Ihr werdet sie erkennen - von den Früchten
her. [*]
Dies Wort, aus heiligstem Munde, hat zunächst ethischen Sinn.
Wir wenden es hier, in etwas anderer Wendung, auf das Gebiet der
Ästhetik an. In den redenden, den tönenden Künsten ist die
Beziehung beschränkt; doch hat sie, auf das Gebiet der Literatur
bezogen, ein unendlich weites Feld, und zwar sowohl wo Namen
bekannt und überliefert sind, als im anderen Falle. Ebenso ist
die Geschichte der Malerei, der Plastik Nichts ohne Anwendung
des Grundsatzes; die der Architektur ist dafür am allerwenigsten
zugänglich. Kein Bild ist denkbar, ohne daß sein Maler dahinter
stünde; aber bei den Werken der Baukunst begnügt man sich mit
der gedankenlosen und
einfältigen Redensart "entstanden". Die ernstere Wissenschaft
kann auf die Forschung nach dieser Richtung nicht verzichten.
Wir wollen hier von drei Baumeistern reden aus der romanischen
Zeit des zwölften Jahrhunderts und der nächstfolgenden. Der eine
hat selbst dafür gesorgt, daß sein Name an seinen Werken der
Nachwelt erhalten bleibe. Den des anderen haben wir unter
Erforschung seiner Leistungen aus der Verdunkelung erheben
müssen. Vom dritten
steht das Werk mit den Umständen, unter denen er es geschaffen,
fest und dadurch ein Bild des Meisters selbst, aber ohne
Unterschrift.
Domkloster zu Ratzeburg.
Der Dom zu Ratzeburg, als Meisterwerk und
Schluß romanischer Baukunst in Ziegeln berühmt, ist im 12.
Jahrhundert erbaut worden. Auf derselben, durch Erdarbeit
künstlich vorbereiteten Fläche, erhöht über der Umgebung, ist
nachher für das Domkapitel das Domkloster angelegt, das in drei
Flügeln den räumigen Kreuzgarten umfassend sich nördlich an den
Dom anschließt. Der östliche Flügel, sich vom Querhause und der
Sakristei her langhin nach Norden hinaus streckend, enthält
Kapitelsaal, Treppenhaus, Brüderhalle und oben den Schlafsaal.
(Die Brüderhalle war wohl ursprünglich auch Refek-
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*) Matthäus 7, 16: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.
Kann man denn Früchte lesen von den Dornen oder Feigen von den
Disteln? (Lutherbibel, 2017)
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torium.) Dieser Flügel ist in der Zeit des
Übergangsstiles, um 1200, dem vollendeten Dombau zugefügt worden.
Später haben in ihm Umänderungen eintreten müssen, bezeugt durch eine
unvollständig erhaltene Inschrift von 1251, und es ist, auf die
halbe Länge hin, ein nachher als Arm des Kreuzganges weiter brauchbar gemachter,
von gotischen Gewölben bedeckter Gang eingerichtet, der freilich schon der
ersten Absicht entsprochen haben möchte.
Um ein Kleines später ist die Anlage zu einem vollständigeren Kloster ausgebaut
worden, in dem die Herren des Domkapitels, nach der Regel des
Prämonstratenserordens zusammen lebend, ihre entsprechende Unterkunft finden
möchten. Ihrer waren erst zwölf nebst dem Propst, nachher mehr. Das nunmehr
Ausgeführte hat eigenen, jüngeren Charakter gegenüber dem Früheren, und ist
wichtig als ein wohl datiertes Werk der frühen Gotik. Daran hat, ein seltenes,
ja alleinstehendes Vorkommen, der Meister seinen Namen verewigt und Anderes
mitgeteilt. Der den Kreuzgarten gegen Westen begrenzende Flügel des Kreuzganges,
jetzt unwürdig verbaut, hat keine Räume über sich, und lehnt sich lediglich an
eine starke abschließende Wand, die von Strebepfeilern gehalten mit größeren
entschieden frühgotischen Fensterblenden gegliedert ist. In ihr unten ein
kleineres Portal, spitzbogig, doch dem Übergangsstil noch sehr nahe. Oben in
einer Zeile die Inschrift, nach der die Mauer angefangen ist, 1259.
