Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1930


Die Garnisontruppen des Herzogtums Lauenburg.

Von U. V. RUNDSTEDT.

III. DIE HANNOVERSCHE ZEIT.
 

Am 12. August 1693 wurde RATZEBURG VON 2 DÄNISCHEN KAVALLERIEREGIMENTERN "berannt", d. h. in weitem Umkreis abgesperrt, doch konnten bis zum 17. noch auf dem Wasserwege Boten mit Geld und Briefen hinein. Die dänische Infanterie wartete in einem Lager bei der St. Georgsberger Ziegelei das Eintreffen der Belagerungsartillerie ab, die, auf der Stecknitz befördert, am 15. zur Stelle war. Folgenden Tages fing der Feind am hellen Tage an zu schanzen, was ihm die Festungsgeschütze hätten verwehren können. Doch zog man es in Ratzeburg vor, sich begriffsstutzig zu stellen und durch den Regierungspräsidenten zu verhandeln, dem gegenüber Wedell versicherte, er hätte Befehl, keine Hostilitäten zu verüben. Noch am 20. August, als rings um die Festung die Batterien aufgeworfen und mit schwerem
Geschütz bestückt waren, "flattierte" man sich in Ratzeburg, "die Dähnen würden die Extremität nicht ergreifen und uns feindlich traktieren". Umso peinlicher war die Überraschung, als am 21. August 6 Uhr vormittags auf ein durch drei Raketen gegebenes Zeichen die Belagerer das Feuer eröffneten. Sie waren sich klar, daß sie gegen die Werke wegen des großen Abstandes nichts ausrichten könnten und versuchten es mit einem Bombardement des Stadtinneren durch Feuerkugeln. Diese fanden an den mit Erntevorräten vollgestopften, strohgedeckten Scheunen reiche Nahrung. Nach zwölf Stunden lag die ganze Stadt bis auf wenige Häuser in Asche. Im übrigen war der Erfolg nicht bedeutend. Abgesehen von einer Batterie bei der Herrenstraße, die zu dicht an


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den Häusern lag und wegen des Brandes geräumt werden mußte, waren die Werke unversehrt. Die Besatzung beklagte an Toten und Verwundeten 30 Mann, die Einwohnerschaft 7 Tote, die in einem unzweckmäßig angelegten Unterstand erstickten. In den folgenden Tagen war die Gegenwehr der Belagerten so erfolgreich, daß Wedell sich am 23. August auf einen Waffenstillstand einließ. Danach durften beide Teile nicht an den Werken arbeiten, taten es aber doch ziemlich ungescheut. Inzwischen gingen in Hamburg Friedensverhandlungen ihren Weg. Die dänischen Forderungen: gänzliche Räumung des Herzogtums durch die Welfen und Zahlung von 1 Million Taler Entschädigung, wurden unter dem Druck der gegen Frankreich Verbündeten gemindert. Bald fanden die Kriegführenden Grund zu schnellem Abschluß. Die Dänen litten unter Krankheiten und in Celle wußte man, daß die Vorbereitungen zu einem Sturm mittels Schiffen, die von Lübeck und Mölln in den See geschafft waren, vor ihrer Vollendung standen. Der Garnison traute man wohl nicht viel Widerstandsfähigkeit zu. Die Ausschüsse waren schlecht ausgerüstet, die Hannoveraner unlustig, die Cellischen Kerntruppen gering an Zahl. Boisdavid hatte nicht gewagt, gegen Plünderung der Hecresbestände und des bürgerlichen Eigentums einznschreiten. Vom 10. September ab hatte man hin und wieder einige Schüsse gewechselt, zwischen dem 16. und 21. September nahm das Feuer aus den Werken der Festung sogar ziemliche Stärke an, während die Dänen sich zurückhielten. An Stückzahl waren sie mit 90 Geschützen den 120 der Belagerten auch nicht gewachsen. Die letzte Septemberwoche verlief wieder ruhig; am 30. meldete der cellische Unterhändler aus Hamburg den Abschluß des Friedens. Die Bedingungen waren hart genug: 200 Mann Besatzung durften im Herzogtum bleiben, Ratzeburgs Werke aber mußten binnen 3 Wochen geschleift sein. Damit fing die Besatzung sofort an. Sehr gründlich wurde nicht gearbeitet. Alles drängte zudem aus dem unwirtlich gewordenen Ratzeburg fort. Am 11. November war nur noch die Kompanie des neuen Kommandanten, Hauptmann Knebel vom Regiment La Motte, da. Sie behalf sich in Hütten, Hohlräumen der Befestigung und während der Belagerung südlich der Herrenstraße gebauten Unterständen. In Mölln, wo die Regierung viel Platz beanspruchte, lag eine 2. Kompanie: Melville.

