Im MITTELALTER war die ständige Truppenmacht
Lübecks deshalb sehr gering, weil die Bürger zur
Stadtverteidigung verpflichtet waren. 1393 werden
im Marstall als Soldtruppe 30 "reitende Diener"
nachgewiesen; in Mölln deren 13. 1607
werden beim Einzug des Vogts Spangenberg in Mölln aufgezählt:
6 Reiterdiener vor, 3 hinter des
Bürgermeisters Wagen, des Vogts Spießjungen, seine reisigen
Knechte und Möllnischen Diener, der lübische Marschall mit allen
Reiterdienern des Stallherrn (der Ratsherr, dem der Marstall
unterstand), Wagen mit 4 Büchsen und dem
Artilleriemeister. 1) 1603 waren in
Mölln 29 Geschütze und 5
Kammergeschütze (Mörser oder Haubitzen), für die der
Büchsenmacher Lorenz zu sorgen hatte. Die Geschütze waren
Eigentum des Senats, so daß es den Möllnern ziemlich
gleichgültig war, als die Mansfelder 1626 einen
Teil davon mitnahmen.
Ein REGIMENT ZU FUSZ wurde 1623 aufgestellt und
während des 30jährigen Krieges behalten. Da der
Senat Chef war, hatte es keinen Oberst. Blasius v. Eichenberg
war von 1618 ab lange Jahre Oberstleutnant. Mölln
bekam Einquartierung eines erheblichen Teils dieser Knechte. Am
2. 9. 1623 lehnt der
Rat eine vom Senat beabsichtigte Verstärkung von 100
Mann ab, da jeder Bürger schon 1-2 Soldaten im
Hause hätte. Im April 1624 kamen noch etliche
Kompanien Reiter dazu. Am 28. 4.
1624
bedeutet der Senat dem Rat, die Stadt müsse die Soldaten noch
einige Zeit behalten und bezahlen. Sie sind sie wohl nicht mehr
los geworden, denn noch am 20. 6.
1625 bittet der Rat um Abberufung der Garnison. Es
herrsche auch die Pest in der Stadt. Das scheint dann gewirkt zu
haben. Als die MANSFELDER im Dezember 1625
Ouartier in Mölln verlangten, mußte der Senat erst eine
Abteilung von 100 Musketieren unter Thomas v.
Wickede hinschicken. Sie kam am 3. 12.
2 Uhr morgens an. Zum Widerstand war sie aber zu
schwach angesichts der starken Übermacht, die aus den
Regimentern v. Knypbausen, Ferenz und Herzog Franz-Karl von
Lauenburg - dieses nur zum Teil - bestand.
Am 6. 12., nach Beschießung durch
die starke und moderne Mansfeldische Artillerie, welche
200 Schuß und eine Anzahl Feuerkugeln in die Stadt warf,
schlossen Hauptmann und Rat eine KAPITULATION, wonach die
Garnison mit Sack und Pack, aber ohne brennende Lunten und ohne
Spiel nach Lübeck zurück-
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1) s. G. Fink: "Die Entwicklung des Lübecker Marstallofficiums."
Lübeck 1929.
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marschieren durfte, die Stadt dafür das Regiment Ferenz aufnahm.
Letzteres zog am 1. 2. 1626 ab.
Danach legte der Senat wieder eine Kompanie hinein, die den ganzen Krieg über
blieb. Sie hatte auch die Schleusen bei der Hahnenburg (am Eintritt der
Stecknitz in den Möllner See) bei der Seeburg (wo der Weg Güster - Bergholz den
Kanal schneidet) und bei der Zienburg (östlich Güster) zu besetzen, sowie Posten
in die Dörfer Altmölln und Woltersdorf zu schicken. Als im Herbst 1627
Tilly und Wallenstein durch Lauenburg und Holstein vorrückten, kam es zu
SCHARMÜTZELN zwischen diesen Posten und streifenden Reitern. So zwangen am
20. 10. 1 Gefreiter und 8
Mann in Altmölln eine Abteilung Reiter des Markgrafen Georg von Brandenburg zum
Zurückgehen, töteten einen und nahmen 2 gefangen. Am 3.
