Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


Drei Baumeister.

Vom Geheimen Rat Prof. RICHARD HAUPT-Preetz.
 

Ihr werdet sie erkennen - von den Früchten her. [*]

Dies Wort, aus heiligstem Munde, hat zunächst ethischen Sinn. Wir wenden es hier, in etwas anderer Wendung, auf das Gebiet der Ästhetik an. In den redenden, den tönenden Künsten ist die Beziehung beschränkt; doch hat sie, auf das Gebiet der Literatur bezogen, ein unendlich weites Feld, und zwar sowohl wo Namen bekannt und überliefert sind, als im anderen Falle. Ebenso ist die Geschichte der Malerei, der Plastik Nichts ohne Anwendung des Grundsatzes; die der Architektur ist dafür am allerwenigsten zugänglich. Kein Bild ist denkbar, ohne daß sein Maler dahinter stünde; aber bei den Werken der Baukunst begnügt man sich mit der gedankenlosen und
einfältigen Redensart "entstanden". Die ernstere Wissenschaft kann auf die Forschung nach dieser Richtung nicht verzichten.

Wir wollen hier von drei Baumeistern reden aus der romanischen Zeit des zwölften Jahrhunderts und der nächstfolgenden. Der eine hat selbst dafür gesorgt, daß sein Name an seinen Werken der Nachwelt erhalten bleibe. Den des anderen haben wir unter Erforschung seiner Leistungen aus der Verdunkelung erheben müssen. Vom dritten
steht das Werk mit den Umständen, unter denen er es geschaffen, fest und dadurch ein Bild des Meisters selbst, aber ohne Unterschrift.
 

Domkloster zu Ratzeburg.

Der Dom zu Ratzeburg, als Meisterwerk und Schluß romanischer Baukunst in Ziegeln berühmt, ist im 12. Jahrhundert erbaut worden. Auf derselben, durch Erdarbeit künstlich vorbereiteten Fläche, erhöht über der Umgebung, ist nachher für das Domkapitel das Domkloster angelegt, das in drei Flügeln den räumigen Kreuzgarten umfassend sich nördlich an den Dom anschließt. Der östliche Flügel, sich vom Querhause und der Sakristei her langhin nach Norden hinaus streckend, enthält Kapitelsaal, Treppenhaus, Brüderhalle und oben den Schlafsaal. (Die Brüderhalle war wohl ursprünglich auch Refek-

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*) Matthäus 7, 16: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Früchte lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln? (Lutherbibel, 2017)


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torium.) Dieser Flügel ist in der Zeit des Übergangsstiles, um 1200, dem vollendeten Dombau zugefügt worden. Später haben in ihm Umänderungen eintreten müssen, bezeugt durch eine unvollständig erhaltene Inschrift von 1251, und es ist, auf die halbe Länge hin, ein nachher als Arm des Kreuzganges weiter brauchbar gemachter, von gotischen Gewölben bedeckter Gang eingerichtet, der freilich schon der ersten Absicht entsprochen haben möchte.

Um ein Kleines später ist die Anlage zu einem vollständigeren Kloster ausgebaut worden, in dem die Herren des Domkapitels, nach der Regel des Prämonstratenserordens zusammen lebend, ihre entsprechende Unterkunft finden möchten. Ihrer waren erst zwölf nebst dem Propst, nachher mehr. Das nunmehr Ausgeführte hat eigenen, jüngeren Charakter gegenüber dem Früheren, und ist wichtig als ein wohl datiertes Werk der frühen Gotik. Daran hat, ein seltenes, ja alleinstehendes Vorkommen, der Meister seinen Namen verewigt und Anderes mitgeteilt. Der den Kreuzgarten gegen Westen begrenzende Flügel des Kreuzganges, jetzt unwürdig verbaut, hat keine Räume über sich, und lehnt sich lediglich an eine starke abschließende Wand, die von Strebepfeilern gehalten mit größeren entschieden frühgotischen Fensterblenden gegliedert ist. In ihr unten ein kleineres Portal, spitzbogig, doch dem Übergangsstil noch sehr nahe. Oben in einer Zeile die Inschrift, nach der die Mauer angefangen ist, 1259.