Als der Friede von Riswyk 1697 eine KAMPFPAUSE brachte, die bis 1702 dauerte, versuchte Georg-Wilhelm noch, den Stab des Regiments de Luc, das nun La Motte ablöste, nach Ratzeburg zu legen, mußte ihn aber wegen Wohnungsknappheit nach Mölln schicken. In ersterer Stadt wurde Major Mäder Kommandant, dessen Kompanie unter Stabskapitän Klauen die Besatzung bildete. Mölln belegte die Kompanie La Folcade, die 1698 mit der Kompanie la Porte in Neuhaus tauschte. 2 Dragoner-Kompanien vom Regiment Villiers, die eine Zeitlang im Herzogtum lagen und übertriebene Lieferungsansprüche stellten, mußten in die linkselbischen Gebiete zurückgenommen werden.

Endlich bot 1700 der holsteinisch-dänische Krieg Georg-Wilhelm GELEGENHEIT ZUR RACHE für 1693. Während seine und schwedische Truppen bei Pinneberg den Dänen gegenüberstanden, schickte er den Major de Gauvain mit seinem Regiment nach Ratzeburg und ließ zugleich Rogers die Wiederinstandsetzung der Werke beginnen. Dänemark mußte im Frieden von Traventhal in die Aufhebung der Beschränkungen von 1693 willigen. Luc wurde wieder Kommandant. Die Besatzung stieg auf 3 Kompanien: Leibkompanie, St. Aubain und Major Melville. In Mölln stand die Kompanie de Lescour, in Lauenburg die Kompanie de Vigneulles, wo auch eine Wolfenbüttelsche Kompanie, Major Hofmann, bis 1702 blieb, als bei Wiederausbrnch des Krieges gegen Ludwig XIV. die Braunschweiger dessen Partei zu nehmen versuchten, aber durch überraschenden Vormarsch der anderen welfischen Vettern zur Abrüstung gezwungen wurden. de [sic!] Luc ging am 8. August 1702 an den Rhein
ab; ihn ersetzte Oberstleutnant de Gauvain.

Wegen des KRIEGES ZWISCHEN KARL XII. VON SCHWEDEN UND RUSZLAND - POLEN - DÄNEMARK, der stets Celle-Hannover in Mitleidenschaft zu ziehen drohte, gewann die Festung Ratzeburg erhöhte Bedeutung. Dem entsprechend wurde die Besatzung verstärkt. Stets wechselten bis zum Friedensschluß neu gebildete oder abgekämpfte Regimenter. Meist waren 5 Kompanien in der Stadt; eine drückende Last für die Bürger. Mölln und

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Lauenburg standen oft leer. 1703 war das junge Regiment Melville mit den Kompanien Scharffenberg, St. Aubain, Laporte und Knebel dort, die noch im gleichen Jahr mit den Kompanien Mauw, Bachele und Monroy tauschten. 1704 rückte das Regiment v. Hodenberg ein, dessen Major v. Schönberg Kommandant wurde; Kompanien: Schönberg, Bothmer und Westfeld. 1707 ging wieder dieses Regiment ins Feld und wurde durch 3 Kompanien Hitzfeld: Leibkompanie, Oberstleutnant Tilo, zugleich Kommandant, und Sprintz. ersetzt. 1710 nahm das Regiment Campe die Stelle von Hitzfeld ein und blieb bis 1714. Die Garnison erreichte ihren Höchststand, als 1711 und 12 die Russen und Dänen, 1713 die Polen und Sachsen durchzogen. Mölln und Lauenburg waren geräumt.