11. kam es ebenda zu einem größeren Kampf, wobei die Lübecker
unter dem Leutnant Hans Fendel den Korporal Valentin als Gefangenen an den
Rittmeister v. Nordhausen vom Regiment Lorenzo del Maëstro verloren. Der
Rittmeister forderte 100 Dukaten Lösegeld, eine enorme Summe, da
sonst höchstens 20 gezahlt wurden, und drohte, den Gefangenen
sonst in Kogel hängen zu lassen. In einem Schreiben an den Senat erklärte
Nordhausen sehr gekränkt, seine Leute seien harmlos zum Randifow (rendez-vous)
geritten, als die Lübischen aus einer Rehtüthe (redoute) das Feuer eröffnet
hätten. 1629 zerstörte eine Abteilung der Garnison den Schlagbaum,
den Wallenstein zwecks Zollerhebung bei der Palmschleuse hatte anlegen lassen,
und geleiteten die dort liegenden Schiffe nach Mölln.
Lange Jahre, während die umliegenden Länder als kaiserliche, später schwedische
Etappe ausgesogen wurden, hatten die lübischen Gebiete Ruhe. Das veranlaßte die
Möllner, ihre BEFESTIGUNGEN zu vernachlässigen, so daß der Senat drohen mußte -
6. 6. 1634 - sie durch den Hauptmann auf ihre Kosten ausbessern zu lassen.
1638 klagte der
Hauptmann Peter Basse erneut über die "Halsstarrigkeit und Widerspenstigkeit"
der Möllner in Befestigungssachen. In diesem Jahr hatte sich der Krieg von
Pommern und Mecklenburg her wieder in die Gegend gezogen, vermehrte Achtsamkeit
war also am Platz. Es lag die KOMPANIE DES KAPITÄNS NEUMANN in
der Stadt; außerdem hatte der Senat einen "Arkeley"-(Artillerie=) Kapitän
hingeschickt. Der Geschütz- etc. Bestand war: 40 Geschütze,
1150 Kugeln, 32 Busch Lunten. Die Postierungen in den
Dörfern hatten auch wieder kleine Gefechte. Der Oberstleutnant Heinrich Lübbecke
kam öfters aus Lübeck herüber. Am 26. August 1638
wurde die Wache in Woltersdorf von "Krabaten" und Dragonern überfallen. HERZOG
FRANZ-ALBRRECHT schlug eine Sperrung der Stecknitz-Delvenau-Linie durch Anlage
von Schanzen an den Übergängen vor. Nach einem zweiten Überfall auf Woltersdorf
durch kaiserliche Reiter am 24. Februar 1639 sah man
das Zweckmäßige des Vorschlags ein, obwohl der Herzog selbst den Lübeckern
verdächtig war. Er kam auf dem Wege von Basthorst nach Stintenburg oft durch
Mölln und hatte sich über Unhöflichkeit der Torwache beschwert, die ihrerseits
sich durch die von Franz-Albrecht ihr gewidmeten Kosenamen "Hundsfötter" und
"Bärnhäuter" gekränkt fühlte. Der Senat befahl Basse, sich beim Herzog zu
entschuldigen, was jenen "nicht wenig verdroß".
Ein ÄRGERLICHER ZWISCHENFALL ereignete sich 1640. Zwei schwedische
Kapitäne, die in Mölln eingelassen waren, hatten sich "voll gesoffen", auf die
Schildwache am Tor geschossen, mit einigen herzugerufenen Leuten das
Schleusenhaus an der Hahnenburg nach Verjagung der Besatzung geplündert, worauf
die Garnison ausfiel, den einen, namens Gettner, erwischte, während Götze, der
andere, entkam. Basse meinte, wenn Baner, der schwedische Oberbefehlshaber, es
erführe, würden beide Kapitäne "ihre rethorica anwenden müssen, sich aus dem
Gedrang des Hanfes zu retiriren". Der Senat verfügte, die Offiziere in Arrest zu
behalten, die Mannschaften laufen zu lassen.
Die Feindseligkeit Dänemarks gegen Schweden veranlaßte im Winter 1643
Torstensons Marsch von Böhmen nach Jütland, der im Frühjahr 1644
das kaiserliche Heer unter Gallas nach sich zog. Torstenson brachte ihn aber
schnell, ohne eine Schlacht, wieder nach Böhmen zurück. Von da ab war es im
Norden ruhig. Später nötigte der Prozeß der Lauenburger Herzöge wegen Rückgabe
Möllns die Lübecker zu vermehrter Verwahrung der Stadt. Ganz ohne Garnison wurde
sie nicht wieder gelassen. -
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III. Die
hannöversche Zeit 1689-1815.
