I.
Wenn wir aus dem heutigen Straßenbilde der
Stadt Lauenburg an der Elbe einmal die zahllosen Fernsprech- und
Starkstromleitungen beseitigt denken, wenn wir im Geiste einmal
all die Umbauten und Veränderungen fortgelassen sehen, die jeder
unter uns sogleich als Erzeugnisse der letzten vier bis fünf
Jahrzehnte erkennt, was bleibt dann übrig? - - -
Steile Giebel, da und dort ein wenig aus dem Lot geraten, hohe
rote Dächer und viel, beinahe nur Fachwerk. Die ganz alten
Häuser aus dem 15. und 16.
Jahrhundert treten freilich mehr in den Hintergrund, als man
nach einem ersten oberflächlichen Blick in die alten Straßen
annehmen möchte. Wohl verleiht die Romantik der Vergangenheit,
die sie im stärksten Maße verkörpern, dem Straßenbilde an
manchen Stellen einen besonderen Zug, das Antlitz der Stadt aber
wird durch einen anderen Stil gekennzeichnet, wenn einmal die
zunftgerechte Arbeitsweise ehrsamer Handwerksmeister aus längst
vergangenen Tagen mit diesem hier etwas hochtrabend
erscheinenden Wort bezeichnet werden darf. Da gibt es keine
Spruchbänder mehr und keine geschnitzten Knaggen, wie sie noch
die Zeit um 1680 liebte, sondern alles ist
schlicht und einfach. An die Stelle einer Gliederung durch
Schmuckwerk und durch die Raumwirkung der überkragenden
Stockwerke ist die Wirkung der Fläche getreten.
Im ersten Hefte dieser Zeitschrift 1)
hat der Verfasser die Entwicklung der Architektur des
Bürgerhauses in der Stadt Lauenburg bis etwa zum Ende des
17. Jahrhunderts darzulegen versucht. Die
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1) Lauenburgische Heimat Jahrg. 1 ,
Heft 1 , S. 5.
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vorliegende Arbeit will das damals Begonnene
fortsetzen bis in unsere Tage. Die Begrenzung der ersten Arbeit auf die Zeit bis
etwa 1700 hatte ihren Sinn zunächst in der rein äußerlichen
Tatsache, daß sich um diese Zeit ein sehr auffälliger Wechsel im Baustil der
Häuser vollzog, darüber hinaus aber in der gerade in diese Jahre fallenden
grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse unserer Heimat. Im Jahre
1689 starb der letzte Herzog askanischen Stammes im fernen Böhmen zu
Reichstadt. Fast bis zu diesem Jahr war die Stadt Lauenburg der bedeutendste
Platz, wenn auch seit 1619 nicht mehr die Residenz des kleinen
Fürstentums Niedersachsen gewesen. 2) Der eng
merkantilistisch eingestellten Wirtschaftspolitik jener Tage gemäß war sie für
den Erwerb ihres Lebensunterhaltes auf sich selbst und auf die sie umgebenden
Teile des Ländchens angewiesen. Wenn sich trotz dieser sehr beschränkten
Möglichkeiten in den Truhen der Bürger einiges Vermögen ansammeln konnte, so war
das der Schiffahrt auf der Elbe und auf dem Stecknitzkanal zu verdanken, an der
die Lauenburger einen bedeutenden, monopolartigen Anteil hatten. Mit dem
Anschluß an Hannover, einen der mächtigsten der damaligen norddeutschen Staaten,
änderte sich das Bild erheblich zugunsten der Stadt, denn alle alten Vorrechte
und Privilegien blieben erhalten, - der
neue Herr bestätigte sie ausdrücklich -, und das Wirtschaftsgebiet erweiterte
sich beträchtlich. Unter der neuen Herrschaft war dem lauenburger Lande und
besonders der Stadt eine rund hundert Jahre dauernde Zeit friedlicher
Entwicklung beschieden. Handel und Wandel blühten, und wie jede Zeit des
wirtschaftlichen Wohlergehens so fand
auch diese ihren dauernden Ausdruck in der Bautätigkeit der Bürger. In dieser
Zeit, dem 18. Jahrhundert, gewann das Antlitz der Stadt Lauenburg
das Aussehen, welches es aller geschickt und ungeschickt eingefügten Moderne zum
Trotz auch heute noch hat. Es ist freilich nicht mehr möglich, die
Entstehungszeit der Häuser so genau festzulegen, wie es bei den im Schriftband
datierten älteren Bauten möglich war, aber das wenige, was wir einigermaßen
sicher bestimmen können, das reicht vollauf aus, um daran das allmähliche Werden
des Heutigen zu zeigen.
