Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1929



Grundzüge der Pflanzengeographie des Kreises Herzogtum Lauenburg.

Von DR. WERNER CHRISTIANSEN, KIEL.
 

Die Arbeitsweise der Floristiken hat in den letzten Jahren eine bedeutsame Wandlung erfahren. Früher wurden die gesammelten Pflanzen nach ihren Namen bestimmt, gepreßt und in einem Herbarium geordnet. Erstrebt wurde eine möglichst vollständige Sammlung aller in einem Gebiete vorkommenden Pflanzenarten. Man betrachtete die
Einzelpflanze, herausgenommen aus der Umgebung, in der sie wuchs, und untersuchte sie auf Bildungsabweichungen, Varietäten und Formen.

Vom frühsten Mittelalter an bis in die jüngste Neuzeit hinein verdankt dieser Zweig der rein systematisch-morphologischen Botanik den zünftigen Botanikern und vielen Liebhaber-Pflanzenfreunden wertvollste Ergebnisse, die in der Aufstellung natürlicher Pflanzensysteme und in der Feststellung des Arten- und Formenbestandes in einem Gebiete gipfelten. Dieser Zweig der Botanik bleibt selbstverständlich die Grundlage einer genauen Pflanzenkenntnis und für jedes weitere Pflanzenstudium.

Heutzutage ist es aber für jemand, der sich nur in den Mußestunden mit der Pflanzenwelt seines Heimatortes beschäftigen kann, schwer, auf dem Gebiete der systematischen Morphologie schöpferisch tätig zu sein, wie es früher möglich war. Die Wissenschaft geht jetzt mit Arbeitsmethoden an die systematische Botanik heran, deren Ausführung dem Pflanzenfreund im allgemeinen verschlossen ist. Mit Hilfe von Vererbungsstudien, der Zellforschung (Zytologie), insbesondere der Chromosomenuntersuchung, ferner der Serologie und der Ökologie (Lehre vom Haushalt der Pflanzen) versucht man heute, die Verwandtschaftsbeziehungen und Variabilitätserscheinungen der

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Pflanzenarten zu ergründen und vergleicht die auf diese Weise ermittelten Befunde mit den Ergebnissen der rein morphologischen Forschungsrichtung.

Infolgedessen sieht heute der ernste Pflanzenliebhaber, sobald er sich genügende Arten- und Formenkenntnisse erworben hat, recht schnell die Hoffnungslosigkeit seiner morphologisch-systematischen Betrachtungsweise ein. Er fühlt sich bald unbefriedigt, und so mancher gibt deshalb feine bisherige Sammeltätigkeit wieder auf.

Erfreulicherweise ist nun aber zu beobachten, wie fast jeder, der den Mut zum Sammeln trotz aller Unzufriedenheit nicht verloren hat, geradezu zwangsläufig auf eine höhere Stufe der Floristik geführt wird. Er betrachtet nicht mehr die einzelnen Teile der Pflanze, sondern die Pflanzenart innerhalb ihrer Umgebung, ihrer Beglcitpflanzen und ihrer Standortsbedingungen. Bei dieser Betrachtungsweise gelangt er von selbst zum Studium der pflanzlichen Gesellschaftslehre (Pflanzensoziologie), der Lehre vom Haushalt (Ökologie), zur Pflanzengeographie und -siedlungsgeschichte. Er findet, daß unter ähnlichen Standortsbedingungen fast dieselben Pflanzenarten sich zu einer Gesellschaft (Assoziation) zusammenfinden und macht sich andererseits Gedanken über die Ursache der selbst innerhalb kleinerer Gebiete zu beobachtenden ungleichmäßigen Verbreitung einzelner Pflanzenarten.

Betrachten wir die Geschichte der floristischen Erforschung des Kreises Herzogtum Lauenburg, so können wir feststellen, daß schon vor über hundert Jahren durch die rastlose Tätigkeit von Ernst Ferdinand NOLTE (1791-1875) die Grundzügs der Pflanzengeographie dieses Gebietes aufgedeckt wurden. Auf seinen weiten Wanderungen durch Schleswig-Holstein und Lauenburg in den Jahren 1820-1825 konnte es seinen Blicken nicht entgehen, daß die Flora Lauenburgs von der Holsteins und Schleswigs in bemerkenswerten Punkten abweicht. In einem erst vor wenigen Jahren aufgefundensn Briefe vom 27. April 1826 an Dr. Forchhammer in Flensburg äußert sich Nolte über die pflanzengeographischen Verhältnisse unseres Landes wie folgt: " ... Überhaupt finde ich doch eine ziemliche Verschiedenheit in der Vegetation der drei Herzogthümer, so nahe sie auch beisammen liegen. Die östliche Seite des schönen Schleswigs hat fast eine subalpine Vegetation, die nie so großartig in den beiden anderen Herzogthümern zu finden ist ... Holstein hat dagegen manches Gewächs, welches man vergebens in Schleswig und Lauenburg suchen wird ... Dagegen hat die Lauenburgische Flora einen wirklich südlicheren Charakter auf der einen, einen recht nordischen auf der anderen Seite ..."

