Von Julius-Heinrich wissen wir schon, daß er
als Jüngling am SCHWEDISCHEN HOF Aufnahme gefunden hatte. Damals
war ihm bereits "das Gelbe vom Schnabel gewischet". Mit seinen
älteren Brüdern Franz-Julius und Ernst-Ludwig hatte der Vater
ihn 1600 auf die Hochschule in Helmstedt
geschickt, die damals in höchstem Ansehen stand. Nach
dreijährigem Besuch wurde Tübingen für 4 Jahre und
endlich die französische Universität Rouen 3 Jahre
besucht. Julius-Heinrich und Ernst-Ludwig gingen dann noch an
den englischen Hof. In Schweden machte ihn die
Ohrfeigengeschichte unmöglich, wenn auch Oxenstierna den
Zweikampf noch verhinderte. 1613 war das gewesen,
als der unglückliche Krieg gegen Dänemark, den Gustav-Adolf von
seinem Vater geerbt hatte, durch den Frieden von Knäröd beendet
war. Vielleicht haben also die beiden Brüder sich im Kampfe
gegenübergestanden. Denn Ernst-Ludwig führte ein Regiment in
dänischen Diensten.
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Julius-Heinrich hat bald danach den
LUTHERISCHEN GLAUBEN seiner Jugend ABGESCHWOREN. Man hoffte, so seine Wahl zum
Bischof von Osnabrück leichter zu bewirken. Ein Vetter, Herzog Philipp-Sigismund
von Braunschweig, schnappte ihm den Bissen weg. Der Wettbewerb um die
norddeutschen Stifter war schon viel zu stark, als daß die Lauenburger, wie
früher z. B. in Bremen, ihre nachgeborenen Prinzen unterbringen konnten. Die
erforderlichen Bestechungsgelder an die wählenden Domherren überstiegen die
Mittel des verarmten Fürstenhauses. Kaum, daß noch die Welfen und Hohenzollern
gegen den reichen Dänenkönig aufkommen konnten.
Nachdem diese friedliche Laufbahn ihm versperrt war, wählte Julius-Heinrich den
waffendienst. Nun einmal katholisch geworden, konnte es ihm UNTER HABSBURGER
FAHNEN nicht fehl gehen. 1618 mußte Ferdinand II. rüsten, um in
Besitz der abgefallenen Erbländer Böhmen, Mähren, Schlesien und Österreich zu
gelangen. 1617
hatte Julius-Heinrich schon eine "einschichtige" - d. h. nicht im
Regimentsverband stehende - Kompanie von 100 Reitern im
habsburgischen Heer geführt. Nun erhielt er, am 9. Juni 1618,
ein Werbepatent für 3000 hochdeutsche Knechte. In Niederösterreich
brachte eir die Truppe zusammen· Eine Kürassierkompanie stellte er auch noch -
ungewiß, ob es die von 1617 war -. Ein Rittmeister Oeller
befehligte sie. Die Waffen für die Knechte wurden ihm aus dem Zeughaus
geliefert. In der Regel mußte der Oberst sie selbst beschaffen. Die Truppen
fochten 1618 und 19 unter Oberst Dampierre in
Böhmen, später in Niederösterreich gegen die Heere Thurns und Bethlen-Gabors,
gehörten auch 1619 zur Besatzung von Wien, als Ferdinand hier von
seinen aufständischen Untertanen belagert wurde. In der ENTSCHEIDUNGSSCHLACHT AM
WEISZEN BERG vor Prag, 8. November 1620, stand
Julius-Heinrich mit seinem Regiment im dritten Treffen, mit dem Regiment Nassau
in einem Viereck vereint. Da die Schlacht nur kurz war, haben diese Teile wohl
nicht wesentlich im Feuer gestanden.
Bald danach, am 24. Dezember. bekam Julius-Heinrich eine
BESTALLUNG AUF 500 REITER. Es sind die von 1621 ab
von Franz-Albrecht als Oberstleutnant geführten Kürassiere. Obwohl mit der
Unterwerfung der abgefallenen Kronländer eigentlich der Krieg zu Ende war, warb
der Kaiser doch weiter, da er das Eingreifen des Auslandes befürchtete und auch
wohl damals schon die Demütigung seiner innerpolitischen Gegner ins Auge gefaßt
hatte. Er wußte, wie wenig Kampflust und Tatkraft er sich bei letzteren zu
versehen hatte.
