In den ersten Septembertagen des Jahres
1584 kommt dem damals in Schwarzenbek Hof haltenden
Herzog Franz dem Jüngeren zu Ohren, daß in Mölln einer von drei
Gesellen gefaßt sei, die im Herzogtum Lauenburg falsche Münzen,
darunter Taler mit dem Gepräge des Herzogs Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel, seines Schwiegervaters, gefertigt
haben sollten. Unter dem 3. September bittet
Herzog Franz den lübeckischen Hauptmann sowie Bürgermeister und
Rat zu Mölln um nähere Angaben und um eine Abschrift der Aussage
des Gefangenen; diese antworten am 5. September,
daß der Gefangene bereits am frühen Morgen des Tages nach der
Verhaftung nach Lübeck gebracht sei und verweisen den Herzog an
den dortigen Rat. Gleichzeitig hatte der Herzog bei dem gräflich
schauenburgischen Amtmann Diedrich Wyll in Pinneberg, wo
ebenfalls eine Verhaftung erfolgt war, angefragt und erhält nun
von diesem, ebenfalls unter dem 5. September,
nähere Nachricht. Hiernach hatte der in Lübeck
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1) Quellen: Staatsarchiv Kiel, Lauenburgische Akte
D I. 1, Nr. 2048 (138
Fol.). Staatsarchiv Lübeck, Senatsakten Münzwesen, Konv.
34, Ziff. 5 (10 Fol.).1934/2 -
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gefänglich eingezogene Hamburger Bürger Klaus
Fuhrmann (Vohrmann) in seinem Geständnis als Mittäter den Hamburger Goldschmied
Daniel Koch (Kock) angegeben; diesem war aber die Verhaftung des Fuhrmann
bereits bekannt geworden, was ihn zu schleuniger Flucht auf schauenburgisches
Gebiet veranlaßte. Die sofortige Verfolgung durch Beauftragte des Rats zu
Hamburg führte aber zu seiner Ergreifung in Ottensen, Festsetzung in Pinneberg
auf Kosten der Hamburger und sofortigem peinlichen Verhör (mit Torturanwendung).
Das Geständnis des Daniel Koch war von den Verfolgern zwecks Fahndung nach den
weiteren Mittätern mitgenommen und konnte daher dem Herzog nicht übersandt
werden. Wegen eines in anderer, nicht angegebener Sache in Pinneberg in Haft
sitzenden Daniel Kramer erhält der Herzog auf seine Anfrage gleichzeitig die
Antwort, daß dessen Auslieferung von Graf Adolf zwar noch nicht verfügt, aber,
wie der Pinneberger Drost Simon Werpup dem Amtmann mitgeteilt habe, mündlich
"aus schwägerlicher Willfahrung" gegen Revers zugesagt sei.
Sofort nach Eingang dieses Schreibens erbittet der Herzog vom Rate zu Hamburg
eine Abschrift des Geständnisses des Koch, erhält aber unter dem 7.
September die Antwort, daß dieser an die ausschreibenden Fürsten des
Niedersächsischen Kreises weitergegeben sei; dies stellt sich allerdings durch
Rückfrage bei Herzog Adolf von Holstein-Gottorp als unzutreffend heraus, wie
dieser unter dem 9. September aus Trittau Herzog Franz mitteilt
2).
Zwar erhält der Herzog vom Rate zu Lübeck bereits unter dem 9.
September nicht nur Abschriften der Geständnisse des Klaus Fuhrmann vom 8.