1713 endete der Spanische Erbfolgekrieg, und das hannöversche Hilfskorps - Georg-Wilhelm war 1705 gestorben und sein Land mit Hannover vereinigt - kam nach Hause. Brigadier du Breuil belegte mit 5 Kompanien Ratzeburg, mit 2 Mölln. du [sic!] Breuil wurde 1716 Generalmajor; seine durch den Krieg verwilderten Offiziere erlaubten sich mannigfache Ausschreitungen gegen die Bürgerschaft, preßten Rekruten, setzten Einwohner rechtswidrig in Arrest usw. In Mölln standen als Kommandanten 1714-16 O'Neil, 16-19 Obstlt. v. Rantzow. Zwistigkeiten des Herzogs Karl-Leopold von Mecklenburg mit seinen Ständen gaben dem Kaiser Anlaß, 1719 ein EXEKUTIONSKORPS HANNÖVERSCHER TRUPPEN einrücken zu lassen. So verließ auch du Breuil Ratzeburg. 3 Kompanien Hitzfeld unter Oberstleutnant von Wrangel traten an seine Stelle. Nach Abschluß der Exekution 1720 wurden diese wieder vom Regiment v. Behr ersetzt, von dem aber nur 3 Kompanien - Leibkompanie, Ellinghausen und Knoron - nach Ratzeburg kamen, 2 nach Mölln und je 1 nach Lauenburg und Neuhaus.

In den nun kommenden Friedensjahren hörte der ständige Wechsel auf. Es seien daher einige Angaben über das WESEN DER HANNÖVERSCHEN ARMEE eingefügt. Obwohl aus Geworbenen zusammengesetzt, verfügte sie neben einem moralisch und kriegswissenschaftlich hochstehenden Offizierkorps über so anständiges Mannschaftsmaterial, daß zum Erstaunen Friedrich Wilhelms I. von Preußen, obwohl die Leute wußten, daß ihre Offiziere sie nicht prügeln durften, sie dennoch Vortreffliches leisteten. Die Regimenter hatten 7 Kompanien. Nummern gab es weder für diese noch jene; sie führten den Namen des jeweiligen Chefs. Die UNIFORM, anfänglich in allen Regenbogenfarben (z. B. Gauvain: grüner Rock mit rotem Aufschlag und Futter, Boisdavid: weißer Rock mit grün, Ranzow: roter Rock mit orange) waren jetzt durchweg ROT MIT VERSCHIEDENEN AUFSCHLAGS- UND FUTTERFARBEN, z. B. Behr: schwarze Aufschläge und Futter. Die FAHNEN: 1 Regimentsfahne mit dem Königlichen Wappen auf weißem Grund und 7 Kompaniefahnen nach Belieben des Chefs (z. B. du Breuil: Pallas auf dem Throne, davor ein junger Held mit Schwert, dem sie einen Lorbeerkranz aufsetzt; Gauvain: Felsen, auf dem [sic!] Pfeile zufliegen, von denen aber die meisten zerbrochen am Fuße liegen). Die DIENSTZEIT  endete erst mit eingetretener Dienstunfähigkeit. Für dic Invaliden wurde gut gesorgt. Infanterie lag in den Städten, Kavallerie auf dem flachen Lande (im Herzogtum Lauenburg wegen Futtermangels nach dem Landesrezeß von 1700 gar keine), Artillerie in den Festungen. Die Stabsoffiziere hatten Anspruch auf ein ganzes Haus als !Quartier, die anderen auf eine bezw. mehrere Stuben. Die Mannschaften lagen meist in Bürgerquartier, seltener in Baracken. Der FRIEDENSDIENST bestand außer der kurzen Exerzierzeit vor der Revue und etwaigen Manövern meist nur im Wachdienst. Privatbeschäftigung der Mannschaft in allerlei Gewerben war zwar verboten, wurde aber trotz aller Klagen der Bürger vielfach geduldet.