Im Dezember 1619 war eine GESANDTSCHAFT AN DIE NORDDEUTSCHENN
PROTESTANTISCHEN HÖFE abgegangen, bestehend aus Julius-Heinrich und dem
Reichshofrat Hyronimus v. Elvern. Sie sollte zunächst vom Kurfürsten von Sachsen
Hilfe gegen Bethlen-Gabor erbitten. Jener lehnte ab. Mehr Glück hatten die
Gesandten beim Administrator Christian-Wilhelm in Magdeburg, dem Herzog
Franz-Ulrich von Braunschweig in Wolfenbüttel und bei König Christian IV.
von Dänemerk. Da fand ihr Ansuchen, dem "Winter- 1928/2 - 49
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könig" Friedrich V. keine Unterstützung zu
gewähren, williges Gehör. Alle diese Fürsten planten für sich oder ihre Familie
den Erwerb freiwerdender Stiftspfründen, wobei es ihnen sehr darauf ankam, den
Kaiser günstig zu stimmen.
Nach dem Siege fand in Böhmen die Einziehung des Besitzes jener Edelleute statt,
die unter Thurns Führung am Ausstand teilgenommen hatten. Wenn auch der Kaiser
diese Ländereien nicht, wie man vielfach meint, an seine Anhänger verschenkte,
so war es doch schon Gnade genug, daß diese sie für einen Schleuderpreis kaufen
durften. Julius-Heinrich erwarb 1620 die in Nordwestböhmen
gelegene HERRSCHAFT SCHLACKENWERTH. Er hat dazu wohl auch das Geld seiner ersten
Frau verwendet. Sie, Anna, geborene Gräfin von Ostfrieslaud, hatte schon zwei
Gatten begraben: den Pfalzgrafen Friedrich IV. und den Markgrafen
Ernst-Friedrich von Baden-Baden. Sie selbst ist im April 1623
schon tot. Wegen ihres Heiratsguts prozessierte Julius-Heinrich später jahrelang
mit Baden.
Dieser häuslichen Verhältnisse wegen überließ Julius-Heinrich die Führung seiner
Regimenter zunächst seinen Oberstleutnants. 1621 war noch ein in
Böhmen geworbenes Kürassierregiment hinzugekommen. 1622 stand das
Fußregiment in Ungarn in mehreren kleinen Festungen verteilt. Franz-Albrecht
focht in der Pfalz unter Tilly; und das 2. Kürassierregiment unter
Oberstleutnant Johann v. Mörder war dem Bischof von Straßburg und Passau,
Erzherzog Leopold von österreich, zugeschickt, der vom Elsaß aus gegen Mansfeld
vorging.
Es ist schon geschildert, wie Leopolds Heer vor Hagenau geschlagen und zerstreut
wurde. Das Regiment Sachsen meuterte, und ein Teil ging zu Mansfeld über. Der
Rest wurde aufgelöst, wobei die Geldbeschaffung große Schwierigkeiten machte.
Julius-Heinrich und seine Kompaniechefs sollten für 57 000 Gulden
Kleinodien und
Silbergeschirr in Zahlung nehmen. Sie bequemten sich schließlich zur Anrechnung
von 25 000 fl. an Silbergeschirr für Julius-Heinrich und
15000 fl. Kleinodien für die Rittmeister. Julius-Heinrich selbst war in
diesem Jahr in WITTENBERG, wo er dem Superintendenten Röber ins Stammbuch
schrieb: "OMNIA CUM TEMPORE. TOUT AVEC LE TEMPS." Die einschichtige
Kürassierkompanie wurde 1622 im Juni aufgelöst. Das Fußregiment
unter Oberstleutnant Loyßel wurde auf 2000 Köpfe herabgesetzt. Es
blieb mit Teilen in Ungarn bis 1625.