So leicht die Vertreibung der sächsischen Besatzungen gewesen, so
schwierig konnte sich die Behauptung des Landes für GEORG-WILHELM gestalten.
Feinde ringsum! Mecklenburg zwar war kaum zu fürchten, aber hinter Kursachsen
stand Dänemark, seit langem ein unfreundlicher Nachbar, und hinter dem kleinen
Anhalt der große Kurfürst. So mußte wenigstens nach Norden und Süden die Grenze
stark gesichert werden und für den schlimmsten Fall Stützpunkte im Lande
geschaffen, wo sich eine Besatzung halten und so verhindern konnte, daß ein
Feind das ganze Gebiet einnahm und dann nach Kriegsrecht annektierte. Diesem
Zwang zu starker Besatzung und zu Befestigungsarbeiten stand die Rücksicht
gegenüber, die man den Einwohnern schuldete, die vorläufig dem Lüneburger den
Sachsen bei weitem vorzogen und durch Quartierlasten und Frohnarbeit an den
Befestigungen nicht noch mehr erbittert werden durften. Erklärlicherweise wären
die Lauenburger lieber ein fernes Glied des
gemütlichen Sachsenlandes gewesen, als sich dem straff regierten benachbarten
Lüneburg anzuschließen. Aber die Hoffnungen auf Änderung blieben eitel. Niemand
band gern mit dem waffenmächtigen Celler an, umsomehr, als nicht nur sein Bruder
in Hannover sondern auch die Vettern in Wolfenbüttel an seine Seite traten. Den
Oberbefehl des Okkupationskorps übertrug der Herzog dem MARQUIS ANTON SIMON DE
BOISDAVID (z. D. Davidswalde), einem Belgier, der 1684 aus
spanischen in cellische Dienste als Generalmajor und Chef eines
Infanterie-Regiments getreten war. Ein noch junger Mann, wie damals üblich bei
reichen Edelleuten, gleich als Hauptmann eingestellt und bald
Regimentskommandeur geworden, hatte er sich in den Türkenkriegen schon bewährt.
Der "Volontär" Prinz Eugen von Savoyen hatte da einmal das
Pferd Boisdavids mit seiner Reitgerte dauernd gekitzelt, um sich an dessen
Sprüngen zu erfreuen. Der General hatte gedroht, des Prinzen Pferd zu erschießen
und das schließlich zur Tat gemacht. Weiterungen entzog er sich durch einen
Galopp in die Mitte seines Regiments. Der Oberbefehlshaber legte den
Kavalierstreit gütlich bei, indem Eugen sich durch ein Souper in Gesellschaft
hübscher Mädchen zufriedengestellt erklärte.
Diesem Boisdavid unterstanden jetzt: 1) Sein REGIMENT VON 11
KOMPANIEN. Davon lagen in Ratzeburg 4 Kompanien: Leib- Obstlt. de Luc, Major de
Gauvain und Mäder, in Mölln 2 Kompanien: d'Antheny und v. Beck, in Lauenburg die
Grenadierkompanie, in Neuhaus 1 Kompanie: v. Estorff. 2) das
REITER-REGIMENT DE CHAUVET: 3 Kompanien, Obstlt. v. Wissel, Rittm. Verker und
Bremer, auf die Ämter verteilt. 3) DRAGONERKOMPANIEN DEGINGK UND
BERKEFELD im Amt Ratzeburg (damit sie im Fall der Not in die Stadt kämen).
ARTILLERIE: Oberst v. Bobart, Hauptmann Burchard und Leutnant Köcher. An
GESCHÜTZEN waren in Ratzeburg: ein 36 Pfünder, ein 24
Pfünder, zwei 12 Pfünder, ein 8 Pfünder, ein 6
Pfünder, zwei 3 Pfünder-Schlangen, drei 3 Pfund-Stücke, ein
1 Pfund-, ein 28 Lot-, zwei 12 Lot-, ein
4 Loth-Stücke; ein eiserner 1 Pfünder, vier 16
Pfünder-Metallschrotstücke, ein 12 Pfund desgl., 8
Doppelhaken, 22 eiserne Serpentinen. Aus Neuhaus waren
hinzugekommen: ein 4 Pfünder, zwei 2 1/2 Pfünder türkische Schlangen, ein desgl.