Diese Erkenntnis konnte Nolte nur gewinnen auf Grund der von ihm festgestellten Verbreitung der einzelnen Arten in unserer Heimat. Seine Verbreitungsangaben bilden noch heute den Grundstock unserer floristischen Forschung und wurden in den letzten Jahrzehnten nur zu einem abgerundeten Bilde ergänzt. Leider hat Nolte in seiner späteren Eigenschaft als Professor der Botanik an der Universität Kiel seine pflanzengeographischen Anschauungen nicht weiter entwickelt. Auch alle anderen Botaniker unserer Heimat haben bis in

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die letzten Jahre hinein sich kaum eingehend mit den pflanzengeographischen Verhältnissen unseres Landes befaßt. Systematisch­morphologische Studien standen bei ihnen eben stets im Vordergrund ihres Interesses.

Umfassende, seit 1921 vom Verfasser durchgeführte Untersuchungen der Pflanzenwelt Lauenburgs haben die Grundgedanken, die in den Nolteschen Worten ausgedrückt sind, vollauf bestätigt. Lauenburg bietet in der außerordentlich reichen Abwechselung seiner Pflanzengesellschaften eine fast unerschöpfliche Fundgrube für den Botaniker. Das hohe Elbufer, Buchen- und Kiefernwälder. Moore, Moorwiesen, Heiden. Seen, Hügel, Sandfelder, Äcker, Weiden und Knicks liegen hier auf engem Raum in solcher Mannigfaltigkeit beisammen, wie wir es in diesem Maße weder im benachbarten Mecklenburg noch im Kreise Stormarn beobachten können.

Es ist nicht allein die stete Abwechselung im Landschaftsbilde, die Lauenburg vor anderen Gebieten des nordischen Tieflandes so sehr auszeichnet, sondern eine Erscheinung, die floristisch und pflanzengeographisch von hohem Interesse ist. nämlich der Reichtum an Pflanzenarten. Endgültige Zahlen lassen sich leider heute noch nicht
angeben, aber schätzungsweise beträgt die Gesamtzahl der im Kreise vorkommenden urwüchsigen Arten etwa 7- 800. Schleswig-Holstein und Lauenburg zusammen haben dem gegenüber nur reichlich 900, wobei für Lauenburg die geringe Größe des Gebietes sowie der völlige Mangel einer Küstenflora in Betracht zu ziehen ist.

Wichtiger noch als die absolute Artenzahl der Flora Lauenburgs erscheint mir der Artenreichtum innerhalb einzelner Pflanzengesellschaften. Das überaus bunte Bild, das z. B. die Flora eines Knicks, selbst an weniger fruchtbaren Orten bietet, ist in der Tat bezeichnend für den Kreis. Während in anderen Gegenden die Krautflora einer Knickstrecke oft nur aus 6-10 Arten besteht, von denen 1-2 Arten völlig vorherrschend auftreten, ist in den lauenburgischen Knicks die Zahl der Arten meistens bedeutend höher und das Mengenverhältnis der einzelnen Arten harmonisch abgestimmt.
 
Ein Beispiel mag das Gesagte erläutern: Bei Schmilau wurden folgende Pflanzen in einem Knick gefunden: Stermiere (STELLARIA HOLOSTEA), Gamander-Ehrenpreis (VERONICA CHAMAEDRYS), Vogel- und Schmalblattwicke (VICIA CRACCA und V. ANGUSTIFOLIA), Goldnessel (GALEOBDOLON LUTEUM), Rote Lichtnelke (MELANDRYUM RUBRUM), Ziest (STACHYS SILVATICA), Körnerstcinbrech (SAXIFRAGA GRANULATA), Teufelsabbiß (SUCCISA PRATENSIS), Rainkohl (LAMPSANA COMMUNIS), Giersch (AEGOPODIUM PODAGRARIA), Kerbel (TORILIS ANTHRISCUS), Honiggras (HOLCUS LANATUS), Knaulgras (DACTYLIS GLOMERATA) und Glatter Hafer (AVENA ELIATOR). Demgegenüber traten an einem Knick bei Neumünster in einem großen Bestand das Schmalblättrige Weidenröschen (EPILOBIUM ANGUSTIFOLIUM) und daneben die Geschlängelte Schmiele (AERA FLEXUOSA) und die Jasione (JASIONE MONTANA) auf. Bei Gettorf im Kreise Eckernförde besetzte hauptsächlich Engelsüß (POLYPODIUM VULGARE) den Knickwall und ließ nur hier und da Platz für Moschuskraut (ADOXA MOSCHATELLINA), Rippen-Miere (MOEHRINGIA TRINERVIA), Berg-Weidenröschen (EPILOBIUM MONTANUM) und Männlichen Wurmfarn (ASPIDIUM FILIX MAS).