Unmittelbar schließt sich an diese Mauer die Westwand des sofort nachher
erbauten Nordflügels, des eigentlichen Hauptbaues im Kloster. In ihm der
stolzeste wichtigste Raum, das Refektorium, der über dem Kellergeschoß zwei
weitere Geschosse enthält. In seiner Schauseite bietet sich hier die unmittelbar
anschließende Fortsetzung jener Mauer. Hier findet sich eine zweizeilige
redselige Inschrift, meldend, daß der Meister dieses Werkes unter Ulrich dem
zehnten Bischofe der Ratzeburger Reihe (1257-84) Dietrich von
Buchen war, neben dem noch viele Domherren aufgeführt werden. Alle Inschriften
sind sorgfältig in Majuskeln ausgeführt, eingeschnitten in trefflichste Ziegel
vor dem Brande, und diese sind ohne viele Lücken erhalten. Jene erste Inschrift
an der Mauer erscheint gleichartig und gleichzeitig, eine Ergänzung dazu; sie
besagt von Dietrich, daß er der Arbeit vorgestanden hatte, die 1259
begonnen war. Als das Jahr der Erbauung des Refektoriums ist angegeben
1261.
Der Nordflügel, der es enthält, ist groß und geräumig, von starken
Strebepfeilern gehalten, seine Wände von großen und breiten schönen spitzbogigen
Fenstern durchbrochen, die den auf Stützen ruhenden Innenraum erhellen.
Außerdem enthält er Keller und die anderen der Wirtschaft dienenden Gelasse,
namentlich die Küche, und in der inneren Seite, gegen den Garten hin, den
nördlichen Arm des Kreuzganges. Dieser Arm ward in zweckmäßige Verbindung
gebracht mit dem östlich schon vorhandenen im Ostflügel, womit sich ein Eingriff
in diesen verbunden hat. Überhaupt mußten im älteren Flügel manche Änderungen
eintreten; namentlich muß nun der Kapitelsaal neu gestaltet worden sein,
entsprechend der Bauweise des Refektoriums. Es tritt da ein höchst auffallender
Zug hervor:
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In allen unseren Klöstern des 13.
Jahrhunderts, von denen wir wissen, finden sich Säulen, mit großer
Übereinstimmung beschafft, aus gotländischem Kalkstein, und die Kapitelle mit
Kugelknospen besetzt. So auch vielfach Konsolen und andere Teile aus demselben
Stoffe. Das war ein gemeinsamer und feststehender Gebrauch, solches zu
beschaffen, aus Gotland fertig, oder auch durch Vermittelung von Lübeck. Ebenso
kamen ja auch die Taufsteine aus Gotland. Zu Ratzeburg war der Baumeister mit
diesem allem wohl vertraut; aber er enthielt sich des Gebrauches grundsätzlich.
Auch im Dome selbst ist nicht ein einziges Stück von solchem Steine zu
beobachten. Indes,
dergleichen Säulen waren doch unentbehrlich und er wollte solche bilden. So
mauerte er sie für das Refektorium aus Ziegeln aus, aber mit Stuck so bekleidet,
daß sie ganz aussähen wie die sonst gebräuchlichen aus Gotland, mit den
Kugelknospen an den Knäufen. Solche sind im Refektorium gewesen und sind so noch
bemerkbar; die im Kapitelsaale dürften ähnliche Gestaltung erhalten haben.
Vorhanden sind hier zwei, diese in die breite Öffnung des Zuganges vom
Kreuzgange her hintereinander gestellt.
Von diesem Baumeister kennen wir also den Namen. Er war der Struktuarius des
Chorherrenstiftes, und das Amt eines solchen ist bis zum Ende stets von einem
der Kapitulare bekleidet worden. Über seine Herkunft läßt sich, nach dem
Beinamen, schließen, daß er aus dem nahegelegenen Büchen stammte, einem Orte in
der Mitte des
Landes, an dem die Landesversammlungen stattfanden, und wo eine im Anfange des
13. Jahrhunderts erbaute sehr stattliche Kirche steht.
In dieser lebt noch der Übergangsstil, und so ist das ganze Land weithin mit
einer großen Anzahl von Kirchen versehen, nach deren Beschaffenheit bestimmt
anzunehmen ist, daß in den ersten Jahrzehnten im Ratzeburgischen Bistum, gerade
wie auch in dem anstoßenden von Schwerin, sich eine gewaltige kirchliche
Bautätigkeit entfaltet hat, in
einem ziemlich gleichartigen Übergangsstil.
Dem gegenüber erscheint Theodoricus de Fago als ein Neuerer, der hier dem
anderswo schon heimisch gewordenen gotischen Stil mit Selbstgefühl Eingang
geschafft hat, und es geht aus den Inschriften hervor, daß er sich, damit etwas
Verdienstliches oder Neues zu leisten, bewußt gewesen ist.