und 9. September, sondern auch solche der Aussagen des Daniel Koch
vom 4. und 5. September, die also den Umweg über
Hamburg und Lübeck gemacht hatten; trotzdem entlädt sich der Unmut des Herzogs
über die tatsächliche oder vermeintliche Irreführung in einem überaus gereizten
Schreiben an den Hamburger Rat vom 11. September: er, der Herzog,
habe sich "so einer geschraubeten und verblümten andtwortt ... nicht vorsehen,
müssen aber dieses und ander unnachparliche anzeigunge, so uns nun eine Zeithero
von euch vielfältig wiederfahren und sich täglich vermehren, an seinen orth
gestellet und der Zeit bis zu anderer gelegenheit bevohlen sein lassen". Unter
Hinweis auf die soeben von Lübeck erhaltenen Abschriften und sogar mit der
Unterstellung: "das ihr eure uhrgichten (Geständnisse) nicht in der forma, wie
sie zum Pinnenberge uffgenommen worden, an die Kraisfürsten abgeschicket",
begehrt der Herzog "nochmals und zum dritten, ihr wollet euch selbsten die
vormeinte opinion, als das ihr klüger wehret und des heiligen Römischen Reichs
Constitutiones und ordnungk etwas weitter nachdachtet, als die Erbarn von Lübeck
nicht thäten, keineswegs einbilden, besondern Uns, als in dessen Fürstenthumb,
wie wir berichtet sein, solche münzvorfelschunge meistentheils zu wercke
gerichtet, auch allerhandt receptation und underschleife getrieben worden,
dahero uns dieser dinge wissenschaft zu haben vor allen andern gebühren will,
damit wir künftiglich auf des ganzen Kraises anfordern hierran Bericht und
andtwortt geben möchten und konten".
Sachlich war Herzog Franz zweifellos ebenso berechtigt wie verpflichtet, das in
seinem Fürstentum durch Herstellung des falschen Geldes begangene Verbrechen
schnellstens aufzuklären und die Helfershelfer festzunehmen, bevor diese - wie
es dann doch tatsächlich eintrat - sich in Sicherheit brachten. Persönlich
mochte den Herzog zu einer tatkräftigen Verfolgung, die ohnehin seiner Sinnesart
entsprach 3), nicht nur veranlassen, daß ein Teil der gefälschten
Reichstaler das Gepräge seines Schwiegervaters tragen sollte, sondern auch der
Umstand, daß die bisher in der Akte nicht genannte, dem Herzog aber zweifellos
mündlich berichtete Person des Helfershelfers, seines Lehnsmannes Jörgen von der
Lieth zu Kuddewörde, Gelegenheit bot, den Streit um den angeblich nicht
vererblichen Lehnsbesitz derer von der Lieth durch Einziehung der Güter zu
beenden, wie es schließlich auch der Fall war.
Die Geständnisse der beiden Falschmünzer Klaus Fuhrmann und Daniel Koch gaben
nun dem Herzog die erwünschte Handhabe zum Einschreiten. Der
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2) Ausschreibende Fürsten waren allerdings der Administrator des
Erzstifts Magdeburg, Markgraf Joachim Friedrich von Brandenburg, und Herzog
Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel; ob Hamburg an diese geschrieben hat, läßt
sich nicht festsstellen.
3) Kobbe, Geschichte Lauenburgs, 2. Teil, S.
324 ff.; Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler Lauenburgs S. 19.
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am 4. September von den Hamburger Ratsbeauftragten
peinlich verhörte Koch gibt folgende Schilderung des Sachverhalts:
Vor etwa 3 Jahren habe ein gewisser Christoph Schlegell ein dem
Doctor Rheder gehöriges, außerhalb Hamburgs belegenes Haus gemietet; dort seien
200 holländische Staaten-Taler 4), deren jeder nicht
mehr als 8 Schilling lübisch (statt 32) wert
gewesen, gefertigt worden. Die Stempel rührten von dem alten Hans Könemann,
früherem Münzmeister der Grafschaft Rietberg (Westfalen) her, der nach seiner
vorübergehenden Haft in Speier nach Hamburg gekommen sei und dort in der
Herberge zum "Engel", dem dritten Hause vom Schaartor gewohnt, dann aber ein
halbes Jahr in obigem Hause sich aufgehalten habe; dieser habe eine ganze Lade
voll Stempel gehabt. Die fertigen Taler seien durch den "kleinen Hermann" in das
Haus des Klaus Nordenhoff getragen. Der Vertrieb scheint durch Bartold Zisenis
erfolgt zu sein, denn dieser wird von den Gerichtsherren in Hamburg
vorgefordert, versieht sich aber aus der Schlinge zu ziehen "und hat sich das
gerüchte darnach verloren und ist verschwiegen plieben". Als weitere Beteiligte
an dieser Falschmünzerei gibt Koch außer sich und den bereits genannten an:
Klaus Fuhrmann, Heinrich Schütte, Diedrich Eickhoff zu Bremen, Peter Boyen von
Münster als Stempelschneider (die Könemannschen Stempel scheinen also als
Vorlage benutzt zu sein). Johann vom Kooge[*], ferner Johann Lange in Bremen, den
gewesenen Jungen bei Matz Meier und den bereits genannten Klein Hermann,
Krämergesellen bei Franz Wallich.