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Man erkennt aus diesen Artenlisten zugleich, wie farbenfreudig das Vegetationsbild eines Lauenburger Knicks im allgemeinen wirkt, wie eintönig und matt dagegen oft in Holstein und Schleswig. Selbstverständlich kommen hier wie da Ausnahmen vor. Der Gegensatz ist aber so auffällig, daß ihn der in unserer Heimat weit gewanderte
Naturfreund bald bemerkt. Es würde natürlich von hohem Interesse sein, durch eine in allen Teilen des Gebietes mit den modernen Methoden der Soziologie durchgeführte Untersuchung auch in anderen Pflanzengesellschaften, in denen wir z. T. ähnliche Beobachtungen feststellen können, diese Erscheinung statistisch zu erfassen. Eine derartige Untersuchung erfordert naturgemäß viel Zeit und Arbeit, würde aber, da dadurch gerade die häufigeren Arten, die z. T. das Landschaftsbild mit bestimmen, erfaßt werden, für die Heimatkunde des Kreises Lauenburg einen wertvollen Beitrag bedeuten.

Über die genauere Verbreitung der häufig vorkommenden Arten sind wir bis heute leider noch recht schlecht unterrichtet, weil diese Pflanzen bisher fast nur Interesse boten, wenn Formenabweichungen vorlagen. Dagegen hat der fast stets zum Seltenheitsjäger werdende Sammler frühzeitig zerstreut oder selten auftretende Pflanzen mit denen
schon bekannter Fundorte verglichen. So erklärt es sich, daß wir heute über die Verbreitung der selteneren Arten viel besser Bescheid wissen als über die häufigeren.

Das Aufsuchen von Seltenheiten hat im Kreise Lauenburg seine besonderen Reize, weil es hier meist von einem ungewöhnlichen Erfolg gekrönt ist. Von den etwa 1060 in Schleswig-Holstein und Lauenburg urwüchsig und eingebürgert vorkommenden Pflanzenarten verläuft die Verbreitungsgrenze von nicht weniger als etwa 160 Arten = 16-17 % durch Lauenburg oder doch kurz westlich dieses Kreises. Mit anderen Worten: Wir begegnen in unserer Heimat 160 Arten ausschließlich oder vorwiegend in Lauenburg. Das ist eine außerordentlich hohe Zahl, wie wir sie auf so engem Gebiet nirgends im norddeutschen Tiefland wieder beobachten. Es dürfte ohne weiteres klar sein, daß dieser Erscheinung eine hohe pflanzengeographische Bedeutung zukommen muß.

Bevor wir jedoch die Ursachen dieses Problems untersuchen, wollen wir noch ein wenig näher auf die Pflanzen eingehen, die in Lauenburgs Flora eine so bemerkenswerte Rolle spielen. Auf Grund ihres Verbreitungsbildes lassen sich die 160 Arten in 4 Gruppen einteilen. Die erste Gruppe umfaßt Arten, die in ihrem Vorkommen bei uns auf den Kreis Lauenburg beschränkt sind oder deren Verbreitungsgrenze kurz westlich von diesem Kreis verläuft. Es sind 54 Arten, Vertreter sehr verschiedener Pflanzenfamilien und Glieder fast aller Formationen; es sind ferner Pflanzen, die ihrer Florenzugehörigkeit nach sehr verschiedenen Gruppen angehören, z. B. den Allerweltspflanzen, den Zirkumpolaren, dem atlantischen, pontischen, mediterranen, borealen und mitteleuropäischen Element. Schließlich sind es z. T. alteingesessene Bürger unserer Flora, z. T. Neuankömmlinge. Wegen dieser großen Verschiedenheit ist eine befriedigende Gruppierung nicht möglich. Diese Tatsache erscheint beachtenswert und deutet

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daraufhin, daß ein ziemlich allgemein wirkender Faktor der westlichen oder nordwestlichen Weiterausbreitung dieser Pflanzengruppe ein Ziel setzt.