Wizelins Baumeister.
Dietrich von Buchen ist unter den alten Baumeistern ein ebenso
seltener wie für uns erfreuender Bezeuger des eigenen Namens. Wir erkennen darin
weniger die Besorgtheit um die Bewahrung des Eigenen, als eine rühmliche
Rücksichtnahme auf die Nachwelt. Es ist nur zu bedauern, daß die nachfolgenden
Geschlechter bis auf den heutigen Tag
solche Rücksicht nur ganz ausnahmsweise bewähren, wodurch die Architekten so
ungünstig hinter den Malern und Bildhauern zurückstehen.
Der andere der Meister, von denen wir hier handeln, hat uns seinen Namen nicht
so wie jener kund getan; aber es fällt auf ihn Licht aus den Nachrichten der
Geschichte, und weiteres aus der Kenntnis seiner Werke.
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Aus den Werken zunächst. Es muß immer wieder
darauf hingewiesen sein, wie Bauwerke aus sich selbst oder dem Zufall nicht
entstehen. Und leichtlich kann ein Beliebiger zeichnen, malen, bilden was Stand
hält, aber niemals bauen, ohne die Kunst gelernt zu haben. Die Bauten, die im
zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts und der nächsten Folgezeit in
Wagrien erwachsen sind, sind Ertrag eines geschulten, verständigen, erfahrenen,
zielbewußten Geistes.
Wir finden sie in zwei Gruppen geordnet. Die erste ist ziemlich einheitlich.
Zunächst nach dem angewandten Baustoffe. Das Land lieferte keinen ordentlich
brauchbaren Baustein, nur harte zähe Granitblöcke, diese allerdings in
unerschöpflichem Vorrat verstreut über die Äcker. Daraus Bauwerke durch
Bearbeitung zu gestalten wäre eine
Ausgabe unendlicher undankbarer Mühe gewesen, und ohne Bearbeitung war es
unmöglich, wenn man nicht einen Mörtel haben konnte, der alles zusammenhielt.
Solchen bot aber das selbe Land an einer Stelle in Fülle, zwar nicht als
brauchbaren Kalk, aber als den Gips von Segeberg, der geschickt gebraucht
gleiche Dienste, zum Teil noch bessere, leisten konnte. Als nun, recht
plötzlich, das Bedürfnis eintrat, Bauwerke zu errichten, schnell und mit
möglichst geringem Aufwande, da war der Meister zur Stelle, der es vermochte,
aus diesen einfachsten Stoffen mir den einfachsten Mitteln die Bauten zu
schaffen, die den Jahrhunderten getrotzt haben. Er schuf stattliche Kirchen in
durchweg gleicher Technik nach gleichem Plane. Überreichlich angewandter Mörtel
hatte alles zusammenzuhalten; der bot, zur Stärke und Festigkeit des Steines
erhärtend, den herrlichsten und fügsamsten Ersatz für jeglichen Haustein. Damit
ließen sich gestalten die Portale, die Fenster, auch waren Säulen zu bilden und
jede Art von Ornamenten, im Inneren die Gewölbe und ihre Teile. Das ist denn
alles in vollkommener Übereinstimmung bei diesen Bauten angewandt und in manchen
fast vollständig erhalten geblieben. Man nennt diese Kirchen, nach dem Namen des
Bischofs, auf dessen Betreiben sie geschaffen sind, die Wizelinskirchen. Der
Stil ist streng romanisch.
Diese Bauweise genügte aber nicht für die Aufführung größerer Bauten, namentlich
der mehrschiffigen, in denen freistehende Stützen aufzustellen waren. An der
Stelle der runden ungefügen Findlinge mußte da doch etwas anderes eintreten und,
wenn es nicht vom Boden geboten ward, geschaffen werden. So machte sich der
Baumeister die
Steine aus gebranntem Lehm. Auf den Gedanken zu geraten war zunächst keine
Erfindungskraft von Nöten. Man hat in der ganzen Welt, so zu sagen von Anfang
an, aus Töpferton oder Lehm Gebilde der verschiedensten Art gefertigt, auch für
Bauzwecke, und zum Ersatz natürliches Gesteines. Da war der Ziegel überall
Objekt des Gebrauches. So auch in Deutschland an vielen Orten, in Baiern, in
Schwaben, am Rheine, selbst in Sachsen. Aber der schöpferische Gedanke, ihn zum
Subjekte zu machen, den Bau durch ihn bestimmen zu lassen, der in festen, wohl
erwogenen Verhältniszahlen zu gestalten, wäre, war noch keinem gekommen, ehe
Wizelins Baumeister ihn er
faßte und damit die wirkliche Kunst des Backsteinbaus erfand. Es
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war nun möglich, aus den Steinen in den
festen Maßen, und aus nichts als solchen, verbunden durch den Gips von Segeberg,
Gebäude jeder Art und Größe herzustellen, und es ward sofort ins Werk gesetzt.