1623 warb Julius-Heinrich eine neue "einschichtige" Kompanie
Kürassiere in Böhmen, die nach 1624 nicht mehr erwähnt wird;
Leutnant Karl Sommer führte sie. Das Kürassierregiment unter Franz-Albrecht
stand 1624 in Böhmen und erregte durch AUSSCHREITUNGEN den
Unwillen des Kaisers. Die Schuld scheint Julius-Heinrich gehabt zu haben, denn
Wallenstein, zu dessen Korps das Regiment gehörte, schlug damals vor, es
Franz-Albrecht als Oberst zu übertragen.
Im Frühjahr 1625 hatte Julius-Heinrich sich zu diesem Regiment
nach den Niederlanden begeben. Bei der KAPITULATION VON BREDA am 5.
Juni befand er sich nebst Rudolf-Maximilian in dem glänzenden Stabe Spinolas. Im
gleichen Jahre vernichtete Christian
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von Braunschweig das vom Oberstleutnant
Bindauf geführte Regiment bei Plesse. Unverdrossen warb Julius-Heinrich ein
neues. Der Kurfürst von Sachsen erlaubte ihm, den Musterplatz in seinem Gebiet,
dem Amt Zweibach, aufzuschlagen. Später wurde ihm der Aufenthalt der zuchtlosen
Gesellschaft lästig, und er drang in Wien auf ihre Entfernung. Oberstleutnant
wurde wieder Bindauf, selbst ein sächsischer Vasall, in der Gegend von Leipzig
angesessen. Er schrieb an seinen Landesherrn häufig und ausführlich über die
Kriegsereignisse der nächsten Jahre. Das Regiment schlug sich gut. Wallenstein
überließ es Tilly, als er zur Verfolgung Mansfelds 1626 nach
Schlesien aufbrach.
So gehörte es zu den wenigen Truppenteilen, die an Tillys Sieg über die Dänen
bei LUTTER AM BARENBERGE am 17. August 1626
teilnahmen. Auf Grund des seinem Regiment hierfür gespendeten Lobes bat
Julius-Heinrich den Kaiser als Gnadenbeweis, nicht etwa um eine Belohnung,
sondern um Zahlung des rückständigen Soldes. Die
armen Leute waren übel daran. Während Wallensteins Heer sich nach dem
anstrengenden Feldzug in Ungarn in den schlesischen Quartieren erholen konnte,
mußten sich Julius-Heinrichs Regimenter - auch Teile des Fußregiments waren als
Besatzung in den Harzstädten - in dem kahlgefressenen Niedersachsen behelfen,
wobei sie das Schicksal aller verborgten Truppen: stiefmütterlich behandelt zu
werden, teilten.
In diesem Winter - 1626/27 - war Julius-Heinrich wieder auf
WERBUNG. Wallenstein hatte ihm und dem Markgrafen Johann-Georg von Brandenburg
das Gebiet um Nürnberg als Werbebezirk ür Reiter und Fußvolk zugewiesen. Am
28. März 1627 forderte Julius-Heinrich den Magistrat
der Reichsstadt auf, Abgeordnete nach Beyersdorf zu schicken, da er nächstens
mit seinen Truppen dorthin kommen werde. Letztere waren damals noch unbewaffnet,
verübten aber doch schon allerlei RÄUBEREIEN. So nahmen sie den Nürnbergern
30 Ochsen und 21 Wagen Wein weg, die zur Bewirtung
eines nach der Stadt ausgeschriebenen Deputationstages bestimmt waren. Noch
toller trieb es eine Abteilung markgräflichen Fußvolks und Lauenburger Reiter am
29. Mai. Sie zogen vor das Städtchen Velden, zum Landgebiet
Nürnbergs gehörig. Drei Trompeter bliesen das Städtchen an. Sie hatten dafür
sehr sinnige Weisen gewählt, nämlich: der erste: "Aus meines Herzens Grunde sag’
ich Gott Lob und Dank"; der zweite: "Dank dir, lieber Herre"; der dritte: "Der
Herr ist ein getreuer Hirt". Der tatkräftige Amtmann hatte die Mauern mit
Bürgern und geflüchteten Bauern besetzt und öffnete die Tore weder auf die
frommen Lieder der Trompeter noch auf die drohenden Bestellungen, die sie ihnen
folgen ließen. Nun brach die auf 1000 Köpfe geschätzte Bande
zweimal zum Sturm gegen die Tore vor, wurde aber beidemal blutig abgewiesen und
zog weiter. Die Sieger feierten ihren Erfolg dnrch ein Fest im Freien, wobei ein
Spottlied nach der Weise des Liedes "vom Räuber Lindenschmidt" gesungen wurde.