Die 2 1/4 Jahrhundert Entwicklung eines verhältnismäßig einfachen
Haustyps lassen sich etwa so gliedern: der erste Abschnitt reicht vom Beginn der
hannoverschen Herrschaft bis zur Franzosenzeit, der zweite über das Ende der
dänischen Herrschaft hinaus bis etwa zum Großen Kriege, und daran schließt sich
das, was wir unsere Gegenwart zu nennen gewohnt sind. Der erste Abschnitt ist
noch schöpferisch, er ist im Rahmen des Themas der wichtigste; der zweite läßt
die Höhe der Leistungen des 18. Jahrhunderts schnell abklingen zu
den kümmerlichen Erzeugnissen einer beinahe ganz seelenlosen Zivilisation, er
ist Niedergang; im letzten Teile vollständiger Verfall. Eine Wendung zum
Besseren kündigte sich dann im ersten Jahrzehnt des 20.
Jahrhunderts an; gerade in den kleinen Städten und auf dem Lande begann damals
eine Bewegung, welche sich von der Yankeeisierung des Lebens
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2) Mölln kehrte erst 1683 aus der lübschen
Pfandschaft unter die Regierung des Herzogs von Lauenburg zurück
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abwendet. Sie ist heute, als der Kampf um
eine "Kultur des 20. Jahrhunderts", das Motiv des letzten
Abschnittes der Gegenwart.
Der Übergang von den Bauformen des 17.
Jahrhunderts zu denen des 18. ist am besten an einem Hause zu
zeigen, das zwar noch von 1670 datiert ist, in seiner Gestaltung
aber unzweideutig auf die kommende Zeit
hinweist und deshalb auch ihr zugerechnet werden muß, das Haus Hohlerweg 6
(Abb. 1).
Abb. 1 Aufn. Hadeler
Das Haus Hohlerweg 6.
Es zeigt schon die ganze Schlichtheit des
Aufbaues, die dreißig, vierzig Jahre später allgemein ist. Das
Fachwerk ist sehr regelmäßig ausgebildet, die geringe
Unsymmetrie entgeht den meisten Beobachtern. Das Spruchband,
einst vorherrschendes Element der geschmückten Schauseite, tritt
bei diesem Bau schon erheblich zurück, obgleich es sichtlich mit
vieler Mühe gearbeitet worden ist (allerdings hatte der
Schnitzer wenig Geschick). Das Erdgeschoß ist möglicherweise
erneuert; gewisse, nicht näher zu beschreibende Zeichen scheinen
darauf hinzudeuten.
Aus den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts
läßt sich kein Bau bestimmt nachweisen, obgleich sicher einige
vorhanden sind, denn die Bautätigkeit wird niemals ganz geruht
haben. Eine deutliche Stufe zeichnet sich dagegen ab mit der
Einführung des Mansardendaches, 3) die in unserer Gegend
spätestens um 1750 erfolgt sein wird. Bei dieser
Form ist die Fläche des Daches nicht mehr in einer Schräge
heruntergezogen, sondern im oberen Teil flacher, im unteren
steiler als das alte Satteldach. Diesem gegenüber bietet es den
Vorteil eines größeren und günstiger geformten Dachraumes.
