Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1928



Die Söhne Franz’ II.

Von U. v. Rundstedt.

3. FRANZ-ALBRECHT.

I. Lehrjahre und Dienst im kaiserlichen Heer.
 

Während man den Lebenslauf Franz-Karls mosaikartig aus bunten, überall in der Literatur und den Urkunden verstreuten Nachrichten zusammensetzen muß, ist sein Bruder Franz-Albrecht mehrfach Gegenstand eingehender Lebensbeschreibungen geworden. Nicht zu seinem Vorteil! Es erben sich nicht nur "Gesetz nnd Rechte wie eine ew’ge Krankheit fort", sondern auch Wertungen der Geschichtsforscher. Schließlich findet sich dann doch für jeden traditionsgemäß Mißhandelten eine verstehende Seele, die ihn weiß wäscht. Bisher hieß es aber bei Franz-Albrecht ".... und schwärzt’s noch gar. Mir immer noch nicht schwarz g’nug war." Im "Archiv für Lauenburgische Geschichte" sind es allein zwei längere Arbeiten: in Band I von 1857 durch Heine, Band VII von 1904 durch Dr. J. Fitte. Aus beiden hat M. A. Stolzenburg in der "Deutschen Revue" vom Februar 1908 unter eigenen Zutaten einen Auszug gegeben. Da häufen sich die Vorwürfe intriganter Geschäftigkeit, des Leichtsinns, der Feigheit, Roheit, Geschmeidigkeit, Verräterei u. a. zu einem erschreckenden Denkmal menschlicher Verworfenheit. Sollte nicht dem Dargestellten, dem selbst sein schärfster Kritiker bezeugt, daß sein Bildnis edle Züge aufweise, etwas Unrecht geschehen sein?

Der 1598 geborene Franz-Albrecht gehört schon zu den Benjaminen der zahlreichen Familie. Für ihn war also, nachdem Franz-Julius am Kaiserlichen, Julius-Heinrich am schwedischen und Ernst-Ludwig am dänischen Hof Unterschlupf gefunden hatten, wohl keine glänzendere Stellung mehr verfügbar, als bei seinem Onkel Christian-
Wilhelm von Brandenburg, Administrator des Erzstifts Magdeburg. Auf dessen Residenz, der Moritzburg in Halle, hat er einen Teil seiner Jugend verlebt. Als dann 1618 das Kriegsfeuer in Böhmen aufbrannte, kramte sein Vater in den Erinnerungen an seine Mitkämpfer in den Türkenkriegen, wem er seinen Sohn für ein "TIROCINIUM", ein praktisches Lehrjahr, anvertrauen könnte. Er fand ihrer keinen auf kaiserlicher Seite. Da fochten fast nur die "Wälschen", mit denen schon damals in Ungarn die Deutschen um die maßgeben-

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den Stellen im kaiserlichen Heer gerungen hatten, aber bei dem spanisch erzogenen Rudolf II. und seinem noch undeutscheren Neffen Ferdinand unterlegen waren. Anders bei den Böhmen; da waren die Hohenlohe, Thurn, Terzky, Mansfeld, Fels und andere Namen mit gutem Klang von Stuhlweißenburg, von Ofen, von Kornissa her. Kein Wunder also, wenn wir Franz-Albrecht auf dieser Seite fechten sehen, während seine weltläufigeren Brüder Julius-Heinrich, Ernst-Ludwig und Rudolf-Max im kaiserlichen Lager standen. Einzelheiten über seine Beteiligung sind nicht überliefert, auch nicht die Gründe, die ihn zum ÜBERTRITT in KAISERLICHEN DIENST bewogen haben.

Erst 1621 finden wir ihn da als OBERSTLEUTNANT IM REITERREGIMENT SEINES BRUDERS JULIUS-HEINRICH. Der hatte es noch im Vorjahr selbst geführt, aber nun Franz-Albrecht damit beauftragt. Das Regiment stand noch in habsburgischen Erblanden, wo es auch geworben war; denn seit der Unterwerfung Böhmens und seiner Nebenländer überließ es Ferdinand II. dem Herzog von Bayern, sich den Preis für seine Hilfe, die Oberpfalz, selbst zu holen. Erst 1622, als, wie im Aufsatz über Franz-Karls gezeigt, der katholische Endsieg noch einmal sehr fraglich wurde, schickte der Kaiser Unterstützung nach dem Südwesten, wo Tilly mit den Generalen des Pfalzgrafen schwer zu ringen hatte. So führte auch Franz-Albrecht das Regiment im Frühjahr in die Unterpfalz. Er kam noch zum Sieg bei HÖCHST AM MAIN zurecht, wo Christian von Braunschweig über den Fluß geworfen wurde. 1623 sammelte Christian in Niedersachsen ein neues Heer, ohne sich zu erklären, gegen wen es bestimmt sei. Nebenher gingen überdies eifrige Bemühungen seiner Verwandten, ihn mit dem Kaiser auszusöhnen. Tilly stand abwartend in Westdeutschland, denn auch Mansfeld rüstete in Ostfriesland.

In diese Zeit des Wartens scheint ein BESUCH FRANZ-ALBRECHTS IN WOLFFENBÜTTEL, der Heimat seiner Mutter, gefallen zu sein. Ihr Neffe, Friedrich-Ulrich, regierte da, ein kränklicher, darum auch energieloser Mann, verehelicht mit einer Schwester des Kurfürsten von Brandenburg. Die Ehe war nicht glücklich. Später behauptete der Kurfürst, es sei nie zum Verkehr von Mann und Frau gekommen. Jedenfalls entspann sich nun zwischen der "Unverstandenen" und dem jungen Gast ein Liebesverhältnis. Wenn auch die Geschlechtsmoral 25jähriger Kriegsleute zu keiner Zeit sehr hoch gestanden hat und ferner nicht klar ist, ob es zum Ehebruch kam, so kann man Franz-Albrecht nicht von Schuld freisprechen; denn mindestens haben die beiden mit dem Feuer sehr leichtfertig gespielt. Immerhin kehrte Franz-Albrecht mit Feldzugsbeginn zu seinem Regiment zurück, ohne daß es zu einem Zerwürfnis mit dem Herzog Friedrich-Ulrich gekommen wäre.