So findet man den Gedanken verkörpert in der anderen Gruppe, den wagrischen
Ziegelbauten. Die so erwachsenen Kirchen zeigen, je nach
der verschiedenen Zeit der Aufführung, eine schöne innere Entwickelung, und die
Anwendung des Grundgedankens hat zu der so herrlich erblühten Ziegelbaukunst des
nördlichen Deutschlands geführt. Es liegt auf der Hand, daß das alles nicht
zufällig entstanden, sondern aus dem Geiste des Bauverständigen hervorgegangen
war. Auch an und in diesen Werken erkennt man den Mann.
Es ist danach sicher, daß es ein Bestimmter war, einer der also einen Namen
trug. Doch wer er war? Hier gibt die Geschichte die Antwort an die Hand!
Der Priester Wizelin, Domherr aus Bremen, war 1125 nach
Neumünster gekommen. Er stammte aus Hameln, ein begnadeter Lehrer, streng, von
großer Rednergabe und starkem Willen. An ihn hatte sich eine größere Zahl
tüchtiger und für sein hohes Ziel begeisterter Männer angeschlossen aus
verschiedenen Ländern und von verschiedener Stellung und Herkunft. Man wollte
und sollte das in den benachbarten wendischen Ländern seit 1066
erstickte Christentum wieder zum Leben erwecken. Unter den so von feurigem Mut
und Vertrauen Beseelten war als einer der zuerst Angekommenen der Priester
Volchart; er kam aus Flandern.
Daß Volchart der Bauverständige war, der sich für Wizelin zur Verfügung stellte,
geht aus dem Folgenden hervor. Es war bereits, bald nach Wizelins Ankunft, zu
Segeberg ein Tochterkloster erwachsen, gestiftet 1134 vom Kaiser
Lothar und erbaut durch die Neumünsterischen Kräfte, nach einem vorgeschriebenen
Plane, dessen Ausführung nur ermöglicht war in Anwendung der Stucktechnik, die
am Harze zu Hause und in vollkommener Übung war, zu der aber Segeberg selbst den
Stoff lieferte. Es konnte denn auch der Bau selbst nur errichtet werden in
Ziegeln, also in derselben Weise, in der bereits zu Neumünster das dortige
Kloster mit mächtig großer Kirche sich erhoben hatte. Im Verlauf der Zeit mußte
etwas entfernt von Segeberg an günstigerer Stelle ein neues Kloster für die
Chorherren errichtet werden. Mit der Aufgabe ward kein anderer betraut als
Volchart. Dieser ist denn auch aus Neumünster dahin gezogen mit den Arbeitern
(INDUSTRIIS VIRIS) und so konnte der Bau 1149 vollführt werden.
Zugleich konnte für alles gesorgt werden, was zum Kultus und zur Ausstattung
gehörte, gestützt auf eine zu Neumünster erweckte umfangreiche gewerbliche
Tätigkeit. Die darauf Gerichteten bildeten im Kloster gewissermaßen eine
besondere Gruppe, bezeichnet, vielleicht mehr im Scherze, als die INDUSTRII, und
unserem Volchart wird in einer Art von Nachruf nachgesagt, er sei der INDUSTRIUS
IN ACTIONISBUS EXTRINSECIS gewesen.
Das neu erbaute Kloster, zu Högersdorf, brauchte nicht lange benutzt zu werden;
denn nach Wizelins Tode, der 1154 eingetreten ist, hat dessen
Nachfolger das Stift wiederum zurückverlegt und in 1930/3 - 85
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der Absicht, hier zunächst selbst seinen Sitz
zu nehmen, da Neumünster ihm entzogen war, das dort Erhaltene neu ausgebaut.
Volchart war bereits gestorben; aber es war in der wunderbar erwachsenen Stadt
Lübeck eine kraftvolle Tätigkeit der Baukunst und aller bürgerlichen Gewerbe
aufgeblüht, wobei die zugewanderten Kräfte aus den verschiedensten Teilen
Deutschlands ihre Anteile hatten.