Als die Werbung abgeschlossen war, erpreßten die beiden Obersten durch den
VERTRAG VON HERZOGENAURACH, ihrem Quartier, 60 000 Gulden von
Nürnberg für das Versprechen, innerhalb acht Tagen
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ihre Söldner abzuführen. Die Musterung, deren
Kosten ebenfalls Nürnberg tragen mußte, fand in Thos bei Fürth statt.
Julius-Heinrich konnte nur 3 Kompanien von etwa 240
Pferden vorstellen. Am 22. Juni brachen endlich die ungebetenen
Gäste auf, nebst 60 Wagen voll Raub, für die Nürnberg noch die Bespannung
stellen mußte. Die Folgen ihres Aufenthalts waren einmal die Absage des
Deputationstages und weiter eine geharnischte Beschwerde des Kurfrüsten von
Bayern beim Kaiser.
Bindauf hatte inzwischen mit den alten Truppen ohne Glück bei HAVELBERG
gefochten, wo die Tillyschen besonders unter Hochwasser zu leiden hatten, das
tagelang die Zufuhren unmöglich machte. Bei LAUENBURG stießen sie wieder zu
Wallenstein, so daß Julius-Heinrich 10 Fähnlein zu Fuss, ein
Regiment (das alte) zu 10 Kompanien und ein (das neugeworbene) zu
5 Kompanien befehligte. Den Rest des Jahres 1627 und den größten
Teil von 1628 lag er mit ihnen vor der Festung Krempe. Dieser bei
Glückstadt in der Marsch gelegene, durch Überschwemmungen geschützte Ort
kapitulierte wegen Nahrungsmangel am 4. November 1628.
Diesen Abschluß erlebte aber Julius-Heinrich nicht mehr vor der Stadt. Er war
nach Pommern gerufen, wo seine Leute das GEFECHT BEI WOLGAST am 22. August
mitmachten und das Fußvolk sich bei der Plünderung der brennenden Stadt
hervortat. Das "gab den Soldaten ein Gräslein aufs Mundstück, wodurch sie zum
Handel
ganz lustig und begierlich geworden". Vorher hatte das alte Kürassierregiment
schon gemeutert. Ein drittes Reiterregiment hatte Julius-Heinrich 1627
geworben. Es wurde in Ungarn verwendet und schon 1628 abgedankt.
Die Winterruhe 1627/28 benutzte Julius-Heinrich um eine ZWEITE EHE
einzugehen. Wieder hatte er eine Witwe gewählt, Elisabeth Sophie, geborene
Markgräfin von Brandenburg, die in erster Ehe den Fürsten Janus Radziwill
geheiratet hatte. Die Hochzeit wurde am 27. Februar in Theusing in
Böhmen gefeiert, von wo er am 4. März mit seiner jungen Frau nach
Schlackenwerth zog. Dem Markgrafen Ernst von Brandenburg schrieb der glückliche
Ehemann ins Stammbuch: TOUT POUR LA BELLE LAQUELLE J'AIME LE PLUS (Alles für die
Schöne, die ich am meisten liebe). Die einzige Frucht dieser Verbindung,
Franz-Erdmann, wurde in Theusing am 25. Februar des nächsten
Jahres geboren, kostete aber der Mutter das Leben. Sie wurde am 6.
Juli 1629 in Lauenburg beigesetzt. Franz-Erdmann ist nach seines
Vaters Tod einige Monate regierender Herzog gewesen aber schon am 31.
Juli 1666 ebenfalls gestorben. Wallenstein war am 8.
Mai 1629 unter seinen Taufpaten gewesen.