Unmittelbar schließt sich an diese Mauer die Westwand des sofort nachher erbauten Nordflügels, des eigentlichen Hauptbaues im Kloster. In ihm der stolzeste wichtigste Raum, das Refektorium, der über dem Kellergeschoß zwei weitere Geschosse enthält. In seiner Schauseite bietet sich hier die unmittelbar anschließende Fortsetzung jener Mauer. Hier findet sich eine zweizeilige redselige Inschrift, meldend, daß der Meister dieses Werkes unter Ulrich dem zehnten Bischofe der Ratzeburger Reihe (1257-84) Dietrich von Buchen war, neben dem noch viele Domherren aufgeführt werden. Alle Inschriften sind sorgfältig in Majuskeln ausgeführt, eingeschnitten in trefflichste Ziegel vor dem Brande, und diese sind ohne viele Lücken erhalten. Jene erste Inschrift an der Mauer erscheint gleichartig und gleichzeitig, eine Ergänzung dazu; sie besagt von Dietrich, daß er der Arbeit vorgestanden hatte, die 1259 begonnen war. Als das Jahr der Erbauung des Refektoriums ist angegeben 1261.

Der Nordflügel, der es enthält, ist groß und geräumig, von starken Strebepfeilern gehalten, seine Wände von großen und breiten schönen spitzbogigen Fenstern  durchbrochen, die den auf Stützen ruhenden Innenraum erhellen. Außerdem enthält er Keller und die anderen der Wirtschaft dienenden Gelasse, namentlich die Küche, und in der inneren Seite, gegen den Garten hin, den nördlichen Arm des Kreuzganges. Dieser Arm ward in zweckmäßige Verbindung gebracht mit dem östlich schon vorhandenen im Ostflügel, womit sich ein Eingriff in diesen verbunden hat. Überhaupt mußten im älteren Flügel manche Änderungen eintreten; namentlich muß nun der Kapitelsaal neu gestaltet worden sein, entsprechend der Bauweise des Refektoriums. Es tritt da ein höchst auffallender Zug hervor:


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In allen unseren Klöstern des 13. Jahrhunderts, von denen wir wissen, finden sich Säulen, mit großer Übereinstimmung beschafft, aus gotländischem Kalkstein, und die Kapitelle mit Kugelknospen besetzt. So auch vielfach Konsolen und andere Teile aus demselben Stoffe. Das war ein gemeinsamer und feststehender Gebrauch, solches zu beschaffen, aus Gotland fertig, oder auch durch Vermittelung von Lübeck. Ebenso kamen ja auch die Taufsteine aus Gotland. Zu Ratzeburg war der Baumeister mit diesem allem wohl vertraut; aber er enthielt sich des Gebrauches grundsätzlich. Auch im Dome selbst ist nicht ein einziges Stück von solchem Steine zu beobachten. Indes,
dergleichen Säulen waren doch unentbehrlich und er wollte solche bilden. So mauerte er sie für das Refektorium aus Ziegeln aus, aber mit Stuck so bekleidet, daß sie ganz aussähen wie die sonst gebräuchlichen aus Gotland, mit den Kugelknospen an den Knäufen. Solche sind im Refektorium gewesen und sind so noch bemerkbar; die im Kapitelsaale dürften ähnliche Gestaltung erhalten haben. Vorhanden sind hier zwei, diese in die breite Öffnung des Zuganges vom Kreuzgange her hintereinander gestellt.

Von diesem Baumeister kennen wir also den Namen. Er war der Struktuarius des Chorherrenstiftes, und das Amt eines solchen ist bis zum Ende stets von einem der Kapitulare bekleidet worden. Über seine Herkunft läßt sich, nach dem Beinamen, schließen, daß er aus dem nahegelegenen Büchen stammte, einem Orte in der Mitte des
Landes, an dem die Landesversammlungen stattfanden, und wo eine im Anfange des 13. Jahrhunderts erbaute sehr stattliche Kirche steht.

In dieser lebt noch der Übergangsstil, und so ist das ganze Land weithin mit einer großen Anzahl von Kirchen versehen, nach deren Beschaffenheit bestimmt anzunehmen ist, daß in den ersten Jahrzehnten im Ratzeburgischen Bistum, gerade wie auch in dem anstoßenden von Schwerin, sich eine gewaltige kirchliche Bautätigkeit entfaltet hat, in
einem ziemlich gleichartigen Übergangsstil.

Dem gegenüber erscheint Theodoricus de Fago als ein Neuerer, der hier dem anderswo schon heimisch gewordenen gotischen Stil mit Selbstgefühl Eingang geschafft hat, und es geht aus den Inschriften hervor, daß er sich, damit etwas Verdienstliches oder Neues zu leisten, bewußt gewesen ist.