Die LOGIERUNGSLISTE von 1733 ist erhalten. Danach standen in Ratzeburg außer den aufgeführten noch die aus Neuhaus gekommene Kompanie Clement und an Artillerie Kapitän Hillefeld mit 1 Leutnant, 1 Fähnrich, 1 Stückjunker, 2 Feuerwerkern, 1 Korporal, 12 Konstablern, 1 Rüstmeister und 1 Wallmeister. General v. Behr starb 1734. Sein Nachfolger wurde Oberst v. Maider, der mit dem Regiment zur Teilnahme am POLNISCHEN ERBFOLGEKRIEG 1734-35 an den Rhein marschierte, während von Buxtehude kommend, das Regiment Bachele die Lauenburgischen Garnisonen belegte. Am


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17. April 1734 rückten die Kompanien Oberst v. Berward, Major v. Derenthal, Hauptmann v. Staffhorst und Hauptmann Bonn in Ratzeburg ein. Mölln nahm den Stab, Leibkompanie und Hauptmann v. Zastrow auf, Zarrentin Hauptmann v. Hohroth. (Hannover hielt die westlichen Ämter Mecklenburgs bis zur Erstattung der Exekutionskosten besetzt.) Lauenburg bekam eine Kompanie des Regiments v. Ranzow, ebenso Neuhaus und Stapel zusammen eine; die anderen standen links der Elbe. Schon im nächsten Jahr wurde aber Ranzow Kommandant von Ratzeburg. Er nahm dorthin die Leibkompanie, Oberstleutnant Mäder und Hauptmann Monroy mit. Dafür gingen von Bachele, nunmehr v. Berward, eine Kompanie nach Artlenburg, 2 nach Lauenburg, eine ins Lüneburgische. Aus Neuhaus und Stapel ging Hauptmann Reiche nach Ratzeburg. Ihn ersetzte eine Kompanie des zurückkehrenden Regiments v. Maider, das im Polnischen Erbfolgekrieg keine Gelegenheit zum Lorbeerpflücken gefunden hatte, weil der greise Prinz Eugen keine Schlacht mehr wagte. 1737 wurde das Regiment v. Bernard gelegentlich der Musterung zu achttägigem Exerzieren bei Lauenburg zusammengezogen. Die Leibkompanie lag in Buchhorst, Stab und Oberstleutnant v. Sydow in Krüzen, v. Zastrow in Lanze., v. Hohroth in Schnakenbek und Bonn in Juliusburg in Quartier. Auf den Höhen östlich Artlenburg fanden die Übungen statt.

Die ARTILLERIE IN RATZEBURG wurde stark vermehrt. 1737 stehen dort unter Major Hillefeld die Hauptleute de la Roche, Hermann, Stiede, Heiliger und Knop, Leutnant Braun und die Ingenieure Hauptleute Michaelsen, Person und Leutnant du Plat. 1738 trat Oberst v. Berward an Ranzows Stelle, der starb; aber nur bis zum 16. Februar 1739, als Oberst v. Maider ernannt wurde, allerdings mit der Erlaubnis in Mölln wohnen zu bleiben, wo er im Vorjahr eingerückt war. Die Kommandantenwohnung über dem Lüneburger Tor war zwar bombensicher, aber ungesund. Nach einigen Jahren, als die neue Wohnung im großen Garten am Ratzenschwanz fertig war, zog Maider hinein und starb dort am 17. Juni 1746, 72jährig, als Generalmajor.

1739 waren nach Ratzeburg gegangen: Leibkompanie, Obstlt. v. Diepenbroich v. Zastrow, Bonn und v. Staffhorst. Maiders Tod fiel in die Zeit des ÖSTERREICHISCHEN ERBFOLGEKRIEGES, an dem die hannöverschen Truppen als Verbündete Maria-Theresias teilnahmen. So auch das Regiment v. Zastrow, dessen Chef am 24. Juli 1746 zum Kommandanten von Ratzeburg ernannt wurde. Ende 1748 rückte er nach Friedensschluß mit der Leibkompanie, Major Otte, Hauptleute v. Bothmer, v. Meding und v. Scharnhorst, ein. Mölln bekam 2 Kompanien, Obstlt. v. Polier und Hauptmann v. Rieben. In Lauenburg standen 2, in Neuhaus und Stapel zusammen 1 Kompanie des Regiments v. Hohhorst, dessen Stab in Winsen a. Luhe lag.