Der in Bergwäldern besonders heimische, bei uns häufig in Gärten gezogene echte Sturmhut (ACONITUM NAPELLUS) wächst in ungeheuren Massen auf den feuchten Wiesen der Schlucht, die sich von Hornbek bis ins Tal des Elbe-Trave-Kanals hinzieht. Die Umstände, unter denen diese hübsche Pflanze hier auftritt, lassen durchaus den Eindruck der Urwüchsigkeit erkennen. Wenngleich Hornbek, abgesehen von einem kürzlich bei Lübeck nachgewiesenen Vorkommen, der einzige Fundort des Sturmhuts auf der ganzen Cimbrischen Halbinsel ist, so sprechen doch auch pflanzengeographische Gründe dafür, das Auftreten dieser seltenen Pflanze hier als wild anzusprechen. Denn sie findet sich jenseits der Ostsee, wie manche der zu dieser und zu den folgenden noch zu besprechenden Gruppen gehörigen Pflanzen, in Schweden von Schonen bis Dalarne und Sörmland urwüchsig wieder.

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Wassernuß. Sie wurde 1768 in der Delvenau bei Lauenburg von dem braunschweigischen Hofmedikus TAUBE entdeckt, in der Folgezeit aber trotz eifrigen Suchens nicht wieder gefunden, bis vor einigen Jahren der betagte, noch heute in Stadt Lauenburg ansässige Schiffer Christian BOLLHORN, ein
tüchtiger Pflanzenkenner, berichtete, er habe in seiner Knabenzeit die Nüsse, "Timpenstuten", aus der Delvenau gefischt und gegessen. Bei dem Bau des Elbe-Trave-Kanals sei dann die Wassernuß hier ausgerottet worden. Heute ist die Pflanze in Lauenburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Dänemark ausgestorben. Der nächste Fundort liegt jetzt bei Magdeburg. Früher war die Wassernuß, wie man aus den Funden fossiler Nüsse weiß (übrigens heute noch am hohen Elbufer bei Lauenburg zu finden), viel weiter nach Norden verbreitet und hat sich hier bis heute nur noch bei Immeln in Schonen gehalten.

Es würde zu weit führen, alle in die erste Gruppe gehörigen Pflanzen hier näher zu behandeln. Verwiesen sei deshalb auf meine ausführliche Darstellung in "Nordelbingen" Bd.V, 2, 1927 (Verlag: Kunstgewerbemuseum Flensburg) und auf die demnächst erscheinende, zusammen mit Willi Christiansen bearbeitete "Pflanzengeographie von Schleswig-Holstein und Lauenburg" (Verlag: Fischer, Jena). Erwähnt seien aus der Liste nur kurz: Der Schwimmende Froschlöffel (ALISMA NATANS), die Wiesen- und Pfirsichblättrige Glockenblume (CAMPANULA PATULA und C. PERSICIFOLIA), die Zypressen-Wolfsmilch (EUPHORBIA CYPARISSIAS), die seit einigen Jahrzehnten entlang den Eisenbahndämmen langsam in unser Gebiet einwandert und in Lauenburg schon ziemlich verbreitet ist, ferner die Spurre (HOLOSTEUM UMBELLATUM), ebenfalls ein Neueinwanderer, der Porst (LEDUM PALUSTRE) (Abb. 1), ein boreal-alpiner Kleinstrauch, der aus den Lauenburgischen Mooren in riesigen Beständen auftritt, die auf "pontischen" Hügeln vorkommende Kuhschelle (PULSATILLA PRATENSIS) und viele andere mehr.

Sogar zwei Bäume gehören dieser Gruppe an, die Niedrige Birke (BETULA HUMILIS) und die Kiefer (PINUS SILVESTRIS). Die niedrige

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Abb. 1.
Phot. DR. Emeis, Flensburg.
Der Porst (LEDUM PALUSTRE) auf dem Salemer Moor.
 

Birke, die in wenigen Exemplaren gleichzeitig in einem Bastard mit der Weiß-Birke (BETULA PUBESCENS) auf den Moorwiessn bei Göttin am Elbe-Trave-Kanal auftritt, kommt heute in vier völlig getrennten Verbreitungsgebieten vor, die früher sicher miteinander in Zusammenhang gestanden haben: in den Alpen, in Mittelrußland und Norddeutschland, im Ural und vom Altai bis zu den Aleuten. Der Fundort bei Göttin ist der westlich am weitesten vorgeschobene des russisch­norddeutschen Verbreitungsgebietes.