Tilly beschloß nämlich, die Frage, ob Christian von Braunschweig Freund oder Feind sei, durch einen Vormarsch in den niedersächsischen Kreis zu klären. Zur selben Zeit hatte sich auch Christian in Bewegung gesetzt, um sein Heer nach Holland zu führen, zum Kampf gegen die Spanier. Ein Opfer dieser undurchsichtigen Lage wurde

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Franz-Albrecht. Am 25. Juni war er mit seinem Regiment von Witzenhausen nach Geismar, unweit Göttingen, gekommen und verlangte von letzterer Stadt freien Durchzug nach Plesse. Als er ihm abgeschlagen wurde, wählte er den Weg durch den GEISMARER WALD. Der war auch das Ziel einer größeren Erkundung, die Christian selbst mit Truppen des Herzogs Johann-Ernst von Weimar und des Obersten v. Knyphausen unternahm. Jenseits Göttingen traf Knyphausen mit 2 Reiterkompanien der Vorhut auf Franz-Albrecht, vor dem sich seine Spitze - 20 Pferde - zurückgezogen hatte. Der Herzog ließ den Obersten fragen, ob er Freund oder Feind sei, und bot ihm ein Treffen an. Knyphausen entschuldigte sich, er habe keinen Befehl zu kämpfen, sei auch nicht als Feind ausgezogen. Als Christian mit dem Gros dazukam, wollte Franz-Albrecht zurückgehen, verlor aber auf der Verfolgung und durch das Eingreifen bewaffneter Bauern, die im Geismarer Wald versteckt waren, einige Hundert Mann und den ganzen Troß, dabei auch seine Kutsche. Das war schon unangenehm genug, umsomehr, als sein Vermögen von 20 000 Dukaten damit verloren ging; am schwersten wog aber, daß die LIEBESBRIEFE DER HERZOGIN von Braunschweig in die Hände ihres Schwagers fielen, der nicht säumte, sie seinem Bruder zuzuschicken. Die schuldige Frau floh alsbald nach Brandenburg, und es kam zu einem Prozeß vor der theologischen Fakultät der Universität Wittenberg, die für Ehescheidungssachen zuständig war. Nun wimmelten die Briefe von derben Ausdrücken, wie es dem Zeitgeist entsprach. Die Herzogin nannte ihren Mann den "Krummen", ihre Schwiegermutter einen "alten Schafskopf", wünschte, daß beide die Hälse brechen möchten. Franz-Albrecht blieb nichts schuldig, versprach, daß der Schwiegermutter Witwensitz zuerst brennen solle, hoffte, daß "Kracky" (der "Rote", wohl der Teufel) den Mann bald holte usw. Schließlich kam es zu einem Vergleich zwischen den Eheleuten, doch blieb die Herzogin am Hof ihres Bruders. Die Sache hatte viel Staub aufgewirbelt und ist wohl der Anlaß eines ZWEIKAMPFS, den Franz-Albrecht im Jahre darauf mit dem Herzog Friedrich von Altenburg ausfocht. Letzterer war Oberst unter Christian gewesen, in der gleich zu schildernden Schlacht bei Stadtlohn gefangen und in Wiener-Neustadt bis zum 8. Mai 1624 in Haft gehalten worden.

Tilly nahm die Schlappe seines Unterführers bei Göttingen zum Anlaß, mit seiner Hauptmacht vorzurücken. Christian dagegen suchte einer Schlacht vor seiner Vereinigung mit den holländischen Truppen anszuweichen. Noch zuguterletzt ereilte ihn aber Tilly in einer sehr ungünstigen Lage. Beim Hindurchwinden durch sumpfiges Gelände östlich STADTLOHN, am 6. August 1623, wurde erst die braunschweigische Nachhut zum Kampf gezwungen; dann mußte die Hauptmacht eingreifen, um dem Troß einen Vorsprung zu verschaffen. Die noch unerprobten Verbände hielten die Belastung durch die bedenkliche Gefechtslage nicht aus; es kam bald zu panikartiger Flucht ganzer Regimenter, bis ein wüster Knäuel von Fahrzeugen, Reitern und Fußvolk entstanden war. Aus diesem rettete sich nur ein Teil

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der Kavallerie; sehr viele Führer wurden gefangen, das Fußvolk ganz vernichtet. Franz-Albrecht hatte mit seinem erst kürzlich so übel gezausten Regiment einen Platz weit hinten in der Marschordnung gehabt, also erst am Schluß der Kämpfe eingreifen können. Tilly hielt trotz seines Göttinger Mißgeschicks viel von ihm, was umso höher zu werten ist, als der General einer der fanatischsten Katholiken war.

Nach der Schlacht scheinen die kaiserlichen Regimenter Tillys Heer verlassen zu haben, wenigstens ist das Regiment Franz Albrechts Ende August 1624 in BÖHMEN. Dort befehligte ein Italiener, Marchese de Montenegro. Er befahl im Herbst Franz-Albrecht "ins Reich", d. h. ins eigentliche Deutschland, zu rücken. Es handelte sich um Bildung eines kaiserlichen Hilfsheeres für die Spanier, welche seit einigen Monaten Breda in Holland belagerten und gegen ein englisch-französisches Heer unter Mansfeld, der bei Gertruidenberg gelandet war, und die holländische Feldmacht sich zu schwach fühlten [sic!], das Unternehmen allein zu Ende zu führen. General Spinola hatte den Ort, dem wegen der Wasserverhältnisse - er war rings von dem Fluß Aa umschlossen - nicht beizukommen war, auszuhungern beschlossen. Franz-Albrecht, den ein so langer Marsch im Winter - es war ungewöhnlich strenger Frost - nicht reizte, ließ es auf einen Mahnbrief des Hofkriegsrats ankommen, ehe er sich in Bewegung setzte. Wir können die weiteren Ereignisse an der Hand seiner Schreibkalender verfolgen, von denen die Jahrgänge 1625-33 und 1638-42 erhalten sind. (Staatsarchiv Wolfenbüttel.) Er beschränkt sich darin meist auf Angabe seiner Ortsveränderungen unter Angabe der Entfernung; umso wichtiger sind die Ausnahinen, wo sein Gefühl durchbricht. Darüber wird noch zu sprechen sein.

Im Januar 1625 ging Franz-Albrecht über Frankfurt a. M. rheinabwärts bis Vallendar bei Koblenz. Am 31. verhinderte dort ein Sturm den Flußübergang. Feste Rheinbrücken gab es damals nicht. Ein zweiter Versuch glückte, und nun wurde die unwirtliche Eifel schnell durchzogen, bei Verviers Belgiens Boden betreten und über die Städte Lüttich, Löwen, Mecheln Autwerpen erreicht, wo er am 26. Februar eintraf. Der Befehl seines Bruders, zur Abrechnung mit der Hofkriegskasse nach Wien zu reisen, ließ ihm nur bis zum 3. März Ruhe. Da ging es mit der Post, d. h. im eigenen Wagen mit Vorspann, von Brüssel über Kreuznach - Mainz - Amberg - Prag nach Wien. Die Fahrt dauerte 18 Tage. Nachdem Franz-Albrecht den Kaiser begrüßt hatte und einige Tage sein Gast zu Jagden bei Laxenburg und Bruck a. d. Leitha gewesen war, beanspruchten ihn vier Tage lang die Verhandlungen mit den kaiserlichen Abgeordneten.