Sofern er sein Licht nicht vom Giebel her erhalten kann, müssen
die Fenster den steilen Teil des Daches entweder in
vorgeschleppten Gauben oder in einem Frontispiz durchbrechen.
Solche Durchbrechungen beleben besonders freistehende Häuser
ganz außerordentlich. Im Mansardendach ist das Zweckmäßige mit
dem Schönen so glücklich vereinigt, daß es auch heute noch oft
angewendet wird. Als hervorragende Beispiele für den Stil des
18. Jahrhunderts und besonders für das Mansardendach
mögen folgende Häuser genannt werden: Elbstraße 10
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3) Der Name stammt von dem französischen
Baumeister François Mansard
(1598 -1666).
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(das Haus ist wegen der Enge der Elbstraße
nicht gut im Lichtbilde wiederzugeben), ferner das Vorderhaus der Apotheke - in
seinem Aufbau ein Muster und Vorbild auch noch für unsere Zeit - , und
schließlich das großartigste aller älteren Häuser der Stadt Lauenburg, das Haus
des Herrn Sanitätsrat Dr. Vogel, Elbstraße 111 (Abb. 2),
das von rechtswegen weit eher das Wahrzeichen der Stadt sein müßte als das
bekannte kleine Häuschen am Markt. Es gibt noch viel mehr Bauten, die hier zu
nennen wären; wer aufmerksam durch die Straßen wandert, kann sie mit leichter
Mühe auffinden.
Abb. 2 Aufn. Hadeler
Das Haus Elbstr. 111
Der Aufbau der Häuser in technischem Sinne ist nicht anders als
in den Jahrhunderten vorher, nur ein wenig fortgeschritten im
Maße der zunehmenden Beherrschung des Baustoffes. Einige zum
Teil sogar datierte Zeichnungen aus dem Besitze der
Zimmererzunft - jetzt im Museum der Stadt Lauenburg - soviel
bekannt, Meisterstücke oder
doch Teile der bei der Meisterprüfung vorzulegenden Arbeiten,
gewähren auch dem Nichtfachmanne einen gewissen Einblick in das
Technische des Hausbaues vor 150 Jahren. Er war damals noch
vorherrschend Zimmermannswerk, das Ausmauern der Wände war nur
Füllarbeit. Die tiefste Ursache für diese, uns Heutige bei dem
Ton
reichtum der Lauenburger Gegend etwas seltsam anmutende
Erscheinung lag wohl darin, daß bei der damals üblichen
Ziegelherstellung, dem Feldbrand, jedesmal nur verhältnismäßig
wenig zur Außenmauerung geeignete Steine gewonnen wurden. Und
andererseits war das Holz billig! So vermochte sich das Fachwerk
zumal auf dem Lande bis tief ins 19. Jahrhundert
hinein zu halten, bis endlich die Tonindustrie gute Backsteine
in beliebiger Menge zu billigem Preise liefern konnte. Die
Konstruktion des Fachwerks ist grundsätzlich ebenso wie früher.