Zastrow war 1747 Generalleutnant geworden. Er blieb bis zum 20. Juni 1756, wo er das Gouvernement von Stade übernahm. Im SIEBENJÄHRIGEN KRIEG war er bis zu seinem Tode General der Infanterie. Sein Nachfolger, Generalmajor Graf v. Kielmannsegge, mußte im selben Jahr sein Regiment mit einem Hilfskorps nach England  nehmen, wo man eine französische Landung befürchtete. Ratzeburg und Mölln bekamen inzwischen ein neu gebildetes Füsilier-Regiment von 7 Kompanien unter Oberstleutnant v. Halberstadt. Die Artilleriebesatzung bestand aus Hauptmann Schröder mit Leutnant Hagen und den Fähnrichen Abrahamson und Bonn. Ingenieure waren
die Hauptleute du Plat, Bühne und Michaelsen und die Fähnriche Crotogino und Bühne. Außer du Plat kommen alle Ingenieurnamen schon unter den Erbauern 1690-93 vor. Man sieht, wie zunftmäßig diese Waffe noch abgeschlossen war. 1757 rückte das Füsilier-Regiment zur Armee nach der Weser ab. In Ratzeburg wurde eine Invalidenkompanie errichtet. Die Mißerfolge des englisch-hannöverschen Feldherrn Herzog von Cumberland ließen es nicht unmöglich erscheinen, daß Ratzeburg eine französische Belagerung aushalten müsse. Zwei Landkompanien des linkselbischen Ausschusses - Major v. Geyso und Rittmeister v. Loesicke - wurden zunächst nach Ratzeburg gelegt. Die glückliche Wendung der Operationen, nachdem Herzog Ferdinand von Braunschweig den Oberbefehl übernommen hatte, lieferte aber statt französische Belageren einige Hundert Kriegsgefangene, bei deren Bewachung sich die Ausschüsser nützlich machen konnten. Die Festung hatte damals 38 Geschütze, aber keine


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Artilleristen. Aus Invaliden wurde daher in Harburg ein Festungsartillerieregiment zusammengestellt, von dem auch eine Abteilung nach Ratzeburg kam. 1758 wurde die Invalidenkompanie nach Hameln geholt, die Ausschüsser waren auch weg, so daß die halb vergessene RATZEBURGER "BÜRGERKOMPANIE" noch einmal zusammengestellt werden mußte. Nur für einige Wochen, dann kamen 2 Landkompanien hin, und 1761 trat als Neuformation das 4. Garnisonbataillon v. Schulz den Besatzungsdienst an.

Das REGIMENT KIELMANNSEGGE UND DIE FÜSILIERE haben an den vielen hervorragenden Waffentaten der Hannoveraner im siebenjährigen Kriege keinen rechten Anteil gehabt, weil Kielmannsegge als selbständige Führerpersönlichkeit meist zu Entsendungen gebraucht wurde und so bei den Hauptschlachten abwesend war, die Füsiliere aber im Kleinkrieg Verwendung fanden. An dem verhältnismäßig unbedeutenden GEFECHT BEI LUTTERBERG am 10. Oktober 1758 beteiligte sich das Füsilier-Regiment. Auf dem Rückzug von französischen Kürassieren attackiert, machte es die Reiter, weil die Kürasse die Kugeln abhielten, durch Bajonettstiche gegen die Pferde kampfunfähig und schlug die Gestürzten mit Kolben tot. Der Kommandeur, Oberst v. Ferßen, wurde verwundet gefangen, die Hauptleute v. Stemshorn und v. Hademstorf von der Ratzeburger Garnison fielen. Im ganzen waren 80 Tote, 95 Verwundete, 52 Vermißte (die sich meist wieder anfanden) zu beklagen.

Noch verlustreicher gestaltete sich das Gefecht bei DRECKMÜNDE am 13. September 1760. Ein Streifkorps war aus französische Übermacht gestoßen und mußte sich den Rückzug erkämpfen. Dieser war, da der Feind schon auf drei Seiten die kleine Schar umzingelte, nur nach der linken Flanke durch unwegsames Bergland möglich, wobei Geschütze und Wagen stehen gelassen wurden. Die Füsiliere verloren fast alle Offiziere. Ferßen fiel mit 7 Wunden.