1
Pfund- und ein 24 LotStück. Georg-Wilhelm hatte aus seinen Beständen abgegeben:
ein eisernes 1 Pfund-Schrotstück nach Neuhaus, vier schwere Geschütze nach
Ratzeburg (die 4 ersten von oben). In Mölln waren: drei 24 lötige
Metallstücke, zwei eiserne
3 Pfünder, zwei desgl. 31/2 Pfünder,
ein 2 Pfünder, drei 1 1/2 Pfünder und 12
eiserne Serpentinen. In Neuhaus blieben: fünf eiserne 4 Pfünder,
4 desgl. 3 Pfünder und ein 1
Pfünder-Schrotstück.
Nach Eintreffen der hannöverschen und wolfenbüttelschen Truppen
folgte am 14. Oktober 1689 eine NEUE EINTEILUNG.
Ratzeburg behielt 3 Kompanien Boisdavid und bekam noch 2
Kompanien Hannoveraner, Regiments d'Herleville, und eine Wolfenbütteler,
Regiments v. Bernstorf, Hauptmann v. Stechinelli. Kommandant von Mölln wurde der
hannöversche Oberst de Pibrac. Dort standen nun 1 Kompanie Boisdavid und 2
Herleville, Major du Carpe und Hauptmann de Lueur, sowie eine Wolfenbüttelsche:
v. Bobart. Lauenburg behielt die Kompanie Boisdavid, Kommandant wurde Major
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d'Antheny. Neuhaus bekam die Grenadierkompanie Regiments v.
Nettelhorst und eine Wolfenbüttelsche. Der Rest des Regiments Boisdavid ging
nach Lüneburg. In den nächsten Jahren fanden häufige Verschiebungen und
Ablösungen der Truppenteile statt.
Die Truppen sollten ordonnanzmäßig verpflegt werden. Celle lieferte Brot für
alle 3 Kontingente. Bei der ersten Soldzahlung bekamen die
Soldaten brandenburgische Taler, worüber sie sich beschwerten. Um die Einwohner
nicht gleich zu stark zu drücken, sollte von den Quartierwirten nur Obdach
gefordert werden und je 2-3 Mann sich mit einem Bett oder Strohlager behelfen.
In Lauenburg wohnte der Kommandant im Schloß, in Mölln im Herrenhaus der Vogtei,
in Ratzeburg wohl auch im Schloß. Stabsoffiziere waren berechtigt, ein ganzes
Haus als Quartier zu verlangen.
1690 begannen die Arbeiten zur BEFESTIGUNG DER STADT RATZEBURG.
Dazu kamen als Ingenieure Major Roger, Hauptmann Strackewitz und Leutnant Strauß
dorthin. Im Sommer wurde ein Zeltlager bei St. Georgsberg aufgeschlagen, in dem
Teile der anderen Garnisonen zur Mitarbeit an den Werken untergebracht wurden.
Ihre Marketender machten den bürgerlichen Geschäftsleuten starken Wettbewerb und
hinterzogen die Akzise auf das Bier. In Ratzeburg wurde über Teuerung geklagt,
weil die Bauern bei der Lebensmittelanfuhr zum Markt von den Wachen belästigt
wurden und viele deshalb ausblieben. Die Anlage eines Proviantmagazins wurde
einem Hamburger
Großkaufmann Claßen übertragen, weil die Ratzeburger sich nicht verpflichten
konnten, gleiche Mengen zu denselben Preisen vorrätig zu halten. So fühlte die
Stadt nur die Nachteile der starken Garnison.
Letztere litt an ALLERHAND KRANKHEITEN, wie Menschenanhäufungen auf engem Raum
sie damals hervorzurufen pflegten. Man nahm das Koch- und Trinkwasser
seelenruhig aus dem See, in den auch die Aborte hinausgebaut waren. Als
Garnisonfeldscher wirkte Dr. Sasse; die fürstliche Feldapotheke verabfolgte
Heilmittel. Chirurgische Behandlung geschah auch durch Lübecker Spezialisten,
orthopädische durch den Scharfrichter von
Lüneburg.