Dies also die geschichtliche Bezeugung des Namens und seiner Tätigkeeit. Das
Bild selbst müssen wir uns wesentlich aus der Betrachtung seiner Werke heraus
gewinnen.
Für das durch die Mission dem Christentum wieder eröffnete wagrische Land,
dessen Bischof Wizelinus 1149 geworden ist, hat mit dem Jahre
seiner Ankunft 1125 jene ausgebreitete Bautätigkeit begonnen. Die
ländlichen Pfarrkirchen sind wesentlich seit 1149 in der schon
geschilderten Art erstanden, und zwar, wie sich an ihrer Übereinstimmung zeigt
und nach den waltenden Umständen nicht anders sein konnte, nicht geschaffen von
den aus verschiedenen Landen hergekommenen Einwanderern, sondern in eigener
gleicher Weise und auf gleichen Antrieb hin. Daneben war die ganz neue Kunst und
Technik des Ziegelbaus erweckt. All das war nur möglich durch das Eintreten des
Bauverständigen. Wir kennen ihn mit Namen. Was wir sonst über den Mann erfahren,
sind einzelne Züge, die uns die Viel- oder Allseitigkeit des ruhelosen und in
allen Sätteln gerechten Mannes bezeugen. Im Triebe seiner Tätigkeit war er nicht
zu ermüden. Wüßten wir nicht aus einer gelegentlichen Erwähnung, daß er Priester
war. und weiter, daß er zu denen gehört hat, die aus Neumünster nach Högersdorf
übergesiedelt sind, so fehlte freilich etwas Wesentliches in dem Bilde. Sein
eigentliches Feld fand er aber im Betriebe der weltlichen, der auswärtigen
Angelegenheiten und in den wirtschaftlichen. Er verwaltete die Vorräte, sorgte
für die Verpflegung der großen und anspruchsvollen Gemeinschaft, namentlich
hatte er das Hospital unter sich, wobei er natürlich von den nie zufriedenen
Insassen als knauserig verschrien ward. Wenn er selbst die Pflichten des
Türwartes übernahm, so war der Verkehr mit der Außenwelt eine den besten und
willigsten Händen anzuvertrauende Angelegenheit. Doch verschwinden für uns
derlei Züge hinter der Leistung als Baumeister; hier sind die Früchte, von denen
her wir den Urheber zu erkennen die Genugtuung haben. Gestreift werden muH hier
die Tatsache, daß in einem der auf ihn zurück gehenden Bauwerke, der nur noch in
Zeichnung vorhandenen Kirche zu Oldesloe, sich ein eigener künstlerischer
Gedanke verkörpert hat, der Zeit und dem Landesüblichen voranschreitend, den so
ans Licht zu stellen man der Heimatliebe eines aus den westlichen Landen
gekommenen Meisters Zutrauen dürfte. Man ist an den Bau der Kirche zu Süsteren
an der Maas erinnert, und an das unaufhaltsame Vordringen des Spitzbogens im
westlichen Europa. Im übrigen konnte sich des Meisters Geist nur entfalten in
gewisser Anpassung und Beschränkung, bedingt durch die Verhältnisse des noch im
Entstehen begriffenen, mit Widerständen ringenden Bistums. Eine Ausnahme war wo,
wie zu Segeberg, kaiserlicher Wille und die Macht des Herrschers auf andere
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Wege wiesen. So ist die von 1149
an als Domkirche errichtete jetzige Stadtkirche zu Aldenburg charakteristisch
durch die fast übermäßige Einfachheit und Schlichtheit. Auf anderer Seite hat
sich, wo der Gebrauch des Gipsstuckes freierer Bewegung Raum ließ, der Geist des
Künstlers lebendiger und kräftiger bewegen und bezeugen können
und hat es getan. Es ist anzunehmen, daß er auch die Künste der Malerei und
Skulptur zugezogen hat; hier ist aber kein Urteil mehr nach Dokumenten möglich.
Das wissen wir, daß die Tätigkeit allumfassend war; es ist bezeugt, daß Glocken,
Schreine, Bücher und Ackergeräte zur Ausstattung geliefert wurden. Das war denn
alles der Keim zu der reichen und herrlichen Entwickelung, die sich nun die
wagrische, die lübische Kunst eröffnet gesehen hat. Volchart ist seinem am
13. des Christmondes 1154 gestorbenen Bischof und
Freunde nach neun Wochen im Tode gefolgt. Wir haben ihn aus seinen Werken
erkannt und freuen uns aus den Bezeugungen der Geschichte seinen Namen zu kennen
und über ihn mehr zu wissen.
(Schluß folgt.)
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