößerung angeboten, statt dessen eine
Briefmarke
mit dem Nummernstempel "148":]
Die dänischen Marken sind als in Lauenburg gebraucht natürlich
nur am Stempel zu erkennen. Die dänische Post hatte für jedes Postamt einen
Dreiringstempel mit Nummer. FÜR DAS HERZOGTUM LAUENBURG SIND DIE STEMPEL:
148 Lauenburg
151 Büchen
149 Mölln
152 Schwarzenbek
150 Ratzeburg
153 Friedrichsruh |
Hamburg hatte die Nummer 2 und Lübeck 3,
Kopenhagen übrigens 1.
Politisch ist es noch besonders bemerkenswert, daß Dänemark garnicht daran
dachte, für die Herzogtümer, die doch nur in Personalunion mit Dänemark vereint
waren, eigne Marken auszugeben. Norwegen hatte in derselben Zeit eigne Marken
und hat diese immer beibehalten. Rußland hat ebenfalls lange Zeit in Finnland
eigne Marken geduldet. Offenbar ist das Nationalgefühl in
Schleswig-Holstein-Lauenburg auf diesem Gebiete noch nicht besonders rege
gewesen, denn man hat nie gehört, daß Unzufriedenheit geherrscht hat. Man
vergleiche damit die kluge Politik Englands, das immer seinen Kolonien und
Protektoraten volle Freiheit in Markenausgaben gelassen hat, auch mit den Köpfen
ihrer Scheinherrscher.
(Schluß folgt.)
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