Kurz darauf hatte der Herzog Gelegenheit, sich als selbständiger Führer,
freilich unter recht mißlichen Umständen, zu zeigen. Wallenstein schickte POLEN
ein Hilfsheer von 10 000 Mann unter Feldmarschall Arnim, um
Gustav-Adolf aus Westpreußen zu vertreiben. Die Truppen wurden von
Franz-Albrecht versammelt und gemustert, dann bei Hammerstein den polnischen
Bevollmächtigten vorgestellt. Diese gaben zwar den Führern üppige Feste, hatten
aber die Verpflegung
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der Leute arg vernachlässigt. Es kam zu
scharfen Auseinandersetzungen. Die KÄMPFE IN DER WEICHSELNIEDERUNG UM MARIENBURG
wurden mit wechselndem Glück geführt. Arnim übergab bald das Kommando an
Julius-Heinrich, weil er sich mit dem politischen Kronfeldherrn überworfen
hatte. In einem GEFECHT MIT DEN SCHWEDEN ZWISCHEN STUHM UND MARIENWERDER zog
Julius-Heinrich den kürzeren. Die Truppen waren durch Entbehrungen und die
feindselige Haltung der Bevölkerung mißmutig und gingen in hellen Haufen zu den
Schweden über.
Am 1. November hatte schließlich der französische Gesandte einen
6jährigen Waffenstillstand zwischen Polen und Schweden zustande
gebracht. Frankreich lag daran, Gustav-Adolf die Hände zum Eingreifen in den
deutschen Krieg freizumachen. Nun saß Julius-Heinrich mit dem schwachen Rest
seines Heeres im nordischen Winter,
schlechter als je von den Polen versorgt. Er hatte den natürlichen Drang nach
der Heimat, denn Pommern war auch ziemlich kahl nach zweijährigem Hausen der
Kaiserlichen. Am 8. November 1629 meldete er also
aus Bütow in Hinterpommern dem Hofkriegsrat, daß er "mit dem übrigen Volk, so
nach Polen zum Sukkurgs geschickt, gegen Schlesien marschiere." Erschreckt
winkte man von Wien aus ab. Trotzdem ist das Regiments Bindauf 1630 in
Schlesien. Die anderen Formationen traten in Pommern unter Befehl des Generals
Torquato Conti und bezogen da die ersten Schläge mit, die der gelandete
Gustav-Adolf austeilte.
Julius-Heinrich jedoch hatte die Lust am Kriegführn, die nie sehr stark gewesen
war, nun gänzlich verloren und blieb zu Haus, während seine Oberstleutnants
sehen mochten, wie sie allein fertig wurden. Am 12. Februar
1631 mußte der Hofkriegsrat den Säumigen rüffeln und ihm
befehlen, sich in Person zu seinem Regiment zu verfügen. Tilly schlug im Sonnner
desselben Jahres vor, Julius-Heinrich zur Abtretung eines seiner Regimenter an
Rudolf-Maximilian zu veranlassen. Von seinen einträglichen Betrieben einen
abzugeben, war aber der Herzog jetzt ebensowenig geneigt, wie 1625,
als Franz-Albrecht versorgt werden sollte. Zu neuen Werbungen war er aber
bereit. Im Juni 1631 ist er mit Aufstellung von 5
Kompanien Reiter und 5 Fähnlein Knechten beschäftigt.
Derweilen hatte das Fußregiment nach Zertrümmerung der kaiserlichen Macht in
Ostelbien sich nach Schlesien gerettet. Bindauf war während der Belagerung
Magdeburgs mit dem aus 300 Reiter zusammengeschmolzenen
Kürassierregiment einem Beobachtungskorps bei Dessau zugeteilt und stand später
unter dem General Holck im Tillyschen
Heere. Bei Breitenfeld fand der Oberstleutnant den Tod. Sein Nachfolger war
Jakob v. Rodell. In Wallensteins neuem Heere waren auch beide Regimenter. Die
übrigen sind inzwischen aufgelöst.