Der zweite Abschnitt der Falschmünzerei hat sich nach dem Geständnis des Koch
auf dem Gute des Junkers Jörgen von der Lieth zu Kuddewörde zugetragen, mit dem
persönlich Klaus Fuhrmann und Heinrich Schütte "gehandelt, das er ihnen einen
ort vom schafstalle abgesondert und eine Stuben darein gebauet". Dort seien
400 Taler im inneren Werte von je 5 Schilling lübisch
gefertigt, die teils Bartold Sisenis zu einem Juden Fybis in Hannover, teils
Heinrich Schütte zu einem Juden Abraham in Nordheim gebracht habe. Dem Fybis
seien aber die Taler zu geringhaltig gewesen, deshalb habe er sie nur zum Teil
behalten und aus dem zurückgebrachten Rest seien dann Fürstengroschen, ganze und
halbe Batzen geprägt worden. Bei dieser Münzerei seien außer Fuhrmann, Schütte
und Koch beteiligt gewesen Johann vom Kooge[*] und Merten Lauenburg (Lawenburgk)
"und sei Jorgen von der Lieth teglichs zu ihnen gegangen und zugesehen und haben
ihm ungeferlich 100 thaler lübisch und der Frauen ein güldin
ketten zugesagt und auch bezalt". Bei diesem Geschäft habe Johann vom Kooge[*]
einen silbernen Dolch und 400 Taler zugesetzt, "davon er nichts
widerbekommen", auch Merten Lauenburg hat Schaden gehabt. Nachdem der Schafstall
abgebrannt sei, hätten sie die Münzwerkzeuge in einer Tonne vergraben.
Die Falschmünzerei wurde dann auf einer Mühle des Junkers fortgesetzt, und zwar
mit drei Talerstempeln, die Koch geschnitten hatte: einem "grubenhagischen",
einem der Gemeinschaftsprägungen der Städte Campen-Deventer-Zwolle sowie einem
von Lübeck. Die Beschaffung des Kupfers sei durch Klaus Fuhrmann erfolgt (vgl.
die spätere Zeugenaussage des Hamburger Kupferschmiedes Thomas Zimmermann), die
Rundung von 900 Platten (Schillinge)[**] durch einen Juden und die
Vereinbarung, die weitere Prägung auf der Mühle des Jörgen von der Lieth
vorzunehmen, sei zwischen Bartold Sisenis, dem Juden, Daniel Koch und Klaus
Fuhrmann in dem Hause des letzteren zustande gekommen. Die Platten sind dann auf
der Mühle dünngehämmert worden, aber als sie das Silber "auf die kupfern platten
setzen wollen, hat es nicht halten wollen, sondern ist verschmolzen"; daher habe
er, Koch, diese Arbeit bei sich zu Hause vorgenommen und für jedes Stück 7
Schilling Lohn erhalten. Schließlich habe er 15 Pistoletten
(spanische Goldmünze, enthaltend 6,20 g Feingold)
unter Verwendung von 2 Lot Gold (29,22
g) gefertigt und habe für jede 8 Schilling erhalten. An
Kreuztalern (Talern der spanischen Niederlande) seien nur 10 Stück
geprägt, an Talern der drei Städte (Deventer, Campen, Zwolle) dagegen etwa
500 Stück.
Als vierten Ort der Falschmünzerei ergibt das Geständnis das Haus des Kötners
Hermann (richtig Hans) Vicke in Billwärder, dicht am Deich bzw. beim
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4) Eine den deutschen Reichstalern nicht ganz gleichwertige, aber
wegen der Handelsbeziehungen besonders in Norddeutschland weit verbreitete
Münzsorte.
[*] Am Ende des zweiten Artikel-Abschnitts wird darauf
verwiesen, daß hier ein Druckfehler vorliegt: es muß heißen "Kroge".
[**] Am Ende des zweiten Artikel-Abschnitts wird darauf verwiesen, daß hier ein
Druckfehler vorliegt: es muß heißen "Schrötlinge".