In die Satzschwelle, das unten auf dem Fundament aufliegende
wage-
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rechte Holz, sind die Ständer eingezapft, die
oben vom Rähm, einem ebenfalls wagerechten Holz, gehalten werden. Die
Querverbindung wird durch Wechsel hergestellt, kurze wagerechte Hölzer, die nur
von Ständer zu Ständer reichen. Während man aber ein Jahrhundert vorher die
Balken der Decke über das Rähm hinausragen ließ, schneiden sie jetzt mit der
Flucht der Wand ab, so daß die Oberschwelle, gleichsam die Satzschwelle des
nächsten Stockwerks, genau über dem Rähm des unteren liegt. Dadurch werden die
Knaggen der älteren Bauten überflüssig, und die Füllhölzer, die einst ebenso wie
die Kanten der Oberschwellen kunstreich mit Taustab und Schuppenmustern verziert
waren, sind durch einfache schwach profilierte Bretter ersetzt, hinter denen die
Lücken zwischen den Balken wohl meist durch Mauerung
geschlossen sind. Die Streben sind aus der Schauseite ganz verschwunden, nur in
den Giebeln oder an den Enden der Vorderseiten steht noch zuweilen je ein
schräges Holz, das von der Satzschwelle in das obere Drittel des Eckständers
reicht und die Rechtwinkligkeit des ganzen Bauwerks gewährleistet. Die
Grundsätze des Ausbaues aufzuzeigen, muß der Verfasser sich aus Mangel an Zeit
und Unterlagen versagen; Hier sei nur erwähnt, daß sich alle Räume nach wie vor
um die immer noch recht geräumige Diele herumgruppieren. Nur ist jetzt die
Treppe sohl schon mehr bewußt als architektonisch wirksames Bauglied aufgefaßt
und ausgcwertet, wenigstens zeigt sich das im Hause Elbstraße 111.
Der äußere Gesamteindrnck eines Hauses aus jener Zeit, z. B. des in Abbildung
2 wiedergegebenen, und das gilt mehr oder weniger für alle, lautet in
kurzer Formel: "Vornehme Einfachheit". Jeder Schmuck fehlt, selbst die Haustür,
welche noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts einigen Zierrat
aufwies, ist nur
noch durch einfache Rechteckteilung gegliedert. 4) Das
Bedachungsmaterial ist wie früher die sogenannte holländische Pfanne, die auch
heute noch am allermeisten verwendet wird. Nur die feinsten, teuersten Bauten
benutzen den Biberschwanz, 5) und zwar in der Form des
Kronendaches. Daß dabei auch geometrisch etwas schwierigere Formen des Daches
gemeistert worden sind, ist durch einen Blick von der Oberstadt auf die
Unterstadt leicht festzustellen. Es ist sehr bezeichnend, daß man komplizierte
Dachkonstrnktionen nur dort anwandte, wo sie sich aus dem Grundriß ergaben, kaum
jemals aus spielerischer Freude am eigenen Können!
Einige Beispiele mögen diese Ausführungen erläutern. Das Haus Elbstraße 10
fällt am Westende der Stadt durch seine Größe auf. Es ist zweigeschossig mit
etwa 2 m hohem Sockel auf rein rechteckigem Grundriß erbaut. Das Mansardendach
hat Zeltform, d. h. keine Giebel. In der Front nach der Elbstraße und in der
nach der Elbe ist je ein Frontispiz mit zwei Fenstern eingefügt. Der
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4) Vergl. Lauenb. Heimat Jahrg. 2, Heft 2,
Seite 28.
5) Der Biberschwanz ist EBEN; die Fuge zwischen zwei nebeneinander
liegenden Ziegeln wird durch einen dritten, der darüber liegt, gedichtet, so daß
jede Reihe aus zwei Lagen Dachziegeln besteht. Im Gegensatz dazu greifen die
holländischen Pfannen nicht nur von oben nach unten, sondern auch seitlich
übereinander.
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Bau stammt eher aus dem Ende als aus dem
Anfänge des 18. Jahrhunderts. An der Elbseite hat man das Holzwerk
der Mauern zum Schutz gegen Verwitterung mit Schiefer benagelt; das entstellt
ein wenig, aber es stört den vorzüglichen Gesamteindruck - Geschlossenheit und
maßvolle Betonung der Wohlhabenheit des Erbauers - auf den jenseits der Elbe
stehenden Beschauer nicht nennenswert. Von der Straße kann man leider nur schwer
einen ausreichenden Überblick bekommen. - Das Vorderhaus der Apotheke teilt das
gleiche Schicksal. Seine vornehme, klare Gliederung kommt in der
Abb. 3 Aufn. Dipl.-Ing. Krüger
Das Haus Hamburgerstr. 36.