Julius-Heinrich hielt sich auch jetzt meist zu Haus. Das Kriegsgerichtsurteil in
der Wallensteinsache wirft ihm vor: "daß ihre Fürstl. Gnaden wenig, wo gar nicht
sich umb dero beiden bei der Kaiserlichen Armada habenden Regimenter angenommen
und selbige kommandiert." Durch seine DRITTE Ehe mit Anna-Magdalena ge-
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borene Poppelin v. Lobkowitz, verwitwete
Gräfin Kolowrat, hatte sein GÜTERBESITZ IN BÖHMEN starken Zuwachs bekommen.
Dessen wesentlichste Bestandteile waren die Herrschaften Schlackenwerth,
Grafengrün, Theusing, Uditsch, Purlos, Podersamb, Töpelsgrün, Hauenstein u. a.
Trotz seiner langjährigen Dienstzeit war er Oberst geblieben und von vielen
Jüngeren übersprungen. Erst als 1634 WALLENSTEIN IN PILSEN die
höheren Offiziere um sich versammelte und ihnen den bekannten Revers vorlegen
ließ, tat sich Julius-Heinrich hervor. Während des Gelages bei Ihlow, das er
später bei seiner Vernehmung
eine "besoffene Wette" nannte, hatte er nicht nur als Erster unterschrieben,
sondern auch wilde und verworrene Reden gegen "Spanier und Jesuiten" geführt.
Wallenstein glaubte daraufhin wohl, sich auf ihn besonders verlassen zu können.
Dem Oberstleutnant des Regiments Altsachsen zu Fuß, Bernhard Haimerle, übergab
er bei seiner Abreise nach Eger das Kommando in Pilsen; Julius-Heinrich selbst
nahm er mit dem Regiment zu Pferde auf den Marsch mit. In Mies, dem ersten
Nachtquartier, entließ er den Herzog selbst nach Pilsen. Bis dahin hatte dieser
Wallenstein wohl für den künftigen Sieger gehalten und sich ihm für den Fall von
dessen Krönung zum König von Böhmen im Interesse seines Grundbesitzes empfehlen
wollen. Nun sah er aber wohl das Ende voraus und stellte es seinem
Oberstleutnant bei der Rückkehr nach Pilsen so dar, als wenn er wider Willen dem
"Friedländer" gefolgt sei. "Der Friedländer, die Bestia etc., hol’ ihne der
Teufel etc., hätte ihn hiebevor niemalen zu essen gewürdigt, jetzo habe er bei
ihm essen müssen, wollte lieber, weiß nit wo? gessen haben. Es wäre kein
redlicher Mann, der dem Friedländer dienen wolle." Trotzdem besorgte er noch
100 Artilleriepferde, um Wallensteins Gepäck von Pilsen
nachzuschicken Er selbst begab sich nach Prag, wo er - wie das Kriegsgericht
feststellt - "mit den Tersky’schen damals gar verdächtigen Offizieren conversirt
und traktirt, dem Wälschen, als dem Generalkommandanten (Gallas) übel
nachgeredet und unterschiedliche discourse gebraucht, welche in dergleichen Zeit
leichtlichen eine MUTINATION hätten verursachen können." Bald darauf beschloß er
aber, einer etwaigen Anklage dadurch vorzubeugen, daß er beim Kaiser in Wien
Audienz nachsuchte, um seine Ergebenheit zu beteuern. Dazu hatte ihm wohl sein
älterer Bruder Franz-Julius geraten, der auf seiner Gesandtschaftsreise nach
Dresden in Prag haltgemacht hatte, als Wallensteins Ermordung neue Verhältnisse
schuf. Kaum war Julius-Heinrich mit dem Oberst v. Sparr abgereist, als Gallas
befahl, sie zu verhaften. Als Ankläger traten gegen sie vornehmlich auf General
Caretto, die Obersten Beck und Suys.