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Hause des Hermann Möller gelegen. Die Verpflegung in dieser
Werkstatt hat Klaus Fuhrmann aus Hamburg geschickt und bei Beendigung der
dortigen Tätigkeit habe die Frau des Vicke die Münzinstrumente in ihrer Kiste
verschlossen. Beteiligte an diesem Abschnitt der Falschmünzerei seien außer Koch
nur Fuhrmann, Sisenis und der Jude Jobst gewesen.
Diesem ausführlichen Geständnis hat Koch am 5. September
freiwillig hinzugefügt, daß zwecks Vertrieb der Falschstücke ein gewisser Claus
Engelbrecht aus Hamburg nach dem Harz zu einem Junker mit Vornam en Wolf,
Nachname sei ihm nicht bekannt, gereist sei; dieser Junker sei ein "Alkemist"
(Alchymist). An diesem letzteren Vertrieb der Falschstücke seien weiter
beteiligt gewesen Heinrich Schütte, Dirik Eickhoff und ein Jude Jakob. Namen und
Wohnort des Junkers könne übrigens der hamburgische Münzergeselle Hans Eickhoff
angeben, "welcher dahin verschrieben gewest zu arbeiten, als der nun dahin
kommen und ihre Anschläge gesehen, habe er alda nicht pleiben wollen, sondern
wider weggezogen".
Hiermit endet die offenbar glaubwürdige Aussage des Daniel Koch, der weiterhin
in Pinneberg in Haft bleibt.
Klaus Fuhrmann ist in Lübeck seit seiner Verhaftung dreimal verhört worden, das
erste Mal ohne Tortur - ein Protokoll hierüber liegt nicht vor -, am 8.
September "uff die von Hamburg eingekommene Kundschafft" peinlich und am 9.
September, nachdem ihm "des Daniel Kock Aussage wortlich vorgelesen worden",
"mit der scherpfe", dem dritten, höchstzulässigen Grade der Torturanwendung. Die
Protokolle über diese beiden Vernehmungen ergeben folgendes Bild:
Eine Teilnahme an der Falschmünzerei im Hause des Doktors Rheder bestreitet
Fuhrmann, gibt allerdings die Bekanntschaft mit Christoffer Schlegell, Heinrich
Schütte, Hermann Buhrbom (wohl der "Klein Hermann"). Johann vom Kooge[*]
und Johann
Lampe, bestreitet eine solche aber mit Diderich Eickhoff aus Bremen. Peter
Beine, Merten Lauenburg (Lawenborch) und dem Juden Fibes (Fybis). Er habe
gesehen, daß ein falscher Taler fast ein Vierteljahr vor dem Rathause
"angeheftet gehangen", auch sei ihm die frühere ergebnislose Untersuchung gegen
Bertold Zisenis durch den Hamburger Rat bekannt. Auch eine Teilnahme an der
Falschmünzerei in Kuddewörde bestreitet Fuhrmann, "dan oft he woll darsulvest
mit groter Unkost eine nie Iser Mohle buwen und anrichten laten, ock der Junker
Jörgen von der Lieth aldar by Kuddeworde ein Kornmohle hebbe und darsulvest
2 kleine Hammer vorhanden, dat dennoch im allergeringsten kein
Munzwerck darsulvest vorgenommen noch int werck gestellet, wie ihm dan ock umb
die Fürstengroschen, hele und halve Bazen allerding nicht bewust".
Zu dem dritten Abschnitt des Münzverbrechens legt Fuhrmann dagegen das
Geständnis ab, daß er die von Koch hergestellten 10 Taler mit dem
"Burgundischen Stempel" (also jene Kreuztaler) sowie 14 oder
15 Pistoletten in Empfang genommen und diese dem Zisenis zugestellt
habe, der ihm dafür "ander geldt von dem Juden oder sonsten tho vorschaffen"
versprochen habe.
Eine Beteiligung an der Herstellung der Falschstücke im Hause des Hans Vicke in
Billwärder bestreitet Fuhrmann, gibt aber zu, dort zusammen mit Koch, Zisenis
und dem Juden, ebenso auch "in des Kocks behusinge vor dem Schaverdor" gewesen
zu sein und an letzterem Orte gesehen zu haben, wie Kupferplatten "uthgeschlagen
und das Silber daruf gelödet" sei. Bei der eigentlichen Prägung mit den Stempeln
von Braunschweig, Lübeck sowie Campen-Deventer-Zwolle sei er aber nicht zugegen
gewesen, gibt aber zu, darum gewußt zu haben, daß die ihm von Zisenis
ausgehändigten 115 Taler sowie nochmals 64 Taler in
Billwärder gefertigt waren. Er habe übrigens zu dieser Falschmünzerei weder
Kupfer noch Silber geliefert (was sich bald als unwahr herausstellt), seine
Beziehungen zu Zisenis und Koch beständen etwa 1 Jahr und "wehren
under den dalern, so bey eme alhier angetroffen, nur 14 under dem
Lübeckschem Schlag gewesen".