Wizelins Baumeister.

Dietrich von Buchen ist unter den alten Baumeistern ein ebenso seltener wie für uns erfreuender Bezeuger des eigenen Namens. Wir erkennen darin weniger die Besorgtheit um die Bewahrung des Eigenen, als eine rühmliche Rücksichtnahme auf die Nachwelt. Es ist nur zu bedauern, daß die nachfolgenden Geschlechter bis auf den heutigen Tag
solche Rücksicht nur ganz ausnahmsweise bewähren, wodurch die Architekten so ungünstig hinter den Malern und Bildhauern zurückstehen.

Der andere der Meister, von denen wir hier handeln, hat uns seinen Namen nicht so wie jener kund getan; aber es fällt auf ihn Licht aus den Nachrichten der Geschichte, und weiteres aus der Kenntnis seiner Werke.


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Aus den Werken zunächst. Es muß immer wieder darauf hingewiesen sein, wie Bauwerke aus sich selbst oder dem Zufall nicht entstehen. Und leichtlich kann ein Beliebiger zeichnen, malen, bilden was Stand hält, aber niemals bauen, ohne die Kunst gelernt zu haben. Die Bauten, die im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts und der nächsten Folgezeit in Wagrien erwachsen sind, sind Ertrag eines geschulten, verständigen, erfahrenen, zielbewußten Geistes.

Wir finden sie in zwei Gruppen geordnet. Die erste ist ziemlich einheitlich. Zunächst nach dem angewandten Baustoffe. Das Land lieferte keinen ordentlich brauchbaren Baustein, nur harte zähe Granitblöcke, diese allerdings in unerschöpflichem Vorrat verstreut über die Äcker. Daraus Bauwerke durch Bearbeitung zu gestalten wäre eine
Ausgabe unendlicher undankbarer Mühe gewesen, und ohne Bearbeitung war es unmöglich, wenn man nicht einen Mörtel haben konnte, der alles zusammenhielt. Solchen bot aber das selbe Land an einer Stelle in Fülle, zwar nicht als brauchbaren Kalk, aber als den Gips von Segeberg, der geschickt gebraucht gleiche Dienste, zum Teil noch bessere, leisten konnte. Als nun, recht plötzlich, das Bedürfnis eintrat, Bauwerke zu errichten, schnell und mit möglichst geringem Aufwande, da war der Meister zur Stelle, der es vermochte, aus diesen einfachsten Stoffen mir den einfachsten Mitteln die Bauten zu schaffen, die den Jahrhunderten getrotzt haben. Er schuf stattliche Kirchen in durchweg gleicher Technik nach gleichem Plane. Überreichlich angewandter Mörtel hatte alles zusammenzuhalten; der bot, zur Stärke und Festigkeit des Steines erhärtend, den herrlichsten und fügsamsten Ersatz für jeglichen Haustein. Damit ließen sich gestalten die Portale, die Fenster, auch waren Säulen zu bilden und jede Art von Ornamenten, im Inneren die Gewölbe und ihre Teile. Das ist denn alles in vollkommener Übereinstimmung bei diesen Bauten angewandt und in manchen fast vollständig erhalten geblieben. Man nennt diese Kirchen, nach dem Namen des Bischofs, auf dessen Betreiben sie geschaffen sind, die Wizelinskirchen. Der Stil ist streng romanisch.

Diese Bauweise genügte aber nicht für die Aufführung größerer Bauten, namentlich der mehrschiffigen, in denen freistehende Stützen aufzustellen waren. An der Stelle der runden ungefügen Findlinge mußte da doch etwas anderes eintreten und, wenn es nicht vom Boden geboten ward, geschaffen werden. So machte sich der Baumeister die
Steine aus gebranntem Lehm. Auf den Gedanken zu geraten war zunächst keine Erfindungskraft von Nöten. Man hat in der ganzen Welt, so zu sagen von Anfang an, aus Töpferton oder Lehm Gebilde der verschiedensten Art gefertigt, auch für Bauzwecke, und zum Ersatz natürliches Gesteines. Da war der Ziegel überall Objekt des Gebrauches. So auch in Deutschland an vielen Orten, in Baiern, in Schwaben, am Rheine, selbst in Sachsen. Aber der schöpferische Gedanke, ihn zum Subjekte zu machen, den Bau durch ihn bestimmen zu lassen, der in festen, wohl erwogenen Verhältniszahlen zu gestalten, wäre, war noch keinem gekommen, ehe Wizelins Baumeister ihn er­
faßte und damit die wirkliche Kunst des Backsteinbaus erfand. Es