Hier mag eine Kennzeichnung Ferdinands II. eingeschoben sein. Selten hat eine so mächtige Geistesströmung, wie die Gegenreformation, einen so dürftigen Exponenten gehabt. Der geistig träge Prinz war auf der Jesuitenhochschule Ingolstadt zu unbedingtem Gehorsam gegen priesterliche Befehle erzogen. Seine Probe als Feldherr, im Türkenkrieg 1601, bestand er schlecht und versuchte auch keine Wiederholung. Ein unverhältnismäßig großer Teil seiner Zeit war den Zerstreuungen

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der Jagd und der Musik gewidmet, der Rest dem Kirchenbesuch und Andachtsübungen. Seine Räte mochten sehen, wie sie ihren Vortrag in wichtigen Staatsgeschäften da irgendwo einschoben. Was den Kaiser allein zum Haupt in dem endlosen und wechselvollen Kampf geeignet machte, war neben seinem unerschütterlichen Glauben an die göttliche Hilfe jene Eigenschaft als "dummer, starker Mann", um ein grobes aber bezeichnendes Wort aus den politischen Kämpfen vor Schluß des 19. Jahrhunderts zu gebrauchen. Franz-Albrecht hat dem im Grunde gutmütigen Herrscher nie seine Achtung versagt und des kein Hehl gehabt, wie wir noch sehen werden.

Inzwischen waren die Werbungen für Wallensteins erste große Armee in Gang gekommen. Es spricht für Franz-Albrechts militärischen Ruf, daß auch ihm ein Patent aus 1000 Reiter am 10. Mai erteilt wurde. Voraufgegangen waren Versuche, Julius-Heinrich zur Abtretung des alten Regiments an Franz-Albrecht zu bewegen. Ungesäumt gab der junge Oberst seinerseits die Rittmeisterpatente aus und reiste nach Belgien zurück, wo er am 6. Juni bei Hogstraten sein Regiment wiederfand. Am 8. erkundete er die Festung Breda, nahm am 11. an einer Heerschau vor der spanischen Infantin-Statthalterin Isabella teil und rückte auch am 13. mit dem Regiment vor die Festung. Hier übergab er es seinem Nachfolger v. Bindauf, nahm den Major v. Hatzfeld als Oberstleutnant für sein neues Regiment mit und reiste nach Verabschiedung von der Infantin und ihrem Feldherrn Spinola ab. Der Werbeplatz seiner Reiter lag im nordwestlichen Böhmen um Buschtierade. Dort musterte er am 30. Juli die beiden ersten Kompanien, jagte eine davon weg und hatte am 5. August die Truppe marschfertig. Es sollte nun die Musterung durch kaiserliche Bevollmächtigte bei Schwäbisch-Hall stattfinden. Vor dem Verlassen Böhmens wurden im freien Felde die Reiterfahnen - Kornetts - an die Stangen genagelt vor versammeltem Kriegsvolk, das durch diese Handlung erst fest verpflichtet war, bis die Fahnen etwa wieder abgerissen würden. Zwölf Kompanien stellten sich bei Hall zur Musterung - eine hatte Franz-Albrecht noch vorher weggejagt. Die Leute mußten dem Kaiser schwören, die Offiziere wurden ihnen vorgestellt, erst Franz-Albrecht durch die Bevollmächtigten, dann die Rittmeister durch Franz-Albrecht, die übrigen durch ihre Rittmeister; schließlich wurde der erste Sold gezahlt. Am 10. Oktober erst stieß das Regiment bei Northeim zum Heere. Wallenstein sprach sich sehr anerkennend über die Truppe aus.

Im Verbande einer Heeresabteilung unter dem Feldmarschall Graf Schlick nahm das Regiment an der BESETZUNG DER STIFTER HALBERSTADT UND MAGDEBURG teil. Widerstand leisteten nur Halle und Neuhaldensleben. Erstere Stadt wurde am 5. November besetzt und nebst der umliegenden Landschaft Franz-Albrecht unterstellt, der im Schloß Gibichenstein vor Halle Quartier nahm. Hier besuchte ihn sein Bruder Julius-Heinrich. Die Winterruhe war nur kurz. Am 2. Januar 1626 wurde das Regiment bei Löbejün gesammelt, ging am 3. bei Dessau über die Elbe und überfiel am 4. vor Jüterbog das kleine Korps des vertriebenen Administrators

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Christian-Wilhelm. Dessen wenig kriegstüchtige Truppen wurden zersprengt, einige Hundert in die Stadt Geflüchtete dort niedergehauen, der Rest über die nahe brandenburgische Grenze verfolgt. Märkische Reiter unter dem Oberst v. Burgsdorf jagten die Flüchtlinge den Kaiserlichen wieder in die Arme. Franz-Albrecht konnte verzeichnen: "Heut habe ich dem Administrator sein Regiment auseinandergeschlagen." Am 13. waren die Sieger wieder im Quartier. Dort erhielt Franz-Albrecht am 17. Januar ein Werbepatent über 15 Fähnlein Knechte - 3000 Mann Infanterie. Zunächst blieb er aber bei seinen Reitern und folgte Anfang Februar einer Einladung des Kurfürsten von Sachsen zur Jagd bei Finsterwalde.

Erst Anfang April begannen die Feindseligkeiten wieder, nachdem der dänische General Fuchs v. Bimbach in die Altmark eingerückt war und bis in den Nordteil des Stifts Magdeburg seine Reiter streifen ließ. Diese wurden am 9. aus Wievensleben und Ammendorf, am 10. aus Neuhaldensleben herausgeworfen und bis zum Schloß Rogäz an der Elbe verfolgt. Der Angriff Mansfelds auf die ELBBRÜCKE BEI DESSAU nötigte zur Umkehr. An der dort geschlagenen Schlacht nahm wohl das Regiment, nicht
aber Franz-Albrecht teil, der sich zu seinem neuen Fußregiment im Schwäbischen Kreis begeben hatte. Wallenstein hatte dort für 8000 Mann Lauf- und Musterplätze angewiesen, vornehmlich bei den protestantischen Ständen, und sich auch durch ein von diesem beim Kaiser erwirktes Verbot nicht irre machen lassen. Franz-Albrecht hatte die Oberleitung dort und sein Quartier in Hanau. Am 5. Mai besichtigte er die ersten Kompanien, ernannte einen Markgrafen von Mantua zum oberstleutnant und eilte zu Wallenstein zurück, mit dem er einen Vertrag auf Werbung von 600 Reitern, ohne kaiserliches Patent, abschloß. Diese sollte ein Oberstleutnant Brenner führen. Am 5. Juni ist Franz-Albrecht wieder in Hanau zurück und veranstaltet dort am 17. ein Picknick im Walde. Er muß um diese Zeit verheiratet gewesen sein, denn am 11. August verzeichnet er die Geburt eines "Döchterleins". Am 7. Oktober ist seine "liebe Hausfrau" gestorgen. Als ihren Geburtsort gibt er Bahn i. Pommern an, eine kleine Stadt bei Pyritz. Demnach wäre sie eine pommersche Prinzessin gewesen, was wohl stimmen kann, da später, als Wallenstein Pommern besetzte, der Herzog sich an Franz-Albrecht mit der Bitte wandte, dem Friedländer dies auszureden.