Im Verhör vom 9. September verbleibt Fuhrmann im wesentlichen bei
dieser Aussage, bestreitet ausdrücklich eine Teilnahme an der schon vor 3
Jahren im Hause des Doktors Rheder erfolgten Falschmünzerei, da er seine
Mittäter erst
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[*] Am Ende des zweiten Artikel-Abschnitts wird darauf
verwiesen, daß hier ein Druckfehler vorliegt: es muß heißen "Kroge".
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zu Martini 1583 kennengelernt habe, ebenso die von
Koch behauptete Teilnahme an den Verhandlungen mit Jörgen von der Lieth und der
in dessen Schafstalle erfolgten Prägung. Allerdings sei "der Junker mit em
allenthalven by dem Schafstall und sonsten umbher gangen, dat he dennoch nicht
darin gewesen". Seines Wissens hätten sich Schütte, Zisenis und der vom Kooge[*]
schuldenhalber dort versteckt.
Als die "högeste unwarheit" bezeichnet Fuhrmann die Behauptung des Koch, die
Verhandlungen zwischen diesem, Zisenis und dem Juden hätten in seinem,
Fuhrmanns, Hause stattgefunden; Zisenis sei zwar etliche Male bei ihm gewesen,
dieser habe den Koch und letzterer wieder den Juden, allerdings nur einmal,
mitgebracht. Was denn nun hierbei tatsächlich verhandelt worden sein soll,
ergibt das Protokoll freilich nicht. Auch die Lieferung von Lebensmitteln nach
Billwärder bestreitet Fuhrmann und bezieht sich hinsichtlich dieses Abschnitts
auf seine gestrige Aussage, "daruf he jedertidt, wan idt eme angesaht, den
schmelichsten dodt, soferne he nicht tho begnaden, am hoghen und tho liden
erbödich". Die ihn weiter belastenden Aussagen des Koch führt Fuhrmann auf
dessen Rache für den Verrat zurück, der allerdings vorlag; sein, des Fuhrmann,
Halbbruder habe ihm geschrieben, daß Koch bei seiner Verhaftung in Ottensen
geäußert hätte, "dat weile he de Vohrmann uf eme bekandt und also tho haften
brachte, dat eme solches künftig verwundern sollte". Eine Vereinbarung unter den
Falschmünzern, daß "der erste, so gefänglich angenommen worden, sich die Kelen
afstecken solde", erklärt Fuhrmann für unwahr und schließt seine Aussage "mit
allerdemütigsten bede, eme nur sine strafe und vordienten dodt wedderfahren tho
laten und uht disser weldt wech tho dhon".
Die Gegensätze in den Aussagen des Fuhrmann und des Koch waren für die
Schuldfrage des ersteren von nebensächlicher Bedeutung; seine eigenen Angaben
reichten für eine Verurteilung aus. Inzwischen hatte der Rat zu Hamburg als
Zeugen den Kupferschmied Thomas Zimmermann und den Kleinschmied Willem van Berge
am 13. September vernehmen lassen. Ersterer sagt unter Berufung
auf seinen Bürgereid aus, daß Fuhrmann ihn etwa um Fastnacht (also im Februar
1584) angesprochen und von ihm die Lieferung von "etliche stücke
koppers in themlicher dicke", die für einen vom Adel bestimmt seien, begehrt
habe. Er habe dem Fuhrmann darauf zunächst 22 Pfund Kupfer (je
484,61 g) zum Preise von je 5 1/2
Schilling geliefert, hierauf nochmals 30 Pfund, von denen
allerdings die Hälfte zurückgegeben sei, so daß Fuhrmann insgesamt 37
Pfund erhalten habe. Die Bezahlung sei durch Fuhrmann und dessen Ehefrau
erfolgt; der Verwendungszweck sei ihm natürlich nicht bekannt gewesen, er frage
auch nicht danach, denn er kaufe und verkaufe ständig Kupfer.