Die Kiefer war in einem frühen Abschnitt der Nacheiszeit, als das heutige Ostseebecken infolge bedeutender Landhebungen vom Weltmeer abgeschnitten war und breite Landbrücken von Schleswig-Holstein über die dänischen Inseln und von Pommern über Bornholm nach Skandinavien bestanden (sog. Ancylus-Zcit), in unserer Heimat
der herrschende Waldbaum. In den dieser Zeit angehörenden Moorschichten findet man zahllose Reste der Kiefer, Pollen. Zapfen und Baumstümpfe. Durch den Eintritt eines feuchten und warmen Seeklimas und die Einwanderung der Eiche wurde die Kiefer mehr und mehr verdrängt und ist heute in Dänemark und im größten Teil von Schleswig-Holstein völlig verschwunden. Einzelne Vorkommnisse der Kiefer sind hier auf künstliche Anpflanzung oder auf gelegentliche Ansamung aus jüngeren Aufforstungen zurückzuführen.

Im Kreise Herzogtum Lauenburg ist die Kiefer noch heute ein oft in größeren Beständen auftretender Baum. Die Häufigkeit ihres Vorkommens, das eigenartige Landschaftsbild, das die Kiefer z. B.

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Abb. 2.
Phot. DR. Emeis, Flensburg.
Das Salemer Moor.

auf dem Salemer, Lehmrader und Königsmoor (Abb. 2) bietet und wie wir es kaum anderswo in Schleswig-Holstein beobachten, sowie das Auftreten einiger im mittleren und östlichen Norddeutschland an Kiefernwald gebundener Pflanzen, der sog. Kiefernbeglciter, alles dies bewog schon die Botaniker im Ausgang des vorigen Jahrhunderts,
die Kiefer in Lauenburg als einheimischen Baum anzusprechen. Auf Grund amtlichen Erhebungsmaterials sowie ergänzender statistischer und forstgeschichtlicher Studien über die Horizontalverbreitung der Kiefer kam jedoch DENGLER 1904 zu dem Ergebnis, daß das Vorkommen dieses Baumes in Schleswig-Holstein und Lauenburg künstlich ist und daß die Westgrenze der Kiefer etwa von Wismar an der Lübecker Bucht in südlicher Richtung über Hagsnow zur Elbe verläuft und dann im wesentlichen dem Laufe dieses Stromes bis zur Mündung der Saale folgt.

Die von Dengler festgestellten Ergebnisse treffen sicherlich zu, beziehen sich aber meines Erachtens nur auf die auf Sandboden auftretenden Kiefernwälder, nicht dagegen auf die Kiefernbestände, die den Lauenburgischen Mooren ein so charakteristisches Gepräge verleihen. Sie erwecken hier völlig den Eindruck der Urwüchsigkeit, und das
Landschaftsbild eines Lauenburgischen Kiefernmoores ähnelt so sehr manchem Moortypus der Mark Brandenburg, daß Spuren menschlichen Einflusses (abgesehen von kürzlich begonnenen Entwässerungsanlagen) nicht zu beobachten sind. Ferner nehmen in der Lauenburgischen Moorflora der Porst (LEDUM PALUSTRE) (Abb. 1) und die
 

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Rauschbeere (VACCINIUM ULIGINOSUM) eine so herrschende Stellung ein, während Charakterpflanzen des atlantischen Moortypus in Lauenburg wie z. B. der Gagel (MYRICA GALE), die Krähenbeere (EMPETRUM NIGRUM), die Glockenheide (ERICA TETRALIX), die Ährenlilie (NARTHECIUM OSSIFRAGUM) und die Rasensimse (SCIRPUS CAESPITOSUS) so sehr zurücktreten oder gar fehlen, daß man nicht glauben kann, daß dieses Moorbild erst in jüngerer Zeit durch den Menschen geschaffen worden ist.

Der exakte Nachweis für die Urwüchsigkeit der Kiefer auf den Lauenburgischen Mooren erscheint nur möglich durch eine paläontologische Untersuchung zahlreicher Bohrproben, wie sie zur Zeit von KOPPE und KOLUMBE zur Klärung dieser Frage durchgeführt wird. Hierbei müßten sich Kiefernreste in bedeutender Menge bis in die
obersten Moorschichten hinein finden lassen.

(Fortsetzung folgt.)





 


 

 

 

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