Am 26. Juni ist das Fußregiment in Hanau versammelt, am 9. Juli wird es nach Ellwangen verlegt. Am 24. Juli erhielt der Franz-Albrecht unterstellte Oberst Pallent, ein Rheinländer, Marschbefehl, und am 18. August sammelten sich die 8000 Mann vor Nürnberg. Die Stadt kaufte sich mit 6000 Talern von der Einquartierung frei. Über Pilsen ging der Marsch nach dem Musterplatz Beraun. Am 1. September war Vereidigung, am 2. Musterung. Danach zog Franz-Albrecht über Prag-Chrudim-Luitomischl-Skalitz in Ungarn, wo er am 23. sein altes Regiment zu Pferd traf.

Inzwischen hatten sich folgende Ereignisse begeben. Wallenstein war dem geschlagenen Mansfeld nach Schlesien und von da nach Ungarn gefolgt. Dort hatte der Fürst Bethlen-Gabor, wie wir wissen,

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Mansfelds Heer übernommen. Wallenstein dagegen war durch Ungarn unter Esterhazi und Kroaten unter Graf Georg Zriny verstärkt. Nachdem Franz-Albrecht das Schloß Schinta besetzt hatte, stieß er am 27. September bei Novigrad zum Heere. Dieses trat sogleich den VORMARSCH AUF PALENKA an, wobei Franz-Albrecht die Vorhut führte. Am 30. stieß er auf die in Schlachtordnung aufgestellten Truppen Bethelns. Im Kriegsrat waren Zriny und Franz-Albrecht lebhaft für sofortigen Angriff, Wallenstein aber dagegen, da es zu spät am Tage sei. Er drohte Zriny, ihn am nächsten Baum aufhängen zu lassen, wenn er eigenmächtig einen Kampf beginne. Der gekränkte Graf hat ihn dafür später in Wien heftig angeschuldigt, aber kein Glück gehabt. Wallenstein hatte auch wohl Recht. Der Aufmarsch zur Schlacht war bei der damaligen Kampfweise sehr zeitraubend. Die Aufstellung in quadratische Schlachthaufen von mehreren 1000 Mann, Terzien genannt, erfolgte nach mathematischen Berechnungen, wozu Offiziere und Feldwebel Tabellen mitführten. Diese Aufstellung mußte aber wieder durch andere Truppen gedeckt werden. Franz-Albrecht fügte sich dann auch der größeren Erfahrung Wallensteins. In der Nacht zog Bethlen Gabor ab, worauf auch Wallenstein nach Novigrad zurückging. Er hatte es sehr eilig, den Krieg in dem verwüsteten und verseuchten Land zu beenden und ging auch selbst schon am 16. Oktober nach Preßburg, Franz-Albrecht mit der ganzen Artillerie und 8 Regimentern bei Schinta zurücklassend. Von dort rückte Franz-Albrecht am 17. November nach St. Georg bei Preßburg, wo er 3 Wochen ruhte. Am 4. Dezember war Musterung des inzwischen eingetroffenen neuen Reiterregiments. Dieses und die "alten Reiter" führte er am 5. Dezember über Preßburg-Schäßburg-Ostrau nach Radisch i. Mähren, wo er das Fußregiment einholte.

Inzwischen hatte Wallenstein mit äußerster Grobheit der Regierung klar gemacht, daß er seine WINTERQUARTIERE IN SCHLESIEN nehmen müsse und schickte Franz-Albrecht voraus, um die Unterbringung seiner Truppen im Herzogtum Schweidnitz zu regeln. Nun war dieses zwar dem Thronerben als Unterhalt zugewiesen und der Kaiser verbot auch noch eigens die Belegung; das kümmerte aber Wallenstein ebensowenig wie Franz-Albrecht, der den Behörden erklärte, daß sein General soviel sei wie der Kaiser. Am 10. Januar 1627 war der Fall erledigt, und mit 7 Kompanien nahm Franz-Albrecht sein Hauptquartier in der Stadt Schweidnitz. Ein Winterlager eigener Truppen war für eine Landschaft ebenso drückend, wie ein feindliches. Wallensteins System beruhte ja darin, nicht nur Verpflegung, sondern auch Sold und Werbungskosten aus den Quartieren zu ziehen, weil er wohl wußte, daß es mit den Zahlungen der Hofkriegskasse mehr als windig bestellt war. Schlesien war durch Mansfelds Zug und Wallensteins Verfolgung schon ziemlich mitgenommen, weite Striche Oberschlesiens auch noch von Mansfeldern besetzt. Da waren drei Regimenter eine schwere Last für das Schweidnitzsche. Man halte dagegen, daß im gleichen Winter der König von Dänemark für Lauenburg und Mecklenburg zusammen nur ein Regiment vorgesehen hatte. Besonders die Beschaffung baren Geldes

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war schwer. Papiergeld gab es nicht, und die Vorräte an Hartgeld waren durch den gesteigerten Bedarf der Kriegszeit und die Kapitalflucht ins Ausland aufgesogen. Dabei verlangte Franz-Albrecht für seine Person an "Tafelgeldern" monatlich 800 Gulden und für die Truppen 20 000 Gulden wöchentlich "Kontribution". Letztere war eine Wallensteinsche Erfindung, die ermöglichte, große Heere zu unterhalten, ohne daß es dem [sic!] Kriegsherrn etwas kostete, solange er sich in feindlichem oder neutralem Gebiet behaupten konnte. Im eigenen Lande, wie hier, schnitt sie natürlich ins eigene Fleisch. Es sollte daraus Sold, Ausrüstungs- und Werbekosten bezahlt werden. Wollten die Betroffenen den Befehlshaber von ihrer Unfähigkeit, die geforderte Summe aufzubringen, überzeugen, so war das sicherste Mittel, ihm eine "Verehrung" in Geld oder Kostbarkeiten anzubieten. Hierdurch wurden die Führer reich und an Wallenstein, der sie gegen Klagen und Unwillen der Stände wie des Kaisers schützte, gekettet. Organisation in jeder Richtung war dessen hervorragendste Eigenschaft, während er ein Schlachtengeneral, im Gegensatz zu Tilly und Gustav-Adolf, nicht eigentlich war. Die Aufbringung der verlangten Gelder war Sache der betreffenden Landschaft, dagegen übernahm der Befehlshaber bereitwillig die Zwangseintreibung durch Truppen. Als die Schweidnitzer die von Franz-Albrecht ausgeschriebenen Summen nicht auftreiben konnten, baten sie ihn, dafür Zinn, Tuch, Leinewand etc. anzunehmen. Er wies das mit der Bemerkung ab: "er sei kein Handelsmann".