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war nun möglich, aus den Steinen in den festen Maßen, und aus nichts als solchen, verbunden durch den Gips von Segeberg, Gebäude jeder Art und Größe herzustellen, und es ward sofort ins Werk gesetzt. So findet man den Gedanken verkörpert in der anderen Gruppe, den wagrischen Ziegelbauten. Die so erwachsenen Kirchen zeigen, je nach
der verschiedenen Zeit der Aufführung, eine schöne innere Entwickelung, und die Anwendung des Grundgedankens hat zu der so herrlich erblühten Ziegelbaukunst des nördlichen Deutschlands geführt. Es liegt auf der Hand, daß das alles nicht zufällig entstanden, sondern aus dem Geiste des Bauverständigen hervorgegangen war. Auch an und in diesen Werken erkennt man den Mann.

Es ist danach sicher, daß es ein Bestimmter war, einer der also einen Namen trug. Doch wer er war? Hier gibt die Geschichte die Antwort an die Hand!

Der Priester Wizelin, Domherr aus Bremen, war 1125 nach Neumünster gekommen. Er stammte aus Hameln, ein begnadeter Lehrer, streng, von großer Rednergabe und starkem Willen. An ihn hatte sich eine größere Zahl tüchtiger und für sein hohes Ziel begeisterter Männer angeschlossen aus verschiedenen Ländern und von verschiedener Stellung und Herkunft. Man wollte und sollte das in den benachbarten wendischen Ländern seit 1066 erstickte Christentum wieder zum Leben erwecken. Unter den so von feurigem Mut und Vertrauen Beseelten war als einer der zuerst Angekommenen der Priester Volchart; er kam aus Flandern.

Daß Volchart der Bauverständige war, der sich für Wizelin zur Verfügung stellte, geht aus dem Folgenden hervor. Es war bereits, bald nach Wizelins Ankunft, zu Segeberg ein Tochterkloster erwachsen, gestiftet 1134 vom Kaiser Lothar und erbaut durch die Neumünsterischen Kräfte, nach einem vorgeschriebenen Plane, dessen Ausführung nur ermöglicht war in Anwendung der Stucktechnik, die am Harze zu Hause und in vollkommener Übung war, zu der aber Segeberg selbst den Stoff lieferte. Es konnte denn auch der Bau selbst nur errichtet werden in Ziegeln, also in derselben Weise, in der bereits zu Neumünster das dortige Kloster mit mächtig großer Kirche sich erhoben hatte. Im Verlauf der Zeit mußte etwas entfernt von Segeberg an günstigerer Stelle ein neues Kloster für die Chorherren errichtet werden. Mit der Aufgabe ward kein anderer betraut als Volchart. Dieser ist denn auch aus Neumünster dahin gezogen mit den Arbeitern (INDUSTRIIS VIRIS) und so konnte der Bau 1149 vollführt werden. Zugleich konnte für alles gesorgt werden, was zum Kultus und zur Ausstattung gehörte, gestützt auf eine zu Neumünster erweckte umfangreiche gewerbliche Tätigkeit. Die darauf Gerichteten bildeten im Kloster gewissermaßen eine besondere Gruppe, bezeichnet, vielleicht mehr im Scherze, als die INDUSTRII, und unserem Volchart wird in einer Art von Nachruf nachgesagt, er sei der INDUSTRIUS IN ACTIONISBUS EXTRINSECIS gewesen.

Das neu erbaute Kloster, zu Högersdorf, brauchte nicht lange benutzt zu werden; denn nach Wizelins Tode, der 1154 eingetreten ist, hat dessen Nachfolger das Stift wiederum zurückverlegt und in

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der Absicht, hier zunächst selbst seinen Sitz zu nehmen, da Neumünster ihm entzogen war, das dort Erhaltene neu ausgebaut. Volchart war bereits gestorben; aber es war in der wunderbar erwachsenen Stadt Lübeck eine kraftvolle Tätigkeit der Baukunst und aller bürgerlichen Gewerbe aufgeblüht, wobei die zugewanderten Kräfte aus den verschiedensten Teilen Deutschlands ihre Anteile hatten.