engen Elbstraße nicht zur Geltung und wird zudem noch durch die
ziemlich übel "renovierten" Giebel der westlichen Nachbarhäuser
stark gedrückt. - Als letztes Beispiel möge noch das Haus
Elbstraße 111 genannt werden, das schon erwähnte
Haus des Herrn Sanitätsrat Dr. L. Vogel. Es ist ohne Zweifel das
großartigste Gebäude, das aus dem 18. Jahrhundert auf uns
gekommen ist. Schon seine Größe zeugt vom Wohlstände, um nicht
zu sagen, Reichtum des Erbauers. Die günstige Lage an der
Stelle, wo sich die Elbstraße unmittelbar hinter dem ehemaligen
Ostertor ein wenig erweiterte, ist durch die Gestaltung der
Schauseite aufs beste ausgenutzt; der L-förmige Grundriß
gestattete eine sehr glückliche Verbindung der Formen des
freistehenden Einzelhauses mit denen des Reihenhauses. Für die
heutige Zeit ist gerade dieses Haus besonders wertvoll, weil es
als einziges sich aus dem richtigen Abstand betrachten läßt. Der
Anlegeplatz der Lauenburger Dampfschiffe, kurz als
"Dampferplatz" 6) bezeichnet, ge-
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6) Der freie Platz, an dem sich heute die
Anlegebrücke der Lauenburger Dampfschiffe befindet, ist erst im
vorigen Jahrhundert entstanden, als der damalige Besitzer des
Hauses, der Bürgermeister Vogel, Elbstraße 111,
das Grundstück erwarb - das Haus darauf war abgebrannt - und es
der Stadt unter der Bedingung schenkte, daß es während seiner
und seines Nachfolgers Lebzeiten ohne ihre Erlaubnis nicht
bebaut werden dürfe.
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stattet, weit genug zurückzutreten, um das
Haus mit einem Blick umfassen zu können. Dabei werden außerdem noch die als
Architektur sehr wenig erfreulichen Häuser Elbstraße 113,
115, 117 glücklich vom Zollhause und den davorstehenden
Bäumen verdeckt. Statt einer eingehenden Besprechung der Einzelheiten sei auf
die Abbildung 2 verwiesen. Leider gibt das Lichtbild nicht die
Wirkung des ausgezeichneten Ölfarbenanstriches wieder, der zusammen mit dem
reichen Efeubewuchs ein Kabinettstück von architektonischer Wirkung schafft. -
Wer mit offenen Augen durch Lauenburgs alte Straßen geht, wird noch manches
Gebäude sehen, das hierher gehört und das eigentlich kurz besprochen und
abgebildet werden müßte 7) Aber der Raum ist zu
Abb. 4 Zeichn. Hadeler
Das Haus Hamburgerstr. 59.
knapp, als daß noch mehr gebracht werden könnte. Immerhin
bleibt noch die Aufgabe, einige Häuser zu erwähnen, die aus der
gleichen Zeit stammen wie die genannten, aber eine
Sonderstellung einnehmen, weil sie ausgesprochene Einzelbauten
sind. Sie stehen in der Oberstadt und waren wohl meistens das
Besitztum wohlhabender
Ackerbürger oder vielleicht gar landhausähnliche Sommersitze. Es
sprich: sehr deutlich für das Wohlergehen der Stadt unter der
Herrschaft der Kurfürsten von Hannover, daß in der für die
Siedlung nicht sonderlich geeigneten Oberstadt, der Vorstadt
"Babenbrügg" - es gab dort nur wenig Wasser - eine ganze Reihe
von Häusern entstand. Das älteste ist heute wohl das Haus des
Herrn Tischlermeisters Steffens, Hamburger Straße 34,
das als einziger älterer Bau zweistöckig ausgeführt ist. Es ist
wohl möglich, daß es dem Anfange des 18.