1763 nach FRIEDENSSCHLUSZ übernahm Kielmannsegge für den verstorbenen v. Zastrow das Gouvernement von Stade; der für Ratzeburg bestimmte Generalleutnant v. Diepenbroich der schon früher dort gestanden hatte, dankte in Erinnerung an jene Zeit, und so wurde GENERALMAJOR V. AHLEFELD ernannt. Dessen Regiment war aus den Füsilieren und dem 2. "Neuen" Regiment zusammengesetzt. Siegfried Ernst v. Ahlefeld, 1721 als Sohn eines hannöverschen Hofbeamten geboren, war in die Garde zu Fuß eingetreten und hatte sich im letzten Krieg als Regimentskommandeur und später als Führer von Brigaden und selbständigen Abteilungen hohen Ruhm erworben. In der Schlacht bei Minden, 1. August 1759, hatte sein Garde-Regiment attackierender französischer Kavallerie 6 Standarten abgenommen und daneben über 100 goldene
Uhren! Ahlefeld hatte das Gut Steinhausen bei Wismar und lebte den Sommer über dort. In Ratzeburg führte er ein großes Haus, ebenso liebenswürdig und gebildet wie tapfer, und war bei der Bürgerschaft hochgeschätzt. Sein Regiment bekam 1763 die Nr. 13. Es zählte in 2 Bataillonen zu je 6 Kompanien 711 Köpfe. Das 1. Bataillon stand in Ratzeburg,  1 Kompanie in Mölln, das II. in Lauenburg mit 1 Kompanie, der Rest links der Elbe. 2 Artilleriekompanien, Hauptmann Hagen und Bonn, und eine Ingenieur-Abteilung unter Hauptmann v. Person vervollständigten die Besatzung. 1776 wurde Ahlefeld Generalleutnant, 1788 General der Infanterie. Wiederholt mußte er bei
Lüneburg Manöver leiten, wozu damals Lager aufgeschlagen wurden. Das ganze Programm war bis in die Einzelheiten vorher festgelegt.

1787 wurden die UNIF'ORMEN SO ABGEÄNDERT, wie sie bis 1804 geblieben sind. Ahlefeld hatte zum roten Rock weißes Futter und silberne Tressen, weiße Weste und Hose, schwarze Gamaschen und am Hut eine weiße Borte. Die Artillerie trug hellblaue Röcke mit weißem Futter, roten Aufschlägen und Rabatten. Das Garnisonbataillon Ratzeburg, aus 3 Kompanien zu 200 Invaliden bestehend und nur im Kriegsfall einberufen, wurde in rote Röcke mit dunkelgrünen Aufschlägen etc., strohfarbenen Hosen und Westen gekleidet. Später wurden Hose und Weste weiß, die Aufschläge etc. rot.

1792 starb Ahlefeld am 7. Februar, 70 Jahr 8 Monat alt. Der König ernannte den Generalmajor v. Bessel unterm 31. März zu seinem Nachfolger: Bessel starb auch schon 1795. OBERST V. SCHEITHER übernahm nun das Regiment und behielt es bis zur Auflösung 1804. Er führte es zu der infolge des Baseler Friedens in Norddeutschland gezogenen Demarkationslinie,


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von der es den Abschnitt an der Hunte besetzte. Bis zum 30. April 1805 dauerte diese Abwesenheit, wobei die Quartiere häufig wechselten. Nach dem Frieden von Luneville fiel die Notwendigkeit der Absperrung fort, und die Truppen kehrten in die Friedensgarnisonen zurück.

Scheither war 1798 Generalmajor geworden. Schon sein Urgroßvater hatte im dreißigjährigen Kriege als Artillerieoffizier unter Herzog Georg von Braunschweig gedient, sein Vater sich als Freikorpsführer im siebenjährigen Kriege hohen Ruhm erworben. Nach der PREUSZISCH-HANNÖVERSCHEN KONVENTION über die Besetzung Hannovers sollte das Herzogtum Lauenburg, ohne Amt Neuhaus, von Preußen besetzt werden, da ein dänisches Korps unter Prinz Karl von Hessen schon zum Einmarsch bereitstand. Das Regiment Scheither blieb aber demobil gemacht in seinen Standorten. Durch Verringerung der Armee wurde es Nr. 11.