Dies also die geschichtliche Bezeugung des Namens und seiner Tätigkeeit. Das Bild selbst müssen wir uns wesentlich aus der Betrachtung seiner Werke heraus gewinnen.

Für das durch die Mission dem Christentum wieder eröffnete wagrische Land, dessen Bischof Wizelinus 1149 geworden ist, hat mit dem Jahre seiner Ankunft 1125 jene ausgebreitete Bautätigkeit begonnen. Die ländlichen Pfarrkirchen sind wesentlich seit 1149 in der schon geschilderten Art erstanden, und zwar, wie sich an ihrer Übereinstimmung zeigt und nach den waltenden Umständen nicht anders sein konnte, nicht geschaffen von den aus verschiedenen Landen hergekommenen Einwanderern, sondern in eigener gleicher Weise und auf gleichen Antrieb hin. Daneben war die ganz neue Kunst und Technik des Ziegelbaus erweckt. All das war nur möglich durch das Eintreten des Bauverständigen. Wir kennen ihn mit Namen. Was wir sonst über den Mann erfahren, sind einzelne Züge, die uns die Viel- oder Allseitigkeit des ruhelosen und in allen Sätteln gerechten Mannes bezeugen. Im Triebe seiner Tätigkeit war er nicht zu ermüden. Wüßten wir nicht aus einer gelegentlichen Erwähnung, daß er Priester war. und weiter, daß er zu denen gehört hat, die aus Neumünster nach Högersdorf übergesiedelt sind, so fehlte freilich etwas Wesentliches in dem Bilde. Sein eigentliches Feld fand er aber im Betriebe der weltlichen, der auswärtigen Angelegenheiten und in den wirtschaftlichen. Er verwaltete die Vorräte, sorgte für die Verpflegung der großen und anspruchsvollen Gemeinschaft, namentlich hatte er das Hospital unter sich, wobei er natürlich von den nie zufriedenen Insassen als knauserig verschrien ward. Wenn er selbst die Pflichten des Türwartes übernahm, so war der Verkehr mit der Außenwelt eine den besten und willigsten Händen anzuvertrauende Angelegenheit. Doch verschwinden für uns derlei Züge hinter der Leistung als Baumeister; hier sind die Früchte, von denen her wir den Urheber zu erkennen die Genugtuung haben. Gestreift werden muH hier die Tatsache, daß in einem der auf ihn zurück gehenden Bauwerke, der nur noch in Zeichnung vorhandenen Kirche zu Oldesloe, sich ein eigener künstlerischer Gedanke verkörpert hat, der Zeit und dem Landesüblichen voranschreitend, den so ans Licht zu stellen man der Heimatliebe eines aus den westlichen Landen gekommenen Meisters Zutrauen dürfte. Man ist an den Bau der Kirche zu Süsteren an der Maas erinnert, und an das unaufhaltsame Vordringen des Spitzbogens im westlichen Europa. Im übrigen konnte sich des Meisters Geist nur entfalten in gewisser Anpassung und Beschränkung, bedingt durch die Verhältnisse des noch im Entstehen begriffenen, mit Widerständen ringenden Bistums. Eine Ausnahme war wo, wie zu Segeberg, kaiserlicher Wille und die Macht des Herrschers auf andere

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Wege wiesen. So ist die von 1149 an als Domkirche errichtete jetzige Stadtkirche zu Aldenburg charakteristisch durch die fast übermäßige Einfachheit und Schlichtheit. Auf anderer Seite hat sich, wo der Gebrauch des Gipsstuckes freierer Bewegung Raum ließ, der Geist des Künstlers lebendiger und kräftiger bewegen und bezeugen können
und hat es getan. Es ist anzunehmen, daß er auch die Künste der Malerei und Skulptur zugezogen hat; hier ist aber kein Urteil mehr nach Dokumenten möglich. Das wissen wir, daß die Tätigkeit allumfassend war; es ist bezeugt, daß Glocken, Schreine, Bücher und Ackergeräte zur Ausstattung geliefert wurden. Das war denn alles der Keim zu der reichen und herrlichen Entwickelung, die sich nun die wagrische, die lübische Kunst eröffnet gesehen hat. Volchart ist seinem am 13. des Christmondes 1154 gestorbenen Bischof und Freunde nach neun Wochen im Tode gefolgt. Wir haben ihn aus seinen Werken erkannt und freuen uns aus den Bezeugungen der Geschichte seinen Namen zu kennen und über ihn mehr zu wissen.

(Schluß folgt.)



 


 

 

 

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