Anfang April beauftragte Wallenstein Franz-Albrecht, die Musterung der durch Rudolf-Max bei Frankfurt a. M. geworbenen Truppen zu übernehmen. Er kam gerade rechtzeitig zum Aufbruch nach OBERSCHLESIEN zurück. Da saßen noch vom Herbst her Reste des Mansfeldschen Heeres, nunmehr in dänischem Dienst. Am 16. Juni stieß Franz-Albrecht bei Neiße mit seinen drei Regimentern zum Heere. Neustadt i. O.-S. ergab sich am 19., Leobschütz nach kurzer Beschießung am 22. Juni. Bei einer Erkundung der Festungswerke von Jägerndorf, die Wallenstein am 24. vornahm, wurde Franz-Albrecht in seiner Nähe durch die Kugel eines Doppelhakens der LINKE ARM ZERSCHOSSEN. Doppelhaken waren eine schwere Infanteriewaffe von größerer Lauflänge und Seelenweite als das gewöhnliche Gewehr, der "Haken". Zur Bedienung gehörten zwei Mann, "ein Mann so scheußt und einer so die Pux'n trägt". Die Kugel wog 8 Lot, machte also ein tüchtiges Loch. Es war eine allgemeine Unsitte der damaligen Zeit, daß die Führer sich mutwillig in den Schußbereich belagerter Festungen begaben; sie hat viel unnützes Blut gekostet. Noch Friedrich der Große huldigte ihr im ersten Schlesischen Krieg. In einer Sänfte wurde Franz-Albrecht nach Schweidnitz geschafft, wo er zunächst "sehr swach gelegen" ist. Die Arzte wußten nichts Besseres, als ihm durch einen Aderlaß noch mehr Blut abzuzapfen. Es gehörte die kräftige Natur des jungen Herzogs dazu, sich so schnell zu erholen, daß es schon am 9. Juli "sich ziemlich angelassen" und am 18. "anfangen zu heilen".

Inzwischen hatte Wallenstein in Oberschlesien reinen Tisch gemacht und wandte sich nach Norden, um Tilly bei der EROBE-

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RUNG HOLSTEINS zu helfen. Anfang August sehen wir Franz-Albrecht mit Wallenstein durch Niederschlesien nach der Mark ziehen. Die Kavallerie war schon voraus und wurde durch eine Fahrt auf der Elbe von Hohen-Görne bei Havelberg bis Dömitz eingeholt. Da um diese Zeit (31. August) Tilly in LAUENBURG sein Hauptquartier hatte, fuhr Wallenstein mit Franz-Albrecht dorthin voraus zur Besprechung der weiteren Bewegungen. So betrat letzterer nach langer Pause wieder den Heimatboden, grade, als sich der Krieg mit allen Schrecken darüber hinwälzte. Bei PÖTRAU sammelte sich das vereinigte Heer. Von Tilly und seinen Offizieren wurde Franz-Albrechts Reitertruppe als die beste bezeichnet. Am 6. September ergab sich Trittau, die holsteinische Grenzfestung, am 7. lagerte man bei Rahlstedt im Angesicht Hamburgs. Die reiche Stadt geriet in Sorge und besetzte ihre Wälle mit Geschütz und bewaffneten Bürgern. Fast wäre Wallenstein mit einer Kartaune erschossen. Am 9. und 10. war Franz-Albrecht in der Stadt, wo ihn der Rat mit großen Ehren empfing. Derweilen hatten aber Tillys Leute das Dorf Barmbeck angezündet, woraus in Hamburg Zusammenrottungen erfolgten, durch die auch Franz-Albrecht in Gefahr geriet. Sein Quartier war Eidelstedt. Um dem Heeresteil des Markgrafen von Baden den Rückzug aus Mecklenburg nach Holstein zu verlegen, zweigte Wallenstein ein Reiterkorps unter Feldmarschall Graf Schlick nach Ostholstein ab. Franz-Albrecht, dessen Regimenter dazu gehörten, erledigte auch noch diplomatische Aufträge in Lübeck beim Senat und dem Bischof, dessen Gebiet, das jetzt oldenburgische "Fürstentum Lübeck", durchzogen werden mußte. Über seinen Anteil am GEFECHT BEI OLDENBURG wurde schon gesprochen. Mit den erbeuteten Feldzeichen traf er bei Wallenstein in der Gegend von Itzehoe ein, grade als das SCHLOSZ BREITENBURG an der Stör nach zähem Widerstand gestürmt wurde. Mit dieser neuen Siegesbotschaft mußte er noch denselben Abend nach Prag, dem Aufenthalt des Kaisers, aufbrechen, wo er am 8. Oktober in feierlicher Audienz die Beute überreichte. Solche Aufträge, die auch sehr gewinnreich waren, wurden besonders verdienten Führern zuteil.

Eiligst strebte Franz-Albrecht wieder dem in Jütland vordringenden Heere nach, wobei er wieder den Wasserweg auf der Elbe benutzte, sich am 27. Oktober in "Hietzehoh" bei Wallenstein zurückmeldete, aber doch erst nach Schluß der Kriegshandlungen die nunmehrigen Winterquartiere seiner Truppen an der Nordspitze Jütlands, der Landschaft Wendsyssel, erreichte. Unterwegs hatte er eine Nacht auf dem Schlosse seines Schwagers, des Herzogs Philipp von Holstein-Glücksburg, zugebracht.

Sein Hauptquartier, Schloß Worgardt, sah ihn aber nicht lange, am 30. November war er schon wieder in BERLIN, wo er bis zum 5. Dezember blieb. Dort lebte seine Freundin, die Herzogin von Braunschwseig, sowie die verwitwete Pfalzgräfin und Tochter Wilhelms von Oranien. Diese Damen nebst der Kurfürstin trieben eine Politik, die oft die des Kurfürsten durchkreuzte. Franz-Albrecht liebte, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen, die meist zu trunkfällig dafür waren,
 

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die Unterhaltung mit dem "Frauenzimmer" - ein Wort, das noch nicht den geringschätzigen Sinn von heute hatte. Am 10. Januar 1628 meldete er sich bei Wallenstein in Gitschin, dessen prächtiger Residenz in Böhmen, begleitete ihn nach Liskowitz und kehrte mit neuen Aufträgen nach Berlin zurück. Seine Vermittelung wurde damals viel erbeten, z B. von den Mecklenburger Herzögen, denen ihr Land zugunsten Wallensteins abgenommen werden sollte, und wohl auch von Brandenburg, das seine übermäßige Quartierlast gern erleichtert hätte. Auch die Besetzung Pommerns wurde in die Wege geleitet, denn der Däne kämpfte noch mit der Flotte, und man wollte ihm mit der gleichen Waffe entgegentreten, wozu der Besitz der Ostseehäfen wichtig war.

So sah der Januar 1628 Franz-Albrecht in Stettin und Güstrow, von wo er nach einem BESUCH IN NEUHAUS, wo er wohl den Nachlaß seiner dort verstorbenen Mutter zu regeln hatte, in sein Quartier zurückreiste. Am 29. Januar langte er dort an, alarmierte am 1. Februar seine Reiter, besuchte sein Fußvolk und fuhr wieder nach
Böhmen zurück. Diesmal zu einem friedlichen Geschäft. Sein Bruder Julius-Heinrich feierte am 27. Februar Hochzeit mit Elisabeth-Sophie, seiner zweiten Gattin. Anschließend suchte Franz-Albrecht allenstein in Gitschin und Gorschitz auf, der ihn nach Berlin und Vorpommern schickte. Am 13. April ist er in RATZEBURG, das einzige Mal, daß er, soweit seine Notizkalender Auskunft geben, diese Stadt betreten hat. Das Verhältnis zu seinem regierenden Stiefbruder August war von jeher kühl und wurde später ausgesprochen feindlich.