Willem van Berge macht die bemerkenswerte Aussage, daß er für Fuhrmann "einen
Bötel gemaket und darvor twee fingerbreitt sthäll gelecht, so dat man darmede
ein stücke Isern oder kopper dorch schlann kan". Es scheint ein Stanzgerät zum
Ausstückeln der Schrötlinge gewesen zu sein, ähnlich dem in den amtlichen
Münzstätten damals gebräuchlichen Durchschnitt oder Durchstoß.
Unter dem 14. September schickt nun der Rat zu Hamburg Abschriften
dieser Aussagen an den Rat zu Lübeck und bringt hierbei seinen Zweifel über die
Glaubwürdigkeit der Aussage des Fuhrmann zum Ausdruck. Jetzt, nach den
belastenden Angaben der beiden Schmiede könne Fuhrmann eine tätige Beteiligung
an der Falschmünzerei doch nicht mehr bestreiten. Auch der inzwischen verhaftete
Kötner Hans Vicke habe die Teilnahme des Fuhrmann zugegeben (dessen peinliches
Verhör vom 15. September siehe unten) und schließlich habe
Fuhrmanns Ehefrau dem Rat "ein sonderlich Eisern Instrument, welchs zu schrauben
gebraucht werden, uns diese tage hat überliebert, gleicher gestaldt auch die
halben Batzen, welche mhergedachter Fuhrmann dem Juden zu Frankfurt hat
zugebracht, noch vorhanden". Um in dieser "hochnötigen Sache" Klarheit zu
schaffen, stellt der Rat zu Hamburg den Nachbarn zu Lübeck ein nochmaliges
peinliches Verhör des Fuhrmann anheim und fügt in einer Nachschrift die am
gleichen Tage erfolgte Vernehmung der Ehefrau des Fuhrmann bei, von der in der
Eile eine Abschrift nicht gefertigt werden konnte; die Abschrift möge in Lübeck
gefertigt werden, der Bote werde darauf warten. Man sieht hieraus, mit welcher
Tatkraft diese Angelegenheit in den damals sonst sehr geruhsam arbeitenden
Kanzleien verfolgt wurde.
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darauf verwiesen, daß hier ein Druckfehler vorliegt: es muß heißen "Kroge".
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Die am 15. September protollierte Aussage der Frau
Ilsabe Fuhrmann, die, "in kranken Schine liggende", von dem Ratmann und
derzeitigen Gerichtsherrn Joachim von Kampe vernommen wird, geht dahin, daß sie
erst im vergangenen Winter erfahren habe, ihr Mann "hebbe syck tho der
gesellschap begeven". Allerdings seien Bertold Sisenis, Heinrich vom Kooge[*] und
Marten Lauenburg schon vor 2 Jahren in ihrer Behausung gewesen und
bereits vor 3 Jahren (also 1581) hätten Schütte und
Sisenis "Isern Schruven und ander gerede in öhre behusinge gebracht", die jetzt
noch dort ständen, ohne ihres Wissens inzwischen fortgeschafft gewesen zu sein.
Ihr Mann habe vor 2 Jahren auf dem Besitz des Jörgen von der Lieth
eine Eisenmühle bauen lassen, in der 9 Eisenstangen hergestellt
worden seien, die seither aber stillstände. Hinrich Schütte habe in einer
anderen dortigen Kornmühle Erz geschmolzen; dorthin habe Marten Lauenburg durch
ihren Ehemann "ein Kindeken Botter sampt einer Tunnen Behrr geschickt"; sie sei
auch selbst mitgefahren und habe sich das von Schütte bearbeitete Erz angesehen.
Koch sei auch in ihrer Wohnung gewesen und Sisenis habe einmal 63
neue Taler bei sich gehabt. Für Sisenis habe ihr Mann eine Bürgschaft in Höhe
von 800 Mark Lübisch geleistet, die dieser dem Hermann Elebeken
schuldete. Die Lieferung von Lebensmitteln habe sie "uth bedwange öhres Mannes"
ausgeführt, ebenso die Bezahlung des Kupfers, der "Betel und ander gerede"
hätten 23 Schillinge gekostet.
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verwiesen, daß hier ein Druckfehler vorliegt: es muß heißen "Kroge".
(Schluß folgt.)
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