In Ratzeburg waren zwei Baracken gebaut, die zusammen 3 Kompanien
faßten. Seit Herbst 1692 waren sie fertig. Im kommenden Winter
mehrten sich die Nachrichten über RÜSTUNGEN DÄNEMARKS gegen Celle, und als der
See eine Zeitlang gefroren war, erwartete man einen Überfall durch 3000
Dänen, welchem die Garnison nur 800 Mann und eine Palisadenreihe
um Dom und Stadt entgegenstellen konnte. Aber die Dänen waren noch nicht fertig,
oder die Zeit schien ihnen noch nicht reif. Sie warteten wohl, bis im Sommer die
Feldzüge in Ungarn und den Niederlanden, wo sich Georg-Wilhelms Hauptkräfte im
Solde des Kaisers, Hollands und Englands befanden, eröffnet sein würden. Dann
war nicht darauf zu rechnen, daß die Solidherren die begehrte und tüchtige
Truppe ziehen ließen, wenn sie in der Heimat gebraucht würde. So blieb denn noch
die erste Hälfte des Jahres 1693, um notdürftig die Werke
Ratzeburgs fertigzustellen, Artillerie und Proviant hinzuschaffen und, was an
Verstärkungen zusammenzukratzen war, hineinzuschicken.
Generalleutnant BOISDAVID, dessen II. Bataillon seit 1690
in den Niederlanden focht und der selbst 1690 ein Hilfskorps nach
Ungarn geführt hatte, wurde im Frühjahr 1693 zurückgerufen, um
Generalleutnant aller cellischen Truppen zu werden. Er übernahm das
Reiterregiment seines Vorgängers v. Chauvet, während Oberst DE LUC das
Infanterie-Regiment Boisdavid erhielt. Zum Kommandanten von Ratzeburg hatte der
Herzog Anfang März 1693 den Brigadier V. BOBART ernannt, einen
seiner fähigsten Offiziere, Chef des Artilleriekorps und Sachverständigen in
Befestigungsangelegenheiten. Seine abfällige Beurteilung des in Ratzeburg
Geschaffenen hatte Georg-Wilhelm oft
geärgert. So hatte Bobart die Artillerieausstattung - 123 - Geschütze
für zu stark erklärt, da man zur Bedienung nicht "halb Leute genug" habe. Als
Roger die Festung schon für "imprenable" erklärte, fand Bobart sie noch kaum
verteidigungsfähig. Den Mangel einer Flottille hatte er gerügt. Mit geringer
Freude übernahm er nun den Posten. "Lieber hätte er im offenen Feld gegen den
Feind gekämpft." Seine Laune wird es nicht gebessert haben, daß Georg-Wilhelm am
20. Mai 1693 den Generalleutnant Boisdavid als
Gouverneur über ihn stellte. Die Boisdavid(Luc)schen Kompanien waren der Rest
des II. Bataillons, das 1692 in der Schlacht bei
Steenkerke sich sehr aus
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gezeichnet, 3 Kanonen und 3 Fahnen erobert, dafür aber auch
stärkste Verluste gehabt hatte. 2 Offiziere 100 Mann
blieben gefechtsfähig, so daß die Truppe in 2 Kompanien formiert
in die Heimat geschickt und durch das I. Bataillon, de Luc, ersetzt wurde.
ERNST-AUGUST VON HANNOVER lieh dem Bruder 12 Kompanien, von denen
aber nur 4 nach Ratzburg durften, da von den andern 4 aus ungeübten Rekruten
bestanden, die letzten 4 zwar alte Leute, aber dem Kurfürsten für
den Festungskrieg zu schade waren. Dagegen erklärte WOLFENBÜTTEL nach vielem
Drumherumreden endlich am 24. Juli 1603, daß es sich
an der Verteidigung Ratzeburgs nicht beteiligen werde und seine dortigen
Kompanien nach Mölln und Lauenburg zurückziehe. Sehr traurig waren die andern
über ihr Scheiden nicht. Es war bereits in einer Zusammenkunft zu Engersen
verabredet, die Wolfenbütteler Offiziere zu entwaffnen und die Mannschaft zu
verteilen.