Ende April traf er wieder auf Worgardt ein, aber es duldete ihn da nicht lange. Am 2. Mai steckte er bei Thistedt, an der "Jammerbucht", ein Schiff aus Dünkirchen in Brand, am 11. versuchte er einen Uberfall auf die Insel Läsö im Kattegatt, "ist aber wegen der schieffleut’ nicht angegangen". Zu größeren Kampfhandlungen kam es 1628 zunächst nicht. Einige dänische Festungen, Stade, Glückstadt und Krempe wurden noch belagert, und der Zwist mit der reichen Hansestadt Stralsund spitzte sich allmählich zu. Wallenstein blieb auf seinen böhmischen Besitzungen, Tilly in Buxtehude. Ende Mai verließ Franz-Albrecht endgültig Jütland, besuchte vor Krempe seine Brüder Julius-Heinrich und Rudolf-Max und traf in Sommerfeld Wallenstein, der selbst vor Stralsund die Leitung übernehmen wollte. Er wohnte der Audienz des brandenburgischen Kanzlers Adam v. Schwarzenberg in Frankfurt a. O. bei, sowie Wallensteins Besuch am Berliner Hof (24. Juni).

Einem kurzen Aufenthalt in Stettin folgte eine REISE AN DEN WIENER HOF mit den unvermeidlichen Jagden in der Umgegend und den Alpen. Nach der in Wien geltenden spanischen Hofsitte war Franz-Albrecht neben seinem Oberstenamt auch kaiserlicher Kammerherr, weil er sonst im Range hinter allen Hofschranzen gestanden hätte, ein Zustand, der bis 1866 sich zäh erhalten hat.

Mitte August, als eine schwedische Landung an der pommerschen Küste befürchtet wurde, übertrug Wallenstein dem von ihm so geschätzten Herzog den OBERBEFEHL ÜBER ALLE TRUPPEN IN

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HINTERPOMMERN. Es landete aber nur der Dänenkönig in Vorpommern, ließ sich bei Wolgast von Wallenstein gründlich schlagen und fuhr wieder heim. So konnte schon am 3. September die Zusammenziehung beendet werden. Sein neues Amt trieb Franz-Albrecht den ganzen Rest des Jahres kreuz und qner durch das weite Land, selbst bis Danzig, wo er des Königs von Polen Kriegsschiffe besah (15. November). Einmal rief ihn auch Wallenstein nach Mecklenburg, als er beschlossen hatte, die Hansestadt ROSTOCK zur Aufnahme einer kaiserlichen Besatzung zu zwingen. Dies wurde so ins Werk gesetzt, daß die zusammengezogenen Truppen angeblich nach Holstein den Marsch antraten, plötzlich bei Schwaan nach Norden abbogen und am 26. Oktober früh vor den Mauern Rostocks erschienen. Durch Bestechungen hatte Wallenstein sich vorher unter dem Rat eine Anhängerschaft gebildet, so daß nach einigem Sperren und Verhandeln am 27. 1000 Mann durchs Steintor einziehen konnten. Wallenstein selbst blieb vorsichtig draußen, weil in den unteren Schichten der Bürgerschaft lebhafte Erregung herrschte, aber Franz-Albrecht konnte sich den Besuch der schönen Stadt nicht versagen. Den Zurückgekehrten finden wir am Jahresschluß in Kolberg. 1494 Meilen war er gereist.

1629 brachte die Friedensverhandlungen mit Dänemark in Lübeck, die erst Anfang Juli zum Abschluß kamen. Von seinen überschüssigen Truppen bestimmte Wallenstein eine Abteilung unter Feldmarschall Arnim zur Unterstützung Polens in seinem Kampf mit Gustav-Adolf. Die Vorbereitungen und die Musterung der Regimenter fielen Franz-Albrecht zu. Anfang Juli rief ihn ein trauriger Anlaß in die HEIMAT. Die junge Frau Julius-Heinrichs war gestorben, ebenso Franz-Karls Gattin. Am 5. Juli fand deren Beisetzung in Lauenburg statt. Franz-Albrecht wohnte solange in Neuhaus.

Zum großen Verdruß Wallensteins hatte sich der Wiener Hof in einen NEUEN KRIEG eingelassen, der keinen geringeren Feind als Frankreich brachte. Der Markgraf von Mantua war kinderlos gestorben. Sein Erbe hatte sich der französische Prinz, Herzog von Nevers angemaßt, obwohl auch ein Agnat in Italien vorhanden war und die Besetzung dieses Reichslehens dem Kaiser zustand. Es wurden Truppen am Bodensee zusammengezogen, die sich des Veltlin und des Splügenpasses bemächtigten. Auch Franz-Albrechts Regimenter wurden dorthin in Marsch gesetzt, bis auf einige Reiterkompanien, die in Polen mitfochten. Bei Kassel schloß sich Franz-Albrecht ihnen
an. Der Marsch ging bei Schweinfurt über den Main, bei Ginzburg über die Donau, weiter über Memmingen nach Lindau am Bodensee. Von dort erfolgte am 6. September die ALPENÜBERQUERUNG. Am 18. September ging der Führer in Riva zu Schiff, durchfuhr den herrlichen Comer See bis Como und erreichte am 19. Mailand. Da war sein alter Feldherr Spinola spanischer Gouverneur der Lombardei. Am 23. holte er seine Reiter bei Peschavena ein. Noch war der Krieg nicht erklärt, die Truppen wurden aber an die Mantuaer Grenze herangeschoben. Franz-Albrechts Aufgabe war die demnächstige Erzwingung des Übergangs über den Oglio bei Canetto, den
 