Schon 1803 mußte die hannöversche Armee erneut gegen französische Bedrohung zusammengezogen werden. Am 31. Mai stand das II. Bataillon 11 in der Armeereserve unter Generalleutnant v. Diepenbroick bei Marxen, während das I. in Ratzeburg blieb. Nachdem die gesamten Truppen aber durch Vereinbarung zwischen Marschall Mortier und der hannöverschen Regierung über die Elbe zurückgenommen waren, kam das II. Bataillon nach Mölln, später nach Büchen. .

Unter den in großen Lägern bei Wentorf, Hamwarde und Lauenburg zusammengehaltenen linkselbischen Formationen wurde stark gewühlt, so daß es zu MEUTEREIEN DER KAVALLERIE kam. Dies veranlaßte den General v. Walmoden, mit Mortier die ARTLENBURGER KONVENTION zu schließen, wonach alle Truppen in die Heimat entlassen wurden. Am 24. Juni rückten die ersten Franzosen in Ratzeburg ein. Teile der Hannoveraner traten in die englische Legion ein. So vom Regiment 11 der spätere General v. Wynecken, der 1849 noch die erste Eroberung der Düppeler Schanzen mitmachte und 1853 in Verden als Kommandeur der 2. Infanterie-Division starb; General v. Berger, der 1810 verwundet auf Halbsold gesetzt wurde (von ihm werden wir noch hören); Oberstleutnant v. d. Becke, in Spanien zweimal schwer verwundet, gestorben 1837 in Celle. Die letzte Rangliste des Regiments 11 von 1803 enthielt: Generalmajor v. Scheither, Oberst v. d. Osten, Major Schuster, Hauptleute v. Hademstorf, v. Uslar, v. Schleppegrell, v. d. Becke, Cumme, v. Berger, Chüden, v. Ramdohr, v. Benoit und Roden.

Nach Zurückweichen der Reste von Napoleons großer russischer Armee im Frühjahr 1813 wurde auch Lauenburg frei. Major v. Berger bildete im März ein "LAUENBURGISCHES FELDBATALLION", als englische Truppe gekleidet und besoldet. Ende April wurde es durch 2 Kompanien zu 75 Mann vom Depot der "Legion" verstärkt. Schon im Mai ging General v. Tettenborn mit den noch gänzlich unfertigen Bataillonen "Lauenburg", "Lüneburg", "Bremen/ Verden" und Feldjägerkorps nebst Hamburger Formationen über die Elbe. Am 9. Mai erhielt das Lauenburger Feldbataillon die Feuertaufe bei einem ÜBERFALL DER FRANZOSEN AUF  OCHSENWÄRDER. 1500 Mann landeten in der Frühe und trieben 2 Hanseaten-Bataillone auf Fünfhausen zurück. Berger, von Bergedorf zur Unterstützung abgeschickt, drängte den Feind in die Boote zurück. Die Lauenburger büßten 13 Tote und 32 Verwundete ein. Ein zweiter Versuch bei ZOLLENSPIEKER am 13. Mai wurde Berger durch Überläufer verraten. Als 2 Uhr vormittags die erste Staffel von 200 Franzosen gelandet war und die Boote die zweite holten, nahm Berger die erste gefangen. Hierbei wurden alle Offiziere der 8. Kompanie verwundet, worauf die Sergeanten Bertram und Hoch die Führung übernahmen. Hoch hatte schon vorher nachts dem Feind mehrere Boote weggenommen. Ein dritter Versuch am 29. Mai glückte bei dichtem Nebel. Das vorbereitende Artilleriefeuer erzeugte eine Panik unter den Lauenburgern. In der Nacht vom 29./30. ging Tettenborn über Bergedorf auf Lauenburg zurück.

Der WAFFENSTILLSTAND VOM 4. JUNI zog die DEMARKATIONSLINIE von Travemünde die Steckenitz-Delvenau entlang bis Lauenburg. Am 17. August brachen die Feindseligkeiten wieder aus. Die englisch-deutsche 3. Division des Generals Lyon, zu der das "Lauenburger" Bataillon gehörte, stand bei Wittenburg-Lübtheen versammelt. Davout ging schon am 18. zum Angriff