Eigenartig benahm sich MECKLENBURG-SCHWERIN (nicht zu verwechseln mit dem
heutigen Lande des Namens. Es war nur die Hälfte, die andere hieß
Mecklenburg-Güstrow; zu dieser gehörte das rechte Elbufer zwischen Lauenburg und
Amt Neuhaus). Dännemark hatte es verstanden[,] das Mißvergnügen des Schweriner
Hofes über Georg-Wilhelms Eindringen in Lauenburg und seine mannigfachen
Übergriffe auf den Domhof bis hart an die Grenze offener Feindseligkeit zu
steigern. Brandenburg begütigte dagegen nach Kräften, versprach auch Celle
Waffenhilfe, die allerdings nur schwach sein konnte, da Friedrichs III. Truppen
meist in fremdem Sold fochten. Auf
Vermittelung Englands, der Niederlande und vor allem des Kaisers wurde stark
gehofft.
So kam der August herbei. Georg-Wilhelm hatte von vornherein die
Kriegshandlungen lediglich auf Behauptung Ratzeburgs beschränkt. Mölln kam wegen
des Verfalls seiner Werke nicht in Frage; Neuhaus, das 1689 neu befestigt war,
hatte man später zugunsten Ratzeburgs ziemlich von allen Verteidigungsmitteln
entblößt. Was an Truppen, besonders Kavallerie, noch übrig blieb, wurde westlich
des Elbufers verteilt, um ein Übergreifen des Krieges auf die Stammlande, das
übrigens nicht erwartet wurde, zu verhindern. Die Zivilbeamten blieben auf ihrem Posten und taten mit großer Aufopferung ihr Bestes, um die feindlichen
Bewegungen zu erkunden und nach Celle zu melden. In Lübeck saß der
Materialverwalter für Ratzeburg, Paul Vermehren, und sorgte umsichtig für
Nachrichtenvermittelung zur und von der Feste, Geldsendungen und ein Spähernetz
von Forstbeamten und Agenten mit "Kickers" und "Fernsehern". Ein
brandenburgisches Hilfskorps unter Generalleutnant v. d. Marwitz sammelte sich
in der Priegnitz bei Lenzen. Es umfaßte allerdings nur 3 Kompanien
Gardes-du-Corps, 5 Kompanien Garde zu Fuß und 3 Kompanien Dragoner.
DÄNEMARK hatte einen Teil seiner Streitkräfte, die auf 12000 Mann,
wohl etwas zu
hoch, geschätzt wurden, bei Oldesloe versammelt. Es waren die in Jütland,
Schleswig, Holstein und auf der Insel Fünen garnisonierenden Regimenter. Die
Kriegsflotte hatte die von Seeland gebrachten Truppen bei Travemünde gelandet.
Lübeck hatte keinen Widerstand entgegengesetzt, vielmehr gegen das Zugeständnis,
das "Commercium" auf der Stecknitz und Elbe solle nicht gestört werden, durch
Kommissare und Aushilfe mit Kanalkähnen den Dänen den Vormarsch, vor allem für
die schwere Artillerie, erleichtert. GeorgWilhelm halte freilich die Schleusen
des Stecknitz - Delvenau - Kanals unbrauchbar machen lassen und in einer Schanze
am linken Elbufer bei Hoopte Geschütze zur Sperrung des Stromes aufgestellt, die
auch Dank dem niedrigen
Wasserstand die Fahrrinne beherrschten. Generalfeldmarschall Baron v. Wedell
führte die dänischen Truppen, bei denen zeitweise auch der König war. Die
höheren Offiziere waren übrigens, wie bei Celle, vielfach Franzosen. Es waren
nicht immer ausgewanderte Hugenotten. Luc z. B. war katholisch. Oft hatte die
Strenge, mit der Ludwig XIV. den Zweikampf bestrafte, sie in die Fremde
getrieben, denn die französischen Edelleute waren arge Raufbolde und führten
ihre Ehrenhändel oft in ganzen Abteilungen durch. Jedenfalls gab dies
französische Element auf beiden Seiten der Kriegführung etwas Verbindliches. Man
bekomplimentierte sich und machte Geschenke. Gelegentliche Schüsse über die Elbe
von Bauern oder Posten wurden auf Beschwerde gestraft und entschuldigt.
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