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er sogleich erkundete. Der Heerführer, Graf Colalto, aus Mantua gebürtig, berief die Obersten zum Kriegsrat nach Posoborouco. Die Truppen wurden nun bereitgestellt: Das Reiterregiment in San Giovanni in Croce, das Fußregiment in Casal maggiore am Po. Franz-Albrecht erkundete einen südlich Canueto gelegenen Oglio-Übergang bei Marcaria und besetzte mit 400 Musketieren den Poübergang von Viadana, womit der Krieg am 16. Oktober eröffnet wurde. Die Stadt selbst ergab sich am 19. Die fruchtbare oberitalienische Ebene, die schon Schauplatz so vieler Kämpfe gewesen war, mutete die Nordländer durchaus fremdartig an. Zahllose Flüsse entspringen den Alpen und münden in den Po. Ein Netz von Schiffahrts- und Bewässerungskanälen mit Tausenden von Brücken verdichtet noch das Hindernis für eine Bewegung in westöstlicher Richtung. Das flache Land, oft sumpfig, ist mit Mais oder Reis angebaut. Die Felder sind knickartig mit Steinwällen eingefaßt und von Reihen durch Weinreben verbundener Maulbeerbäume durchzogen. Die Ortschaften, durchweg aus Stein erbaut, dehnen sich lang an den Straßen hin, da die Häuser inmitten großer Gärten liegen. Die zahllosen Städte waren alle ummauert, selten mit Wällen und moderneren Anlagen versehen. Für die Kampfesweise der Kaiserlichen in dichten Massen war das Gelände also nicht geeignet. Die Feuerwaffe, selbst in ihrer damaligen Unvollkommenheit, war der Pike überlegen, das Pferd nur Fortbewegungsmittel auf den Straßen, während das Gefecht sich in Schießereien von Dämmen herunter oder hinter Hecken hervor auflöste. Das Klima erschwerte noch mehr die Kriegführung. Schwüle Hitze im Sommer, endloser Regen im Winter riefen Fieber und Seuchen hervor. Die ungewohnte Nahrung, der schwere Wein taten ein Übriges. Dafür waren die Italiener minderwertige Soldaten, feige und der Bestechung zugänglich. Nachdem Franz-Albrecht am 26. Oktober Gazzuolo nach eintägiger Beschießung genommen, traf er am 28. über Montomara mittels Nachtmarsch vor MANTUA ein und machte "ihnen den ersten Alarm". Die reiche Residenzstadt war durch ihre Lage schon sehr fest. Der Mincio bildet eine längere Seekette mit sumpfigem Uferland, inmitten deren die durch Mauern und vorgelegte Erdschanzen geschützte Stadt nur auf Dämmen erreicht werden konnte. Auch der Zutritt zu den Dämmen wurde im Norden und Osten durch Forts verwehrt, während im Süden, wo der weltberühmte Te-Palast lag, der Zugang am leichtesten war. Hier bei Pietole faßte Franz-Albrecht am 31. abermals an und versuchte es am 5. November von Westen her über Cerese ein drittes Mal. Dort lagen drei Schanzen vorgeschoben, die am 6. gestürmt wurden. Die Besatzung fiel bis auf den letzten Mann. Nach diesem Erfolg wurden Verstärkungen nachgezogen, am 12. aber alles zurückgenommen bis St. Maria delle Grazie. Franz-Albrecht ließ nun von Mantua ab und rückte vor Goito, drückte auch - hier die feindlichen Außenabteilungen zurück, worauf er ins Lager vor Mantua zurückkehrte. Dieses lag beiderseits des Mincio, dnrch eine Schiffbrücke verbunden. Nachdem Franz-Albrecht der wichtigen Führerpflicht, überall zu erkunden, genügt hatte, unterbrach am 8. Dezember

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ein Waffenstillstand die Belagerung. Es war den Kaiserlichen nicht länger möglich, sich in den Sümpfen bei dem schlechten Wetter zu halten. Die Truppen mußten in gesundere Gegend in Winterquartiere gelegt werden. Dem Herzog von Nevers, der auf französische Hilfe rechnete, die erst im nächsten Jahr eintreffen konnte, weil die spanische Lombardei dazwischenlag, war die Pause nur recht. Am 21. Dezember zog Franz-Albrecht mit beiden Regimentern an den Po und nahm in dem Städtchen Cooncordia bei Modena mit ihnen Quartier.

Nach einem Besuch im Hauptquartier in Reggio ruhte er 14 Tage aus, besichtigte in dieser Zeit einige Festungen und reiste dann am 29. Januar 1630 über Riva-Innsbruck-Augsburg-Prag-Dresden nach Küstrin. Drei Tage blieb er dort und war am 25. bei Wallenstein in Gitschin. Im Januar hatte er 211 Meilen zurückgelegt. Einem zweiwöchigen Aufenthalt in Dresden reihte sich eine Fahrt nach Dessau und dann nach Berlin an, wo er auch eine Woche blieb, wohl nicht nur, um mit dem Kurfürsten zu jagen. Einem Abstecher nach Stettin und Schlosz Boitzenburg i. Uckermark, dem Feldmarschall Arnim, seinem Freunde, gehörig, folgte ein abermaliger Besuch in Berlin und Dessau sowie in Altenburg. Am 24. April war er in Prag, am 28. bei seinem Bruder Julius-Heinrich in Schlackenwerth. Dann trat er den Rückweg nach Italien an.

Dort war das Heer inzwischen bei Villa franca versammelt, wo Franz-Albrecht am 4. Juni seine Truppen wieder übernahm. Die Venetianer hatten sich mit dem Herzog von Nevers verbündet und bedrohten das kaiserliche Heer im Rücken. Colalto schlug sie bei Valessia.

Eine Abteilung von 400 Mann von der Besatzung Mantuas wurde von Gallas bei Rovigo gefangen. Das bedeutete eine Schwächung um 1/4 der Verteidiger. Dazu kam die Pest, so daß der Fall der Festung nahe rückte. Franz-Albrecht, der inzwischen Canneto entsetzt hatte, sollte einen HANDSTREICH GEGEN MANTUA führen. Man hatte mit einem Hauptmann Verbindungen angeknüpft, der versprach, ein Tor zu öffnen. Am 7. Juli warfen Franz-Albrechts Reiter den Feind vor Mantua und nahmen ihm zwei Fahnen ab.

Bei der Rückkehr ins Lager hatte Franz-Albrecht "Händel". Das ist wohl der Zwist mit Aldringer, der mit ein Grund zu dem späteren Austritt des Herzogs aus dem kaiserlichen Dienst war. Der alte Gegensatz zwischen Deutschen und Welschen, zu denen der Wallone Aldringer auch gehörte, brach immer wieder aus. Herzog Georg von Braunschweig, ein begabter General, zog von Italien gekränkt in die Heimat.

Der 18. Juli war nun für den Sturm gewählt. Eine Abteilung ging zu Wasser gegen die Stadt vor, Franz-Albrecht mit seinem Fußregiment gegen die ihm wohlbekannte Seite von Cerese. Das Tor wurde durch eine Petarde (einen Sprengkörper, der heimlich angeschraubt werden mußte) zertrümmert, und nach tapferem Widerstand der Besatzung drangen die Knechte ein. An ihrer Spitze sank der Oberst VERWUNDET zu Boden. Nevers rettete sich in die Zitadelle und kapitulierte bald darauf. Zwei Tage dauerte die PLÜNDERUNG

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DER STADT UND DES SCHLOSSES. Ungeheure Reichtümer und Kunstschätze wurden erbeutet. Franz-Albrecht, dessen Verwundung nicht schwer war, bekam natürlich seinen Anteil. Einer der Offiziere, der französische Edelmann de Sirot, schenkte ihm ein ONYXGEFÄSZ von hohem Altertumswert, das er einem Soldaten abgekauft hatte. Der Herzog gab es mit anderen Wertsachen in Venedig in Verwahrung.