Am 28. März wurde Julius-Heinrich in Wien verhaftet. Es war wohl
mehr eine "Verstrickung", wie man es früher nannte, d. h. er durfte sein
Quartier nicht verlassen. Erst am 3. Mai wurde eine Wache vor
seine Tür gestellt. Ihm wurden 23 Fragen vorgelegt, die er am
7. Mai beantwortete. Das Kriegsgericht trat beim Heere um Regensburg
zusammen und kam zu dem Spruch, daß zwar die
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Verhaftung zu Recht erfolgt sei, aber die
Schuldbeweise für einen Majestätsbeleidigungsprozeß nicht ausreichten. Ein
Geständnis durch Folter zu erzwingen, sei bei einem Reichsfürsten nicht
angängig. Zudem hätte Wallenstein "seine große Macht tyrannisch gebraucht und
der Herzog von ihm, dem Friedländer, mehr DESPEKTIERT als RESPEKTIRT ist
worden." Ob dem Angeklagten ein Reinigungseid auferlegt werden solle, stellen
sie in höheres Ermessen. Der Angeklagte bestritt zunächst die Zuständigkeit des
Kriegsgerichts gegen einen Reichsfürsten. Der kaiserliche Rat entschied sich
aber für doppelten Gerichtsstand: als Fürst vor das Reichshofgericht, als Oberst
vor das Kriegsgericht. Auch das war aber entschieden gegen die Reichsverfassung,
wonach ein Fürst nur durch seine Standesgenossen abgeurteilt werden sollte.
Ferdinand hatte sich aber seit 1620 in vielen Fällen (Pfalzgraf
Friedrich, Christian von Anhalt, die Herzöge von Mecklenburg etc.)
nicht daran gehalten.
Es ging Julius-Heinrich übrigens ebenso, wie seinem Bruder Franz-Albrecht. Er
blieb in Haft, ohne daß eine Strafe über ihn verhängt wäre. Sonderbarerweise
ging er selbst den Kurfürsten von Bayern um Fürsprache an, den Feind
Wallensteins und seines Bruders. Wenn auch der Bayer der Bitte entsprach, nützte
seine Vermittlung dem Gefangenen doch nichts. Ebensowenig hatten Hilferufe an
den Hofkriegsratspräsidenten Grafen Schlick und den General Piccolomini Erfolg.
Erst im Herbst 1635 kam er frei. Im gleichen Jahr wurde ihm in
Regensburg eine TOCHTER GEBOREN, Maria-Benigna; sie wurde 1651 die
Gattin des 36 Jahre älteren Generals Piccolomini, Herzogs von
Amalfi.
Nach dem Regierungsantritt Ferdinands III. 1637 wurden die
Lauenburgischen Brüder wieder in Gnaden angenommen. Julius-Heinrich erhielt den
Titel eines Obersten "von Haus aus", d. h. er konnte an seinem Wohnsitz bleiben
und wurde nur im Bedarfsfall einberufen. Dieser Bedarfsfall trat nie ein. Wie
alle kaiserlichen Diener hatte Julius-Heinrich ansehnliche Gehaltsrückstände -
noch aus der Zeit von 1626-34 - zu fordern, und wie alle andern
bekam er sie nicht. Sein neues Amt trug ihm jährlich 3000 Gulden
ein. 1651 bezifferte er seinen "Kriegsrest" auf 125 000
Gulden. Seine Regententätigkeit nach Herzog August’ Tode gehört nicht mehr
in den Rahmen dieser Betrachtung.
Julius-Heinrichs Persönlichkeit tritt gegen seine Brüder Franz-Karl,
Franz-Albrecht und Rudolf-Maximilian erheblich zurück. Ihm fehlt die
fähnrichsmäßige Frische und Draufgängerei, die an Franz-Karl und
Rudols-Maximilian versöhnend wirkt, und jedes höhere Ziel, wie Franz-Albrecht es
verfolgte. Indem er den Grundsatz Rudolfs von Habsburg "BELLA GERANT ALII, TU,
FELIX AUSTRIA, NUBE (Laß’ andre Krieg führen; du, glückliches Österreich,
heirate) für sich in Anspruch nahm, gelangte er zu Reichtum, aber zu mäßiger
Ehre. Seine böhmischen Besitzungen kamen später an das Kaiserhaus zurück und
bildeten nach Napoleons I. Sturz das Herzogtum Reichstadt, mit dem
Kaiser Franz seinen Enkel Napoleon II. ausstattete.
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