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auf Lauenburg-Büchen und Mölln vor. Er gelangte bis Schwerin, befehligte aber dann eine STELLUNG LÜBECK-RATZEBURG- STECKENITZ, wo er sich bis zum Dezember hielt. Ein Korps unter General Pecheux, das linkselbisch nach Magdeburg sollte, wurde von General v. Walmoden am 16. September an der Göhrde abgefangen und aufgelöst nach Lüneburg zurückgejagt. Hierbei führte Oberstleutnant v. Benoit das Lauenburgische Feldbataillon, da Berger Generaladjutant geworden war. Als Davout schließlich über die Elbe ging, befahl der Kronprinz von Schweden, Führer der Nordarmee, in einer Besprechung zu Ratzeburg am 3. Dezember, Walmoden solle auf Oldesloe und von da zur Eider rücken, um den Dänen, die sich von Davout getrennt hatten, den Rückzug abzuschneiden. Letztere schlugen sich aber am 10. Dezember bei Sehestedt westlich Kiel auf Rendsburg durch. Die "Lauenburger" nahmen danach an der EROBERUNG DER FESTUNG GLÜCKSTADT teil und gingen am 21. Januar 1814 bei Blankenese über die gefrorene Elbe nach Buxtehude. Sie wurden zur EINSCHLIESZUNG HARBURGS verwendet, zunächst als Reserve in Stade, dann im Abschnitt Hittfeld-Lauenbrück. Ein französischer Ausfall am 31. März wurde abgeschlagen. Mitte April durch Russen abgelöst, zog die Division Lyon nach Bremen, von da als Besatzungstruppe in die Niederlande. Bataillon "Lauenburg" kam in die Provinz FLANDERN.

Bei WIEDERAUSBRUCH DES KRIEGES 1813 bildete es mit dem Bataillon "Calenberg" und den Landwehr-Bataillonen "Bremervörde", "Quakenbrück" und "Osnabrück" die Hannöversche Brigade unter General Lyon. Diese gehörte zum Armeekorps Hill. Ein LANDWEHRBATAILLON "RATZEBURG" war zur FESTUNGSBESATZUNG VON YPERN bestimmt. An der Schlacht bei Waterloo nahm das Bataillon "Lauenburg" nicht teil, weil es zur Sicherung der rechten Flanke Wellingtons nach Hal entsandt war. Es durfte aber das WATERLOOKREUZ AM TSCHAKO tragen. Die Uniform war die der britischen Legion: rote Röcke und lange weiße Hosen.

Auf der Verfolgung Richtung Paris nahm Bataillon "Lauenburg" an der ERSTÜRMUNG DER FESTUNG PERONNE teil und traf am 7. Juli im Lager von Bois de  Boulogne eiu. Nach Friedensschluß gehörte es zur Besatzungsarmee in Frankreich in der 2. Brigade, die sein alter Kommandeur Oberst v. Berger führte.

Ehe wir nun von den hannoverschen Truppenteilen scheiden, sei eine RANGLISTE DER BATAILLONE "LAUENBURG" UND "RATZEBURG" hierhergesetzt, umsomehr, als beide meist aus Eingeborenen des Herzogtums bestanden.

FELDBATAILLON "LAUENBURG": Kommandeur Oberstlt. v. Benoit; Major v. Holleufer, Hauptleute: Volgers, Hildebrand (gebürtiger Ratzeburger), v. Witzendorff, v. Reiche; Leutnants: Cumme (geborener Ratzeburger), Klencke, Voigt, Flügge, v. Berger (geborener Ratzeburger), Schneider, Spall, v. Hennings, Langreuter, Sontag, v. Wickede; Fähnriche: v. Bülow, v. Hantelmann, Dannert; Oberwundarzt Dr. Friedrichs; Assistenzärzte: Waack, Basse; Regiments-Quartiermeister: Cumme (geborener Ratzeburger).

LANDWEHRBATAILLON "RATZEBURG": Kommandeur: Major v. Hammerstein; Hauptleute: v. Bothmer, Meyer, Illing, v. Heimbruch; Leutnants: Cappe, Diederichs, Wille, Meine, Bethe, Schubert, Vicke; Fähnriche: Mecke, Halfeld, Hesse; Stabsfourier Stoebel, Assistenzarzt Ruhstaedt.

Nur wenige derer wurden in der hannöverschen Armee eingeschoben, die meisten verabschiedet.
 







 

 

 

 

 

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