Es blieb nun noch die ABRECHNUNG MIT DEN FRANZOSEN. Der Herzog von Savoyen hatte sich dem Kaiser angeschlossen und belagerte mit den Spaniern den französischen General de Thoiras in Casale. Ein Entsatzheer war im Anmarsch, also Verstärkung von Mantua her erwünscht. Franz-Albrecht wurde ins Lager vor Casale geschickt. Auf einer zweiten Fahrt von Mantua nach Turin überfiel ihn am 30. August dort ein hitziges FIEBER. Am 10. September konnte er zum ersten Mal an die Luft kommen, am 18. ausgehen. Schon am nächsten Tag verabschiedete er sich vom Herzog von Savoyen und reiste, meist auf dem Po, nach Mantua zurück, wo er am 27. "frisch und gesund" ankam. Indes schon am 20. September brach das Fieber wieder aus. Er sollte es zeitlebens nicht wieder los werden! Am 10. Oktober rückte er trotzdem mit den Hilfstrnppen ab und erreichte am 23. das LAGER VOR CASALE; im rechten Augenblick, denn das Entsatzheer war auch da. Den ganzen 26. standen sich beide Heere in Schlachtordnung gegenüber, außer einigen Scharmützeln kam es aber zu nichts. Die Nacht hielt man im Felde, worauf "gentzlich Friede gemacht" wurde. Thoiras übergab die Festung. Franz-Albrecht mußte des Fiebers wegen in Casale bleiben, während die Truppen nach Westen marschierten, wo noch eine französische Abteilung bei LIVORNO stand. Am 5. November hatte er aber die Reiterei wieder eingeholt und führte sie in der Nacht vom 6. zum 7. November gegen den Feind. Der hielt wieder nicht stand, sondern ging bei Saluggia über die Dora Baltea zurück unter leichten Scharmützeln.

Damit war der Feldzug abgeschlossen. Die Truppen wurden ins Veltlin geführt und bezogen da Winterquartiere. In Traone verteilte Franz-Albrecht am 20. Dezember die Unterkünfte und reiste selbst am 30. nach DEUTSCHLAND. Mit Jahresschluß ritt er über den Splügen; am 23. Januar 1631 kam er krank in Altenburg an. Hier mußte er sich bequemen, eine "cour" zu gebrauchen. Sie wird danach gewesen sein, denn die Arzte pflegten "mit ihren höllischen Latwergen noch ärger als die Pest zu wüten". Den ganzen Februar hielt das Fieber an, vom 18.-21. war er "ganz dodt krank gewesen". Dabei hatte er nicht zu seinem Vergnügen die Reise in den deutschen Winter gemacht. Jn Leipzig tagten damals die protestantischen Stände und beschlossen, eine bewaffnete Macht gegen die befürchtete gänzliche Unterdrückung aufzustellen. Am 1. September 1630 hatte der Kaiser dem stürmischen Verlangen aller Stände auf dem Regensburger Reichstag Wallenstein geopfert und eine beträchtliche Verminderung des Heeres bewilligt. Beides, obwohl Gustav-Adolf in Pommern landete und noch im Herbst und Winter starke Fortschritte machte. Nach seinem späteren politischen Auftreten gehörte Franz-Albrecht

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zu denen, die einen Verständigungsfrieden dem völligen Austrag des Kampfes vorzogen, der sogenannten dritten Partei. Sie hatte ihre Hauptstützen in Sachsen. Auch Wallenstein, obwohl viel zu eigenwillig, um sich einer Partei anzuschließen, hatte ähnliche Pläne. Nachdem Mitte März das Fieber endlich aufgehört hatte, plagte den Kranken "erschreckliches reißen". Trotzdem raffte er sich am 10. April auf und fuhr nach Dessau. Mit dem jungen Fürsten von Anhalt war er befreundet. Seine Unrast konnte auch durch das Leiden nicht gebändigt werden; am 3. Mai ist er in Berlin, nach einigen Tagen auf dem Weg nach Prag. Dort ist er abwechselnd "sehr übel auf", oder "es gibt sich ein klein wenig". Auch in Wien kommt er am 16. Juni krank an, hat trotzdem am 19. Audienz beim Kaiser und nimmt an den Hofjagden bei Kornenburg und Stöckerau teil, was ihm natürlich wieder "groß reißen" einbringt. Man suchte den tüchtigen Führer, der schon für den Sturm auf Mantua ein "Dankbriefel" (Ordensersatz) bekommen hatte, im Dienst zu halten und erhob ihn am 17. Juli zum GENERALWACHTMEISTER. Tags darauf beurlaubte er sich beim Kaiser und reiste nach Prag zurück. Dorthin hatte sich Wallenstein zurückgezogen, in den noch heute erhaltenen prachtvollen Palast. Franz-Albrecht blieb längere Zeit in der Stadt des heiligen Nepomuk und erlebte da "aus dem Zeitungsblatt" den Zusammenbruch der kaiserlich-ligistischen Macht in Norddeutschland, den die Breitenfelder Niederlage besiegelte. Seine aus Italien zurückgekehrten Regimenter fochten da mit. Anfang Oktober besuchte er seinen Bruder Julius-Heinrich auf dessen böhmischen Gütern, hatte dort einen bösen Rückfall und kam sehr krank in Regensburg am 20. an, wo er eine Kur begann. Den ganzen November füllen Kreuz- und Querfahrten in der Oberpfalz und Westböhmen, über deren Zweck er leider schweigt. Mitte Dezember war er in Wien, um seine VERABSCHIEDUNG zu betreiben. Sie wurde am 23. Dezember bewilligt. Am nächsten Tag wurde Franz Albrecht zur Abschiedsaudienz empfangen. Er war nun aller Pflichten gegen den bisherigen Kriegsherrn ledig. Seine so verheißungsvoll begonnene Laufbahn hatte die tückische Krankheit unterbrochen.

Seltsamerweise hat man über den GRUND SEINES AUSSCHEIDENS viele Vermutungen aufgestellt. Natürlich hatte Franz-Albrecht, wie alle Führer damals, einen Sack voll Verdrießlichkeiten. Max von Bayern hatte ihn hart verklagt wegen Übergriffe bei der Werbung seiner Regimenter. Der Zank mit General Aldringer in Italien ist erwähnt. Das alles, auch Wallensteins Abschied, reicht doch nicht aus zur Erklärung. Viel einleuchtender ist, daß der junge, lebensprühende Fürst, von monatelanger Krankheit zermürbt, sich nach Ruhe sehnte. Sonst hätte er ja spätestens bei Wallensteins Wiederanstellung einen angemessenen Posten gesucht. Nötig hatte er den Kriegsdienst nicht mehr. Sein in Venedig und Regensburg untergebrachtes Vermögen beziffert er selbst auf über eine Million Taler. Mochte auch ein Teil davon auf uneintreibbare Schulden entfallen, so waren es doch unerhörte Reichtümer. Gewiß, daß nur wenig davon Gehaltsersparnisse darstellte. Wie der höhere Führer im

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Winterquartier zu Gelde kam, ist schon oben ausgeführt. Während des Feldzuges flossen schier noch reichere Quellen. Es war Brauch, eroberte wie gutwillig übergebene Städte "hart zu schneuzen", besonders die reichen Bürger "scharf in die Büchse blasen zu lassen", wie die Fachausdrücke lauteten. Niemand fand etwas daran auszusetzen - als etwa die Betroffenen.

 












 


 

 

 

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