Jahrhunderts angehört, denn von den weiter zu besprechenden
weicht es etwas ab. Es sieht deutlich "altertümlicher" aus. Das
Haus Hamburger Straße 36 (Abb. 3),
heute im Be-
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7) Zu nennen sind unter manchen andern: Das Hans
Hohlerweg 32, in dem der zweite Pastor seine
Dienstwohnung hat, das Hans Elbstraße 29, früher
Brauerei Niemann das Haus Neustadt 4, des Herrn
Druckereibesitzers Mau, früher Hotel Deutsches Haus.
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Abb. 5 Aufn. Hadeler
Das Haus Großer Sandberg 16.
sitz des Herrn Maurermeisters Fischer, gehörte früher als
Wohnhaus zu einem größeren Landwirtschaftsbetriebe. 8)
Frei vom Zwange der Enge, der die Bürger der "Stadt" in die
Höhe bauen ließ, wurde dieses Haus wie alle andern nur
einstöckig errichtet; erst die jüngste Zeit hat das Obergeschoß
zu einer Wohnung ausgebaut. Es ist schade, daß die Schauseite
vor etwa 20 Jahren Fenster mit großen Scheiben
erhalten hat. Sie stören das Bild in hohem Maße und fallen um so
mehr auf, als beide Giebelwände ihre alten Fenster mit der
Sprossenteilung behielten. Die Form des Hauses ist, wie in der
2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
üblich, rechteckiger Grundriß und Mansardendach mit Frontispiz,
das Dach an den Giebeln abgewalmt. - Als weiteres Beispiel diene
Hamburger Straße 59. Seine Schauseite zeigt das
wundervoll regelmäßig gegliederte Fachwerk (Abb. 4); die
Gartenseite, welche von der Gartenstraße her gut sichtbar ist,
ist mit Holz verschalt, ohne dadurch in ihrer Wirkung irgendwie
beeinträchtigt zu sein. Gerade bei diesem Hause zeigt sich die
vollendet schöne Wirkung einer einfachen räumlichen Gestaltung
des Baukörpers. - Daß auch ganz einfache Häuser aus jener Zeit
schön sein können, beweist das Haus Hamburger Straße 46.
Es hat die äußere Form des alten Niedersachsenhauses, also keine
Mansarde. Leider ist es durch die neuzeitliche Haustür mit ihren
fürchterlichen Fenstergittern aus silberbronziertem Gußeisen arg
entstellt.
Vor dem endgültigen Verlassen des 18. Jahrhunderts muß noch das
einzige Gebäude kurz behandelt werden, in dem das Rokoko in
Lauenburg einen bleibenden Niederschlag fand. Es ist ein ganz
fremder Vogel im Schwarm. Das Haus selber (Großer Sandberg
16) wird allerdings in seiner
technischen Ausführung kaum anders sein als die Zeitgenossen,
aber die Schauseite zeigt doch einiges Beachtenswerte (Abb.
5). Die niederdeutsche Seele wußte mit dem
Schnörkelwerk eines ihr vollständig fremden höfischen Stils
nichts anzufangen; darum lehnte sie es beinahe ganz ab. Nur in
den Windfedern und in der Türlaibung kam es noch ein wenig zum
Durchbruch. Dabei blieb die Formgebung der erstgenannten denn
auch ungeschickt genug. Das Oberlicht
_______________
8) Das ganze, jetzt größtenteils verkaufte
Gelände, das der Volksmund "Fischers Koppel" nennt, ist ehemals
bei diesem Hause gewesen.
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über der Tür zeigt allerdings richtiges
Rokokoornament, aber das liegt leider so im Dunkeln, daß es von
den meisten Beobachtern übersehen wird, obgleich es schon das
Anschauen wert ist. Als Ganzes genommen wirkt die Schauseite
recht ansprechend, trotzdem sie gegenwärtig ein wenig
verwahrlost ist.
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